Landgericht Aachen Urteil, 06. Jan. 2016 - 9 O 395/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung zweier Lebensversicherungen.
31.
4Am 02.04.1998 beantragte A bei der B AG (nachfolgend B), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, den Abschluss einer Lebensversicherung. Mit Schreiben vom 14.04.1998 übersandte ihm die B den Versicherungsschein Nummer ##### mit sechs Anhängen. Ausweislich des Versicherungsscheins war Versicherungsbeginn am 01.05.1998, der Rentenzahlungsbeginn war für den 01.05.2038 vorgesehen und das Ende der Rentengarantiezeit für den 30.04.2043. Die garantierte monatliche Rente sollte 27.215,59 DM betragen, der jährliche Beitrag während der Laufzeit betrug 50.00,00 DM.
5Seite 1 des Versicherungsscheins (Bl. 14) enthält den Hinweis darauf, dass die Anhänge eins bis sechs Bestandteil der Police und Inhalt des Vertrages seien.
6Anhang Nr. 4 zum Versicherungsschein enthielt unter der Überschrift „Versicherungsbedingungen und Steuerhinweise“ das Folgende (Bl. 18):
7„Sie erhalten mit dieser Police eine Verbraucherinformation, welche die für Ihre Versicherung maßgeblichen
8 Allgemeine Bedingungen für die Rentenversicherung […]
9 Besondere Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherung […]
10enthält.
11Diese Regeln sind Inhalt des Versicherungsvertrages.
12Zusätzlich sind Steuerhinweise […] enthalten.“
13Der vorletzte Anhang zum Versicherungsschein, Anhang Nr. 5, ist in drei Blöcke unterteilt. Der erste Block ist in Fettdruck überschrieben mit „Abweichende Vereinbarungen“, dem folgt ein teilweise unterstrichener Text. Der zweite und dritte Block sind in Fettdruck gemeinsam überschrieben mit „Widerspruchsrecht“. Der darunter befindliche erste Teil ist mit der unterstrichenen Überschrift „Abweichungen von Ihrem Antrag“ versehen. Darunter findet sich unter der ebenfalls unterstrichenen Überschrift „Grundsätzliche Regel“ der letzte Teil, dessen Inhalt als einziger Text in der Police durchgehend in Fettdruck gehalten ist. Dort heißt es (Bl. 19):
14„Unabhängig von der vorstehenden Regelung gilt folgendes:
15Mit Ihrer Antragsdurchschrift, dieser Police nebst Verbraucherinformation inclusive Versicherungsbedingungen sind Sie im Besitz aller gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen. Sie können immer innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen dem Vertragsabschluß schriftlich widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung Ihrer Widerspruchserklärung. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn Ihnen die Unterlagen vollständig vorliegen. Unabhängig von dieser Voraussetzung erlischt Ihr Recht zum Widerspruch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie.
16Sofern Sie von Ihrem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machen, gilt der Vertrag auf Grundlage der maßgeblichen Bedingungen und eventuell abweichender Vereinbarungen als abgeschlossen.“
17Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein nebst Anlagen (Bl. 14 ff.) Bezug genommen.
18In der Zeit von Mai 1998 bis Mai 2002 zahlte der Versicherungsnehmer A Prämien in Höhe von insgesamt 138.466,01 €. Ab dem Jahr 2002 stellte er die Lebensversicherung beitragsfrei und leistete keine weiteren Zahlungen mehr.
19Mit Vereinbarung vom 26.04.2004 trat der Versicherungsnehmer A die Ansprüche aus der streitgegenständlichen Lebensversicherung an die Klägerin ab. Diese wiederum erklärte mit Schreiben vom 01.05.2004 gegenüber der Beklagten die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages, woraufhin die Beklagte den Rückkaufswert in Höhe von 86.091,70 € an die Klägerin auszahlte.
20Mit Schreiben vom 20.05.2014 erklärte die Klägerin den Widerspruch gegen Vertragsschluss über die Lebensversicherung und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung auf. Diese wies den Widerspruch mit Schreiben vom 05.06.2015 zurück. Mit Schreiben vom 07.08.2014 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 20.06.2014 zur Zahlung eines Betrages i.H.v. 117.401,92 € auf. Dem kam die Beklagte nicht nach.
212.
22Am 14.03.2005 beantragte X bei der H AG, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, den Abschluss einer Lebensversicherung. Mit Schreiben vom 06.05.2005 übersandte ihr die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Versicherungsschein nebst weiterer Unterlagen. Auf der ersten Seite des zwei Seiten umfassenden Anschreibens heißt es (Bl. 140):
23„wir überreichen Ihnen als Anlage die Unterlagen zu der abgeschlossenen „Gerling Renten Fondspolice“.“
24Seite 2 dieses Schreibens enthält unter der Unterschriftszeile folgende, in Fettdruck gehaltene und durchgängig unterstrichende, Belehrung (Bl. 141):
25„Widerspruchsrecht
26der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheins, insbesondere der Versicherungsbedingungen, als abgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
27Ausweislich des Versicherungsscheins mit der Nr. 40-10277960 war Beginn der Versicherung am 01.05.2005; die Einzahlungen sollten bis zum 01.05.2022 erfolgen. Der jährliche Beitrag während der Laufzeit betrug 48.000,00 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein nebst Anlagen (Bl. 142 ff.) Bezug genommen.
28In der Zeit von Mai 2005 bis Ende Juli 2010 leistete die Versicherungsnehmerin X Prämien in Höhe von insgesamt 262.006,86 €.
29Mit Vereinbarung vom 13.11.2008/18.11.2008 (Bl. 255 ff) trat die Versicherungsnehmerin X ihre Rechte und Ansprüche aus der streitgegenständlichen Versicherung an die Klägerin ab. Mit Vereinbarung vom 17.12.2008 (Bl. 259) trat wiederum die Klägerin die Rechte und Ansprüche aus der fraglichen Versicherung an die C ab.
30Unter dem 01.08.2010 erklärte die Klägerin die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages; der Rückkaufswert der Versicherung betrug zu diesem Zeitpunkt 211.951,25 €. Hiervon brachte die Beklagte rückständige Prämien sowie hierauf entfallende Zinsen in Abzug und am 09.08.2010 zahlte sie einen Betrag i.H.v. 197.908,98 € an die Klägerin aus.
31Mit Schreiben vom 23.05.2014 erklärte die Klägerin den Widerspruch gegen den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung auf. Nachfolgend wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit Schreiben vom 07.07.2014 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Zahlung eines Betrages i.H.v. 103.432,42 € auf. Die Beklagte kann dem nicht nach.
323.
33Hinsichtlich des Lebensversicherungsvertrages betreffend den Versicherungsnehmer A behauptet die Klägerin, dass dieser auch mit dem Versicherungsschein keine vollständigen Verbraucherinformationen erhalten habe, da die B nicht die Anschrift der Aufsichtsbehörde mitgeteilt und ferner keine Angaben zum Sicherungsfall sowie zu steuerlichen Auswirkungen gemacht habe. Sie ist der Ansicht, dass die B den Versicherungsnehmer A nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt habe. Überdies sei die Widerspruchsbelehrung schon deshalb unwirksam, da in dieser Bezug genommen worden sei auf die europarechtswidrige Regelung des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F.
34Hinsichtlich des Lebensversicherungsvertrages betreffend die Versicherungsnehmerin X behauptet die Klägerin, dass die C die Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung an sie zurück abgetreten habe. Sie ist der Ansicht, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versicherungsnehmerin X nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt habe.
35Die Klägerin beantragt,
361. die Beklagte zu verurteilen, an sie den Betrag i.H.v. 52.374,31 € zuzüglich einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 98.880,59 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz aus dem Betrag i.H.v. 151.254,90 € seit dem 24.05.2014 zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte an der Lebensversicherung Nr. #####, abgeschlossen am 21.04.1998/14.04.1998 zwischen der Beklagten und dem Zedenten A;
372. die Beklagte zu verurteilen, an sie den Betrag i.H.v. 50.055,61 € zuzüglich einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 45.007,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz aus dem Betrag i.H.v. 95.062,61 € seit dem 24.05.2014 zu bezahlen Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte an der Lebensversicherungsnummer #####, abgeschlossen am 14.03.2005/06.05.2005 zwischen der Beklagten und der Zedentin X;
383. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung sämtlicher Rechte an den Lebensversicherungen Nr. ##### und Nr. ##### in Verzug befindet.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Sie behauptet betreffend den Versicherungsnehmer A, dass die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderlichen Verbraucherinformationen Bestandteil der überreichten Unterlagen gewesen seien. Überdies erhebt sie die Einrede der Verjährung und beruft sich im Übrigen auf Verwirkung.
42Betreffend die Versicherungsnehmerin X behauptet die Beklagte, dass diese die Verbraucherinformationen erhalten habe. Im Übrigen beruft sie sich auch insoweit auf Verwirkung.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe
45Die zulässige Klage ist nicht begründet.
46I.
471. Vertrag des Versicherungsnehmers A
48a) Der Klägerin steht gegen die Beklagte betreffend den Versicherungsvertrag mit dem Versicherungsnehmer A kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 52.374,31 € zu; ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB, denn es fehlt an der Rechtsgrundlosigkeit der Leistung.
49Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des sog. Policenmodells gemäß § 5a Abs. 1 VVG (in der bis zum 31.07.2001 gültigen Fassung, nachfolgend a.F.) wirksam zustande gekommen. Der Versicherungsnehmer A hat dem Vertragsschluss nicht innerhalb der – nach der damaligen Fassung des § 5a Abs. 1 VVG - maßgeblichen Frist von 14 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen widersprochen. Der erst mit Schreiben vom 22.05.2014 seitens der Klägerin erklärte Widerspruch war verfristet.
50Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach § 5a Abs.1 VVG a.F. vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
51Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
52aa) Die Widerspruchsbelehrung ist weder formal noch inhaltlich zu beanstanden.
53(1) Unter der Überschrift „Widerspruchsrecht“ kann der Versicherungsnehmer schon anhand der drucktechnischen Gestaltung ersehen, dass unter der durch Unterstreichung hervorgehobenen Überschrift „Grundsätzliche Regel“ ein wichtiger und wahrzunehmender Text folgt. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die Widerspruchsbelehrung – als einziger Absatz in der gesamten Police - in Fettdruck gehalten ist. Der in dieser Form hervorgehobene Absatz fällt bereits bei bloßem Durchblättern der Police ins Auge. Die verwendete Schriftart ist ausreichend groß gehalten und gut lesbar (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 06.05.2015 – 11 U 155/14; zitiert nach juris).
54Der formalen Ordnungsgemäßheit steht nicht entgegen, dass die Widerspruchsbelehrung in Anhang Nr. 5 zum Versicherungsschein aufgeführt ist. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sich erkennbar wichtige Vertragsunterlagen ansehen und sie hinsichtlich ihrer wesentlichen Inhalte zur Kenntnis nehmen. Er erkennt, dass es sich bei dem Versicherungsschein über eine auf Dauer angelegte vertragliche Bindung um ein wichtiges Dokument handelt, dessen Übersendung er kurz nach der Antragstellung erwartet und das er nicht sogleich achtlos zur Seite legen oder abheften wird (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.). Die Police ist überschaubar gehalten und durch Überschriften gegliedert. Zudem hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits auf Seite 1 des Versicherungsscheins verdeutlicht, dass auch die folgenden von besonderer Wichtigkeit sind, weil sie Bestandteil der Police und Inhalt des Vertrags seien. Die folgenden Anhänge bestehen dann auch jeweils nur aus einer nicht vollständig bedruckten Seite, aus der anhand der jeweiligen Überschriften für den Leser schnell erkennbar wird, mit welcher Thematik sich der folgende Text befasst (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.).
55Der Umstand, dass das Widerspruchsrecht in zwei Unterabschnitte unterteilt ist, macht die Belehrung weder intransparent noch schlecht nachvollziehbar. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat mit den Überschriften „Abweichungen von Ihrem Vertrag“ und „Grundsätzliche Regel“ sowie durch die besondere Hervorhebung des Texts nur nach der zuletzt genannten Überschrift im Wege des Fettdrucks hinreichend verdeutlicht, dass der Versicherungsnehmer jedenfalls den unteren Absatz zur Kenntnis nehmen muss, weil er in jedem Fall von Bedeutung ist (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.).
56Mit der darüber hinausgehenden Belehrung für den Fall einer Antragsänderung ist die Rechtsvorgängerin der Beklagten in zulässiger Weise, wenn auch vorsorglich, ihrer weitergehenden Belehrungspflicht aus § 5 Abs. 2 VVG a.F. über die Genehmigung von Abweichungen der Versicherungspolice vom Antrag nachgekommen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer ist aufgrund der Überschriften und der eindeutigen Fassung der jeweiligen Belehrungen in der Lage zu erkennen, dass der erste Absatz nur im Ausnahmefall, der zweite indes uneingeschränkt für den Vertrag zu beachten ist (vgl. OLG Brandenburg a. a. O.).
57(2) Die Widerspruchsbelehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
58Die Verwendung des Wortes „immer“ impliziert keineswegs, dass der Versicherungsnehmer sein Widerspruchsrecht unbegrenzt ausüben kann. Denn dieses Wort steht für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer, von dem erwartet werden kann, dass er die Belehrung vollständig und nicht nur wortweise zur Kenntnis nimmt, unverkennbar im Zusammenhang mit der zeitlichen Befristung von 14 Tagen.
59Der Verwendung des Wortes „inclusive“ ist nicht die von der Klägerin zum Ausdruck gebrachte Bedeutung beizumessen. Kein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird sich Gedanken über den englischen Wortstamm machen und hierdurch zu einer fehlerhaften Auffassung über den Inhalt der Belehrung gelangen.
60Die Belehrung darüber, dass zur Wahrung der Frist die „rechtzeitige Absendung“ genüge, ist eine Wiedergabe des Gesetzeswortlautes und für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres verständlich.
61(3) Der Inhalt der von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.12.2015 vorgelegten Terminsverfügung des Oberlandesgerichts Köln ergibt für den hiesigen Fall keine abweichende Beurteilung. Insbesondere ist der Verfügung nicht zu entnehmen, auf welche konkrete Widerspruchbelehrung sie sich bezieht.
62bb) Dem Versicherungsnehmer lagen der Versicherungsschein und die Unterlagen nach § 5a Abs.1 VVG a.F. (= Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10a VAG in der bis zum 31.05.1998 gültigen Fassung, nachfolgend a.F.) vollständig vor.
63Insbesondere mangelt es nicht an den von der Klägerin genannten Informationen. Die Anschrift der Aufsichtsbehörde (Anlage D I Nr. 1h zu § 10a VAG a.F.) findet sich im Anhang zu dem von der Klägerin vorgelegten Antragsformular unter Ziffer 5 der „Wichtigen Hinweise“ (Bl. 13).
64Angaben zum Sicherungsfonds waren bei Vertragsschluss (April 1998) noch nicht erforderlich.
65Schließlich hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch steuerliche Angaben (Anlage D I Nr. 2 f zu § 10a VAG a.F.) gemacht. Es findet sich eine entsprechende Bezugnahme im Anhang Nr. 4 zum Versicherungsschein (Bl. 18).
66cc) Ob § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn selbst im Falle der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit wäre es dem Versicherungsnehmer – und demzufolge der Klägerin - mit Blick auf die im Übrigen ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerspruchsrecht nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2014, IV ZR 73/13). Dem steht die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.08.2015 zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22.07.2015 (IV ZR 257/13) nicht entgegen. Denn in dem dortigen Fall hatte der Versicherer den Versicherungsnehmer – anders als hier – nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt.
67b) In Ermangelung eines Anspruchs auf Rückzahlung geleisteter Prämien steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Nutzungsersatz in Höhe von 98.880,59 € zu; ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 812, 818 BGB.
682. Vertrag der Versicherungsnehmerin X
69a) Der Klägerin steht gegen die Beklagte betreffend den Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnehmerin X kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 50.055,61 € zu; ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB, denn es fehlt an der Rechtsgrundlosigkeit der Leistung. Insofern kann dahinstehen, ob die C die Rechte und Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag an die Klägerin zurückübertragen hat.
70Auch dieser Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des sog. Policenmodells gemäß § 5a Abs. 1 VVG (in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung, nachfolgend a.F.) wirksam zustande gekommen. Die Versicherungsnehmerin X hat dem Vertragsschluss nicht innerhalb der maßgeblichen Frist von 30 Tagen widersprochen. Der erst mit Schreiben vom 23.05.2014 seitens der Klägerin erklärte Widerspruch war verfristet.
71Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach § 5a Abs.1 VVG a.F. vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
72Diese Voraussetzungen für den Fristablauf gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. sind hier erfüllt.
73aa) Die Widerspruchsbelehrung ist weder formal noch inhaltlich zu beanstanden.
74Im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben macht die Belehrung dem Versicherungsnehmer noch ausreichend deutlich, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt (vgl. BGH, Beschluss vom 16.09.2015 – IV ZR 16/14 im Nachgang zu OLG Köln, Urteil vom 06.12.2013 – 20 U 144/13; zitiert nach juris). Zwar erwähnt die Belehrung nicht ausdrücklich, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit der Lauf der Widerspruchsfrist beginnt. Dies ist jedoch unschädlich, da die Belehrung klarstellt, dass die Widerspruchsfrist erst nach „Überlassung der Unterlagen" beginnt. Damit ist verdeutlicht, dass weder alleine die Überlassung des Versicherungsscheins noch die Überlassung der Versicherungsbedingungen ausreichen, um die Frist in Gang zu setzen, sondern dass es vielmehr noch der Überlassung weiterer Unterlagen bedarf. Welche Unterlagen dies sind, erschließt sich dem Versicherungsnehmer ohne Weiteres aus dem weiteren Text des Policenbegleitschreibens, auf das die Belehrung mit der Formulierung „Überlassung der Unterlagen" ersichtlich Bezug nimmt (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Dort wird einleitend auf die Überreichung der Unterlagen zur abgeschlossenen Police als Anlage verwiesen. Bei diesen Unterlagen wiederum handelt es sich im Wesentlichen um den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen (vgl. Bl. 143). Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer mithin unter Einbeziehung des Gesamtinhaltes des Policenbegleitschreibens noch hinreichend klar, dass der Lauf der Widerspruchsfrist auch die Überlassung der Verbraucherinformationen voraussetzt (vgl. OLG Köln, a.a.O.).
75Die Belehrung ist auch in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt. Sie ist in dem lediglich 2 Seiten umfassenden Policenbegleitschreiben durch Fettdruck und Unterstreichung vom sonstigen Text, der sonst keine fettgedruckten Abschnitte enthält, deutlich abgehoben. Er stellt überdies den letzten Absatz des Schreibens dar und befindet sich unmittelbar unter der Unterschrift der für die Beklagte handelnden Personen. Damit ist gewährleistet, dass die Belehrung nicht übersehen wird (vgl. OLG Köln, a.a.O.).
76bb) Der Versicherungsnehmerin lagen die nach § 5a Abs. 1 VVG a.F. für den Fristbeginn erforderlichen Unterlagen vollständig vor. Dies gilt insbesondere auch für die Verbraucherinformationen.
77Zwar führt die Klägerin im Schriftsatz vom 26.02.2015 (dort Seite 10 = Bl. 126) aus, dass die Versicherungsnehmerin die Verbraucherinformationen „überhaupt nicht erhalten“ habe. Jedoch hat sie im selben Schriftsatz (dort Seite 2 = Bl. 118) noch erklärt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Versicherungsnehmerin „den Versicherungsschein mitsamt Verbraucherinformationen“ übersandt habe. Dies hat sie sogar unter Beweis gestellt durch Bezugnahme auf das Schreiben „der Beklagten“ (gemeint ist wohl die Rechtsvorgängerin der Beklagten). Angesichts dieser Widersprüchlichkeit ist das Bestreiten des Erhalts der Verbraucherinformationen unbeachtlich.
78cc) Ob § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, kann aus den genannten Gründen auch hier dahinstehen.
79b) In Ermangelung eines Anspruchs auf Rückzahlung geleisteter Prämien steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Nutzungsersatz in Höhe von 45.007,00 € zu; ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 812, 818 BGB.
803.
81Die Feststellungsklage ist nicht begründet.
82Da der Klägerin gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Rückzahlung geleisteter Prämien nebst Herausgabe gezogener Nutzungen zustehen und demgemäß keine Rückabwicklung der jeweiligen Versicherungsverträge vorzunehmen ist, befindet sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte an den fraglichen Lebensversicherungen auch nicht in Verzug.
83II.
84Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
85Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
86Streitwert: 250.317,51 € (vgl. BGH, Beschluss vom 06.02.2013 – IV ZB 29/12, LG Hagen, Beschluss vom 04.07.2011 – 3 S 93/11; OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.06.2010 – 1 W 30/10)
87Antrag zu 1: 151.254,90 €
88Antrag zu 2: 95.062,61 €
89Antrag zu 3: 4.000,00 €
90L |
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Annotations
(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.
(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.
(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.