Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 23. Okt. 2017 - 4 Sa 291/16
Gericht
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08.08.2016 – 2 Ca 201/16 HBS – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die klagende Partei trotz des bestehenden Haustarifvertrages nach wie vor dynamisch Entgelterhöhungen gemäß den Entgelttabellen des TVöD weiterzugeben.
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Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08. August 2016 – 2 Ca 201/16 HBS – auf den Seiten 2 bis 8 Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht Magdeburg hat der Klage durch sein vorgenanntes Urteil vom 08.08.2016 stattgegeben. Wegen des Tenors und der Gründe der vorgenannten Entscheidung des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08. August 2016 wird auf dessen Seiten 1 bis 2 und auf dessen Seiten 8 bis 15 verwiesen.
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Das vollständig abgefasste und mit Rechtsmittelbelehrung versehene vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg wurde der Beklagten am 27.08.2016 zugestellt. Deren Berufungsschrift ist am 30.08.2016 und deren Berufungsbegründung – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.11.2016 – am 28.11.2016 beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingegangen.
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Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz vorgetragen, das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg sei rechtsfehlerhaft. Das Arbeitsgericht Magdeburg habe zu Unrecht angenommen, auf das Arbeitsverhältnis seien die aktuellen Entgelttabellen des TVöD gemäß § 15 TVöD anzuwenden. Dies habe das Arbeitsgericht Magdeburg mit einer betrieblichen Übung begründet. Diese Entscheidung halte einer Überprüfung nicht stand und sei zu korrigieren. Der maßgebliche Sachverhalt sei unstreitig. Die Beklagte habe mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 31. Januar 2006 einen Haustarifvertrag abgeschlossen, der vom TVöD in verschiedenen Bereichen abweiche. Insbesondere sehe dieser Tarifvertrag besondere – und damit gegenüber dem TVöD speziellere und diesen verdrängende – Regelungen bezüglich der Vergütung vor. Die Tarifvertragsparteien hätten sich dabei auf eine statische Geltung der Entgelttabellen verständigt, die dem Haustarifvertrag als Anlage beigefügt und integraler Bestandteil dieses Tarifwerkes sei.
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Die hier maßgebliche Tabelle 1 ("Tabelle TVöD") bestehe aus drei Seiten, die jeweils Entgeltbeträge konkret definieren würde. Die Entgelttabelle auf Seite 3 sei mit den Worten "gültig ab 01. Juli 2007" überschrieben. Nach Wortlaut und Systematik des Haustarifvertrages seien die Vergütungssteigerungen abschließend im Haustarifvertrag normiert; eine automatische dynamische Geltung des TVöD sei hiernach ausgeschlossen. Das bestätige auch die Protokollnotiz zum Tarifvertrag. Diese bringe deutlich zum Ausdruck, dass künftige Veränderungen neue Verhandlungen erfordern.
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Daraus folge, dass eine dynamische Anpassung wie im öffentlichen Dienst gerade nicht gewollt und auch nicht vereinbart worden sei. Deshalb habe die Beklagte auch den Flächentarifvertrag durch Abschluss eines Haustarifvertrages verlassen. Lediglich in schlichter Verkennung des Regelungsgehaltes des Tarifvertrages habe sie, die Beklagte, in der Folgezeit gleichwohl Anpassungen an Tarifsteigerungen des TVöD vorgenommen, nämlich – und das ist unstreitig – acht Tarifsteigerungen in sechs Jahren. Dazu hat die Beklagte ausgeführt, in den Verdienstabrechnungen der Mitarbeiter/innen sei dabei stets ausdrücklich vermerkt worden, dass die Beklagte das Entgelt nach dem Tarifvertrag abrechne und zur Auszahlung bringe. Von (freiwilligen) übertariflichen Leistungen, auf die kein Anspruch bestehe, sei nie die Rede gewesen. Sie habe die klagende Partei auch nicht unterstellen können. Im Gegenteil: In Ermangelung abweichender Anhaltspunkte sei stets davon auszugehen, dass sie, die Beklagte, mit ihren Zahlungen "nur" die bestehenden Ansprüche ihrer Mitarbeiter/innen erfüllen wolle.
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Das Arbeitsgericht Magdeburg habe sich dagegen auf den Standpunkt gestellt, auf das Arbeitsverhältnis sei die jeweils aktuelle Entgelttabelle des TVöD anzuwenden. Dabei gehe dieses von einer Dynamik der Entgelttabelle aus. Dieses Ergebnis wolle das Gericht aus einer betrieblichen Übung ableiten. Es verkenne insoweit, dass für eine betriebliche Übung kein Raum sei, da hier ein Fall eines reinen Normenvollzuges (Tarifvertrag) vorliege. Die Beklagte sei lediglich einer schlichten Fehlvorstellung über den Normeninhalt unterlegen gewesen. Sie habe stets alleine gemäß Tariflohn leisten wollen, den sie aufgrund der Geltung des sie bindenden Tarifvertrages schulde. Sie habe den Regelungsgehalt des Tarifvertrages schlicht und einfach verkannt. Der Umstand, dass dies erst Jahre später aufgefallen sei, stehe dem nicht entgegen. Auch hierdurch sei keine Grundlage für eine "Vertrauenshaftung" der Arbeitgeberin und eine zukünftige Fortsetzung einer fehlenden Normenanwendung geschaffen worden.
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Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird auf deren Berufungsbegründung vom 28. November 2016 und deren Schriftsatz vom 19. Oktober 2017 Bezug genommen.
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Hinsichtlich der von den Parteien in der Berufungsverhandlung am 23. Oktober 2017 gestellten Anträge wird auf die Seite 2 des diesbezüglichen Protokolls verwiesen.
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Bezüglich des zweitinstanzlichen Vorbringens der klagenden Partei wird auf deren Berufungserwiderung vom 06. Januar 2017 Bezug genommen. Dort wird u. a. ausgeführt, zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Haustarif auf das hier in Rede stehende Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Wenn für die Entlohnung dieser Haustarif Bezug nehme auf den TVöD-VKA, so richte sich die Entlohnung nach den Regelungen dieses Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst. Das Grundgehalt werde mit "Entgelt-TVöD" bezeichnet. Das beziehe sich zwar lediglich auf das Grundgehalt, sei aber sinnvoll, da gerade im Krankenhausbetrieb der Beklagten diverse weitere Zulagen gezahlt würden. Der Haustarifvertrag sei so auszulegen, dass sich der Anspruch auf die geltend gemachten Gehaltserhöhungen unmittelbar aus diesem ergeben.
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Nach § 3 Abs. 1 Ziffer c) Haustarifvertrag diene die Inbezugnahme auf die Anlage 1 "Tabelle TVöD" und die Anlage 2 "Kr-Anwendungstabelle" einzig und alleine dem Zweck, dass sowohl für den Allgemeinen Teil als auch für die Krankenhäuser die entsprechenden Tabellen Anwendung finden sollen. Diese Inbezugnahme habe nur klarstellenden Charakter, welche Tabellen grundsätzlich gemeint seien. Es sei dagegen völlig falsch, dass seinerzeit gerade wegen einer gewollten statischen Verweisung ein Haustarif geschlossen worden sei. Dem sei nicht so gewesen. Der Tarifvertrag habe den Sinn gehabt, das gesamte Niveau der Gehälter prozentual herabzusenken und einen Kündigungsschutz einzubauen. Des Weiteren sei es darum gegangen, die Arbeitszeit auf 35 Stunden herabzusenken. Zu keinem Zeitpunkt sei bei den Tarifvertragsverhandlungen darüber gesprochen worden, dass es eine statische Gehaltstabelle geben solle. Wenn dem so gewesen wäre, so hätte die Beklagte doch sofort – weil es ja angeblich darum ging – die nächste anstehende Tariferhöhung bereits ausgesetzt. Aber gleich am 01.01.2008, also weniger als zwei Jahre später, sei die Tariferhöhung an die Mitarbeiter der Beklagten weitergegeben worden.
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Auch die Regelung des § 3 Abs. 4 des Haustarifvertrages lasse auf eine dynamische Verweisung schließen. In dieser Regelung werde ausdrücklich auf die jeweiligen Tarifvorschriften für Beschäftigte des Regelungsbereiches West Bezug genommen. Insoweit bezieht sich die klagende Partei auf das Urteil des BAG vom 18. Mai 2011 – 5 AZR 250/10. Die Regelungen des § 3 Abs. 4 des Haustarifvertrages würden somit – so die klagende Partei weiter – die Auslegung des § Abs. 1 Ziffer c) des Haustarifvertrages klarstellen. Ansonsten hätte es in § 3 Abs. 4 des Haustarifvertrages heißen müssen, dass die jeweiligen Prozentsätze auf die Anlage 1 bzw. Anlage 2 nach § 3 Abs. 1 Ziffer c) Haustarif anzuwenden wären. Genau dieses hätten die Tarifvertragsparteien jedoch nicht vereinbart und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie in § 3 Abs. 1 Ziffer c) Haustarifvertrag keine statische Verweisung schaffen, sondern lediglich eine Klarstellung erreichen wollten, welche Entgelttabellen heranzuziehen sind.
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Im Übrigen laute hier die betriebliche Übung, dass obligatorisch die Gehaltsanpassungen nach den jeweiligen Tarifabschlüssen für den Tarifbereich TVöD-VKA an die Beschäftigten der Beklagten weitergegeben werden. Ohne jede Bedingung und ohne jede Einschränkungen seien diese Gehaltsanpassungen von der Beklagten an ihre Beschäftigten weitergegeben worden. Im Rahmen dieser betrieblichen Übung komme es einzig auf den Horizont auf Arbeitnehmerseite an, wie diese das Verhalten des Arbeitgebers verstehen durften. Sofern also die Beklagte behaupte, sie habe lediglich rechtsirrig den Haustarifvertrag vollzogen, so werde dieses ausdrücklich bestritten. Darauf komme es jedoch nicht an, weil zwischen den Parteien keine Geltung des Tarifvertrages nach § 4 Abs. 1 TVG bestehen würde. Die Klägerin sei keinem Zeitpunkt Gewerkschaftsmitglied gewesen. Der Haustarifvertrag gelte deshalb zwischen den Parteien lediglich durch einzelvertragliche Inbezugnahme bzw. gerade aufgrund der betrieblichen Übung. Der hier streitgegenständliche Haustarifvertrag sei seit seinem Bestehen im Jahre 2006 auf das hier vorliegende Arbeitsverhältnis ständig angewendet worden. Für die klagende Partei gehe es also nicht um die Frage der Auslegung des Haustarifvertrages, sondern vielmehr um die Frage der Auslegung ihres Arbeitsvertrages.
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In einem Zeitraum von gut zehn Jahren habe es zwei Arten von Anpassungen für die gesamte Belegschaft, also für über 600 Beschäftigte, bei der Beklagten gegeben, nämlich zum einen an das Westgehalt und zum anderen acht Gehaltstabellenerhöhungen. Die klagende Partei habe das Verhalten der Beklagten ungeachtet der bestehenden Anspruchsgrundlagen immer so gedeutet, dass diese sich zukünftig auch entsprechend verpflichten wollte, Gehaltserhöhungen zu leisten. Der Arbeitsvertrag sei nur geändert worden, weil sich die Regelungen des Haustarifvertrages alleine auf der individual-arbeitsvertraglichen Ebene befinden würden. Es sei bereits hervorgehoben und deshalb ausdrücklich bestritten worden, dass die Behauptung der Beklagten richtig sei, der Haustarifvertrag sei nur geschlossen worden, um gerade den Erhöhungen des TVöD zu "entfliehen". Wäre dem tatsächlich so gewesen, hätten die damaligen Akteure auf Arbeitgeberseite sicherlich darauf geachtet, dass eine nach ihrer Rechtsauffassung nicht geschuldete Gehaltserhöhung auch nicht ausbezahlt wird. Die nunmehr in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung der Beklagten könne nur eine Schutzbehauptung sein.
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Nach der Rechtsprechung des BAG (z. B. Urteil vom 19.10.2011 – 5 AZR 359/10) betreffend tarifliche Lohnerhöhungen durch betriebliche Übung eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers würden deutliche Anhaltspunkte in deren Verhalten verlangt, wonach diese auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen wollen. Dieses Erfordernis liege hier vor. Die Weitergabe von acht aufeinander folgenden Tariflohnerhöhungen sei dafür ein deutliches Anzeichen, zumal insoweit an die gesamte Belegschaft geleistet worden sei.
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Es liege auch keine Schlechterstellung der Beklagten gegenüber einem Arbeitgeber vor, der Mitglied des VKA sei. Letzterer könne durch Austritt aus dem Arbeitgeberverband zumindest zukünftige Gehaltserhöhungen umgehen, was einer Arbeitgeberin, die die Tarifdynamik durch betriebliche Übung übernommen habe, nicht möglich sei. Die Beklagte sei hier durch den Abschluss des Haustarifvertrages nicht schlechter gestellt. Wäre die Tarifdynamik Bestandteil des Haustarifvertrages, könne sie diesem ebenfalls nicht durch Austritt entkommen bzw. entfliehen. Die Beklagte sei die einzige Tarifvertragspartei auf Arbeitgeberseite. Der Tarifvertrag könne lediglich gekündigt werden, das habe allerdings die Folge der Nachwirkung.
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Schließlich setzte sich die Beklagte in keiner Weise mit der Frage des Mitbestimmungsrechts auseinander. Gerade weil die Erhöhung der Tabellenentgelte tariflich nicht geregelt sein solle, bestünden keine betrieblichen Tarifregelungen über die Frage von Gehaltserhöhungen. Für eine Vielzahl von Beschäftigten, nämlich über 600 Personen, sei ein Gesamtvolumen bei jeder Gehaltserhöhung ausgeschüttet worden. Der hierfür gefundene Schlüssel, nämlich die Anwendung der prozentualen Erhöhung der Tabellenentgelte entsprechend der Regelung der Tarifvertragsparteien des TVöD-VKA, stelle mithin einen Entlohnungsgrundsatz dar. Es gehe nicht um die Frage, dass überhaupt eine Gehaltserhöhung in einer bestimmten Höhe gezahlt werde. Von mitbestimmungsrechtlicher Relevanz sei lediglich die Frage, mit welchem Schlüssel das allmonatliche Gesamtvolumen der Gehaltserhöhung auf die einzelnen Mitarbeiter verteilt werde. Dieser Schlüssel sei von der Beklagten alleine, ohne Beteiligung des bei ihr bestehenden Betriebsrates, aufgestellt worden. Die Frage, ob eine Gehaltserhöhung bezahlt werde, habe alleine bei der Beklagten gelegen. Wie dieses Gesamtvolumen allerdings verteilt werde, wäre mitbestimmungspflichtig gewesen. Mithin sei die Abänderung dieses Entlohnungsgrundsatzes auch mitbestimmungspflichtig. Diese Zustimmung sei seitens der Beklagten nicht vorgetragen worden und liege auch nicht vor.
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Zu diesem Schriftsatz der klagenden Partei vom 06.01.2017 hat die Beklagte nochmals mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2017 Stellung genommen. Dort hat sich die Beklagte u. a. auf den Standpunkt gestellt, die dem Haustarifvertrag beigefügten Tabellen seien nicht lediglich klarstellend, sondern hätten vielmehr konstitutiven Charakter. Die vorgesehenen – zeitlich befristeten – Gehaltsentwicklungen seien im Haustarifvertrag bzw. in dessen Tabellen im Einzelnen abschließend geregelt worden. Richtig sei, dass die Beklagte bzw. die Krankenhausleitung entgegen den Regelungen des Haustarifvertrages im Jahr 2008 Erhöhungen des TVöD an die Mitarbeiter der Beklagten weitergegeben habe. Aus diesem Umstand – die bei ihr verantwortlichen Personen seien an den Haustarifvertragsverhandlungen nicht beteiligt gewesen und hätten sich nicht die Mühe gemacht, den Inhalt des Haustarifvertrages nachzuvollziehen – folge indes keine Änderung des Haustarifvertrages. Die Beklagte sei schlicht und ergreifend einem Irrtum unterlegen und habe demzufolge rechtsirrig Zahlungen geleistet. § 3 Abs. 1 Ziffer c) des Haustarifvertrages sei eindeutig. § 3 Abs. 4 des Haustarifvertrages regele die Ermittlung des Bemessungssatz und bestimme auch sehr klar, dass dieser seit dem 01. Juli 2007 97 Prozent betrage. Dies beziehe sich selbstverständlich auf die dem Haustarifvertrag beigefügten Tabellen, die konkrete (fixe) Beträge aufweisen würden.
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Auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG habe es hier eines ausdrücklichen Ausschlusses weiterer Steigerungen des Bemessungssatzes während der Laufzeit des Haustarifvertrages nicht bedurft. Es genüge, dass weitere Steigerungen während der Laufzeit dieses Haustarifvertrages nicht vorgesehen seien. Sowohl der Prozentsatz als auch die Steigerungen der konkreten Vergütung seien in § 3 des Haustarifvertrages als Ausnahme genannt und abschließend. In den Tabellen werde neben dem Prozentsatz auch ausdrücklich – insoweit klarstellend und zum Zweck der Transparenz – der sich aus dem maßgeblichen Prozentsatz für die jeweilige Entgeltgruppe ergebende Wert ausgeführt.
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Die klagende Partei könne ihr Begehren nicht auf eine betriebliche Übung stützen. Es sei einem irrtumsbedingten Verhalten wie hier im streitigen Falle immanent, dass die Gehaltsanpassungen ohne Einschränkungen erfolgt seien. Die Beklagte sei ja gerade von einer bestehenden Verpflichtung ausgegangen. Für den verständigen Beschäftigten – auf dessen Sichtweise abzustellen sei – sei aufgrund der Gehaltsmitteilungen ohne weiteres erkennbar gewesen, dass die Beklagte nicht einen vermeintlichen vertraglichen Anspruch erfüllen und keine weitergehenden Leistungen "on top" erbringen wollte. Es sei auch völlig unerheblich, über welchen Zeitraum hinweg respektive gegenüber welcher Mitarbeiterzahl die rechtsirrigen Anpassungen vorgenommen worden seien. Deutliche Anhaltspunkte im Verhalten der Arbeitgeberin dahingehend, ohne vertragliche Verpflichtung – mithin freiwillig – Gehaltsanpassungen vorzunehmen, würden offenkundig nicht vorliegen.
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Im Übrigen bezieht sich die Beklagte auf das Urteil des BAG vom 24. Februar 2016 – 4 AZR 992/13 – zur betrieblichen Übung. Mithin – so die Beklagte weiter – seien in dem Haustarifvertrag aus dem Jahre 2006 die Vergütung der Beschäftigten sowie deren (befristete) Entwicklung abschließend geregelt worden. Diese ergebe sich aus den angefügten Tabellen, die bereits in ihrer Überschrift den zeitlichen Geltungsbereich definieren. Ein Rückgriff auf das Tarifrecht des Flächentarifvertrages (hier TVöD) scheide nach alledem aus. Die Beklagte habe sich von dieser Entwicklung gerade abkoppeln wollen und sich nicht den Verhandlungsergebnissen Dritter unterwerfen wollen.
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Dass sich die Beklagte nicht mit Fragen des Mitbestimmungsrechts auseinandergesetzt habe, liege darin begründet, dass die Ausführungen der klagenden Partei insoweit - vorsichtig formuliert – einigermaßen skurril seien. Für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates – die klagende Partei meine wohl § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG – bestehe kein Raum. Die Beklagte habe selbstredend keine Entgeltordnung jenseits des Tarifvertrages eingeführt, sondern – wenn auch auf fehlerhafte Art und Weise – den Tarifvertrag angewendet.
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In dieser und den 15 parallelen Berufungsverhandlungen am 23. Oktober 2017 ergab sich, dass es insgesamt rund 400 Gerichtsverfahren gibt, die vom Ausgang der an diesem Tage entschiedenen Rechtsstreite abhängen. Die Arbeitgeberin hat dort ausgeführt, es sei seinerzeit beabsichtigt gewesen, für immer eine Abkoppelung vom TVöD herbeizuführen und nicht dauerhaft unter Bezug auf diesen eine Anpassung vorzunehmen. Die acht Erhöhungen über mindestens sechs Jahre beruhten auf einem Irrtum der Lohnbuchhaltung im Zusammenhang mit einer falschen Anwendung des Lohnprogrammes. Dies sei erst durch den Rechtskonsulenten Dr. S in der Konzernzentrale in Z festgestellt bzw. erkannt worden. Auf Befragen des Gerichts ergab sich, dass es zwar ein Controlling gibt, aber auch dieses die fehlerhafte Umsetzung aufgrund der falschen Programmierung nicht habe feststellen können.
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Die Prozessbevollmächtigten der klagenden Parteien haben am 23. Oktober 2017 jeweils ausgeführt, es sei nicht erkennbar (gewesen), dass hier mit dem Abschluss des Haustarifvertrages keine dynamische Erhöhung verbunden gewesen sei. Im Übrigen sei der Haustarifvertrag als Basis bzw. Grund der vorgenommenen Zahlungen auf Seiten der Beschäftigten überhaupt nicht erkennbar gewesen. Es sei schon erstaunlich, dass bei so vielen Beschäftigten sozusagen Unsummen ohne Rechtsgrund über Jahre zu viel gezahlt worden seien und dies seitens der Arbeitgeberin trotz deren punktgenauen Zahlungen plötzlich als angebliche irrtümliche Leistung qualifiziert werde. Somit sei es zweifelhaft bzw. rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Arbeitgeberin nunmehr auf einen Irrtum berufe.
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Abgesehen stehe der Haustarifvertrag mit den vorgenommenen Zahlungen in Einklang. Selbst wenn das jedoch nicht der Fall sei, habe die Arbeitgeberin jahrelang wiederholt freiwillig über den Haustarifvertrag hinaus geleistet und könne sich deshalb nicht mehr darauf berufen, dass ihr insoweit aufgrund eines Irrtums der notwendige Rechtsbindungswille fehle bzw. den jahrelangen Zahlungen lediglich eine falsche Programmierung innerhalb der Lohnbuchhaltung zugrunde liege. Auch das sei wenig glaubhaft. Ebenso wenig könne davon ausgegangen werden, dass diese Zahlungen dem bei Privatkliniken stets sehr präzisen Controlling tatsächlich über viele Jahre tatsächlich entgangen seien.
Entscheidungsgründe
I.
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Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten ist ohne weiteres zulässig.
II.
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Die Berufung der Beklagten gegen das oben im Tenor näher bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08.08.2016 ist jedoch unbegründet und war demgemäß kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Klage ist begründet. Auch unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien beruht diese Entscheidung kurz zusammengefasst in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf folgenden Erwägungen:
1.
- 29
Unter Beteiligung von A-Kliniken im Lande Sachsen-Anhalt ist es in letzter Zeit bereits zu Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt gekommen, bei denen es um verschiedene Tarifwerke, deren Geltung und deren jeweilige Auslegung ging, nämlich u.a. die Urteile des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt
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- vom 17. Mai 2016 – 6 Sa 66/15
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- vom 17. Januar 2017 – 3 Sa 270/14
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- vom 14. August 2017 – 6 Sa 216/15 und
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- vom 14. August 2017 – 6 Sa 221/15.
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Im vorliegenden Streitfall geht es aufgrund streitiger Auslegung des Haustarifvertrages um die Frage, ob eine dynamische Erhöhung der Vergütung vorzunehmen ist.
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Die klagende Partei ist beschäftigt im früheren "St-Krankenhauses H", danach im "A Klinikum St H" und nunmehr bei der beklagten "A Klinikum H GmbH".
2.
- 36
Gemäß der Nebenabrede vom 26. Februar 1992 zum Arbeitsvertrag vom 01. September 1981 wurde vereinbart, dass aufgrund des Tarifvertrages ab 01. Dezember 1991 eine Höhergruppierung der klagenden Partei in die Vergütungsgruppe IV b, Fallgruppe 15 BAT erfolgt. Mithin hat die klagende Partei zunächst eine Vergütung gemäß dem BAT und anschließend nach dem TVöD erhalten. Dementsprechend ist das vorliegende Arbeitsverhältnis jedenfalls zuletzt auf die A Klinikum H GmbH übergegangen. Mit einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden und einer dementsprechenden Gehaltsreduzierung hat sich die klagende Partei einverstanden erklärt. Darüber hinaus ist es nicht zu einer individualrechtlichen einvernehmlichen Änderung des Arbeitsverhältnisses oder einer diesbezüglichen Änderungskündigung gekommen.
a)
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In der Lohn-/Gehaltsabrechnung für den Monat September 2014 heißt es u. a.:
- 38
Bezeichnung
Lohnart
SSZA
TVVR
Sonderzahlung
1002
LLJB
Entgelt TVÖD
1006
LLJB
Besitzstand TVOED
1602
LLJB
VWL AG-Anteil
1650
LL B
Infektionszulage BAT
2040 LLJB
Gesamtbruttobetrag
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Auf den Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006 wird in dieser Lohn-/Gehaltsabrechnung nicht erkennbar Bezug genommen.
b)
- 40
Nach Abschluss dieses Haustarifvertrages am 31. Januar 2006 hat die Beklagte unstreitig über einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren bei der klagenden Partei mindestens acht Anpassungen des Arbeitsentgeltes an die entsprechenden Tarifsteigerungen des TVöD jeweils pünktlich vorgenommen.
3.
- 41
Zu diesen Anpassungen der Arbeitsvergütung der klagenden Partei an die Tarifsteigerungen des TVöD ist die Beklagte auch unter Berücksichtigung des Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006 weiterhin verpflichtet. Die Berufungskammer vermag der Auffassung der Beklagten nicht zu folgen, wonach es nach diesem Haustarifvertrag nicht dauerhaft zu einer dynamischen Anpassung der Vergütung der klagenden Partei kommen sollte. Im Einzelnen:
a)
- 42
Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil diese Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und gegebenenfalls die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt der derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. BAG vom 12. August 2015 – 7 AZR 592/13 – Rn. 15 und LAG Sachsen-Anhalt vom 17. Mai 2016 – 6 Sa 66/15 auf den Seiten 10 und 11).
b)
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In § 3 des Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006 heißt es unter "Besondere Regelung" in Abs. (1) c):
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"Die Beschäftigten erhalten abweichend von § 15 Abs. 2 Entgelt nach der Anlage 1 "Tabelle TVöD" oder Anlage 2 "Kr-Anwendungstabelle".
- 45
In diesem Zusammenhang nimmt die Beklagte Bezug auf Blatt 3 der Anlage 1 zu diesem Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006. Dort heißt es als Überschrift (auf Seite 8 des vorgenannten Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006):
- 47
- Bemessungssatz Tarifgebiet Ost 97 v. H. – (gültig ab 1. Juli 2007)
- 48
Aus dieser Formulierung … (gültig ab 01. Juli 2007) leitet die Beklagte ab, dass Anpassungen an mögliche Entgeltentwicklungen des TVöD nach dem 01. Juli 2007, welche hier von der klagenden Partei geltend gemacht werden, gemäß dem Wortlaut des vorgenannten Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006 nicht vorgesehen sind.
c)
- 49
Nach Auffassung der Berufungskammer gibt diese Entgelttabelle jedoch lediglich deklaratorisch wieder, welchen Stand die Entgelttabelle des TVöD mit einem Bemessungssatz Tarifgebiet Ost von 97 Prozent mit Gültigkeit ab 01. Juli 2007 hat. Dieser Tabelle kann dagegen nicht entnommen werden, dass es bei diesem Grundentgelt und dessen Entwicklungsstufen statisch bis zum Abschluss eines neuen Haustarifvertrages oder gar zum Eintritt in das Rentenalter verbleiben soll. Vielmehr wird im vorgenannten Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006 zunächst in § 2 auf die anzuwendenden Tarifverträge Bezug genommen. Die Anlage 1 Blatt 3 zum Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006 macht im Rahmen der besonderen Regelungen des § 3 dieses Haustarifvertrages in erster Linie deshalb Sinn, weil die Arbeitszeit auf 35 Stunden wöchentlich abgesenkt wurde und damit auch eine Absenkung der Arbeitsvergütung einherging. In dem gesamten Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006 gibt es dagegen keinerlei Hinweise darauf, dass die Tarifvertragsparteien durch den Abschluss dieses Haustarifvertrages am 31. Januar 2006 für die Zukunft jedwede dynamische Vergütungsanpassungen überhaupt behandeln und sodann als Ergebnis dieser Verhandlungen als künftig statisch festlegen wollten.
aa)
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Vielmehr ging es A seinerzeit bei der Übernahme verschiedener Kliniken in Sachsen-Anhalt vordringlich darum, eine Arbeitszeit- und Vergütungskürzung zu erreichen. Dieses Ziel ist seinerzeit mit Regelungsabreden erreicht worden, die A mit den einzelnen Betriebsräten geschlossen hat. Mit den Beschäftigten wurden anschließend auf der Grundlage dieser Regelungsabreden nicht nur befristet, sondern weitgehend unbefristet Reduzierungen der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart, wobei gleichzeitig die Vergütung abgesenkt wurde. Dafür erhielten die Beschäftigten befristet Sonderkündigungsschutz und zusätzlich freie Tage pro Jahr (vgl. dazu den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 01. Juli 2015 – 4 TaBV 32/13, der vom Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 07. Juni 2017 – 1 ABR 32/15 – abgeändert wurde, weil es – so das BAG – an der Wiederholungsgefahr in Bezug auf die getroffenen Regelungsabreden fehlt). Diese Regelungsabreden bezogen sich auf die Änderung bestehender Arbeitsverträge (vgl. dazu die Seiten 5 bis 8 des abgeänderten Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 01.07.2015 – 4 TaBV 32/13). Den dortigen Texten ist jedoch zu entnehmen, dass es den dort beteiligten A Kliniken in Sachsen-Anhalt seinerzeit auch darum ging, eine Anpassung der Arbeitsvergütungen an mögliche Entgeltentwicklungen des TVöD nach dem 01. Juli 2007 ganz zu verhindern oder einzuschränken.
bb)
- 51
Wenn die Tarifvertragsparteien dies hier zu einem späteren Zeitpunkt durch den Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006 beabsichtigt hätten, so hätten sie sich sicher nicht darauf beschränkt, dieses nur in seiner Entgelttabelle zu dokumentieren. Vielmehr sind solch bedeutsame Regelungen regelmäßig im Text eines diesbezüglichen Tarifvertrages ausdrücklich zu finden. Nach alledem stellt sich die diesbezügliche Tabelle (Anlage 1, Blatt 3 zum Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006) lediglich als deklaratorisch dar, um zu erkennen, welchen Stand die Grundentgelte in den verschiedenen Entgeltgruppen nebst den verschiedenen Entgeltstufen mit Stand 01. Juli 2007 haben. Demgegenüber ist dieser Tabelle nicht zu entnehmen, dass es im Geltungsbereich des Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006 erst dann zu weiteren künftigen Entgelterhöhungen nach dem 01. Juli 2007 kommen soll, wenn die Tarifvertragsparteien dieses Haustarifvertrages das künftig jeweils vereinbaren.
cc)
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Außerdem findet sich hier die eindeutig formulierte Absicht der Tarifvertragsparteien, das Vergütungsniveau auf ratierlichem Wege an das West-Niveau anzupassen. Dazu sind hier entsprechende Anhebungen vorgesehen worden. Diese Anhebungen würden aber zunichte gemacht, wenn die Tarifvertragsparteien die Absicht gehabt hätten, im Geltungsbereich des Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006 keine dynamischen Anpassungen an weitere Entgeltentwicklungen des TVöD nach dem 01. Juli 2007 vorzunehmen, während dieses demgegenüber im Tarifgebiet West weiterhin erfolgt. Eine nur statische Erhöhung des Bemessungssatzes auf 97 Prozent aufgrund des Haustarifvertrages gegenüber dynamischen Regelungen im Tarifgebiet West würde nach kürzester Zeit dazu führen, dass die Vergütungen im Geltungsbereich dieses Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006 im Vergleich zu den aktuellen dynamisch erhöhten Arbeitsvergütungen im Tarifgebiet West alsbald mehr als deutlich auf unter 97 Prozent absinken würden.
d)
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Alledem entspricht auch die mehr als sechs Jahre lange betriebliche Praxis durch die Beklagte. In einem Zeitraum von rund sechs Jahren hat sie acht Tariflohnerhöhungen gemäß dem TVöD jeweils pünktlich an die Beschäftigten ihres Klinikums in H weitergegeben. Diese praktische Handhabung spricht klare Worte. Es ist nur schwerlich anzunehmen, dass diese klare Handhabung nach dem Vortrag der Beklagten lediglich auf einem "Rechtsirrtum" beruhte, der erst dadurch beseitigt wurde, dass sich der Rechtskonsulent Dr. S aus der A-Zentrale in Z eingeschaltet und nach einer juristischen Überprüfung des Haustarifvertrages vom 31. Januar 2006 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass hier eine fehlerhafte Handhabung vorgelegen hat. Dessen Sicht der Dinge vermag sich die Berufungskammer – wie dargelegt – ohnehin nicht anzuschließen. Im Übrigen ist es für die Berufungskammer nur schwer nachvollziehbar, dass das Controlling der Beklagten über sechs Jahre diesbezüglich gänzlich versagt haben sollte bzw. die acht Tariflohnerhöhungen in sechs Jahren nur infolge einer fehlerhaften Handhabung des Computerprogramms erfolgt sind. Kliniken verfügen in der Regel über gut funktionierende Controlling-Systeme, die gegebenenfalls auch unzutreffende EDV-Programme erkennen, soweit dadurch nicht notwendige finanzielle Ausgaben veranlasst werden. Letztendlich verbleibt der Befund, dass sich offenbar die A Konzernzentrale in Z erst viele Jahre nach dem Inkrafttreten des Haustarifvertrages im Jahre 2006 aufgrund einer späteren rechtlichen Prüfung durch ihren Rechtskonsulenten Dr. S auf den Standpunkt gestellt hat, aus den Vergütungstabellen des Tarifvertrages vom 31. Januar 2006 sei herzuleiten, dass die dort festgelegte Vergütung konkret beziffert und damit statisch festgelegt sei, weshalb eine Anpassung an mögliche Entgeltentwicklungen des TVöD nach dem 01. Juli 2007 nicht vorgesehen sei. Diese neuerliche Auslegung entspricht zum einen nicht der mindestens sechs Jahre gehandhabten betrieblichen Praxis mit acht – jeweils pünktlich erfolgten - Tariflohnerhöhungen. Zum anderen vermag die Berufungskammer dieser Auslegung – wie im Einzelnen dargestellt – nicht beizutreten.
4.
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Dementsprechend ist hier jedenfalls auch eine entsprechende Anpassungspraxis aufgrund betrieblicher Übung gegeben. Auch unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BAG vom 19.10. 2011 – 5 AZR 359/10 – ist hiervon auszugehen. Es gibt hier nämlich im Verhalten der beklagten Arbeitgeberin jedenfalls hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass diese in Bezug auf die klagende Partei die Tariflohnerhöhungen des TVöD dauerhaft übernehmen wollte. Acht Vergütungsanpassungen in sechs Jahren ohne jeden Vorbehalt zeigen dieses mehr als deutlich. Sie zeugen von einer eindeutig gelebten und geübten entsprechenden Vertragspraxis. Hierbei sind jeweils keinerlei Vorbehalte gemacht worden und auch jeweils keinerlei Bezugnahmen auf den Haustarifvertrag vom 31. Januar 2006 erfolgt. Der Inhalt dieser betrieblichen Übung lautet, dass die jeweilige Vertragsvergütung nach dem 01. Juli 2007 jeweils entsprechend den Vergütungssteigerungen nach dem TVöD angepasst wird. Gemäß § 151 BGB war es dabei nicht erforderlich, dass die klagende Partei sich damit jeweils ausdrücklich einverstanden erklärt. Aufgrund dieser ganz einvernehmlichen betrieblichen Übung ist der einzelvertragliche Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses jedenfalls dementsprechend angepasst worden, soweit ein diesbezüglicher Anpassungsanspruch der klagenden Partei – wie dargelegt - nicht ohnehin bereits bestanden hat.
5.
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Somit kann dahinstehen, ob die Parteien sich hier aufgrund der ganz einvernehmlichen Anpassungspraxis (über sechs Jahre mit acht Erhöhungen) außerdem bei verständiger Würdigung durch entsprechende rechtsgeschäftliche Vertragsänderung darauf verständigt haben, dass diese regelmäßigen Vergütungsanpassungen entsprechend dem TVöD auch jeweils individueller Bestandteil des dahingehend geänderten Arbeitsvertrages werden.
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Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
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Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
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Annotations
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
- 1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb; - 2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; - 3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit; - 4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte; - 5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird; - 6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen; - 7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften; - 8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; - 9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen; - 10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; - 11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; - 12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; - 13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt; - 14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)