Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 21. Jan. 2016 - 6 Ta 254/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0121.6TA254.15.0A
bei uns veröffentlicht am21.01.2016

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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird im Verfahren 2 Ca 1264/15 vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern der Beschluss vom 20. November 2015 aufgehoben und der Beschluss vom 16. November 2015 dahingehend ergänzt, dass sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch auf den Mehrwert des Vergleichs vom 16. November 2015 erstreckt.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich.

2

Der seit 01. Oktober 2010 zuletzt zu einer Bruttomonatsvergütung von 1.400,00 Euro bei der Beklagten beschäftigte Kläger hat im Ausgangsverfahren am 06. Oktober 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses vom 25. September 2015 erhoben, seine vorläufige Weiterbeschäftigung begehrt und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten gestellt. Im Gütetermin vom 16. November 2015 haben die Parteien den Rechtsstreit durch rechtswirksamen Vergleich beigelegt, nach dem das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Arbeitgeberkündigung zum 31. Oktober 2015 geendet hat, der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt vergütet wird und die Beklagte ihm ein qualifiziertes Arbeitsverhältnis erteilt. Mit verkündetem Beschluss hat das Arbeitsgericht im Gütetermin den Gegenstandswert der Prozessbevollmächtigten für das Verfahren auf 4.200,00 Euro und für den Vergleich auf 5.600 Euro festgesetzt.

3

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger nach dem Gütetermin mit formlos übersandtem Beschluss vom 16. November 2015 für die 1. Instanz in vollem Umfang einstweilen ohne Ratenzahlungsbestimmung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Mit Schriftsatz vom 18. November 2015 hat der Kläger beantragt, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch auf den in der Verhandlung vom 16. November 2015 geschlossenen Vergleich zu erstrecken.

4

Das Arbeitsgericht hat den Antrag vom 18. November 2015 mit Beschluss vom 20. November 2015 mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe vor Abschluss des Vergleichs hierfür keine Prozesskostenhilfe beantragt.

5

Der Kläger hat gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 25. November 2015 zugestellten Beschluss mit am 27. November 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 26. November 2015 sofortige Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, der gesonderte Antrag vom 18. November 2015 sei nicht notwendig gewesen, es seien sämtliche Gebühren entstanden. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 03. Dezember 2015 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, die für den Vergleich versagte Prozesskostenhilfe betreffe nur den Vergleichsmehrwert für das Zeugnis.

II.

6

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig und auch in der Sache erfolgreich. Der Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss des Arbeitsgerichts vom 16. November 2015 war unter Aufhebung des Beschlusses vom 20. November 2015 im Hinblick auf den Mehrvergleich zu ergänzen.

7

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

8

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

9

2.1. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18. November 2015 beantragt, die Prozesskostenhilfe „auf den Vergleich“ zu erstrecken. Angesichts der Tatsache, dass das Gericht im Gütetermin vom 16. November 2015 bei der Festsetzung des vorliegend nicht zu überprüfenden Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten einen Mehrwert angenommen hat, kann der Antrag zunächst nur dahingehend verstanden werden, dass der Kläger inhaltlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch für den Mehrwert des Vergleichs begehrt.

10

2.2. Betrachtete man den Antrag des Klägers vom 18. November 2015 als erstmaligen, eigenständigen Antrag auf eine Erweiterung der Prozesskostenhilfe, wäre er nach dem verfahrensbeendenden Vergleich im Gütetermin vom 16. November 2015 und damit nach Abschluss der Instanz gestellt worden. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach diesem Zeitpunkt kommt - soweit die Voraussetzungen einer rückwirkenden Bewilligung nicht vorliegen - nicht in Betracht, da nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe lediglich für die „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung gewährt werden kann(vgl. hierzu und zur ausnahmsweise rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 9, zitiert nach juris).

11

2.3. Der der Auslegung zugängliche Antrag vom 18. November 2015 war jedoch als Antrag auf Ergänzung des Bewilligungsbeschlusses vom 16. November 2015 entsprechend § 321 ZPO zu verstehen, nachdem das Arbeitsgericht den vom Kläger bereits vor Abschluss der Instanz konkludent gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrwert des Vergleichs übergangen hat. Dem Antrag nach § 321 ZPO analog ist in der Sache Erfolg beschieden.

12

2.3.1. Der Kläger hat bereits vor der Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag am 16. November 2015 konkludent auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich beantragt.

13

a) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Antrag voraus; eine Bewilligung ohne Antrag scheidet im stark formalisierten Prozesskostenhilfeverfahren aus. Dies schließt aber weder eine konkludente Antragstellung noch - wie bei jeder Prozesshandlung - eine Auslegung des Antrags aus. Das Gericht hat in diesem Rahmen bei Entscheidungs- und Bewilligungsreife zu ermitteln, in welchem Umfang der Antragsteller Prozesskostenhilfe begehrt. Bei Unklarheiten muss es in entsprechender Anwendung des § 139 ZPO nachfragen. Auch bei der Auslegung eines Prozesskostenhilfeantrags ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass Unbemittelten aus verfassungsrechtlichen Gründen die Rechtsverfolgung und -verteidigung im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden darf. Der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Begüterter. Er muss einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt. Dies gilt auch für die Anwendung von Formvorschriften (vgl. insgesamt BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 13, mwN, zitiert nach juris).

14

b) In Anwendung dieser Grundsätze war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag nach dem Gütetermin vom 16. November 2015 davon auszugehen, dass der Kläger Prozesskostenhilfe auch für den Vergleichsmehrwert begehrt.

15

(1) Stellt eine Partei einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung für eine bestimmte Instanz, so bezieht sich dieser regelmäßig nur auf die bereits rechtshängigen Streitgegenstände oder die Streitgegenstände, die gleichzeitig mit der Antragstellung anhängig gemacht werden. Nur für die bereits anhängigen Ansprüche kann das Gericht typischerweise die Erfolgsaussichten von Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung prüfen. Trifft das Gericht in einem solchen Fall eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe, beschränkt sich die Bewilligung auf diese Streitgegenstände, soweit es nicht ausdrücklich etwas anderes ausspricht.Kommt es nach der Bewilligung zu einer Klageerweiterung oder soll Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich bewilligt werden, bedarf es eines neuen Antrags (vgl. BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 13, Rn. 15, zitiert nach juris).

16

(2) Ist über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum Zeitpunkt des Abschlusses eines gerichtlichen Vergleichs, der bisher nicht rechtshängige Ansprüche erfasst, noch nicht entschieden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 17, zitiert nach juris), der sich die Beschwerdekammer unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich anschließt, regelmäßig davon auszugehen, dass die finanziell unbemittelte Partei Prozesskostenhilfe nicht nur für die bereits rechtshängigen Streitgegenstände begehrt, die durch den Vergleich erledigt werden, sondern auch für die weiteren durch den Vergleich miterledigten Streitpunkte. Für eine gegenteilige Annahme fehlt - von Ausnahmefällen abgesehen - jegliche Grundlage. Es ist nicht erkennbar, warum eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens über die bereits anhängigen Streitgegenstände zu tragen, in der Lage wäre, die Kosten des Mehrvergleichs zu übernehmen und deshalb hierfür keine Prozesskostenhilfe beantragen will. In einem solchen Fall ist die Beantragung von Prozesskostenhilfe für die Instanz deshalb mangels anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig so zu verstehen, dass sie auch einen Mehrvergleich erfassen soll. Für ein solches Verständnis sprechen im Übrigen auch Gründe der Prozessökonomie: Mit der Erstreckung eines Vergleichs auf weitere, zwischen den Parteien streitige, aber noch nicht rechtshängige Ansprüche werden weitere Rechtsstreitigkeiten und damit gegebenenfalls notwendige weitere Bewilligungen von Prozesskostenhilfe vermieden (so insgesamt BAG 30. April 2014 - 10 AZB - 13/14 - Rn. 17, aaO, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

17

(3) Vorliegend bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ausnahmsweise keine Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die im Vergleich vom 16. November 2015 mitgeregelte Zeugniserteilung begehrt hat, für die das Arbeitsgericht einen Vergleichsmehrwert von einem Bruttomonatsgehalt angenommen hat und hinsichtlich derer die Beschwerdekammer daher davon auszugehen hat, dass durch den Vergleichsabschluss ein Streit oder zumindest eine Ungewissheit beseitigt worden ist (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 3 AZB 34/11 - Rn. 17, zitiert nach juris).

18

2.3.2. Das Arbeitsgericht hat den vom Kläger konkludent zur Entscheidung gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich nicht beschieden. Aus dem Beschluss vom 16. November 2015, der sich auf Prozesskostenhilfe für einen Mehrvergleich ausweislich seines Tenors und seiner Begründung und zudem ausweislich des Nichtabhilfebeschlusses vom 03. Dezember 2015 ausdrücklich nicht bezieht, ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Teilbeschluss. Auch hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag nicht teilweise zurückgewiesen.

19

2.3.3. Der Antrag des Klägers vom 18. November 2015 zielte auf die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert des Vergleichs ab und ist daher als Antrag nach § 321 ZPO analog erfolgreich.

20

a) In Fällen - wie dem vorliegenden -, in denen das Arbeitsgericht einen Antrag einer Partei teilweise übergangen hat, ist auch bei Beschlüssen § 321 ZPO entsprechend anwendbar(vgl. BAG 30. April 2014 - 10 AZB 13/14 - Rn. 22, zitiert nach juris). Die nachträgliche Entscheidung muss nach § 321 Abs. 2 ZPO analog binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden. Im Rahmen der entsprechenden Anwendung bedürfen Ergänzungsbeschlüsse keiner mündlichen Verhandlung (Zöller-Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 321 ZPO Rn. 10).

21

b) Der Kläger hat seinen Antrag am 18. November 2015 und damit unzweifelhaft binnen zwei Wochen nach Zugang des Beschlusses vom 16. November 2015 beim Arbeitsgericht eingereicht. Der Beschluss vom 16. November 2015 war daher entsprechend § 321 ZPO analog im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu ergänzen.

22

3. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar (§ 78 Satz 2 ArbGG iVm § 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 21. Jan. 2016 - 6 Ta 254/15

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 78 Beschwerdeverfahren


Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rech
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 21. Jan. 2016 - 6 Ta 254/15 zitiert 6 §§.

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6. Mai 2011 in der Fassung des Beschlusses vom 24. Mai 2011 - 27 Ta 178/10 - und der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 8. Juni 2011 - 5 Ta 13/11 - aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Rechtsbeschwerde richtet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Bevollmächtigten für den Mehrwert eines gerichtlichen Vergleichs sowie der Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11a ArbGG.

2

Der Antragsteller (im Folgenden: Kläger) erhob eine Klage, mit der er für Zeiten der Entgeltfortzahlung bei Urlaub, Arbeitsunfähigkeit, Krankheit und an gesetzlichen Feiertagen Umsatzprovisionen und Sondervergütungen geltend machte sowie die Erteilung damit im Zusammenhang stehender Auskünfte, die Vorlage eines Buchauszuges sowie die Abgabe einer Versicherung an Eides statt über die Richtigkeit der erteilten Auskünfte. Für diese Klage bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger durch Beschluss vom 14. Januar 2010 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten. Der Beschluss enthielt den Hinweis, für weitere Anträge und einen übersteigenden Vergleichswert sei in der Regel ein neuer Prozesskostenhilfeantrag erforderlich.

3

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 6. April 2011 schlossen die Parteien nach Erörterung der Sach- und Rechtslage einen Vergleich. Dieser erfasst nicht nur die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Ansprüche. Vielmehr vereinbarten die Parteien auch, dass das Arbeitsverhältnis „zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung“ mit dem 30. Juni 2011 endete und der Kläger unter Anrechnung seiner Urlaubsansprüche und unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitspflicht freigestellt wurde, wobei sich die Parteien darüber einig waren, dass damit der zustehende Urlaub gewährt und genommen war. Die Beklagte verpflichtete sich, an den Kläger eine restliche Vergütung sowie eine Abfindung zu zahlen und ihm ein qualifiziertes, berufsförderndes Zeugnis unter dem Ausstellungsdatum 30. Juni 2011 zu erteilen. Beide Parteien verpflichteten sich, über den Inhalt des Vergleichs Stillschweigen zu bewahren, soweit keine gesetzlichen Auskunftspflichten bestehen. Außerdem enthält der Vergleich eine Erledigungsklausel.

4

Nach dem Vergleichstext heißt es im Protokoll:

        

        

„- Vorgelesen und genehmigt -

                 

Der Klägervertreter stellt den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes.

                 

Den Parteien wird aufgegeben, binnen 2 Wochen zur Höhe des Gegenstandswertes vorzutragen.

                 

Der Klägervertreter stellt den Antrag auf Bewilligung von PKH zwecks Mehrwerts des abgeschlossenen Vergleiches.“

5

Mit Beschluss vom 27. April 2011 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für die Klage auf 11.997,32 Euro und den Vergleichsmehrwert auf 22.913,48 Euro fest.

6

Unter dem 26. April 2011 hatte der Vorsitzende der Kammer des Arbeitsgerichts darauf hingewiesen, Prozesskostenhilfe für den Vergleichsschluss könne hinsichtlich des Vergleichsmehrwerts nicht bewilligt werden, da der Antrag erst nach Abschluss des Vergleichs und damit auch nach Abschluss der Instanz gestellt worden sei. Daraufhin äußerte sich der Kläger über seinen Bevollmächtigten ua. dahingehend, der Bevollmächtigte habe bereits während der Vergleichsverhandlungen beantragt, die Prozesskostenhilfe auf den Vergleich zu erweitern. Der Vorsitzende habe geäußert, darauf sei nach Protokollierung des Vergleichs einzugehen. Im Übrigen habe das Gericht es unter Verstoß gegen § 11a Abs. 1 Satz 2 ArbGG versäumt, den Kläger auf sein Antragsrecht auf Beiordnung eines Rechtsanwalts hinzuweisen. Er stelle nunmehr einen entsprechenden Antrag auf seine Beiordnung.

7

Das Arbeitsgericht wies sowohl den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleichsmehrwert als auch den Antrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten durch Beschluss vom 6. Mai 2011 zurück. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung habe der Bevollmächtigte des Klägers für den Vergleichsmehrwert erst nach Abschluss des Vergleichs Prozesskostenhilfe beantragt. Der Prozessvertreter des Klägers habe während der Vergleichsverhandlungen einen derartigen Antrag weder gestellt noch darauf hingewiesen, dass die Prozesskostenhilfegewährung auf den Vergleich zu erweitern sei.

8

Der sofortigen Beschwerde des Klägers gegen diesen Beschluss half das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 24. Mai 2011 nicht ab. Das Landesarbeitsgericht wies sie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 zurück. Mit seiner Rechtsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen diesen Beschluss.

9

II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Mit den Begründungen der Vorinstanzen durfte der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleichsschluss und den Vergleichsmehrwert nicht zurückgewiesen werden.

10

Das Landesarbeitsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag nicht deshalb entbehrlich ist, weil dem Kläger bereits Prozesskostenhilfe hinsichtlich des überschießenden Wertes des gerichtlichen Vergleichs bewilligt worden wäre. Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass der Prozesskostenhilfeantrag zurückzuweisen ist, weil er erst nach Abschluss des Rechtsstreits gestellt wurde. Das ist nicht der Fall. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht auch nicht entgegen, dass es sich bei der protokollierten Vereinbarung, soweit sie außerhalb des Rechtsstreits liegende Gegenstände regelt, nicht um einen gerichtlichen Vergleich handelt. Ebenso wenig kann die Prozesskostenhilfe deshalb versagt werden, weil die Einbeziehung der außerhalb des Rechtsstreits liegenden Gegenstände mutwillig erscheint. Der Senat kann jedoch nicht abschließend entscheiden, ob die weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen. Die Sache ist daher zur neuen Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird ggf. auch über den hilfsweise gestellten Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11a ArbGG zu entscheiden haben.

11

1. Eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag hinsichtlich des Vergleichsmehrwerts erübrigt sich nicht deshalb, weil dem Kläger insoweit bereits Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre. Der Beschluss vom 14. Januar 2010 betrifft nur die Prozesskostenhilfe für die zu diesem Zeitpunkt bereits in das Verfahren eingeführten Klageanträge. Der Hinweis darauf, es sei für weitere Anträge und einen übersteigenden Vergleichswert in der Regel ein neuer Prozesskostenhilfeantrag erforderlich, verdeutlicht, dass diese nicht von der Prozesskostenhilfebewilligung erfasst sein sollten.

12

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht deshalb abzulehnen, weil der Kläger seinen Prozesskostenhilfeantrag verspätet angebracht hat. Die Antragstellung ist rechtzeitig erfolgt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behauptung des Klägers, sein Prozessbevollmächtigter habe bereits während der Verhandlungen über den Vergleich auf die Notwendigkeit, die Prozesskostenhilfe zu erweitern, hingewiesen, zutrifft. Deshalb kann es auch dahingestellt bleiben, inwieweit dem Protokoll insoweit nach § 165 ZPO Beweiskraft zukommt. Ebenso kann offenbleiben, ob - wogegen allerdings viel spricht - trotz der vom Arbeitsgericht durch Beschluss vom 14. Januar 2010 getroffenen Entscheidung über den ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag noch ein konkludenter Prozesskostenhilfeantrag im Raum stand, der sich auf mögliche Erweiterungen der Prozesskostenhilfe hinsichtlich eines Vergleichsmehrwerts bezog. Selbst wenn der Kläger seinen Antrag auf die Erweiterung der Prozesskostenhilfebewilligung erst nach der Protokollierung des Vergleichs gestellt haben sollte, wäre dies rechtzeitig, da der Antrag noch vor der Beendigung der mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung war das Verfahren - jedenfalls im Hinblick auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe - nicht beendet.

13

Nach § 114 Satz 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe lediglich für eine „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung gewährt werden. Eine Rückwirkung der Bewilligung ist grundsätzlich ausgeschlossen. Jedoch kann die Rückwirkung bis zu dem Zeitpunkt erstreckt werden, in dem der Antragsteller durch einen formgerechten Bewilligungsantrag von seiner Seite aus alles für die Bewilligung Erforderliche oder Zumutbare getan hat (BAG 8. November 2004 - 3 AZB 54/03 - zu II 2 b der Gründe, BAGReport 2005, 379; BGH 8. Oktober 1991 - XI ZR 174/90 - zu 2 der Gründe, NJW 1992, 839). Soweit die Voraussetzungen einer rückwirkenden Bewilligung vorliegen, sind aus der Staatskasse Tätigkeiten des beigeordneten Rechtsanwalts zu vergüten, die dieser auf die Hauptsache bezogen bei oder nach dem Eingang des Prozesskostenhilfeantrags erbracht hat (BGH 10. Oktober 1995 - VI ZR 396/94 - zu II 1 der Gründe, AGS 1997, 141). Nach Abschluss der Instanz ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr möglich (BAG 3. Dezember 2003 - 2 AZB 19/03 - zu II 2 b der Gründe, MDR 2004, 415).

14

Diese Begrenzung der Rückwirkung folgt aus dem Zweck der Prozesskostenhilfe. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Haben jedoch die Partei bzw. deren Prozessbevollmächtigter die aus ihrer Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsgemäßen Beantragung der Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese Prozesshandlungen nicht mehr davon ab, dass die Partei zuvor die entsprechenden Kosten - etwa durch einen Vorschuss gem. § 9 RVG - deckt. Eine weiter rückwirkende Bewilligung diente nur noch dazu, einem Prozessbevollmächtigten durch die nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Das ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe (BAG 3. Dezember 2003 - 2 AZB 19/03 - zu II 2 b der Gründe, MDR 2004, 415).

15

Abgeschlossen ist die Instanz hinsichtlich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Vergleich erst dann, wenn die mündliche Verhandlung, in der der Vergleich protokolliert wird, geschlossen ist. Zwar endet die Rechtshängigkeit in der Hauptsache mit dem Abschluss des Vergleichs. Vor dem Vergleichsschluss steht jedoch nicht endgültig fest, ob ein Vergleichsmehrwert anfällt, so dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hierfür erst nach dem Vergleichsschluss erfolgen kann. Deshalb genügt es, auch den Antrag, Prozesskostenhilfe für den Vergleichsmehrwert zu bewilligen, erst nach der Protokollierung des Vergleichs bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen.

16

3. Der Prozesskostenhilfeantrag ist auch nicht deshalb abzulehnen, weil hinsichtlich der zusätzlich in den Vergleich einbezogenen Gegenstände die Voraussetzungen für einen Vergleich nicht vorlagen.

17

a) Prozesskostenhilfe für einen Vergleichsmehrwert kann nur bewilligt werden, wenn die protokollierte Vereinbarung einen Vergleich darstellt. Nach § 779 BGB ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis oder die Unsicherheit über die Verwirklichung eines Anspruchs im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Keinen Vergleich stellt deshalb eine Vereinbarung dar, durch die Rechte und Pflichten erst begründet werden (BAG 13. Mai 1998 - 7 ABR 65/96 - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 55 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 42). Ebenso wenig handelt es sich um einen Vergleich, wenn nur zu dessen Protokollierung ein Rechtsstreit anhängig gemacht wird, obwohl zwischen den Parteien nichts streitig ist (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 366/05 - Rn. 28, AP TzBfG § 14 Vergleich Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 29). Unerheblich ist es jedoch, ob sich das Nachgeben gerade auf den ursprünglichen Streitgegenstand oder auf andere Gegenstände bezieht, solange nur ein gegenseitiges Nachgeben vorliegt (so schon: RG 12. Februar 1927 - V 435/26 - RGZ 116, 143, 145 f.).

18

Demnach kann auch ein gerichtlicher Vergleich nicht in solche Teile, hinsichtlich derer bereits ein Streit bestand, und andere Teile aufgespalten werden, solange und soweit die gefundene Gesamtlösung der Beilegung einer tatsächlich bestehenden Meinungsverschiedenheit dient.

19

b) Danach erfüllt die im vorliegenden Fall protokollierte Vereinbarung insgesamt die Anforderungen eines Vergleichs. Zwischen den Parteien bestand ein Streit über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, der durch eine Gesamtlösung beigelegt wurde. Dabei stellte auch die nicht streitgegenständliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Nachgeben des Klägers dar.

20

4. Hinsichtlich des Vergleichsmehrwerts waren auch die Voraussetzungen von § 114 Satz 1 ZPO erfüllt, die auch bei einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss eines Vergleichs gegeben sein müssen(BGH 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 159, 263). Der Abschluss des Vergleichs diente der Rechtsverfolgung. Diese bot auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und war nicht mutwillig.

21

Wird Prozesskostenhilfe für den Mehrwert eines Vergleichs beantragt, kommt es für die erforderliche Erfolgsaussicht nicht darauf an, ob der Prozesspartei, wäre über den zusätzlich in den Vergleich einbezogenen Gegenstand ein Prozess geführt worden, Erfolgsaussichten zur Seite stünden oder nicht. Vielmehr besteht eine Erfolgsaussicht dann, wenn zu erwarten ist, dass ein Vergleich zustande kommt (aA LAG Rheinland-Pfalz 5. Dezember 2008 - 7 Ta 214/08 - zu II der Gründe). Das war hier der Fall.

22

5. Die Einbeziehung der außerhalb des Rechtsstreits liegenden Gegenstände in die vergleichsweise Regelung war auch nicht mutwillig iSv. § 114 ZPO.

23

a) Die Möglichkeit, zu Lasten der Staatskasse Gegenstände in den Vergleich aufzunehmen, besteht nicht unbegrenzt. Prozesskostenhilfe kann vielmehr auch insoweit nur gewährt werden, wenn die Rechtsverfolgung, also die Regelung zusätzlicher Gegenstände in dem Vergleich, nicht mutwillig ist.

24

Mutwilligkeit liegt vor, wenn eine nicht bedürftige Partei in vergleichbarer Lage vernünftigerweise unter Berücksichtigung der Kostenfolgen von der Aufnahme der zusätzlichen Gegenstände in den Vergleich abgesehen hätte (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 3 AZB 9/10 - Rn. 22 mwN, EzA ZPO 2002 § 121 Nr. 3). Das ist insbesondere der Fall, wenn lediglich aus Anlass eines Rechtsstreits und seiner Beendigung Regelungen in den Vergleich aufgenommen werden, die überflüssig sind, weil sie unstreitig sind und hinsichtlich derer auch kein Titulierungsinteresse besteht.

25

b) Anhaltspunkte dafür, dass Mutwilligkeit in diesem Sinne vorliegt, sind nicht ersichtlich.

26

6. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die sonstigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen. Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4, § 572 Abs. 3 ZPO). Das Landesarbeitsgericht wird gegebenenfalls auch über den Hilfsantrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten nach § 11a ArbGG zu entscheiden haben.

27

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Erstattungsfähige Kosten sind nicht entstanden. Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde sind nicht angefallen, da die Rechtsmittel erfolgreich waren (Nr. 8614 und 8623 des Kostenverzeichnisses zum GKG). Sonstige Kosten sind nicht erstattungsfähig (§ 127 Abs. 4 ZPO).

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

        

        

        

        

        

        

        

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. Februar 2014 - 17 Ta 478/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

I. Der Beklagte wendet sich gegen die Ablehnung der Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert eines Prozessvergleichs.

2

Die Klägerin hatte ihm gegenüber Klage auf Zahlung von Vergütung für die Monate Februar bis einschließlich Juni 2013 erhoben. Mit Klageerwiderung vom 21. Juni 2013 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, ihm „Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichners zu bewilligen“ und kündigte die Nachreichung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an.

3

Nach Abschluss eines Teilvergleichs im ersten Gütetermin am 26. Juni 2013 schlossen die Parteien im zweiten Gütetermin am 10. Juli 2013 einen Prozessvergleich, durch den sie den Rechtsstreit sowie weitere, bisher nicht rechtshängige Gegenstände erledigten.

4

Das Arbeitsgericht gab dem Beklagten im zweiten Gütetermin auf, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Inhabers bis zum 31. Juli 2013 einzureichen. Nachdem dies erfolgt war, bewilligte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2013 dem Beklagten mit Wirkung vom 21. Juni 2013 für den ersten Rechtszug ausschließlich der Zwangsvollstreckung Prozesskostenhilfe und ordnete Rechtsanwalt L bei. Mit Beschluss vom 15. August 2013 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren gemäß § 33 RVG auf 1.051,98 Euro und für den Vergleich auf 17.900,43 Euro fest.

5

Mit Schriftsatz vom 6. September 2013, eingegangen am 9. September 2013, beantragte der Beklagte, die Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert des Vergleichs zu erstrecken. Das Arbeitsgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 25. September 2013 zurück, da er erst nach Abschluss der Instanz gestellt worden sei. Der sofortigen Beschwerde des Beklagten half das Arbeitsgericht nicht ab; das Landesarbeitsgericht wies sie mit Beschluss vom 6. Februar 2014 zurück.

6

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Beklagte gegen diese Entscheidung und begehrt weiterhin die Erstreckung der Prozesskostenhilfebewilligung auf den Mehrwert des Vergleichs. Er vertritt die Auffassung, dass bereits vor Bestandskraft des Vergleichs und Abschluss der Instanz eine konkludente Antragstellung erfolgt sei. Die Einbeziehung der außerhalb des Rechtsstreits liegenden Streitpunkte in die vergleichsweise Regelung sei auch nicht mutwillig iSv. § 114 ZPO gewesen.

7

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Antrag des Beklagten vom 6. September 2013 im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

8

1. Soweit der Antrag als eigenständiger Antrag auf eine Erweiterung der Prozesskostenhilfe zu verstehen ist, wofür sein Wortlaut spricht, wäre er nach Abschluss der Instanz gestellt worden. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erfolgen. Hiervon gehen die Vorinstanzen zutreffend aus.

9

a) Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO (bis 31. Dezember 2013: § 114 Satz 1 ZPO) kann Prozesskostenhilfe lediglich für eine „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung gewährt werden. Eine Rückwirkung der Bewilligung ist grundsätzlich ausgeschlossen. Jedoch kann die Rückwirkung bis zu dem Zeitpunkt erstreckt werden, in dem der Antragsteller durch einen formgerechten Bewilligungsantrag von seiner Seite aus alles für die Bewilligung Erforderliche oder Zumutbare getan hat. Soweit die Voraussetzungen einer rückwirkenden Bewilligung vorliegen, sind aus der Staatskasse Tätigkeiten des beigeordneten Rechtsanwalts zu vergüten, die dieser auf die Hauptsache bezogen bei oder nach dem Eingang des Prozesskostenhilfeantrags erbracht hat. Nach Abschluss der Instanz ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr möglich. Diese Begrenzung der Rückwirkung folgt aus dem Zweck der Prozesskostenhilfe. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Haben jedoch die Partei bzw. deren Prozessbevollmächtigter die aus ihrer Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsgemäßen Beantragung der Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese Prozesshandlungen nicht mehr davon ab, dass die Partei zuvor die entsprechenden Kosten - etwa durch einen Vorschuss gemäß § 9 RVG - deckt. Eine weiter rückwirkende Bewilligung diente nur noch dazu, einem Prozessbevollmächtigten durch die nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Das ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe (st. Rspr., zuletzt BAG 16. Februar 2012 - 3 AZB 34/11 - Rn. 13 f. mwN).

10

b) Nach diesen Grundsätzen kam eine Bewilligung oder Erweiterung der Prozesskostenhilfe aufgrund des Antrags vom 6. September 2013 nicht mehr in Betracht. Die Instanz war abgeschlossen; die Parteien hatten bereits am 10. Juli 2013 im zweiten Gütetermin vor dem Arbeitsgericht einen unwiderruflichen Vergleich abgeschlossen.

11

2. Soweit der Antrag vom 6. September 2013 als Antrag auf Ergänzung des Bewilligungsbeschlusses vom 18. Juli 2013 zu verstehen ist, kann er mangels Einhaltung der Zweiwochenfrist entsprechend § 321 Abs. 2 ZPO ebenfalls keinen Erfolg haben.

12

a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Beklagte konkludent auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich beantragt.

13

aa) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Antrag voraus; eine Bewilligung ohne Antrag scheidet im stark formalisierten Prozesskostenhilfeverfahren aus. Dies schließt aber weder eine konkludente Antragstellung noch - wie bei jeder Prozesshandlung - eine Auslegung des Antrags aus (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 72. Aufl. § 117 Rn. 5; Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 114 Rn. 13 f.). Das Gericht hat in diesem Rahmen bei Entscheidungs- und Bewilligungsreife (vgl. dazu ErfK/Koch 14. Aufl. § 11a ArbGG Rn. 35) zu ermitteln, in welchem Umfang der Antragsteller Prozesskostenhilfe begehrt. Bei Unklarheiten muss es in entsprechender Anwendung des § 139 ZPO nachfragen(GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 11a Rn. 58; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 117 Rn. 15). Auch bei der Auslegung eines Prozesskostenhilfeantrags ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass Unbemittelten aus verfassungsrechtlichen Gründen die Rechtsverfolgung und -verteidigung im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden darf. Der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Begüterter. Er muss einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt (st. Rspr., vgl. zB BVerfG 2. Juli 2012 - 2 BvR 2377/10 - zu II 2 a der Gründe). Dies gilt auch für die Anwendung von Formvorschriften.

14

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen musste das Arbeitsgericht zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag davon ausgehen, dass der Beklagte Prozesskostenhilfe auch für den Vergleichsmehrwert begehrt.

15

(1) Stellt eine Partei einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung für eine bestimmte Instanz, so bezieht sich dieser regelmäßig nur auf die bereits rechtshängigen Streitgegenstände oder die Streitgegenstände, die gleichzeitig mit der Antragstellung anhängig gemacht werden (vgl. zu einer Ausnahme im Rahmen des PKH-Bewilligungsverfahrens: BGH 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 - BGHZ 159, 263). Dies gilt für die Rechtsverfolgung durch den Kläger ebenso wie für die Rechtsverteidigung des Beklagten. Nur für die bereits anhängigen Ansprüche kann das Gericht typischerweise die Erfolgsaussichten von Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung prüfen. Trifft das Gericht in einem solchen Fall eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe, beschränkt sich die Bewilligung auf diese Streitgegenstände, soweit es nicht ausdrücklich etwas anderes ausspricht. Kommt es nach der Bewilligung zu einer Klageerweiterung oder soll Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich bewilligt werden, bedarf es eines neuen Antrags.

16

(2) Anders kann die Situation hinsichtlich späterer Klageerweiterungen sein, soweit über den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe zum Zeitpunkt der Klageerweiterung noch nicht entschieden ist. Der Wille des Antragstellers wird in einem solchen Fall regelmäßig darauf gerichtet sein, auch für solche Anträge Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen, sodass eine entsprechende Auslegung seines Antrags naheliegt. Gegebenenfalls ist dies vom Gericht durch Nachfrage aufzuklären (LAG Köln 8. März 2012 - 5 Ta 129/11 -; Tiedemann ArbRB 2012, 193, 195).

17

(3) Gleiches gilt, wenn vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zwischen den Parteien ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wird, der bisher nicht rechtshängige Gegenstände erfasst. Kommt es zu einem solchen Mehrvergleich, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die finanziell unbemittelte Partei Prozesskostenhilfe nicht nur für die bereits rechtshängigen Streitgegenstände begehrt, die durch diesen Vergleich erledigt werden, sondern auch für die weiteren durch den Vergleich miterledigten Streitpunkte. Für eine gegenteilige Annahme fehlt - von Ausnahmefällen abgesehen - jegliche Grundlage. Es ist nicht erkennbar, warum eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens über die bereits anhängigen Streitgegenstände zu tragen, in der Lage wäre, die Kosten des Mehrvergleichs zu übernehmen und deshalb hierfür keine Prozesskostenhilfe beantragen will. In einem solchen Fall ist die Beantragung von Prozesskostenhilfe für die Instanz deshalb mangels anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig so zu verstehen, dass sie auch einen Mehrvergleich erfassen soll (LAG Köln 23. Juli 2012 - 1 Ta 153/12 -; LAG Baden-Württemberg 1. Oktober 2010 - 18 Ta 3/10 -; GMP/Germelmann § 11a Rn. 58; Zwanziger in Kittner/Zwanziger/Deinert Arbeitsrecht 7. Aufl. § 145 Rn. 14b; Tiedemann ArbRB 2012, 193; nur bei Vorliegen besonderer Umstände: LAG Düsseldorf 10. August 2010 - 3 Ta 445/10 -; LAG Schleswig-Holstein 4. August 2009 - 1 Ta 138e/09 -; Thüringer LAG 17. November 2002 - 8 Ta 119/02 -; aA LAG Rheinland-Pfalz 28. Dezember 2011 - 6 Ta 275/11 -; Hessisches LAG 25. November 2003 - 13 Ta 356/03 -; GK-ArbGG/Bader Stand April 2014 § 11a Rn. 40 ff.; Stein/Jonas/Bork § 119 Rn. 7). Für ein solches Verständnis sprechen im Übrigen auch Gründe der Prozessökonomie: Mit der Erstreckung eines Vergleichs auf weitere, zwischen den Parteien streitige, aber noch nicht rechtshängige Ansprüche werden weitere Rechtsstreitigkeiten und damit gegebenenfalls notwendige weitere Bewilligungen von Prozesskostenhilfe vermieden.

18

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fehlt einem derart verstandenen Prozesskostenhilfeantrag auch nicht die Bestimmtheit. Vielmehr steht nach Auslegung des Antrags durch das Gericht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungs- und Bewilligungsreife fest, für welche Gegenstände das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu prüfen ist (vgl. zum Mehrvergleich BAG 16. Februar 2012 - 3 AZB 34/11 - Rn. 20 ff.).

19

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte hinsichtlich des Mehrvergleichs hier ausnahmsweise keine Prozesskostenhilfe begehrte, gab es nicht. Vielmehr wird schon aus seinem Vorbringen in der Klageerwiderung deutlich, dass sich der Streit zwischen den Parteien nicht auf die rechtshängigen Vergütungsansprüche beschränkte. Es standen weitere Fragen im Zusammenhang mit der Beendigung und Abwicklung des Ehegattenarbeitsverhältnisses im Raum, insbesondere die Herausgabe eines Pkw, dessen Leasingraten der Beklagte vom Gehalt der Klägerin in Abzug brachte, was zur Klage führte.

20

b) Die Anhängigkeit des konkludent gestellten Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich ist allerdings nachträglich wieder entfallen. Das Arbeitsgericht hat über ihn im Beschluss vom 18. Juli 2013 nicht entschieden, ohne dass durch den Beklagten fristgemäß eine Beschlussergänzung in entsprechender Anwendung des § 321 ZPO beantragt worden wäre.

21

aa) Mit seinem Beschluss vom 18. Juli 2013 wollte das Arbeitsgericht erkennbar über den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten vollständig entscheiden. Weder ergeben sich aus dem Beschluss Anhaltspunkte dafür, dass ein Teilbeschluss ergehen sollte, noch hat das Arbeitsgericht den Antrag des Beklagten teilweise zurückgewiesen. Ebenso wenig ist aber - wovon die Vorinstanzen zu Recht ausgehen - Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich bewilligt worden. Eine solche Bewilligung muss, schon wegen der bindenden Wirkung für den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts (§ 48 Abs. 1 RVG) und der Vermeidung von Unklarheiten im Vergütungsfestsetzungsverfahren, klar aus dem Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss erkennbar sein (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe RVG 21. Aufl. § 48 Rn. 152 f.). Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG, der in Abgrenzung zu den Bestimmungen der Absätze 2 bis 4, eine ausdrückliche Beiordnung für „andere Angelegenheiten“ verlangt. Entweder muss sich die Erstreckung daher direkt aus dem Tenor ergeben oder - soweit vorhanden - aus den Gründen des Beschlusses (aA Thüringer LAG 17. November 2002 - 8 Ta 119/02 - zu II 3 der Gründe: „stillschweigende Ausdehnung im Einzelfall möglich“). Beides ist nicht der Fall.

22

bb) Damit hat das Arbeitsgericht einen von dem Beklagten gestellten Antrag teilweise übergangen, denn es sollte eine abschließende und vollständige Entscheidung ergehen. In solchen Fällen ist auch bei Beschlüssen § 321 ZPO entsprechend anwendbar(vgl. BGH 28. Oktober 2008 - V ZB 109/08 - Rn. 4 ff.; Zöller/Vollkommer § 329 Rn. 41, § 321 Rn. 1).

23

cc) Mit seinem Antrag vom 6. September 2013 hat der Beklagte die Zweiwochenfrist entsprechend § 321 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten. Der Beschluss wurde am 19. Juli 2013 formlos abgesandt und ist vor dem 19. August 2013 zur Kenntnis gelangt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten unter diesem Datum einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung als beigeordneter Rechtsanwalt gestellt hat. Wird ein Antrag auf Urteilsergänzung nicht fristgerecht gestellt, entfällt die Rechtshängigkeit des übergangenen Anspruchs (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 774/09 - Rn. 38 mwN). Nichts anderes kann im Fall eines gestellten, aber teilweise nicht verbeschiedenen Prozesskostenhilfeantrags gelten.

24

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Kostenerstattung findet nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.