Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 09. Dez. 2015 - 1 Ta 194/15
Gericht
Tenor
Der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 10.11.2015 - 5 Ca 1347 b/15 - wird aufgehoben. Dem Arbeitsgericht wird aufgegeben, den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts erneut zu bescheiden.
Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Arbeitsgericht.
- 2
Der Kläger hat am 27.09.2015 eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten gestellt. Dem Prozesskostenhilfeantrag war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie als Beleg eine Lohnabrechnung beigefügt.
- 3
Der Kündigungsschutzprozess endete durch Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO am 22.10.2015.
- 4
Durch Verfügung vom 23.10.2015 hat das Arbeitsgericht dem Kläger aufgegeben, zum Prozesskostenhilfeantrag ergänzende Belege zur Gerichtsakte zu reichen. In der Verfügung ist dem Kläger hierfür eine Frist bis zum 06.11.2015 gesetzt worden. Die Verfügung ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers formlos übersandt worden, eine förmliche Zustellung erfolgte nicht. Die Verfügung wurde am 26.10.2015 von der Geschäftsstelle zur Post gegeben.
- 5
Mit Beschluss vom 10.11.2015 hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, da die angeforderten Belege nicht eingegangen seien.
- 6
Hiergegen hat der Kläger am 18.11.2015 sofortige Beschwerde erhoben und als weiteren Beleg einen Mietvertrag eingereicht. Ferner führt seine Prozessbevollmächtigte aus, sie hätte es „begrüßt“, wenn das Gericht vorher noch einen Hinweis gegeben hätte, dass Unterlagen für den Prozesskostenhilfeantrag fehlten.
- 7
Mit Beschluss vom 20.11.2015 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen da im Beschwerdeverfahren nachgereichte Unterlagen, die entgegen einer nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO gesetzten Frist eingereicht würden, nicht zu berücksichtigen seien. Das Arbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
- 8
Auf Anfrage des Gerichts hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers anwaltlich versichert, sie habe die Verfügung vom 23.10.2015 nicht erhalten.
- 9
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Akte verwiesen.
II.
- 10
Die statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Mit der vom Arbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers nicht zurückgewiesen werden.
- 11
1. Zwar ist es zutreffend und entspricht ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts und auch des Bundesarbeitsgerichts, dass Unterlagen, die entgegen einer wirksam gemäß § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO gesetzten Frist im Beschwerdeverfahren nachgereicht werden, nicht zu berücksichtigen sind (LAG Schl.-Holst., u. a. Beschl. v. 14.03.2013 - 1 Ta 40/13 - Juris; BAG, Beschl. v. 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 - Juris).
- 12
2. Vorliegend fehlt es aber an einer entsprechenden wirksamen Fristsetzung durch das Gericht.
- 13
Das Arbeitsgericht hat nämlich seine Verfügung vom 23.10.2015 entgegen der Regelung in § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zugestellt. Da die Fristsetzung nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO eine Frist in Lauf setzt, ist sie förmlich zuzustellen (Zöller, § 118, Rn 17 a).
- 14
Regelmäßig hängt die Wirksamkeit von der Partei nachteiligen Beschlüssen von der Zustellung der Verfügung ab (Zöller, § 329 ZPO, Rn 26).
- 15
Eine förmliche Zustellung ist hier nicht erfolgt. Damit ist dem Kläger nicht wirksam eine Frist nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO gesetzt worden.
- 16
Ob der Sachverhalt anders zu behandeln ist, wenn die formlos mitgeteilte Fristsetzung nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO beim Prozessbevollmächtigten tatsächlich eingeht und dieser dann die Frist nicht einhält, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Nach den Angaben der Prozessbevollmächtigten des Klägers, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, ist die Verfügung vom 23.10.2015 bei ihr nicht eingegangen.
- 17
3. Demnach hat das Arbeitsgericht bei der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag den nachgereichten Beleg über den Mietvertrag zu berücksichtigen und auf dieser Grundlage über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erneut zu entscheiden.
- 18
4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.
moreResultsText
Annotations
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.
(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.
(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.
(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.
(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.
(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.
(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.