Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Jan. 2014 - 4 Sa 381/13

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2014:0122.4SA381.13.0A
published on 22/01/2014 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Jan. 2014 - 4 Sa 381/13
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Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.5.2013 - 1 Ca 2331/11 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin restliche Arbeitsvergütung für den Zeitraum Juli 2009 bis November 2011 in Höhe von 2.165,41 € brutto zu zahlen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren über einen Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für den Zeitraum von Juli 2009 bis November 2011 auf der Grundlage der Gehaltstarifverträge für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob diese Tarifverträge auf das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

2

Die am …1959 geborene Klägerin ist seit dem 01.09.1982 durchgehend als Fachverkäuferin in Modegeschäften in F. beschäftigt, die zunächst von der Beklagten selbst und zwischenzeitlich von deren Sohn betrieben wurden. Seit Mitte 2009 betreibt die Beklagte diese Geschäfte wieder selbst. Zuletzt arbeitete die Klägerin in einer (unselbständigen) Filiale der Beklagten im F.-Center F..

3

Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag vom 31.08.1982 enthält u. a. folgende Bestimmungen:

4

"Entgelt

5

I. Tarifliche Bezahlung

6

Das monatliche Brutto-Tarifgehalt beträgt: nur während der Probezeit DM 1.200,00.

7

danach nach Tarif.

8

§ 14

9

Im Übrigen gelten die tariflichen Bestimmungen für Beschäftigte im Einzelhandel der Pfalz bzw. die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften.

10

Herr/Frau/Fräulein A. kann jederzeit den im Betrieb vorhandenen Manteltarifvertrag einsehen…"

11

Unter dem Datum vom 21.03.2009 richtete die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten ein Schreiben an den Sohn der Beklagten, der seinerzeit die betreffenden Modegeschäfte in F. führte. Das Schreiben enthält u. a. folgende Formulierungen:

12

"… Wie inzwischen festgestellt und Ihnen bekannt, beinhaltet der Arbeitsvertrag meiner Mandantin einen dynamischen Verweis auf die jeweils gültigen Tarifverträge des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

13

Sie haben diese Tarifordnung offenbar seit einiger Zeit durch veränderte Zahlungsmodalitäten einseitig unterlaufen und damit tarifwidrig vergütet.

14
I. Ich habe Sie deshalb aufzufordern, ab 01.04.2009 die Vergütung meiner Mandantin auf die Tarifsystematik, -struktur und -höhe des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages umzustellen.
15

Im Einzelnen sind das folgende Elemente:

16

Stundenlohn:

 € 12,75

statt von Ihnen gezahlter € 12,20

                          

Urlaubsgeld:

€ 1.033,00 (Vollzeit)

statt von Ihnen gezahlter € 988,15

                          

Weihnachtsgeld:

€ 1.291,25 (Vollzeit)

statt von Ihnen gezahlter € 1.235,19

                          

Vorsorgetarif:

 € 300,00 (Vollzeit)

statt von Ihnen gezahlter € 0,00

                          

Altersvorsorge:

€ 170,00 (Vollzeit)

statt von Ihnen gezahlter € 0,00

17

Die künftig zu erbringenden Zahlungen sind mit der vertraglich vereinbarten Stundenzahl zu multiplizieren. Für Jahresbeträge sind für Vollzeit 162 Monatsstunden in Ansatz zu bringen, die vertraglich vereinbarte Stundenzahl im Verhältnis zu 162 ergibt die Quote, um die die o. a. Jahresbeträge aufgrund Teilzeit zu kürzen sind. …"

18

In der Zeit von Juli 2009 bis einschließlich Juli 2010 belief sich die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin auf 27,5 Stunden, ab August 2010 reduzierte sich diese Arbeitszeit auf 22 Stunden pro Woche. Die von der Klägerin tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden wichen von diesen Vereinbarungen jedoch ab.

19

Mit ihrer am 29.12.2011 beim Arbeitsgericht eingereichten und mehrfach erweiterten Klage hat die Klägerin die Beklagte u. a. auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für den Zeitraum von Juli 2009 bis einschließlich November 2011 auf der Grundlage der Gehaltstarifverträge für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz in Höhe von insgesamt (zuletzt) 2.165,41 EUR brutto in Anspruch genommen.

20

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.05.2013 (Bl. 219 bis 222 d. A.).

21

Die Klägerin hat (zuletzt), soweit für das Vorliegen der Berufungsverfahren von Interesse, beantragt,

22

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ausstehende Arbeitsvergütung für den Zeitraum von Juli 2009 bis November 2011 in Gesamthöhe von 2.165,41 EUR brutto zu zahlen.

23

Die Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 16.05.2013 der Klägerin einen Anspruch auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Juli 2009 bis November 2011 in Höhe von insgesamt 1.062,65 EUR brutto zugesprochen und im Übrigen den betreffenden Klageantrag abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 bis 13 dieses Urteils (= Bl. 222 bis 230 d. A.) verwiesen.

26

Gegen das ihr am 02.09.2013 zugestellte Teilurteil hat die Klägerin am 02.10. Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 04.11.2013, begründet. Die Beklagte, der das Teilurteil am 30.08.2013 zugestellt wurde, hat hiergegen am 04.09.2013 Berufung eingelegt und diese am 11.10.2013 begründet.

27

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, zu Unrecht sei das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass bezüglich der geltend gemachten Vergütungsdifferenzen jeweils auf die tatsächlich gearbeiteten Stunden abzustellen sei. Diese Ansicht verkenne die während des Arbeitsverhältnisses geübte und vereinbarte Abrechnungspraxis, wonach eine feste Anzahl von Stunden vereinbart und hierfür ein einheitlicher monatlicher Bruttobetrag ausgezahlt worden sei. Etwaige Mehrarbeitsstunden, die sie weisungsgemäß erbracht habe, seien außerhalb der monatlichen Gehaltsabrechnungen in anderen Monaten entweder abgefeiert oder in das betriebliche Zeitkonto als Guthaben eingestellt worden. Auf die monatliche Abrechnung habe dies keinen Einfluss gehabt. Das betreffende Zeitkonto habe Ende November 2011 ein Guthaben von 67 Stunden aufgewiesen, welches noch offen und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei. Darüber hinaus sei das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Nachzahlungsansprüche verfallen sei, weil sie im Schreiben vom 21.03.2009 lediglich ein Gehalt in Höhe von 12,75 EUR pro Stunde geltend gemacht habe. Diesbezüglich habe das Arbeitsgericht den Charakter des Geltendmachungsschreibens verkannt. Das betreffende Schreiben beinhalte eine Geltendmachung nach Anspruchsgrund, Systematik und jeweiliger Höhe der einzelnen Ansprüche. Deshalb sei die Tarifdynamik, auf die in dem Schreiben ausdrücklich hingewiesen worden sei, von der Geltendmachung erfasst, denn es sei erkennbar eine Systemumstellung für die weitere Zukunft verlangt worden, zu der die Berücksichtigung der Tarifdynamik gehöre. Es sei der Beklagten auch ohne weiteres möglich gewesen, die Vergütungsansprüche bei Fälligkeit jeweils zu errechnen. Demgegenüber wäre es praxis- und lebensfremd, dem Geltend-machungsschreiben nur einen Momentaufnahmecharakter beizumessen und bei Tariferhöhungen jeweils wieder eine erneute Geltendmachung zu verlangen.

28

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Berufungsbegründung der Klägerin wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 30.10.2013 (Bl. 472 bis 474 d. A.) Bezug genommen.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das erstinstanzliche Teil-Urteil abzuändern und die nach ihrem erstinstanzlichen Schlussantrag zu erkennen.

31

Die Beklagte beantragt,

32

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

33

Zur Begründung ihrer eigenen Berufung hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründungsschrift lediglich auf die Ausführungen in ihrer im vorliegenden Rechtsstreit gegen ein Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 07.02.2013 bereits am 07.10.2013 eingereichten Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen. In dieser in Bezug genommenen Berufungsbegründungsschrift hat die Beklagte im Wesentlichen geltend gemacht, entgegen der Ansicht des Arbeitsgericht bestehe das Arbeitsverhältnis zwischen ihr - der Beklagten - und der Klägerin nicht bereits seit dem 01.09.1982. Dementsprechend fänden auch nicht die im Arbeitsvertrag vom 31.08.1982 in Bezug genommenen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Das Arbeitsverhältnis sei am 01.07.2004 (neu) zustande gekommen, nachdem sie die Fa. Modehaus H. e.K. neu gegründet habe. Der Klägerin seien damals zwei unterschriebene Abschriften eines Arbeitsvertrages mit der Aufforderung, ein Exemplar zu unterschreiben, übergeben worden. Dieser Aufforderung sei die Klägerin jedoch nicht nachgekommen. Im Übrigen sei die Klägerin zwischenzeitlich bei ihrem Sohn beschäftigt gewesen. Hierdurch sei das ursprünglich zustande gekommene Arbeitsverhältnis beendet worden. Die Klägerin sei seinerzeit auf der Grundlage eines mündlich geschlossenen Arbeitsvertrages neu eingestellt worden. Falls die Tarifverträge für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz Anwendung fänden, so seien die Ansprüche der Klägerin verfallen. Die Klägerin habe ihre Ansprüche nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist wirksam geltend gemacht. Das an ihren Sohn als damaligen Betriebsinhaber gerichtete Schreiben vom 21.03.2009 beinhalte keine ordnungsgemäße Geltendmachung tariflicher An-sprüche. Darüber hinaus entfalte diese Geltendmachung ihr gegenüber keine Wirkung. Sie habe erstmalig durch Einreichung der Klageschrift von den vermeint-lichen Ansprüchen erfahren.

34

Die Beklagte beantragt,

35

das erstinstanzliche Teil-Urteil vom 16.05.2013 abzuändern und die Klage, soweit sie Gegenstand dieses Teil-Urteils ist, abzuweisen.

36

Die Klägerin beantragt,

37

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

38

Die Klägerin macht geltend, die Berufung der Beklagten sei unzulässig, da die Beklagte ihr Rechtsmittel nicht ordnungsgemäß begründet habe. Im Übrigen verteidigt die Klägerin das erstinstanzliche Urteil, soweit ihrer Klage stattgegeben wurde, nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 21.11.2013 (Bl. 515 bis 519 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

39

I. Die statthafte Berufung der Klägerin ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel ist somit insgesamt zulässig.

40

Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls zulässig. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt, auch erfolgte die Berufungsbegründung fristgerecht. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt die Berufungsbegründung der Beklagten den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Berufungsbegründung, die entweder bereits in der Berufungsschrift selbst oder in einem weiteren Schriftsatz beim Berufungsgericht einzureichen ist, kann auch dadurch erfolgen, dass auf andere Schriftsätze Bezug genommen wird, die von einem bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sind und inhaltlich den Anforderungen der Berufungsbegründung gerecht werden (BGH v. 05.03.2008 - XIII ZB 182/04 - MDR 2008, 705, m. w. N.). Dabei ist es u. a. auch zulässig, dass der Rechtsmittelführer - wie vorliegend - auf eine Berufungsbegründung in einer Parallelsache Bezug nimmt, soweit die in Bezug genommene Berufungsbegründungsschrift sich nicht lediglich mit einem Urteil einer anderen Kammer des Arbeitsgerichts in einer Parallelsache auseinandersetzt oder beide arbeitsgerichtliche Urteile völlig abweichend gefasst sind (Schwab/Weth, ArbGG, 3. Auflage, § 64, Rz. 165, m. w. N.), was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. Die von der Beklagten in Bezug genommene Berufungsbegründungsschrift setzt sich (auch) mit den in den Entscheidungsgründen des Teilurteils vom 16.05.2013 enthaltenen tragenden Erwägungen des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Anwendbarkeit der einschlägigen Gehaltstarifverträge auf das Arbeitsverhältnis auseinander und wird daher auch im vorliegenden Berufungsverfahren den Anforderungen einer Berufungsbegründung gerecht.

41

II. Die Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Die Berufung der Beklagten ist hingegen unbegründet.

42

Die auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Juli 2009 bis November 2011 in Höhe von 2.165,41 EUR brutto gerichtete Zahlungsklage ist begründet. Der diesbezügliche Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB.

43

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften der Tarifverträge für den Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung.

44

Der zwischen den Parteien am 31.08.1982 geschlossene Arbeitsvertrag enthält, wie sich aus dem Inhalt der §§ 3 und 14 dieses Vertrages ergibt, sowohl bezüglich der Arbeitsvergütung, als auch bezüglich der sonstigen Arbeitsbedingungen eine dynamische Verweisung auf die tariflichen Bestimmungen des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz. Damit haben die Parteien die Anwendung der betreffenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung vereinbart. Dem stehen nicht die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sog. Gleichstellungsabrede entgegen, da die Beklagte selbst vorgetragen hat (vgl. Schriftsatz vom 22.01.2014, Bl. 599 f. d. A.), im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht Mitglied des tarifvertragsschließenden Einzelhandelsverbandes gewesen zu sein.

45

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin richtete sich durchgehend nach den im Arbeitsvertrag vom 31.08.1982 getroffenen Vereinbarungen, mithin auch nach den Tarifverträgen für den Einzel- und Versandhandel Rheinland-Pfalz. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin unstreitig seit dem 01.09.1992 durchgehend in den von der Beklagten bzw. zeitweise auch von deren Sohn geführten Modegeschäften in F. beschäftigt war, ohne dass ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt wurde. Soweit die Beklagte vorträgt, es sei unter dem 01.07.2004 ein (neues) Arbeitsverhältnis zustande gekommen, nachdem sie die Fa. Modehaus H. e.K. neu gegründet habe, so erweist sich dieses Vorbringen als unsubstantiiert und betrifft allenfalls die Frage, welche Person bzw. welche Firma den Betrieb, in welchem die Klägerin beschäftigt wurde, ab dem 01.07.2004 führte und somit Arbeitgeber der Klägerin war. Die (Fort-)Geltung der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen bleibt hiervon unberührt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten, ihr Modegeschäft bzw. dessen Filiale sei zeitweise von ihrem Sohn geführt worden, wodurch das zwischen ihr - der Beklagten - und der Klägerin ursprünglich zustande gekommene Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Ein Wechsel in der Person des Betriebsinhabers führt nämlich für sich genommen weder zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch zu einer Änderung arbeitsvertraglicher Bestimmungen. Es ist diesbezüglich im Übrigen vielmehr zur Überzeugung des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass das Modegeschäft der Beklagten nebst Filiale und somit auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß § 613 a BGB (zunächst) auf den Sohn der Beklagten und später wiederum von diesem auf die Beklagte bzw. auf die von dieser gegründete Einzelfirma übergegangen ist. Aus der Gesamtheit der unstreitigen Tatsachen ergibt sich zweifelsfrei, dass zunächst die Beklagte, sodann zeitweise deren Sohn und zuletzt wiederum die Beklagte selbst den Betrieb mit denselben Mitteln geführt bzw. fortgesetzt haben. Anhaltspunkte dafür, dass es im Zusammenhang mit dem Betriebsinhaberwechsel zu einer Änderung hinsichtlich der verwendeten sachlichen oder personellen Betriebsmittel gekommen ist, oder das sonstige Umstände vorliegen, die der Übertragung einer wirtschaftlichen Einheit entgegenstehen könnten, sind nicht ansatzweise ersichtlich.

46

2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Arbeitsvergütung nach Maßgabe der jeweiligen Gehaltstarifverträge für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz ist auch nicht (zum Teil) verfallen.

47

Nach § 16 Ziffer 1 c) MTV-Einzelhandel sind die betreffenden Ansprüche innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Dieses Erfordernis ist vorliegend in Ansehung des Schreibens der Klägerin vom 21.03.2009 erfüllt. In diesem Schreiben hat die Klägerin den seinerzeitigen Betriebsinhaber unter Hinweis auf die Geltung der jeweils gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz ausdrücklich aufgefordert, ab dem 01.04.2009 u. a. die Arbeitsvergütung nach Maßgabe und unter Beachtung der betreffenden tariflichen Vorschriften zu zahlen. Dieses Schreiben beinhaltet eine wirksame Geltendmachung der vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche auf Zahlung des Tarifgehalts.

48

Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt daher voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (BAG v. 22.04.2004 - 8 AZR 652/02 - AP Nr. 28 zu §§ 22, 23 BAT-O). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG v. 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist).

49

Die Klägerin hat mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2009 die Zahlung von Arbeitsvergütung auf der Grundlage der tariflichen Bestimmungen ab dem 01.04.2009 geltend gemacht. Diese Geltendmachung ist nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über das Jahr 2009 hinaus für die Beklagte bzw. deren Sohn bei Einsichtnahme in die jeweiligen Gehaltstarifverträge ohne weiteres errechenbar war.

50

Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung zum Teil noch nicht fällig waren. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchssteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (BAG v. 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170).

51

Der wirksamen Geltendmachung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung zumindest zum Teil, d. h. jedenfalls im Hinblick auf künftige Tariferhöhungen, noch nicht entstanden waren. Zwar widerspricht eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs regelmäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von Ansprüchen gestritten wird (BAG v. 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - NZA 2013, 975).

52

Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind auch solche auf dauer-hafte Zahlung der tariflichen Vergütung. Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen (hier: Geltung der einschlägigen tariflichen Vorschriften) im Streit, so erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel bestehen, was von ihm verlangt wird, und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung genüge getan hat (BAG v. 16.01.2003, a. a. O.).

53

Vorliegend stritten die Parteien - soweit ersichtlich - bereits im Zeitpunkt des Geltendmachungsschreibens vom 21.03.2009 im Hinblick auf die Frage, ob die Klägerin Anspruch hat auf tarifliche Arbeitsvergütung, ausschließlich über die Anwendbarkeit der maßgeblichen Tarifverträge. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 21.03.2009 wahrt daher auch die künftigen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistung verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmerlei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen.

54

Unerheblich ist letztlich, dass die Klägerin ihre Forderung nicht gegenüber der Beklagten, sondern gegenüber deren Sohn als damaligem Betriebsinhaber geltend gemacht hat, da die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in dessen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eingetreten ist.

55

3. Die Klägerin hat somit gegen die Beklagte für die Zeit von Juli 2009 bis November 2011 Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen ihrer tariflichen Vergütung und der von der Beklagten gezahlten Arbeitsvergütung. Unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit als Fachverkäuferin und der Anzahl ihrer Berufsjahre war die Klägerin während des gesamten streitbefangenen Zeitraums zweifellos in die Gehalts-gruppe G II 6. Berufsjahr eingruppiert. Das diesbezügliche Tarifgehalt belief sich im Juli und August 2009 auf 2.066,00 EUR, von September 2009 bis August 2010 auf 2.108,00 EUR, von September 2010 bis Juni 2011 auf 2.140,00 EUR und ab Juli 2011 auf 2.204,00 EUR. Für die Berechnung anteiliger Arbeitsentgelte beträgt nach § 9 Ziffer 13 MTV-Einzelhandel die Stundenvergütung 1/162 der tariflichen Monatsvergütung. Dies entspricht im Juli und August 2009 12,75 EUR pro Stunde, von September 2009 bis August 2010 13,01 EUR pro Stunde, von September 2010 bis Juni 2011 13,20 EUR pro Stunde und von Juli 2011 bis November 2011 13,60 EUR pro Stunde. Die Beklagte hat während des gesamten Zeitraumes der Klägerin lediglich 12,40 EUR pro Arbeitsstunde vergütet. Dies ergibt sich bereits aus den von der Klägerin zu den Akten gereichten Abrechnungen (Bl. 137 f. sowie Bl. 145 bis 150 d. A.), in denen jeweils, sogar noch für August und September 2012 ein Stundengehalt von 12,40 EUR ausgewiesen ist.

56

Zutreffend ist das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass für die Berechnung des der Klägerin zustehenden Nachzahlungsanspruchs auf die von ihr tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abzustellen ist. Deren Anzahl hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils (dort Seite 7 f. = Bl. 224 f. d. A.) festgestellt. Die Richtigkeit der diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen hat im Berufungsverfahren keine der Parteien gerügt.

57

Bei Zugrundelegung der tariflichen Arbeitsvergütung der Klägerin, der von ihr im streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Arbeitsstunden und der von der Beklagten gezahlten Vergütung beläuft sich der Nachzahlungsanspruch der Klägerin auf insgesamt 2.224,85 EUR brutto. Das Berufungsgericht folgt insoweit den zutreffenden und ausführlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts unter 3. der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (dort S. 7 bis 10 = Bl. 224 bis 227 d. A.) und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Der Klage konnte jedoch nur in Höhe des eingeklagten Betrages (2.165,41 EUR brutto) stattgegeben werden (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

58

III. Nach alledem war der Klage auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Juli 2009 bis November 2011 unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Teilurteils insgesamt stattzugeben. Die Berufung der Beklagten unterlag demzufolge der Zurückweisung.

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
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published on 16/01/2013 00:00

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. August 2011 - 18 Sa 96/11 - wird zurückgewiesen.
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published on 28/06/2016 00:00

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.10.2015 - Az.: 3 Ca 1004/15 - unter teilweiser Abänderung wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.017,88 EUR brutto nebst
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Annotations

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.