Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 07. März 2012 - 1 Ta 24/12
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.11.2011 - 9 Ca 2256/07 - aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
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I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.
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Das Arbeitsgericht Koblenz hat dem Kläger für die von ihm betriebene Klage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.
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Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger aufgefordert, zu erklären, ob zwischenzeitlich eine Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei. Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte, hat das Arbeitsgericht den Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 24.11.2011 aufgehoben. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 01.12.2011 zugestellt.
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Mit Eingang bei Gericht am 07.12.2011 übersandte der Kläger eine ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, aus der sich ergibt, dass der Kläger derzeit Einkünfte in Höhe von 1015,98 Euro brutto erzielt. Auch die Ehefrau und eines seiner vier Kinder erzielen mittlerweile eigene Einkünfte. Des weiteren ergibt sich aus der Erklärung des Klägers, dass er inzwischen Ausgaben für Miete in Höhe von 702,50 Euro hat. Aus der ebenfalls eingereichten Gehaltsabrechnung des Klägers ergibt sich, dass der Kläger in seinem Arbeitsverhältnis ca. 38 Stunden pro Woche arbeitet. Das Arbeitsgericht hat den Beschwerdeführer auf seine Erklärung hin aufgefordert, mitzuteilen, ob er noch andere Einnahmen hat und in welcher Höhe er Kindergeld bezieht. Nachdem der Beschwerdeführer hierauf nicht mehr reagierte, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
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II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 78 ArbGG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.
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Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
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Zwar haben aus Sicht des Arbeitsgerichts zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung des Beschlusses zur Gewährung der Prozesskostenhilfe die Voraussetzungen hierfür gem. § 124 Nr. 2 ZPO aufgrund fehlender Erklärung über die Änderung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse vorgelegen. Dennoch ist der Beschluss des Arbeitsgerichts aufzuheben, da der Beschwerdeführer im weiteren Verlauf des Verfahrens die erforderliche Erklärung abgegeben und seine Angaben belegt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. zuletzt LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 31.08.2011 - 1 Ta 173/11) können fehlende Angaben und Nachweise zu einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachgereicht werden, da § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO keine Frist für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung vorsieht.
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Gibt der Beschwerdeführer die erforderliche Erklärung ab, liegt es im Ermessen des Rechtspflegers, konkrete Angaben und ergänzend Belege von der Partei anzufordern oder in sonstiger Weise eine Glaubhaftmachung der Angaben gem. § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO zu verlangen. Hierbei hat das Gericht jedoch das Übermaßverbot zu beachten und eine unverhältnismäßige Ausforschung der persönlichen Lebensverhältnisse zu unterlassen (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 23.05.2011 - 3 Ta 32/11). Das gilt jedenfalls für das eingeschränkte Nachprüfungsverfahren von § 120 Abs. 4 ZPO. Ergeben sich wie im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer 38 Stunden in der Woche arbeitet, keine Anhaltspunkte für eine mögliche weitere Einnahmequelle, kann das Gericht die Aufhebung des Bewilligungsbeschlusses nicht allein auf eine unterlassene Erklärung zu weiteren Einkünften stützen. Dass der Kläger als Familienvater von vier Kindern außer einem Vollzeitarbeitsverhältnis etwa noch ein weiteres Arbeitsverhältnis haben soll, dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
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Der Beschwerdeführer erfüllt nach wie vor die Voraussetzungen für eine ratenlose Gewährung von Prozesskostenhilfe.
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Nach den von dem Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen verfügt dieser derzeit über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1015,- Euro. Dem stehen die Kosten für Unterkunft und Betriebskosten in Höhe von insgesamt 702,- Euro gegenüber. Nach Abzug des Freibetrags gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO für die Partei in Höhe von 411,- Euro sowie des Freibetrags gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b ZPO in Höhe von 187,- Euro, des um das Einkommen des ersten Kindes geminderten Freibetrags für dieses in Höhe von 105,- Euro, sowie der Freibeträge für die weiteren drei Kinder in Höhe von 329,- Euro und je 316,- Euro ergibt sich selbst bei Berücksichtigung von Einkünften aus Kindergeld für vier Kinder in Höhe von 773,- Euro ein anrechenbares Einkommen von minus 578,- Euro, weshalb der Beschwerdeführer auch nicht in der Lage ist, Raten zu zahlen.
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Der erstinstanzliche Beschluss vom 24.11.2011 war somit aufzuheben.
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Da die Beschwerde erfolgreich war, fallen keine Gerichtskosten an.
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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn
- 1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat; - 2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat; - 3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind; - 4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat; - 5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.
(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.