Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 04. Nov. 2016 - 1 Sa 208/16

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2016:1104.1SA208.16.0A
published on 04/11/2016 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 04. Nov. 2016 - 1 Sa 208/16
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Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 17.03.2016, Az.: 6 Ca 560/14, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren wiederum darüber, ob der Beklagten ein im Wege der Widerklage geltend gemachter Schadensersatzanspruch gegen den Kläger zusteht.

2

Wegen des unstreitigen Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Urteils der Berufungskammer vom 17.7.2015 sowie – auch wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz- auf den Tatbestand des Urteils Arbeitsgerichts Mainz- Auswärtige Kammern Bad Kreuznach- vom 17.3.2016 , Az. 6 Ca 560/14, Bezug genommen.

3

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von 7.610,64 EUR wegen Beschädigung des LKW-Führerhauses gerichtete Widerklage abgewiesen.

4

Gegen dieses ihr am 6.5.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 19.5.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 4.7.2016, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet.

5

Nach Maßgabe dieses Schriftsatzes sowie des weiteren Schriftsatzes vom 2.11.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 505 ff., 530 ff. d.A.), macht die Beklagte im Wesentlichen geltend:

6

Der Widerklage stehe die Rechtskraft des (ersten) erstinstanzlichen Urteils vom 19.2.2015 nicht entgegen. Der Lebenssachverhalt habe sich dadurch geändert, dass dem Kläger nach dem (ersten) Berufungsurteil eine Nachfrist zur Behebung der Schäden gesetzt wurde. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Anspruch der Höhe nach nicht auf den merkantilen Minderwert beschränkt. Der Kläger sei an die von ihm selbstgegebene Zusage, bei Ausbau der von ihm im Führerhaus eingebauten Gegenstände den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen gebunden. Zur Beseitigung der Schäden sei der mit der Widerklage geltend gemachte Aufwand erforderlich. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist sei gewahrt.

7

Die Beklagte beantragt,

8

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 17.03.2016, Az. 6 ca 560/14, abzuändern und den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 7.610,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 05.09.2015 zu zahlen.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Mit seiner Berufungserwiderung gem. Schriftsatz vom 09.09.2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 516 ff. d.A.), vertritt der Kläger die Ansicht, dass der Zulässigkeit der Widerklage die Rechtskraft es (ersten) erstinstanzlichen Urteils zwischen den Parteien vom 19.02.2015 entgegenstehe. Der Streitgegenstand sei unverändert. Einem Anspruch stehe auch die Ausschlussfrist in § 13 des Arbeitsvertrages entgegen. Wenn die Beklagte es ihm gestatte, private Gegenstände in das Fahrzeug einzubringen, sei ihr bewusst gewesen, dass dies mit der Anbringung von Bohrlöchern einhergehe. Der Schaden sei auch nicht substantiiert dargelegt worden. Die vom Arbeitsgericht aus Rechtsgründen vorgenommene Begrenzung der Haftung sei nicht zu beanstanden.

12

Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften wird ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Ihr steht gegen den Kläger kein Schadensersatzanspruch zu.

14

1. Der mit der Berufung weiter verfolgten Widerklage steht allerdings nicht die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz –Auswärtige Kammern Bad Kreuznach- vom 19.2.2015, Az. 6 Ca 560/14- entgegen. Der Streitgegenstand des genannten Verfahrens und des vorliegenden Verfahrens ist nicht identisch. Nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den konkret gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt (vgl. nur BAG 18.5.2016 -7 ABR 81/13-, juris, Rz. 14 mwN.). Vorliegend hat sich der Lebenssachverhalt dadurch geändert, dass dem Kläger nach Verkündung des Berufungsurteils vom 17.7.2015 (Az. 1 Sa 182/15) eine Nachfrist zur Beseitigung der Schäden im Führerhaus gesetzt wurde.

15

2. Ein Anspruch der Beklagten auf Schadensersatz nach § 280 iVm. § 281 Abs. 2 BGB scheidet aber in Anwendung der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist nach § 13 des Arbeitsvertrages aus.

16

a) Durch den Ausbau der von ihm in das Führerhaus eingebauten Gegenstände nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger -wie im Berufungsurteil vom 17.7.2015 näher ausgeführt- das ihm nach der Vereinbarung der Parteien zustehende Wahlrecht ausgeübt. Er schuldete damit die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, also eine zunächst nicht auf Geld gerichtete Leistung.

17

b) Diesen Anspruch hat die Beklagte nicht innerhalb der in § 13 des Arbeitsvertrages vorgesehenen Ausschlussfrist von 2 Monaten nach Anspruchsentstehung geltend gemacht.

18

Der Anspruch entstand mit Ausübung des Wahlrechts, d.h. mit Ausbau der eingebauten Gegenstände. Der genaue Zeitpunkt des Ausbaus wird von den Parteien nicht mitgeteilt. Die Beklagte hat sich allerdings zur Begründung der Höhe ihrer Forderung auf den Kostenvoranschlag der Fa. S vom 15.05.2014 berufen, so dass zu diesem Zeitpunkt die Gegenstände vom Kläger bereits ausgebaut gewesen sein müssen. Ausgehend von diesem Datum ist nicht vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte die zweimonatige Ausschlussfrist gewahrt hätte. Ersichtlich ist lediglich die am 17.7.2014 erhobene Widerklage mit Zustellung an den Kläger am 21.7.2014, also nach Ablauf der Ausschlussfrist. Hinzu kommt, dass die Widerklage nicht auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, sondern unmittelbar auf Schadensersatz in Geld, mithin auf eine andere als die geschuldete Leistung gerichtet war.

19

c) Unerheblich ist, dass die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist in der Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung einer Inhaltskontrolle wegen der Kürze der Ausschlussfrist (vgl. etwa BAG 14.6.2016 -9 AZR 181/15-, juris, Rz. 31) nicht standhält. Auf die hierin liegende unangemessene Benachteiligung kann sich die Beklagte als Klauselverwender nicht mit Erfolg berufen. Die Inhaltskontrolle dient nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (z.B. BAG 27.10.2005 -8 AZR 3/05-, juris, Rz. 16 mwN.).

20

d) Unerheblich ist auch, dass dem Kläger durch die Beklagte nach Verkündung des Urteils im vorausgegangenen Berufungsverfahren eine Nachfrist zur Beseitigung der Schäden am Führerhaus des LKW gesetzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch auf Beseitigung der Schäden bereits nach § 13 Arbeitsvertrag verfallen und damit nicht mehr durchsetzbar. § 281 BGB erfordert aber einen zum Zeitpunkt der Nachfristsetzung bestehenden, durchsetzbaren Anspruch (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 281 BGB Rz. 8).

21

3. Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger habe einen seinerzeitigen gerichtlichen Vergleichsvorschlag abgelehnt unter Hinweis darauf, dass er die Schäden beseitigen wolle, kann dies in tatsächlicher Hinsicht dahinstehen. Zu diesem Zeitpunkt war der Ausspruch bereits verfallen. Ein hiervon unabhängiger Schuldgrund in Form eines Schuldanerkenntnisses scheitert bereits an der nicht gewahrten Schriftform, § 781 Abs. 1 Satz 1 BGB.

22

4. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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Annotations

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.