Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Aug. 2012 - 11 Sa 731/11
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.11.2011, Az. 12 Ca 2734/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten zuletzt noch über einen Auskunfts- und einen Herausgabeanspruch sowie über Schmerzensgeld wegen Mobbings.
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Der 1964 geborene, verheiratete und einem Kind zu Unterhalt verpflichtete Kläger war vom 01.10.1999 bis zum 15.11.2010 als examinierter Krankenpfleger in Teilzeit (19,25 Wochenstunden im Rahmen einer 6-Tage-Woche) bei dem Beklagten tätig. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 30.09.1999 gelten die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils gültigen Fassung. Seine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung einschließlich der tariflichen Zulagen betrug zuletzt 2.010,68 EUR.
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Der Kläger arbeitete in den letzten Jahren in der Wohngemeinschaft T. im Team mit den Arbeitskollegen Frau B., Frau O., Frau Sch., Herrn L. und Frau H.. Den Mitarbeitern übergeordnet war der Teamkoordinator, Herr F..
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Am 30.09.2010 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank. Der Beklagte hatte den Verdacht, dass die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht sei und beauftragte die Detektei M. GmbH, F., mit der Aufklärung des Verdachts. Mitarbeiter der Detektei brachten am Kraftfahrzeug des Klägers einen GPS-Sender an. Der Geschäftsführer der Detektei teilte dem Beklagten telefonisch mit, dass der Kläger einer regen Arbeitstätigkeit auf einer Baustelle in Frankfurt nachginge. Per 01.11.2010 übermittelte die Detektei dem Beklagten eine Rechnung über Observierungskosten in Höhe von 27.510,73 EUR. Gleichzeitig teilte sie mit, dass Unterlagen über die Ergebnisse der Observierung erst übermittelt würden, wenn der Rechnungsbetrag vollständig gezahlt sei.
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Zwischen der Detektei und dem Beklagten war ein Klageverfahren auf Zahlung vor dem Landgericht anhängig. Das Landgericht hat den Beklagten weitgehend (ca. 23.000,-- EUR nebst Zinsen) zur Zahlung des eingeklagten Betrags verurteilt. Hiergegen hat der Beklagte Berufung vor dem OLG eingelegt. Der Klägerprozessbevollmächtigte hat zwischenzeitlich Akteneinsicht in diesem Verfahren erhalten.
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Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund fristloser Eigenkündigung des Klägers vom 15.11.2010 beendet. Er begründete die Kündigung damit, dass er durch Mobbing am Arbeitsplatz krank geworden sei.
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Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,
der Einsatz der Detektei sei rechtswidrig erfolgt, da er bzw. sein Auto lückenlos unter anderem mit GPS-Sendern überwacht worden seien. Der Beklagte müsse Unterlagen über die rechtswidrige Überwachungsmaßnahme erlangt haben, denn die Detektei habe in ihrem Klageverfahren zur Begründetheit ihres Anspruchs die Unterlagen in den Prozess vor dem LG einführen müssen.
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Auf folgende Sachverhalte stütze er seinen Mobbing-Vorwurf gegenüber dem Beklagten:
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1. Im September 2008 habe er seinen Vorgesetzten, Herrn F., auf einen Dienstplan angesprochen, in dem er mehr als das Doppelte seiner normalen Stunden leisten sollte. Herr F. habe daraufhin nur gesagt, dass das Absicht sei. Er - der Kläger - habe darauf hingewiesen, dass es gut wäre, wenn man diese Mehrarbeit vorher mit ihm absprechen würde, damit er die Situation zu Hause, besonders bzgl. des kleinen Sohnes, organisieren könne, worauf Herr F. nur Folgendes erwidert habe: „...Du kommst dann, wenn du im Dienstplan stehst!“
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2. Am 25.11.2008 habe die Arbeitskollegin Frau O. in seinem Beisein bei einer Dienstübergabe das Postfach des Arbeitskollegen Herrn L. geöffnet, einen handgeschriebenen Brief aus einem Heft herausgezogen und diesen laut vorgelesen. Er habe dann bemerkt, dass sich hinter seinem Rücken das Gleiche abgespielt habe.
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3. Am 16.11.2008 habe er in der Wohngemeinschaft T. angerufen und sich bei Frau B. arbeitsunfähig gemeldet, woraufhin diese folgenden Eintrag ins Gruppenbuch vorgenommen habe: „ AU“. Einen Tag später habe Frau O. beim ihm angerufen und nachgefragt, ob er krank sei. Er habe die Frage bejaht und darauf hingewiesen, dass er gleich noch einen Termin beim Arzt habe. Am 18.11.2008 habe Frau H. im Auftrag von Herrn F. bei ihm angerufen und nachgefragt, warum er nicht zum Team erschienen sei. Er habe geantwortet, es sei doch bekannt, dass er krank sei und Herr F. dies auch wisse. Gleichwohl habe Herr F. angeordnet, ins Teamprotokoll schreiben zu lassen: „S. (= der Kläger) gefehlt (unentschuldigt), B. (entschuldigt Urlaub)“.
- 12
4. Herr F. habe ihn bewusst am 27.01.2009 zum Frühdienst eingeteilt, obwohl er gewusst habe, dass der Kläger als einziger in seiner Familie seinen Sohn vormittags versorgen konnte. Weiterhin habe Herr F. Frau B. dazu animiert, diesen Frühdienst nicht mit dem Kläger zu tauschen, sondern ihn stattdessen zu ihm zu schicken. Der Kläger habe dann Herrn L. seinen Frühdienst angeboten und im Gegenzug den Spät-Nacht-Dienst am 20.01.2009 von ihm übernommen.
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5. Frau O. und Herrn F. hätten ihn ab September 2008 in jedem Teamgespräch ignoriert.
- 14
6. Er sei aktiv und passiv in seiner Arbeit und in seiner Person ignoriert worden, was sich insbesondere durch folgende Verhaltensweisen gezeigt hätte: Herr F. habe während der Dienste des Klägers sogenannte „Arbeitskontrollen“ durchgeführt. Er habe Kollegen gefragt, wo der Kläger sei, sei dann 2 Meter hinter ihm hergegangen, ohne ihn zu grüßen oder etwas zu sagen. Bei Begegnungen auf dem Heimgelände habe man dem Kläger nur ein Grinsen auf ein „Guten Morgen“ von ihm geschenkt.
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7. Die Situation in der Wohngemeinschaft, die Einstellung der Teamkoordinatoren und der gesamte Zustand und das Umgehen miteinander hätten alle Mitarbeiter belastet.
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8. Im Rahmen einer Teamsitzung im März 2010 habe Herr L. vor allen Anwesenden angesprochen, dass die Einstellung und das Verhalten von Frau O. in der Teamarbeit nicht förderlich seien. Im Verlauf der anschließenden kontrovers geführten Diskussion sei Herr F. dem Kläger immer wieder ins Wort gefallen, woraufhin dieser gesagt habe: „Also, wenn mir immer ins Wort gefallen wird und man mich nicht mehr ernst nimmt, dann kann man ja das Gefühl entwickeln, dass man gemobbt wird.“ Herr F. habe dann erklärt, dass diese Aussage Konsequenzen haben werde.
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9. Ca. 2 Wochen später sei er zu einem Gespräch mit dem Heimleiter Herrn Fi., der Bereichsleiterin Frau S. und dem Teamleiter Herrn F. geladen worden. Herr F. habe in der Besprechung folgendes zur Sprache gebracht: „Herr S. (= der Kläger) ist in einer Form aufgetreten im Team, die nicht vertretbar ist. Verbal ausfallend in hoch aggressiver Form. Wild artikulierend aufgesprungen. In verletzter Art anderen Personen gegenüber. Im Großen und Ganzen eine nicht zu vertretende Art. Des Weiteren wäre eine Zusammenarbeit in keinster Weise denkbar. Auch beschuldigt er mich, massiv zu mobben.“ Er habe daraufhin nur betont, dass er nicht gesagt habe, dass Herr F. mobbe, sondern lediglich, dass man das Gefühl entwickeln könnte, dass man gemobbt werde und dass keine der Anschuldigungen zutreffe. Einen Tag nach diesem Gespräch habe er bei Frau S. angerufen und um eine Richtigstellung und Wahrheitsfindung bezüglich der massiven Vorwürfe des Herrn F. ihm gegenüber gebeten.
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10. Am 27.04.2010 habe die nächste Teambesprechung stattgefunden. Es sei gemeinsam ein Konzept ausgearbeitet worden. Er sollte das Teamprotokoll erstellen. Herr F. habe daraufhin gegrinst, da er wusste, dass der Kläger in Computerarbeiten nicht so fit ist. Er habe einen erfahrenen Mitarbeiter hinzugezogen und das Protokoll sodann Herrn Fi. übersandt. Bei der folgenden Teamsitzung am 08.06.2010 habe Herr Fi. zum Teamprotokoll folgendes gesagt: „… Das war ja gar nichts, wenn man schon keine Ahnung von der Sache hat, soll man wenigstens in der Lage sein, einen erfahrenen Mitarbeiter hinzuzuziehen. So etwas akzeptiere ich gar nicht. Von mir sind nicht mal Punkte genannt, was ein Team bedeutet und ausmacht...“.
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11. In der Teamsitzung vom 20.07.2010 habe er Frau S. angesprochen, dass immer noch keine Klärung der genannten Punkte erfolgt sei und er noch auf die Richtigstellung warte. Frau S. habe darauf nur geantwortet, dass er das mit Herrn Fi. ausmachen solle und sich dann mit den Worten verabschiedet: „Wir opfern Zeit, und ihr spielt Friede, Freude, Eierkuchen, das ist ja das Letzte!“ Nach dieser Teambesprechung habe Herr F. ihm mitgeteilt, dass er noch lange auf die Richtigstellung warten könne.
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12. Am 06.09.2010 sei er Herrn F. auf dem Innenhof des Klosters E. begegnet; dieser habe ihn gefragt, ob er spazieren gehe oder arbeiten würde.
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13. Am 21.09.2010 habe Herr F. in der WG T. angerufen und sich erkundigt, ob er anwesend sei. Gleiches sei am 30.09.2010 erfolgt.
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Hinsichtlich weiterer Vorfälle wird der Vollständigkeit halber ergänzend auf die Seiten 3 ff. des klägerischen Schriftsatzes vom 08.07.2011 sowie auf die Seiten 6 ff. des Schriftsatzes vom 28.10.2011 verwiesen.
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Der Kläger behauptet, dass er an den Mobbingattacken erkrankt sei. Folgende Diagnosen seien gestellt worden: Depression, Abgeschlagenheit, Erschöpfung, Hautausschläge, Hand- und Fußekzem mit Schuppung und Rhagaden, erhebliche Schwierigkeiten im Zusammenleben mit seiner Familie.
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Darüber hinaus machte der Kläger erstinstanzlich die Erteilung von Lohnabrechnungen für die Monate Oktober und November 2010, die Erteilung eines Zeugnisses sowie Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung geltend.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über folgende Punkte:
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- in welchem Umfang und für welchen Zeitraum die Detektei M. M., B. 0, 00000 F., vom Beklagten beauftragt war, den Kläger, dessen Fahrzeug mit dem Kennzeichen … — XY 00 und die Ehefrau des Klägers, Frau B. A., zu überwachen;
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- in welchem Umfang die Detektei M. M., B. 0, 00000 F., vom Beklagten beauftragt war, darüber hinaus weitere Personen im Zusammenhang mit dem Auftrag gegenüber dem Kläger zu überwachen;
- 29
- welche Maßnahmen die Detektei M. M., B. 0, 00000 F., zur Überwachung ausgeübt hat, insbesondere Anbringen von GPS Sendern, Fotodokumentationen, Personenbefragungen;
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- dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob außer durch die Überwachungsmaßnahmen seitens der Detektei M. M., B. 1, 00000 F., weitere Überwachungsmaßnahmen durch die Beklagtenseite zulasten des Klägers durchgeführt worden sind;
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2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger sämtliche Unterlagen der Überwachungsmaßnahmen, insbesondere bestehend aus schriftlichen Auftragsunterlagen, Auftragsbestätigungen, Protokollen, Datenträgern, Tätigkeitsberichten, Fotos, Filmen, der beauftragten Detektei M. M., B. 0, 00000 F. bzw. von anderen Beauftragten, herauszugeben;
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3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, das in das Ermessen des Gerichts gestellt ist, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 30. November 2010, wobei sich der Kläger ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000,00 € vorstellt;
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4. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ein wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, dass sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung in dem Arbeitsverhältnis erstreckt und dem beruflichen und persönlichen Fortkommen des Klägers förderlich ist;
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5. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Abrechnungen für die Monate Oktober 2010 und November 2010 zu erteilen;
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6. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 4.463,46 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 30.11.2011 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Auskunftserteilung und Herausgabe der Unterlagen. Konkrete einzelne Observierungsmaßnahmen habe er der Detektei nicht vorgegeben. Die Auskunft sei im Ergebnis durch die Mitteilungen in den Schriftsätzen bereits erteilt worden. Unterlagen über die Überwachungsmaßnahmen lägen ihm nicht vor, da er die Rechnung der Detektei nicht beglichen habe.
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Bis zum Kündigungsschreiben vom 15.11.2010 habe der Kläger ihm keinerlei Hinweise auf angeblich gegen ihn gerichtete Mobbinghandlungen gegeben, so dass es für ihn keine Möglichkeit gegeben habe, etwa bestehenden Konflikten nachzugehen.
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Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 08.11.2011, Aktenzeichen 12 Ca 2734/10, den Beklagten verurteilt, an den Kläger 2.305,20 ER brutto (Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2011 zu zahlen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Abweisung hat es unter anderem folgendes ausgeführt:
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Ein Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB sei nicht gegeben. Der Kläger habe versäumt, die mit der Auskunft verfolgten weiteren Ansprüche in Aussicht zu stellen oder näher zu bezeichnen.
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Ein Herausgabeanspruch bestehe nicht, weil der Beklagte nach seinem substantiierten Vorbringen keine Unterlagen der Detektei besitze, die er dem Kläger herausgeben könnte. Die vom Kläger verlangte Leistung sei daher unmöglich.
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Der Kläger habe keinen Anspruch auf billige Entschädigung in Geld unter dem Gesichtspunkt des sog. Mobbings. Die vom Kläger angeführten Vorfälle und Vorwürfe ließen weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit die Wertung eines zielgerichteten, systematisch gegen die Person des Klägers gerichteten Anfeindungsverhaltens in Schädigungsabsicht erkennen und überschritten nicht die Schwelle sozialadäquater Alltagskonflikte.
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In der Rechtsmittelbelehrung auf S. 24 des Urteils wird dem Beklagten das Recht der Berufung eingeräumt, der Kläger hat danach gegen das Urteil kein Rechtsmittel.
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Das Urteil wurde dem Kläger am 23.11.2011 zugestellt. Er hat hiergegen am 21.12.2011 per Telefax Berufung eingelegt „insoweit, als das Arbeitsgericht Koblenz die Klage über einen Betrag von 2.305,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2010 abgewiesen hat“. Die Berufungsbegründung ging beim Landesarbeitsgericht am 23.02.2012 innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Begründungsfrist ein. Hierin hat der Klägerprozessbevollmächtigte ausgeführt, dass sich die Berufung gegen den gesamten klageabweisenden Teil des Urteils richtet.
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Im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 09.08.2012 hat der Kläger die Berufung im Hinblick auf die begehrten Abrechnungen, die Überstundenvergütung und die Urlaubsabgeltung zurückgenommen. Zum streitgegenständlichen Arbeitszeugnis wurde ein Teil-Vergleich vereinbart.
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Der Kläger ist der Auffassung, er habe ein Recht darauf, zu erfahren, inwieweit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die vom Beklagten beauftragten Überwachungsmaßnahmen eingegriffen worden sei. Er sehe sich auch durch diese Maßnahmen gemobbt. Der Antrag auf Auskunft hänge daher mit dem Antrag Ziffer 3 auf Gewährung eines Schmerzensgeldes zusammen. Es seien Auskünfte über die ungerechtfertigten Überwachungsmaßnahmen erforderlich, damit diesem Teilaspekt des Mobbings ein Geldbetrag zugemessen werden könne.
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Er habe auch einen Anspruch auf Herausgabe der hierüber existierenden Unterlagen. Denn der Beklagte könne unschwer in den Besitz der Unterlagen gelangen, wenn er die Honorarforderung der Detektei aus F. ausgleiche.
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Im Hinblick auf die von ihm vorgetragenen Sachverhalte zum Mobbing sei die Schwelle sozialadäquater Alltagskonflikte deutlich überschritten. Er sei über längere Zeit Mobbingattacken ausgesetzt gewesen, die dann noch abschließend von einem unberechtigten GPS-Überwachungseinsatz einer Detektei gekrönt worden seien. Er habe zahlreiche Beweise angeboten, die nicht eingeholt worden seien.
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Der Kläger beantragt,
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1. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.11.2011, Aktenzeichen 12 Ca 2734/10, insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist,
- 52
2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über folgende Punkte:
- 53
- in welchem Umfang und für welchen Zeitraum die Detektei M. M., B. 0, 00000 F., vom Beklagten beauftragt war, den Kläger, dessen Fahrzeug mit dem Kennzeichen … — XY 00 und die Ehefrau des Klägers, Frau B. A., zu überwachen;
- 54
- in welchem Umfang die Detektei M. M., B. 0, 00000 F., vom Beklagten beauftragt war, darüber hinaus weitere Personen im Zusammenhang mit dem Auftrag gegenüber dem Kläger zu überwachen;
- 55
- welche Maßnahmen die Detektei M. M., B. 0, 00000 F., zur Überwachung ausgeübt hat, insbesondere Anbringen von GPS-Sendern, Fotodokumentationen, Personenbefragungen;
- 56
- dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob außer durch die Überwachungsmaßnahmen seitens der Detektei M. M., B. 0, 00000 F., weitere Überwachungsmaßnahmen durch die Beklagtenseite zulasten des Klägers durchgeführt worden sind;
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3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger sämtliche Unterlagen der Überwachungsmaßnahmen, insbesondere bestehend aus schriftlichen Auftragsunterlagen, Auftragsbestätigungen, Protokollen, Datenträgern, Tätigkeitsberichten, Fotos, Filmen der beauftragten Detektei M. M., B. 0, 00000 F. bzw. von anderen Beauftragten, herauszugeben;
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4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, das in das Ermessen des Gerichts gestellt ist, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 30. November 2010, wobei sich der Kläger ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000,00 € vorstellt.
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Der Beklagte beantragt,
- 60
die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Berufung im Wesentlichen bereits unzulässig sei. Die Berufungseinlegung mit Schriftsatz vom 21.12.2011 sei nach dem eindeutigen Wortlaut nur eingeschränkt erfolgt insoweit, als die Klage über einen Betrag von 2.305,30 EUR abgewiesen wurde. Die im Schriftsatz vom 23.02.2012 gestellten weiteren Berufungsanträge seien wegen Nichteinhaltung der Berufungsfrist unzulässig. Der Berufungsantrag aus dem Berufungseinlegungsschriftsatz sei unbegründet, denn die Klage sei über den Betrag von 2.305,30 EUR brutto nicht abgewiesen worden, vielmehr sei ihr über diesen Betrag stattgegeben worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Feststellungen in den Sitzungsprotokollen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
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Die nach § 64 Abs. 2b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.
I.
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Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils, wonach für den Kläger gegen das Urteil kein Rechtsmittel gegeben ist, ist inhaltlich offensichtlich falsch. Der Kläger ist durch die überwiegende Klageabweisung materiell beschwert. Der Wert des Beschwerdegegenstandes überschreitet bei weitem die erforderlichen 600,-- EUR gemäß § 64 Abs. 2b ArbGG. Der Kläger konnte daher zu Recht Berufung einlegen.
II.
- 65
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Berufung im Hinblick auf die Anträge 2 – 4 nicht bereits wegen Nichteinhaltung der Berufungsfrist aus § 519 ZPO unzulässig.
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1. Die Berufungsschrift des Klägers genügt den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO.
- 67
Sie bezeichnet das Urteil, gegen das die Berufung gerichtet wird, und enthält die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt wird. Anträge braucht die Berufungsschrift nicht zu enthalten (Zöller/Heßler, 29. Auflage, § 519 Rn. 36). Innerhalb der Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger durch die Ankündigung seiner Anträge klargestellt, dass er das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Klageabweisung vollumfänglich zur Überprüfung stellen will.
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2. Die Erklärung in der Berufungseinlegungsschrift vom 21.12.2011, wonach das Urteil insoweit angefochten wird, als das Arbeitsgericht Koblenz die Klage über einen Betrag von 2.305,30 EUR brutto nebst Zinsen abgewiesen hat, beinhaltet keinen teilweisen Rechtsverzicht. Der Kläger ist daher mit den Anträgen aus dem Berufungsbegründungsschriftsatz nicht ausgeschlossen.
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a) Der Berufungsverzicht ist auch als Teilverzicht zulässig, soweit eine Teilanfechtung möglich ist (BGH 07.11.1989 – VI ZB 25/89 – zitiert nach juris, Rn. 12). Letztere ist hier möglich, weil eine objektive Klagehäufung gemäß § 260 ZPO vorliegt und nicht alle Klageanträge aus der ersten Instanz auch in der Berufung weiterverfolgt werden müssen.
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Die Erklärung eines Teilverzichts kann bereits in die Berufungsschrift aufgenommen werden. Zwar ist es nicht Aufgabe der Rechtsmittelschrift, sondern der Rechtsmittelbegründung, § 520 Abs. 3 Ziff. 1 ZPO, den Umfang der Anfechtung zu umgrenzen. Dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, schon in der Berufungsschrift einen teilweisen Rechtsmittelverzicht zu erklären (BGH 07.11.1989 a.a.O., Rn. 13).
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Allerdings ist für die Auslegung einer Erklärung als Rechtsmittelverzicht Zurückhaltung geboten. Hier gelten schon wegen der Unwiderruflichkeit und Unanfechtbarkeit einer solchen Erklärung strenge Anforderungen. Allein der Ankündigung beschränkter Anträge in der Berufungseinlegungsschrift kann ein (teilweiser) Rechtsmittelverzicht daher grundsätzlich nicht entnommen werden, und zwar auch dann nicht, wenn die Erklärung keinen ausdrücklichen Vorbehalt enthält, den Antrag noch zu erweitern. Wohl aber ist ein Rechtsmittelverzicht – auch wenn von einem „Verzicht“ nicht ausdrücklich die Rede ist – dann anzunehmen, wenn in der Rechtsmitteleinlegungsschrift klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck gebracht wird, das Urteil (teilweise) endgültig hinzunehmen und es (insoweit) nicht anfechten zu wollen (BGH 07.11.1989 a.a.O. Rn. 15).
- 72
b) Hier hat der Kläger keinen klaren und eindeutigen Rechtsmittelverzicht erklärt.
- 73
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann seine Erklärung nicht so verstanden werden, dass er Berufung ausschließlich einlegen will, soweit die Klage über 2.305,30 EUR abgewiesen worden ist. Vor dem Hintergrund, dass es keine Klageabweisung in Höhe von 2.305,30 EUR brutto gegeben hat, sondern der Kläger vielmehr in Höhe dieses Betrags teilweise obsiegt hat, kann seine Erklärung nur dahingehend ausgelegt werden, dass Berufung eingelegt wird, soweit die Klage über den Betrag von 2.305,30 EUR brutto hinausgehend abgewiesen worden ist.
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c) Mit dieser Formulierung ist die Einlegung der Berufung auch nicht wirksam auf den Zahlungsantrag unter Ziffer 6 aus der ersten Instanz beschränkt worden, denn dann hätte es nahegelegen, statt von „Klage“ nur von „Klageantrag“ zu sprechen und diesen auch zu beziffern. Der Kläger spricht hier jedoch von der gesamten Klage und damit von allen Anträgen, die in erster Instanz gestellt worden sind. Dies stellt er auch nochmals klar im Rahmen der Begründungsschrift vom 23.02.2012.
B.
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In der Sache ist die Berufung jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die zuletzt noch im Streit stehenden Klageanträge zu Recht als unbegründet abgewiesen.
I.
- 76
Der Kläger hat keinen Auskunftsanspruch bezüglich der verlangten Angaben über die vom Beklagten beauftragte Detektei M. M..
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1. Im Arbeitsverhältnis wird ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB anerkannt, wenn der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete unschwer Auskunft erteilen kann (BAG 07.09.1995 - 8 AZR 828/93 – BAGE 81, 15 zu II.2. der Gründe). Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus (BAG 27.06.1990 - 5 AZR 334/89 - BAGE 65, 250, 252 f.; BGH 07.121988 - IVa ZR 290/87 - NJW-RR 1989, 450; MünchKommBGB/Krüger § 260 Rn. 15 f.). Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen (ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 633).
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Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, z.B. weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt: Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiellrechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden (BAG 07.09.1995 - 8 AZR 828/93 - BAGE 81, 15, 21 f.). Der Auskunftsanspruch kann nach Treu und Glauben nur da ergänzend eingreifen, wo auch die grundsätzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast einer entsprechenden Korrektur bedarf (BAG 07.09.1995 – 8 AZR 828/93 a.a.O.).
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2. Hier macht der Kläger den Auskunftsanspruch geltend, da er in den von dem Beklagten beauftragten Überwachungsmaßnahmen einen weiteren Mobbingvorfall erkennt, den er seinem Schmerzensgeldantrag zugrunde legen möchte. Die Darlegungs- und Beweislast für die gerügte Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen auch in sog. Mobbing-Fällen der Arbeitnehmer, der sich als gemobbt ansieht. Würde der Beklagte hier antragsgemäß zur Auskunft verurteilt werden, so würde die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in unzulässiger Weise verschoben werden. Es ist nicht Aufgabe des Beklagten, die Gegenseite mit Tatsachen zu versorgen, um deren Antrag eventuell schlüssig zu machen.
- 80
3. In der Zwischenzeit hat der Kläger die begehrte Auskunft bereits erlangt. Er hat im Schriftsatz vom 23.02.2012 mitgeteilt, dass er die Berufungsakte vom OLG Koblenz, Aktenzeichen 8 U 1405/11, über den Rechtsstreit der Detektei gegen den Beklagten auf Begleichung der Honorarforderung zur Einsicht übersendet bekommen hat. Damit liegt ihm sowohl der Sachvortrag der Detektei als auch derjenige des Beklagten über den Umfang der Überwachungsmaßnahmen bereits vor.
II.
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Soweit der Kläger Herausgabe der Unterlagen zu den Überwachungsmaßnahmen begehrt, so hat das erstinstanzliche Gericht zu Recht festgestellt, dass dem Beklagten nach seinem substantiierten Sachvortrag keine Unterlagen der Detektei vorliegen, da er bislang die Rechnung der Detektei nicht beglichen hat und diese ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht. Die vom Kläger verlangte Leistung ist daher unmöglich, § 275 BGB. Der Kläger kann den Beklagten auch nicht mit Erfolg auf den Rechtsstreit mit der Detektei über den Ausgleich der Honorarforderung verweisen. Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass die Detektei bereits im Rahmen der gerichtlichen Geltendmachung ihres Anspruchs Unterlagen in den Prozess eingebracht hat.
III.
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Der Klageantrag zu Ziffer 4 ist ebenfalls unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld) aus §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB bzw. §§ 823 ff., 253 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des sog. Mobbings hat.
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1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den - auch von der Berufungskammer geteilten - Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Haftung des Arbeitgebers in sog. Mobbing-Fällen (insb. BAG Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mobbing; zuletzt Urteil vom 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Mobbing; jeweils m.w.N.) ausgegangen.
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Danach ist „Mobbing“ kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte oder Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund Mobbings geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen eine Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung ergeben, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung i.S.d. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09, a.a.O.).
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Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, muss aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, als sozialadäquates und daher folgenloses Verhalten grundsätzlich hinzunehmen sind. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und nachgeordneten Mitarbeitern erfüllt die Voraussetzungen einer Persönlichkeitsrechts-, Ehr- oder gar Gesundheitsverletzung. Vielmehr ist es dem täglichen Zusammenarbeiten mit anderen Menschen immanent, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese Ausdruck des Ziels sind, den anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen. Zugrunde zu legen ist bei der Beurteilung eine objektive Betrachtungsweise, ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers. Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, können nur in seltenen Fällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen (BAG 24.04.2008 - 8 AZR 347/07 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers; BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06, a.a.O.). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen auch in sog. Mobbing-Fällen der Arbeitnehmer.
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass das Vorbringen des Klägers keinen Anspruch auf Schmerzensgeld unter dem Gesichtspunkt des Mobbings rechtfertigt. Weder aus den vom Kläger angeführten einzelnen Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lässt sich der Schluss ziehen, er sei systematisch schikaniert und diskriminiert worden, selbst wenn man seinen bestrittenen Vortrag als zutreffend unterstellt. Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht von der Durchführung einer Beweisaufnahme abgesehen.
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a) Soweit der Kläger vorträgt, er sei von seinem Vorgesetzten Herrn F. ignoriert, belächelt und nicht ernst genommen worden, sind diese Behauptungen zu pauschal, um hierauf den geltend gemachten Anspruch stützen zu können. Erforderlich ist ein substantiierter Sachvortrag. Dazu müssen die einzelnen Mobbinghandlungen genau, auch datumsmäßig, bezeichnet werden (BAG 24.04.2008 – 8 AZR 347/07 – zitiert nach juris, Rn. 29; LAG Rheinland-Pfalz 30.04.2009 – 11 Sa 677/08 – zitiert nach juris). Dies hat der Kläger nicht getan. Mangels Angabe konkreter Daten können daher auch die im Tatbestand unter den Ziffern 5, 6 und 7 aufgeführten Vorfälle bzw. behaupteten Dauerzustände den Mobbingvorwurf des Klägers nicht schlüssig begründen. Vielmehr spricht der Hinweis des Klägers, dass alle Mitarbeiter durch den gesamten Zustand und das Umgehen miteinander belastet gewesen wären, für ein allgemein schwieriges Arbeitsumfeld, das sich nicht speziell gegen die Person des Klägers richtete.
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b) Im Hinblick auf den Vorwurf unter Ziffer 2 ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger seinen Anspruch nicht auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitskollegen Herrn L. durch Frau O. stützen kann. Insofern kommt es nicht darauf an, wann Frau O. einen an Herrn L. gerichteten Brief aus dessen Postfach entnommen und vorgelesen hat, sondern wann es zum behaupteten vergleichbaren Fehlverhalten gegenüber dem Kläger gekommen ist. Hierzu schweigt sich der Kläger aus.
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c) Soweit der Kläger die Einteilung zum Frühdienst (Vorwurf Ziffer 4), die Anordnung von Mehrarbeit (Vorwurf Ziffer 1) sowie die Durchführung von Arbeitskontrollen (Vorwürfe Ziffern 6 und 13) rügt, handelt es sich hierbei um Weisungen des Vorgesetzten. Hierbei ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit hat, sich gegen in seinen Augen unrechtmäßige Arbeitsanweisungen tatsächlich und rechtlich zur Wehr zu setzen (LAG Schleswig-Holstein 28.03.2006 – 5 Sa 595/05 - zitiert nach juris, Rn. 24). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich ein Arbeitnehmer, der auf den Arbeitsplatz angewiesen ist, in aller Regel in der schwächeren Position befindet. Sofern er eine Arbeitsanweisung wegen Überschreitung des Direktionsrechts nicht befolgt, setzt er sich womöglich des Vorwurfs einer Arbeitsverweigerung mit der Gefahr einer fristlosen Kündigung aus. Indessen darf diese Gefahr auch nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer sehenden Auges alles „schluckt“ und sich im Nachhinein auf Mobbing beruft und Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend macht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber nicht selbst handelt, sondern die jeweils unmittelbaren Vorgesetzten oder Kollegen des gemobbten Arbeitnehmers. Gerade in diesen Fällen hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich beim Arbeitgeber direkt zu beschweren und vertragsgemäße Beschäftigung einzufordern. Es ist mithin stets zu prüfen, ob es dem Arbeitnehmer zumutbar war, sich beim Arbeitgeber über Mobbing-Handlungen zu beschweren und entsprechende Abhilfe zu fordern. Dies gebietet letztlich auch die Schadensminderungspflicht (LAG Rheinland-Pfalz 19.03.2012 – 5 Sa 701/11 - zitiert nach juris, Rn. 48). Hier hat der Kläger auch auf den Vorhalt des Beklagten nicht dargelegt, wann er sich tatsächlich vor seinem Kündigungsschreiben vom 15.11.2010 mit Mobbingvorwürfen an seinen Arbeitgeber gewendet hat. Der Beklagte hatte demnach gar keine Möglichkeit, Einfluss auf den Vorgesetzten und die Arbeitskollegen auszuüben.
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d) Bei den Vorwürfen 8 und 9 handelt es sich um eine im Arbeitsleben typische Auseinandersetzung. Durch seine Äußerung im Rahmen der Teambesprechung im März 2010, man könne das Gefühl haben, dass man gemobbt werde, hat der Kläger eine Ursache für die daraufhin erfolgte Eskalation im Kommunikationsprozess mit dem Vorgesetzten gesetzt. In dem Gespräch, das zwei Wochen später zwischen dem Heimleiter, der Bereichsleiterin, dem Vorgesetzten und dem Kläger stattfand, durfte der Vorgesetzte für sich das Recht in Anspruch nehmen, darzustellen, wie er die Teambesprechung und hierbei insbesondere den Kläger erlebt hat. Wenn in diesem Zusammenhang Kritik am Kläger geäußert wird, so überschreitet dies nicht die Grenze zum schikanösen und diskriminierenden Verhalten. Die Kritik ist aufgrund der Vorgeschichte noch als sozial adäquat einzustufen und kann nicht als Grundlage für den hier geltend gemachten Zahlungsanspruch dienen.
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e) Auch der Vorwurf Ziffer 10 ist unbegründet. In der Teamsitzung vom 08.06.2010 soll der Heimleiter das vom Kläger erstellte Protokoll der letzten Teamsitzung kritisiert haben. Mit dieser Kritik - auch wenn sie in seinen Augen scharf formuliert war - muss der Kläger umgehen können, ohne sich hierdurch gleich schikaniert zu sehen, zumal in dem Protokoll eine ganze Reihe von Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehlern enthalten sind.
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f) Soweit sich der Kläger rügt, dass der Beklagte nach Eingang seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im September 2010 eine Detektei zu seiner Überwachung eingeschaltet hat, ist darauf hinzuweisen, dass zu diesem Zeitpunkt ein Anlass für die Beauftragung der Detektei vorhanden war. Es bestand der konkrete Verdacht auf Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit. Dieser Verdacht wurde durch die Ermittlungen der Detektei auch bestätigt. Der Kläger wurde dabei beobachtet, wie er während der Arbeitsunfähigkeitsphase einer regen Tätigkeit auf einer Baustelle in F. nachgekommen ist.
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Soweit der Kläger rügt, dass die Detektei mit dem Einsatz von GPS-Sendern sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat, hat er nicht dargelegt, dass der Beklagte diese Maßnahmen bei der Detektei in Auftrag gegeben hat und hierfür verantwortlich ist. Dieses angebliche Fehlverhalten kann dem Beklagten daher nicht zugerechnet werden.
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g) Rechnet man die Sachverhalte hinaus, die von der Kammer als unsubstantiiert bzw. als noch sozial adäquates Verhalten eingestuft werden, so verbleiben wenige Vorwürfe des Klägers, die zudem zeitlich weit auseinander liegen. Aufgrund dieser zeitlichen Zwischenräume ist davon auszugehen, dass es an der für die Verletzungshandlung erforderlichen Systematik fehlt (vgl. hierzu BAG 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 - zitiert nach juris, Rn. 87).
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h) Auch aus der Gesamtschau der vom Kläger angeführten Lebenssachverhalte ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte den Kläger habe schikanieren wollen. Denn insoweit hat der Kläger lediglich im Arbeitsleben regelmäßig auftretende übliche und typische Konfliktsituationen beschrieben, die als solche nicht geeignet sind, den Vorwurf des „Mobbings“ auszufüllen, schon deshalb, weil es an der dafür notwendigen zielgerichteten Systematik fehlt. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass beabsichtigt gewesen sein könnte, den Kläger systematisch anzufeinden, zu schikanieren oder zu diskriminieren, bestehen nicht.
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Die Revision ist nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen worden, weil die gesetzlichen Vorgaben hierfür nicht vorliegen.
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.
(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.
(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.
(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.