Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 21. Juni 2013 - 6 Sa 416/11

ECLI: ECLI:DE:LAGST:2013:0621.6SA416.11.0A
published on 21/06/2013 00:00
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 21. Juni 2013 - 6 Sa 416/11
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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 26.10.2011 – 3 Ca 1062/11 HBS – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beendigung eines zwischen ihnen begründeten Arbeitsverhältnisses.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Redakteur beschäftigt. Er erzielte zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 4.700,00 EUR.

3

Die Beklagte betreibt ein Presseunternehmen, das der ... angehört. Hierbei handelt es sich um eine Vielzahl von Unternehmen, die bei der Erstellung der in M erscheinenden Tageszeitung „Volksstimme“ zusammen wirken. Die Mantelredaktion liegt in der Hand ...  . Der Kläger verfügt insgesamt über eine aufgrund diverser Betriebsübergänge innerhalb des vorgenannten Unternehmensverbundes anrechenbare Betriebszugehörigkeit gegenüber der Beklagten seit dem 01.09.1976.

4

Bis zum März 2011 bestand die Funktion der Beklagten innerhalb des vorgenannten Unternehmensverbundes darin, die Lokalteile der Volksstimme für den Bereich H und B zu produzieren. Hierzu verfügte sie über Lokalredaktionen in H und W für den Bereich H sowie in H, W und O für den Bereich B . Insgesamt beschäftigte die Beklagte 31 Arbeitnehmer, hiervon 18 Lokalredakteure. Die übrigen Mitarbeiter waren mit Funktionen im Bereich der Anzeigenbetreuung und Akquise sowie mit Aufgaben im „Back-Office“ betraut. Für diese Tätigkeiten verlangt die Beklagte eine kaufmännische Ausbildung.

5

Der Kläger selbst war zuletzt – seit 09.03.2011 – in der Lokalredaktion H tätig.

6

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 31.03.2011 unter Einhaltung der zur Anwendung kommenden tariflichen Kündigungsfrist zum 31.12.2011. Wegen der weiteren Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 3 d.A. verwiesen.

7

Dieser Kündigung liegt eine von der Beklagten getroffene Umstrukturierungsentscheidung betreffend die Erstellung der Lokalteile zugrunde. Die (damalige) Geschäftsführerin der Beklagten, Frau, hat hierzu am 09.03.2011 betreffend den Bereich H am 21.03.2011 betreffend den Bereich B beschlossen, ihre vertragliche Verpflichtung gegenüber der MVD (Dienstleistungsvertrag) zur Erstellung von Lokalteilen für den Bereich H bzw. B nicht mehr durch eigene Lokalredaktionen zu erfüllen. Diese Aufgabe soll vielmehr durch neu gegründete, ebenfalls zur Volksstimme-Gruppe gehörende Unternehmen als Subunternehmer ausgeführt werden. Hierbei handelt es sich um die Volksstimme ... (VSH) sowie die Volksstimme ... GmbH (VSB). Diesen Gesellschaften – Geschäftsführerin war zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls Frau A – obliegt räumlich getrennt für den Bereich H seit dem 14.03.2011 und für den Bereich B seit dem 01.04.2011 die redaktionelle Verantwortung für die Erstellung der Lokalteile. Darüber hinaus werden bei der Erstellung der Lokalteile zwei weitere Gesellschaften, die ... sowie die ... beteiligt. Der VSH und VSB kommt dabei die Funktion eines sog. Produktionskopfes zu. Diese Gesellschaften erstellen nunmehr eigenverantwortlich die jeweiligen Lokalteile und leiten diese unmittelbar an die Mantelredaktion in M (MVD) weiter. Hierzu bedienen sie sich fest angestellter aber auch freier Redakteure. Aufgrund eines Sub-Sub-Unternehmervertrages erfolgt seitens der vorgenannten UG´en eine Zuarbeit zur Erstellung der Lokalseiten. Die UG´en verfügen dabei über keine eigenen Arbeitnehmer. Sie bedienen sich zur Informationsbeschaffung örtlicher Agenturen und setzen freie Mitarbeiter ein.

8

Zur Umsetzung dieser Entscheidung hat die Beklagte mit sämtlichen bei ihr damals tätigen Lokalredakteuren – ausgenommen lediglich der Kläger sowie eine weitere Lokalredakteurin – Personalgespräche geführt mit dem Ergebnis, dass die angesprochenen Lokalredakteure kurzfristig – spätestens zum 31.03.2011 – ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch Aufhebungsvertrag beendeten. Diese Redakteure wurden sodann nahtlos teilweise weiter als Arbeitnehmer, teilweise als freie Mitarbeiter bei der VSH und der VSB beschäftigt. Ein anderer Teil der betroffenen Lokalredakteure schloss Verträge betreffend eine freie Mitarbeit mit den vorgenannten UG´en ab.

9

Mit Schreiben vom 23.03.2011 hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers an. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 75 d.A. verwiesen. Der Betriebsrat hat am 28.03.2011 über diese Kündigung beraten, ihr mit Schreiben vom selben Tage (Bl. 165 ff.d.A.) widersprochen und diesen Widerspruch u.a. damit begründet, dass durch die Umstrukturierungsmaßnahme de facto der Arbeitsplatz des Klägers nicht in Wegfall gerate. Die Übertragung von Aufgaben auf neu gegründete Unternehmen, die zur Volksstimme-Gruppe gehören, stelle der Sache nach einen Betriebsübergang dar.

10

Ob die Geschäftsführerin der Beklagten den Betriebsrat mündlich ergänzend über die der Kündigung zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung informiert hat, ist zwischen den Parteien streitig.

11

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der streitgegenständlichen Kündigung vom 31.03.2011 komme keine Rechtswirksamkeit zu. Die Umstrukturierung, die nicht auf einer Entscheidung der Beklagten beruhe, sondern letztendlich durch die Geschäftsführung der MVD in M veranlasst worden sei, begründe keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung des Klägers. Die von der Beklagten vorgenommene Umstrukturierung stelle eine rechtsmissbräuchlich getroffene wirtschaftliche Entscheidung dar. De facto werde die Arbeit der Lokalredaktionen unverändert in denselben Räumen mit denselben Redakteuren fortgeführt. Der Umstand, dass die Beklagte nur dem Kläger und einer weiteren, ebenfalls mit einem gut dotierten Arbeitsvertrag versehenen Redakteurin keine Weiterbeschäftigung in der Volksstimme-Gruppe verschafft habe, mache deutlich, dass es ihr in Wahrheit darum gegangen sei, den Kläger als missliebigen Arbeitnehmer – es gab bereits mehrere Vorrechtsstreite – „loszuwerden“. Dieses Verhalten stelle im Übrigen auch eine unzulässige Maßregelung gemäß § 612a BGB dar.

12

Der Kläger hat beantragt,

13

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit Schreiben vom 31.03.2011 nicht aufgelöst wird.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der von ihr ausgesprochenen Kündigung komme Rechtswirksamkeit zu, weil die durchgeführte Umstrukturierung zu einer Betriebsteilstilllegung, nämlich des Betriebsteils „Lokalredaktion“, geführt habe. Seit dem 01.04.2011 führe sie diese Tätigkeit in ihrem Unternehmen dauerhaft nicht mehr fort. Eine Überprüfung ihrer wirtschaftlichen Entscheidung könne lediglich in Form einer Rechtsmissbrauchskontrolle erfolgen. Ein solcher liege jedoch nicht vor. Die Entscheidung beruhe vielmehr darauf, neue, effizientere Strukturen bei der Erstellung der Lokalteile einzuführen. Die Schaffung von sog. Produktionsköpfen stelle eine gängige Praxis in der deutschen Presselandschaft dar. Die von ihr bis 31.03.2011 unterhaltenen fünf Lokalredaktionen werden weder von den UG´en noch von der VSB bzw. der VSH, den Produktionsköpfen, fortgeführt. Die Erstellung der Lokalseiten erfolge seit dem vorgenannten Zeitraum vielmehr nach einem neuen Organisationsschema. Den daran beteiligten Lokalredakteuren in den Produktionsköpfen komme hauptsächlich eine koordinierende und überwachende Funktion zu.

17

Weiter habe die Beklagte ihren Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG ausreichend vor Ausspruch der Kündigung über die Kündigungsgründe informiert. Neben dem Anhörungsschreiben vom 23.03.2011 habe die Geschäftsführerin der Beklagten dem Betriebsratsvorsitzenden die Kündigungsgründe mündlich eingehend erläutert.

18

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.10.2011 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht durch die Kündigung der letztgenannten vom 31.03.2011 beendet worden ist und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der streitbefangenen Kündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu. Die wirtschaftliche Entscheidung der Beklagten erweise sich als rechtsmissbräuchlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 92 – 103 d.A. verwiesen.

19

Die Beklagte hat gegen dieses, ihr am 03.11.2011 zugestellte Urteil am 01.12.2011 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.02.2012 am 03.02.2012 begründet.

20

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klageziel weiter.

21

Die Beklagte hält an ihrer Rechtsauffassung, die streitgegenständlichen Kündigung sei wegen einer Betriebsteilschließung sozial gerechtfertigt, fest.

22

Die Beklagte hat sodann nach Auflage durch das Berufungsgericht ihren Sachvortrag betreffend die behauptete zusätzliche mündliche Information des Betriebsrates ergänzt. Danach habe der Betriebsratsvorsitzende K bereits über das Betriebsratsmitglied K am 09.03.2011 Informationen über die neue Unternehmensstruktur betreffend den Bereich H erhalten. Darüber hinaus habe die damalige Geschäftsführerin der Beklagten, Frau A, Herrn K in einem Gespräch am 23.03.2011 hierüber umfassend informiert. Sie habe ihm – unter Bezugnahme auf die identischen Veränderungen im Bereich H – mitgeteilt, dass die Erstellung der Lokalteile nunmehr durch zwei neu gegründete Gesellschaften – die Produktionsköpfe – erfolgen solle und zwei weitere neu gegründete Gesellschaften die Zuarbeit leisten werden. Für den Betriebsrat habe daher eine ausreichende Informationsbasis bestanden, um die kündigungsrechtlichen Auswirkungen dieser Umstrukturierungsmaßnahme einschätzen zu können. Weiter ergebe sich aus einer E-Mail des Betriebsratsvorsitzenden vom 09.03.2011 (Bl. 327 d.A.), in der dieser die Aufnahme von Interessenausgleichsverhandlungen fordere, eine ausreichende Vorkenntnis des Betriebsrates über die kündigungsrelevanten Umstände der Umstrukturierung.

23

Die Beklagte beantragt,

24

das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 26.10.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.

25

Die Klägerin beantragt,

26

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

27

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Interesse der Beklagten zukünftig journalistische Leistungen gegen ein geringeres Entgelt zu erhalten, sei nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen.

28

Eine ergänzende mündliche Information des Betriebsratsvorsitzenden habe nicht stattgefunden. Das Anhörungsschreiben sei vielmehr am 23.03.2011 per Boten in Haldensleben übermittelt worden.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

30

Die Kammer hat im Termin am 21.06.2013 über die Behauptung der Beklagten, ihre damalige Geschäftsführerin A habe am 23.03.2011 und 28.03.2011 den Betriebsratsvorsitzenden K über die zum 01.04.2011 in Kraft tretende Umstrukturierung des redaktionellen Bereichs der Beklagten für den Bereich B informiert, Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 342 – 349 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

31

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel. Die Beklagte hat die Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG gewahrt.

B.

32

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Der streitbefangenen Kündigung vom 31.03.2011 kommt Rechtswirksamkeit zu. Das erstinstanzliche Urteil war daher abzuändern und die Kündigungsschutzklage abzuweisen.

I.

33

Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Danach ist eine Kündigung unter anderem dann sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, gegeben sind.

34

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte hat nach dem sich bietenden Sachverhalt einen Teil ihres Betriebes, nämlich die Lokalredaktion, stillgelegt. Hierdurch ist der Arbeitsplatz des Klägers als Lokalredakteur entfallen.

35

Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebes wesentliche Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollen, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 16.02.2012 – 8 AZR 693/10). Die Betriebsstilllegung als solche kann wiederum auf inner- oder außerbetrieblichen Ursachen beruhen. Handelt es sich um innerbetriebliche Ursachen bedarf es einer wirtschaftlichen Entscheidung des Arbeitgebers, die nicht auf ihre Sinnhaftigkeit, sondern lediglich auf Rechtsmissbrauch und Willkür zu überprüfen ist. Die wirtschaftliche Entscheidung muss bei Ausspruch der Kündigung zumindest greifbare Formen angenommen haben und ihre Umsetzung muss zum Verlust von Arbeitsplätzen im vertraglichen Pflichtenkreis des zu kündigenden Arbeitnehmers führen. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und kein Rechtsmissbrauch vorliegt. Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess der Arbeitnehmer grundsätzlich die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Dabei zielt die Missbrauchskontrolle der unternehmerischen Entscheidung weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen, noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch. Verstöße gegen gesetzliche und tarifliche Normen sollen dabei genauso verhindert wie Diskriminierung und Umgehungsfälle vermieden werden (BAG 23.04.2008 – 2 AZR 1110/06 – Rn. 14 ff.). Der Arbeitgeber muss deshalb regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht kündbaren Arbeitverhältnis die Grundlage entzogen wird (BAG 22.11.2012 – 2 AZR 673/22 – Rn. 17).

1.

36

Die Beklagte hat eine wirtschaftliche Entscheidung dahin getroffen, ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem mit der MVD bestehenden Dienstleistungsvertrag betreffend die Erstellung diverser Lokalteile für die V „fremd zu vergeben“. Die Existenz einer solchen Entscheidung hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert bestritten. Im Gegenteil räumt der Kläger – was sich bei einer Gesamtschau seines Sachvortrages ergibt – letztendlich ein, dass die von der Beklagten vorgetragene Struktur seit dem 01.04.2011 in Kraft ist. Ob diese Strukturänderung auf einer Entscheidung der Geschäftsführerin der Beklagten beruht oder aber diese lediglich Vorgaben aus der Mantelredaktion (MVD) umgesetzt hat, ist unerheblich. Kündigungsrechtlich kommt es nicht darauf an, ob die wirtschaftliche Entscheidung „autonom“, aufgrund äußerer wirtschaftlicher Zwänge oder aber aufgrund gesellschaftsrechtlicher Vorgaben erfolgt ist.

2.

37

Bei Ausspruch der Kündigung am 31.03.2011 hatte die Umsetzung dieser wirtschaftlichen Entscheidung jedenfalls greifbare Formen angenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mit 16 Lokalredakteuren Aufhebungsverträge, die ein kurzfristiges Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten vorsahen, abgeschlossen worden. Weiter existierten die neu gegründeten, zukünftig mit der Herstellung der Lokalteile betrauten Gesellschaften, bei denen Lokalredakteure teils als Arbeitnehmer, teils als freie Mitarbeiter vertraglich gebunden waren. Auch dies stellt der Kläger nicht in Abrede. Soweit er darauf verweist, dass durch die Umstrukturierungsmaßnahme „äußerlich“ keine Veränderungen bei der Produktion der Lokalteile eingetreten seien, ist auch dies unerheblich. Die Umsetzung der wirtschaftlichen Entscheidung betrifft nicht tatsächliche Veränderungen bei der Produktion der Lokalteile, sondern vielmehr Veränderungen im gesellschafts- und werkvertragsrechtlichen Bereich.

3.

38

Hieraus folgt zugleich, dass durch Umsetzung der Umstrukturierungsmaßnahme der Arbeitsplatz des Klägers sowie der von weiteren Lokalredakteuren bei der Beklagten als Vertragsarbeitgeber in Wegfall geraten ist.

4.

39

Einem dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes steht nicht entgegen, dass die Umstrukturierungsmaßnahme bei objektiver Betrachtung der Rechtslage zu einem den Arbeitsplatz des Klägers einschließenden Betriebsteilübergang geführt hat. Die Vorschrift des § 613 a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie Gebäude oder bewegliche Güter, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG 28.05.2009 – 8 AZR 273/08 – Rn. 38 ff.).

40

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lässt sich ein Betriebsteilübergang, der den Arbeitsplatz des Klägers erfasst, nicht feststellen. Zwar handelt es sich bei der von der Beklagten bis 31.03.2011 unterhaltenen „Lokalredaktion“ um einen Betriebsteil im vorgenannten Sinne, weil diese Abteilung der Beklagten auch nach ihrem eigenen Sachvortrag eine abgrenzbare Organisationseinheit im Gegensatz zu den weiter fortbetriebenen Bereichen „Anzeige/Back-Office“ dargestellt hat. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass diese Teileinheit unter Wahrung ihres Funktionszusammenhanges von einem anderen Unternehmen der Volksstimme-Gruppe fortgeführt wird. Nach dem als unstreitig anzusehenden Sachvortrag verfügen die UG´en nicht über die für die Erstellung eines oder mehrerer Lokalteile wesentlichen Betriebsmittel. Sie leisten vielmehr die Zuarbeit, während die Erstellung der Lokalteile für den Bereich B unstreitig bei der VSB als sog. Produktionskopf liegt. Hier erfolgt die redaktionelle Tätigkeit. Dass für die UG´en tätige freie Mitarbeiter nunmehr die Räumlichkeiten der ehemaligen Lokalredaktionen nutzen, reicht allein nicht aus, um einen Übergang der wirtschaftlichen Teileinheit „Lokalredaktion“ annehmen zu können. Die als prägend für diesen Betriebsteil zu bewertenden Tätigkeiten liegen vielmehr bei dem sog. Produktionskopf. Hier werden die einzelnen Beiträge gesammelt und letztendlich die „Lokalseiten“ für die nächste Ausgabe der Volksstimme fertig gestellt. Andererseits ergeben sich aus dem Sachvortrag keine ausreichenden Tatsachen, um eine über die Übernahme der (für einen Betriebsübergang nicht ausreichenden) bisher von der Beklagten ausgeübten Funktion hinausgehende Fortführung der wirtschaftlichen Teileinheit durch die VSB feststellen zu können. Sachvortrag des Klägers liegt hierzu nicht vor (vgl. seinen Vortrag S. 15 der Berufungserwiderung – Bl. 163 d.A.).

II.

41

Eine ungeachtet des Wegfalls von Arbeitsplätzen zur Sozialwidrigkeit der Kündigung führende anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger im Betrieb der Beklagten i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist nach dem sich bietenden Sachverhalt nicht gegeben.

1.

42

Die Beklagte selbst beschäftigt in ihrem Betrieb unstreitig nach dem 31.03.2011 lediglich Mitarbeiter, die für den Bereich „Anzeigen“ und „Back-Office“ zuständig sind, weiter und verlangt für diese Tätigkeiten eine kaufmännische Ausbildung.

43

Damit scheidet ein Einsatz des Klägers in diesem Bereich – Gegenteiliges wird von ihm nicht vorgebracht – aus.

2.

44

Ob für den Kläger in anderen – rechtlich selbstständigen – Unternehmen der Volksstimme-Gruppe eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Redakteur besteht, ist für die Überprüfung der streitigen Kündigung anhand des Maßstabs des § 1 Abs. 2 KSchG unerheblich.

45

a. § 1 Abs. 2 KSchG begründet keinen konzernbezogenen Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer, es sei denn der Arbeitsvertrag weist einen Konzernbezug auf und für den kündigenden Arbeitgeber besteht zumindest die faktische Möglichkeit, die Versetzung des Arbeitnehmers in ein anderes Konzernunternehmen durchzusetzen (BAG 22.11.2012 – 2 AZR 673/11 – Rn. 39 und BAG 24.05.2012 – 2 AZR 62/11 – Rn. 27). Ein Konzernbezug des Arbeitsverhältnisses der Parteien lässt sich aus dem vorgetragenen Sachvortrag nicht entnehmen.

46

b. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die neu gegründeten, nunmehr mit der Erstellung der Lokalseiten beauftragten Unternehmen mit der Beklagten einen Gemeinschaftsbetrieb bilden würden. Ein Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn diese aufgrund einer wenn auch konkludent geschlossenen Führungsvereinbarung, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personeller Hinsicht bezieht, einen gemeinsamen Personaleinsatz betreiben. Darlegungspflichtig hierfür ist der Arbeitnehmer (BAG 18.01.1990 – 2 AZR 355/89). Diese Voraussetzungen lassen sich nach dem sich bietenden Sachverhalt nicht feststellen. Angesichts der – unstreitigen – unterschiedlichen Strukturen, die der Erstellung von Lokalteilen im Bereich B seit 01.04.2011 zugrunde liegen, ist ein zentral gesteuerter Personaleinsatz der hierfür zuständigen Mitarbeiter unter Beteiligung der Beklagten nicht erkennbar. Hiergegen spricht insbesondere, dass diese selbst keinerlei redaktionelle Tätigkeiten mehr ausübt.

III.

47

Ein Rechtsmissbrauch im Sinne der unter I. zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung hinsichtlich der von der Beklagten gewählten Konstruktion zur Umsetzung ihrer Umstrukturierungspläne lässt sich ebenfalls nicht feststellen.

1.

48

Soweit der Kläger darauf verweist, man habe ihm gekündigt, weil er „zu teuer“ sei, so vermag dieser Einwand schon deshalb nicht zu verfangen, weil weiterer, diese Wertung untermauernder Sachverhalt von ihm nicht vorgetragen worden ist. Das Bestreben eines Arbeitgebers Personalkosten zu senken ist für sich genommen keine Vorgehensweise, die einen Rechtsmissbrauch indizieren kann. Gleiches gilt für das Vorbringen des Klägers, man habe sich ihm als missliebige Person entledigen wollen. Auch hierzu fehlt weiterer Sachvortrag, insbesondere zu den Vorrechtsstreiten. Hiergegen spricht im Übrigen, dass die Beklagte die Arbeitsverhältnisse mit sämtlichen Lokalredakteuren beendet hat und eine derartige Vorgehensweise auch – wie der Kläger selber vorträgt – innerhalb der gesamten Volksstimme-Gruppe von anderen mit der Erstellung von Lokalseiten beauftragten Volksstimmeunternehmen praktiziert worden ist. Der Sache nach bezieht sich der Einwand des Klägers nicht auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern vielmehr darauf, dass man ihm im Unterschied zu anderen Lokalredakteuren keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, ggf. als freier Mitarbeiter in einem anderen Unternehmen der Volksstimme-Gruppe angeboten hat. Dies betrifft jedoch nicht die hier streitgegenständliche Kündigung.

2.

49

Letztendlich lässt sich auch aus der vorgenommenen Strukturänderung in Zusammenschau mit den weiteren gesellschaftsrechtlichen Veränderungen kein Rechtsmissbrauch ableiten. Es mag zwar sein, dass sich bezogen auf die Volksstimme-Gruppe als Ganzes keine tatsächlichen Veränderungen bei der Herstellung der jeweiligen Lokalseiten vor und nach dem jeweiligen Stichtag ergeben haben. Anknüpfungspunkt für den Kündigungsschutz ist jedoch das Unternehmen. Bezogen auf die Beklagte ergeben sich nach dem unstreitigen Sachvortrag jedoch gerade deutliche Veränderungen in der Unternehmensstruktur. Die Beklagte führt ihren Bereich „Lokalredaktion“ nicht mehr selber fort, sondern bedient sich hierzu Subunternehmer. Die wirtschaftliche Entscheidung der Beklagten beschränkt sich mithin gerade nicht darauf, durch unternehmensinterne Organisationsmaßnahmen unter Beibehaltung der Arbeitgeberstellung Arbeitsplätze zu verlagern. Auch nach dem Sachvortrag des Klägers kommt der Beklagten kein bestimmender Einfluss auf die VSH und VSB zu. Ein solcher kann allenfalls der MVD zugeordnet werden. Der Sache nach ähnelt die Weitergabe des Auftrags zur Erstellung der Lokalseiten für den Bereich H und B einer Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns, nicht jedoch innerhalb eines Unternehmens. Sachvortrag dazu, dass zugunsten des Klägers die Grundsätze für einen konzernweiten Kündigungsschutz eingreifen (siehe hierzu BAG 23.03.2006 – 2 AZR 162/05 und 24.05.2012 – 2 AZR 62 AZR 62/11 – Rn. 27), ist jedoch nicht ersichtlich. Aus diesen Gründen – Veränderungen nicht innerhalb des Unternehmens, sondern innerhalb eines Unternehmensverbundes – vermögen auch die tragenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht zu überzeugen. Die Beklagte gibt nicht nur bezogen auf die Erstellung von Lokalseiten für die Volksstimme ihre Arbeitgebereigenschaft auf, sondern stellt darüber hinaus – bezogen auf ihr Unternehmen – die diesbezügliche betriebliche Tätigkeit insgesamt ein und behält auch keinen maßgeblichen Einfluss auf die nunmehr mit der Erstellung der Lokalseiten beauftragten Unternehmen.

IV.

50

Eine Rechtsunwirksamkeit der Kündigung lässt sich auch nicht nach Maßgabe des § 612 a BGB – Maßregelungsverbot – herleiten. Eine verbotene Maßregelung lässt sich nicht feststellen. Den klagenden Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung von dem verklagten Arbeitgeber durch den Ausspruch der Kündigung benachteiligt worden ist. Hierzu hat der Arbeitnehmer unter Beweisantritt einen Sachverhalt vorzutragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Kündigung durch den Arbeitgeber und einer vorangehenden zulässigen Ausübung von Rechten indiziert. Der Arbeitgeber hat sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag zu erklären (BAG 23.04.2009 – 6 AZR 189/08 – Rn. 13).

51

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

1.

52

Es fehlt bereits an ausreichendem Sachvortrag, dass die Kündigung der Beklagten die Reaktion auf die Inanspruchnahme von Rechten seitens des Klägers sein soll. Der Kläger benennt die von ihm ausgeübten Rechte nicht genau. Soweit er auf frühere Rechtsstreite verweist, fehlt es an weiterem Sachvortrag, dem eine Indizwirkung hinsichtlich der nunmehr ausgesprochenen Kündigung zukommen könnte.

2.

53

Jedenfalls hätte der von dem Kläger gerügte Verstoß nicht die von ihm gewünschte Rechtsfolge – Unwirksamkeit der Kündigung.

54

Der Kläger meint, die Beklagte hätte ihm genauso wie den weiteren 16 betroffenen Redakteuren einen Aufhebungsvertrag nebst Abfindung anbieten und ihn in eines mit der Erstellung der Lokalseiten für den Bereich B nunmehr betrauten Unternehmen – wenn auch zu schlechteren Bedingungen – vermitteln müssen. Die Maßregelung liege in der Ausgrenzung aus dem Kreis der übrigen Redakteure. Damit macht der Kläger aber der Sache nach gerade nicht geltend, die Kündigung als solche beinhalte die Maßregelung. Er bezieht sich vielmehr auf das unterlassene Abfindungsangebot, das jedoch ebenfalls zu einem Ausscheiden bei der Beklagten (zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt) geführt hätte. Der von § 612 a BGB bezweckte Schutz vor Benachteiligung würde vorliegend also allenfalls dazu führen, dass dem Kläger – bei einer unterstellten Maßregelung – ein Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit vergleichbaren Konditionen wie bei den übrigen Lokalredakteuren sowie ein Anspruch gegenüber der Beklagten, den Versuch einer Vermittlung in ein anderes Unternehmen der Volksstimme-Gruppe zu unternehmen, zustehen würde. Ein solcher Anspruch ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

V.

55

Schlussendlich scheitert die Rechtswirksamkeit der Kündigung nicht an § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, wonach eine ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist.

56

Eine Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, er insbesondere seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist. An die Mitteilungspflicht sind nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Darlegungslast des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determination“. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 03.11.2011 – 2 AZR 748/10 – Rn. 38). Soweit der Betriebsrat bei Einleitung des Anhörungsverfahrens bereits über den erforderlichen Kenntnisstand verfügt, um über die konkret beabsichtigte Kündigung eine Stellungnahme abgeben zu können, bedarf es keiner weiteren Darlegung der Kündigungsgründe durch den Arbeitgeber, wobei sich der Betriebsrat nur das Wissen eines zur Entgegennahme von Erklärungen gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 BetrVG berechtigten oder hierzu ausdrücklich ermächtigten Betriebsratsmitgliedes zurechnen lassen muss (BAG 27.06.1985 – 2 AZR 412/84).

57

Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten in schriftlicher und über ihre Geschäftsführerin in mündlicher Form ergänzend durchgeführte Unterrichtung des Betriebsrates.

1.

58

Die Beklagte hat den Betriebsrat in ausreichender Form über die der Kündigung zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände informiert.

59

a. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist allerdings die schriftlich gegebene Information nicht ausreichend, um den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, über die Berechtigung einer betriebsbedingten Kündigung aufgrund einer Umstrukturierungsmaßnahme eine abschließende Entscheidung zu treffen. Die von der Beklagten angedachte Umstrukturierung, die zum Wegfall sämtlicher Arbeitsplätze der von ihr bisher beschäftigten Redakteure führt, beruht auf mehreren gesellschaftsrechtlichen Veränderungen, die letztendlich erst in ihrem „Zusammenspiel“ den Wegfall von Arbeitsplätzen begründen können, wenngleich das äußere Erscheinungsbild hinsichtlich der Erstellung von Lokalseiten der Volksstimme im Bereich B sich nicht verändert hat. Dementsprechend bedarf es, um diesen Vorgang transparent zu machen, auch der Information des Betriebsrates, in welcher Form die rechtlichen Parameter, die der Erstellung von Lokalseiten der Volksstimme im Bereich B zugrunde liegen, eine Veränderung erfahren. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der sog. subjektiven Determination. Die Beklagte stützt ihre Kündigung auch aus subjektiver Sicht gerade auf dieses Zusammenspiel gesellschaftsrechtlicher Veränderungen innerhalb der Volksstimme-Gruppe, wie ihr Sachvortrag im Rechtsstreit deutlich macht. Dementsprechend hat sie auch diese Überlegungen, wenn auch nicht in einer dem § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG entsprechenden substantiierten Form, dem Betriebsrat gegenüber offenzulegen.

60

b. Nach dem Gesamtergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest (§ 286 ZPO), dass die Beklagte ihren Betriebsrat über die Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Strukturen ausreichend informiert hat. Dies haben die zu dem Beweisthema einvernommenen Zeugen K und A glaubhaft bekunden können. Die Zeugin A hat jedenfalls hinsichtlich der „Eckpunkte“ detailliert zu schildern gewusst, dass sie den Betriebsratsvorsitzenden anlässlich der noch zu führenden Personalgespräche darüber informiert hat, dass die Produktion der Lokalseiten durch zwei neu gegründete GmbH´s sowie zwei UG´en erfolgen solle, wobei die Hauptverantwortung den sog. Produktionsköpfen, in denen die „besten Redakteure“ eingesetzt werden sollen, obliegen werde. Den Repräsentanzen solle hingegen die Funktion einer Zuarbeit zukommen. Der Inhalt dieser Aussage wird – bei einer Gesamtbetrachtung – von der Aussage des Zeugen K bestätigt. Auch wenn dieser hinsichtlich bestimmter Details der gesellschaftlichen Strukturen keine positive Aussage über eine Information hierzu treffen konnte, so hat er doch im „Kern“ mit seiner Aussage bestätigt, dass nach seinem Kenntnisstand die Produktion der Lokalseiten durch zwei Produktionsköpfe und denen zuarbeitende Repräsentanzen erfolgen solle. Er hat weiter bestätigt, dass ihm durch Informationen seines Kollegen K jedenfalls im Grundsatz eine identische Struktur, die bereits für den Bereich H umgesetzt war, ebenfalls bekannt war. Dass beide Zeugen hinsichtlich bestimmter Details keine genaue Erinnerung mehr hatten, steht der vorgenommenen Bewertung ihrer Aussagen nicht entgegen. Dies erscheint vielmehr im Hinblick auf den lange zurückliegenden Zeitraum durchaus nachvollziehbar. Weiter ist in diesem Zusammenhang der Inhalt des Widerspruchsschreibens des Betriebsrates vom 28.03.2011 zu berücksichtigen. Der Betriebsrat vertritt hier die Auffassung, die Umstrukturierungsmaßnahme begründe keine betriebsbedingten Kündigungen, weil es sich um einen Betriebsübergang handele und erwähnt in diesem Zusammenhang weiter die Übertragung von Aufgaben auf neu gegründete Unternehmen der Volksstimme-Gruppe. Auch hieraus wird deutlich, dass dem Betriebsrat jedenfalls bei seiner abschließenden Beratung am 28.03.2011 die neuen Strukturen einschließlich der Zugehörigkeit der neu gegründeten Unternehmen zur Volksstimme-Gruppe bekannt waren. Unerheblich ist, ob dem Betriebsrat auch der Inhalt der mit 16 Redakteuren abgeschlossenen Aufhebungsverträge sowie der von diesen eingegangenen neuen Vertragsverhältnisse mit anderen Unternehmen der Volksstimme-Gruppe bekannt war. Dies ist für die unternehmerische Entscheidung der Beklagten als Vertragsarbeitsgeberin unerheblich. Diese genügt ihrer Informationspflicht, wenn sie bezogen auf ihren Betrieb bzw. ihr Unternehmen ausreichend Tatsachen unterbreitet, aus denen auf den dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen und eine fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in ihrem Unternehmen bzw. Betrieb geschlossen werden kann.

61

Auch an der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestehen zur Überzeugung der Kammer keine Zweifel. Insbesondere lässt sich ein Eigeninteresse an einem für die Beklagte günstigen Ausgang des Rechtsstreites nicht feststellen. Dies gilt sowohl für den Zeugen K, der nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt ist, als auch für die Zeugin A, die ebenfalls nicht mehr in den Diensten der Beklagten steht. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die inhaltlich glaubhaften Aussagen der Zeugen nicht dem tatsächlichen Geschehen entsprechen, sind nicht ersichtlich. Auch für diese Bewertung gilt, dass die Aussagen sich im Kern decken und durch den Inhalt des Widerspruchsschreibens des Betriebsrates vom 28.03.2011 bestätigt werden.

2.

62

Die streitbefangene Kündigung ist erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens ausgesprochen worden. Dieses ist durch den Widerspruch des Betriebsrates am 28.03.2011 beendet worden.

VI.

63

Nach alledem wird das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten durch die streitbefangene Kündigung aufgelöst. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit dem gewählten Endtermin 31.12.2011 die dem Kläger zustehende Kündigungsfrist nicht eingehalten hat, sind nicht ersichtlich. Diesbezügliche Einwände sind von dem Kläger nicht erhoben worden.

C.

64

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

D.

65

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.

66

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

67

Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.


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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
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published on 22/11/2012 00:00

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. März 2011 - 5 Sa 373/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben,
published on 24/05/2012 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2011 - 17 Sa 828/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
published on 16/02/2012 00:00

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. September 2010 - 9 Sa 343/10 - wird zurückgewiesen.
published on 03/11/2011 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. November 2010 - 7 Sa 1052/09 - aufgehoben.
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published on 21/06/2013 00:00

Tenor I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 15.11.2011 – 9 Ca 1041/11 – wird zurückgewiesen. II. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 15.11.2011 – 9 Ca
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Annotations

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Der Betriebsrat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.

(2) Der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter vertritt den Betriebsrat im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse. Zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, ist der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.