Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Mai 2013 - 5 Sa 283/12

published on 14/05/2013 00:00
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Mai 2013 - 5 Sa 283/12
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Gericht

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 25.10.2012 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 98 Prozent und die Beklagte zu 2 Prozent.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt 28.768,00 Euro wegen sittenwidrig niedrigen Entgelts nebst Zinsen. Andere Teile des Rechtsstreits sind verglichen bzw. in der zweiten Instanz nicht angegriffen.

2

Zwischen den Parteien bestand vom 01.12.2009 bis 30.04.2012 ein Arbeitsverhältnis. Der Beklagte betreibt eine Werkstatt und einen Abschleppdienst. Im Rahmen des Abschleppdienstes ist er verpflichtet, typischerweise in einer halben Stunde nach Anruf am Unfallort zu sein. Er verkauft gebrauchte Autoteile. Der Kläger hat außer dem Lkw-Führerschein keine für den Beklagten nützliche Berufsausbildung.

3

Im Arbeitsvertrag des Klägers vom 24.11.2009 heißt es auszugsweise (Blatt 7 – 11):

4

„§ 1
Inhalt, Beginn des Arbeitsverhältnisses

5

1. Herr A. tritt ab 01.12.2009 als Fahrer für den Abschleppdienst und Pannenhelfer in die Dienste der Firma Autoservice S..

6

2. Das Arbeitsverhältnis wird unbefristet geschlossen mit einer Probezeit von 6 (sechs) Monaten.

7

3. Die Verwendung des Arbeitnehmers richtet sich im Rahmen des Direktionsrechts nach den betrieblichen Bedürfnissen des Arbeitgebers. Das unbeachtet des Direktionsrechts auszuübende Tätigkeitsgebiet ergibt sich aus der Stellenbeschreibung.

8

9

§ 2
Arbeitsentgelt

10

1. Der Arbeitnehmer erhält eine Nettovergütung in Höhe von 1.000,00 € monatlich in der bereits 30 Einsätze/Monat (außerhalb der normalen Arbeitszeit) enthalten sind. Not- und Bereitschaftsdienst wird nicht gesondert vergütet.

11

Außerdem erhält der Arbeitnehmer eine Zulage für zusätzliche Einsätze während der Bereitschaftszeit:

12

- Pannenhilfe PKW 10€/Brutto/Auftrag
 - Abschleppen PKW 10€/Brutto/Stunde

13

2. Die Zulage ist jederzeit frei widerruflich und kann bei Tariflohn- und Ortsklassenänderungen aufgerechnet werden. Auch bei mehrmaliger Zahlung durch den Arbeitgeber erwirbt der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Zahlung der Zulage.

14

3. Die Zahlung des Arbeitsentgelts erfolgt bis zum 10. des Folgemonats der Beschäftigung. Evtl. anfallende Zulagen werden am 10. des darauf folgenden Monats auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen. Die Lohnabrechnung wird ebenfalls zum 10. ausgehändigt.

15

16

§ 3
Urlaub

17

Nach Ablauf der Probezeit beträgt der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers 24 Tage. Dabei umfasst die Woche 5 Arbeitstage.

18

19

§ 9
Besondere Vereinbarungen

20

1. Der unterzeichnende Arbeitnehmer erklärt sich unwiderruflich bereit im Wechsel mit den anderen Kollegen der Werkstatt die Ruf-Bereitschaft und den damit anfallenden Not-Dienst aufrecht zu erhalten.

21

2. Der Dienstplan für die Ruf-Bereitschaft und der damit anfallende Notdienst wird von der Geschäftsleitung erstellt.

22

Änderungswünsche des Dienstplanes bedürfen der Genehmigung der Geschäftsleitung.

23

3. Der während der Ruf-Bereitschaft für den Pannen- und Abschlepp-Dienst und die KFZ-Werkstatt anfallenden Not-Dienst umfasst auch die Verpflichtung Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertags-Arbeit zu leisten.

24

4. Sollte ein Mitarbeiter während der Ruf-Bereitschaft, egal aus welchen Gründen, ausfallen, tritt automatisch derjenige an seine Stelle, der lt. Aufgestelltem Dienstplan als nächstes an der Reihe wäre. Ist dieser Mitarbeiter nicht erreichbar, übernimmt der nächstfolgende die Bereitschaft usw. Es muss auf jeden Fall durch Absprache aller Mitarbeiter gewährleistet sein, dass außerhalb der normalen Arbeitszeit immer Mitarbeiter für den zu leistenden Not-Dienst innerhalb der Ruf-Bereitschaft zur Verfügung stehen.

25

5. Weigert sich ein Mitarbeiter die Ruf-Bereitschaft bzw. den Not-Dienst zu übernehmen, ist der Arbeitgeber berechtigt, dass Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen.

26

6. Vor Beginn der Ruf-Bereitschaft und innerhalb dieser Zeit, während des Not-Dienstes sowie während der normalen Arbeitszeit, ist der Genuss von Alkohol und anderer berauschender Mittel generell untersagt. Zuwiderhandlungen berechtigen den Arbeitgeber ohne Abmahnung zu sofortiger fristloser Kündigung.

27

7. Für die Übernahme der Ruf-Bereitschaft wird ein Pauschal-Entgelt bezahlt, dessen Höhe frei vom Arbeitgeber festgesetzt wird. Zur Frage des Rechtsanspruches einer solchen Vergütung wird auf § 2 Abs. 2 dieses Vertrages verwiesen.

28

8. Auf Verlangen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers müssen angefallene Überstunden und deren Zuschläge als Freizeit genommen werden (siehe § 3 des Manteltarifvertrages). Eine abweichende Regelung muss schriftlich vereinbart werden.

29

30

10. Bedingung für die Einstellung ist der Besitz des Führerscheines Klasse CE.

31

32

11. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, auf Verlangen des Arbeitgebers, einen Doppel-Telefonanschluss zu unterhalten, um während der Ruf- Bereitschaft immer erreichbar zu sein.

33

34

§ 12
Erlöschen von Ansprüchen

35

Ansprüche aus diesem Vertrag und aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von drei Wochen nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erhoben sowie innerhalb von weiteren 3 Wochen, also insgesamt 6 Wochen nach dem Ausscheiden, klageweise geltend gemacht werden.

36

§ 13
Salvatorische Klausel

37

Sollten Bestimmungen dieses Vertrages oder eine künftig aufgenommene Bestimmung ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrages nicht berührt. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmungen soll eine angemessene Regelung vereinbart werden, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen bzw. undurchführbaren Bestimmung und der in ihr zum Ausdruck kommenden Interessenbewerbung möglichst nahe kommt.

38

39

§ 16
Zusatzvereinbarungen

40

Es wird weiterhin vereinbart, dass der Arbeitnehmer jede 2. Woche den Nachtbereitschafts-Notdienst übernimmt. Ist genügend anderes einsatzfähiges Personal vorhanden, verringert sich diese Einsatzzeit entsprechend.

41

Stellenbeschreibung

42

Auszuführende Arbeiten werden u. a. sein: Transport von Stückgut, Bergung, Abschleppen, Transport, Sicherstellung und die Reparatur von Kraftfahrzeugen, Kundenservice, Gebrauchtwagenverkauf, Werkstattpflege, Fahrzeugpflege, weitere Einsatzbereiche nach Absprache mit dem Arbeitnehmer möglich.“

43

Die regelmäßigen Arbeitszeiten des Klägers waren von Montag bis Freitag von etwa 07:00 Uhr bis 15:30 Uhr. Dabei fuhr der Kläger in normalen Wochen zwei bis drei Einsätze in der regelmäßigen Arbeitszeit, bei schlechteren Witterungsverhältnissen teilweise nonstop (Blatt 179). Im Rest der regulären Arbeitszeit beschäftigte sich der Kläger mit dem Reinigen des ihm zugewiesenen Abschleppfahrzeugs und mit dem Verkauf von Gegenständen im Internet. Der Beklagte konnte nach eigenen Angaben den Kläger nicht auslasten. Wegen der Einsätze außerhalb der regulären Arbeitszeit wird auf die zusammenfassende Darstellung zu Kläger- und Beklagten-Vortrag im Schriftsatz vom 28.09.2012, Blatt 91 – 92 der Akte, verwiesen. Danach kam es laut Klägervortag von Dezember 2009 bis März 2012 zu 516 Stunden Einsatzzeit und laut Beklagtenvortrag zu 325,80 Stunden, monatlich also zu 18,45 oder 11,64 Zusatzstunden. Im letzten Quartal 2011 hatte der Kläger Bereitschaftszeit vom 3.10. – 18.10., 24.10. – 06.11., 14.11. – 27.11., 05.12. – 18.12. und 26.12. – 31.12.2011, was exemplarisch ist.

44

Der Kläger erhielt monatlich 1.000,00 Euro netto, was 1.300,00 Euro brutto entspricht, und keine zusätzlichen Zahlungen für Abschleppdienste außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit.

45

Die Parteien haben in der ersten Instanz statistisches Material zur Bezahlung von Fahrern und Kfz-Werkstatt-Mitarbeitern zur Akte gereicht. Wegen der näheren Einzelheiten wird verwiesen auf Blatt 52, 75 – 79 der Akte. Danach verdiente ein Kfz-Führer in Mecklenburg-Vorpommern im Jahre 2006 durchschnittlich 21.931,00 Euro im Jahr, ein Transporte-Geräte-Führer 23.890,00 Euro im Jahr und ein Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe durchschnittlich 19.309,00 Euro im Jahr.

46

Der Kläger hat mit am 20.08.2012 zugestellter Klagerweiterung Zahlungsansprüche geltend gemacht. Wegen der näheren Einzelheiten von Höhe, Zusammensetzung und Begründung der Zahlungsansprüche wird auf den Schriftsatz vom 17.08.2012, Blatt 47 – 60 der Akte verwiesen.

47

Der Kläger hat vorgetragen, das an ihn gezahlte Entgelt möge bezogen auf eine 40-Stunden-Woche noch nicht als sittenwidrig anzusehen sein, in Zusammenschau mit den zu leistenden Bereitschafts- und Einsatzzeiten außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeit erscheine die vereinbarte Vergütung jedoch deutlich zu niedrig und wäre eine Bezahlung in Höhe von 1.992,00 Euro brutto im Monat, wie der Klagerweiterung zu Grunde gelegt, angemessen.

48

Der Kläger hat beantragt:

1.

49

Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 26.03.2012 nicht zum 30.04.2012 aufgelöst ist.

2.

50

Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch sonstige Kündigungen beendet worden ist und ungekündigt fortbesteht.

51

Hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit vorgenanntem Hauptantrag ergänzend,

3.

52

Den Beklagten zu verurteilen, den Kläger über den 30.04.2012 hinaus für die Dauer des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 24.11.2009 weiter zu beschäftigen.

4.

53

Den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Arbeitsentgelt in Höhe von 57.769,00 € brutto abzüglich gezahlter 27.000,00 € brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

54

Hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit den Klageanträgen zu Ziffer 1. und 2.,

5.

55

Den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.011,34 € brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6.

56

Den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 26,45 € brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

57

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

58

Er hat vorgetragen, das Entgelt des Klägers halte sich im Rahmen des Üblichen. Üblich sei ein Gesellenlohn im Bereich der mechanischen Reparatur- und Wartungsarbeiten in Höhe von 9,88 Euro die Stunde, wobei beim Kläger wegen fehlender Ausbildung 25 Prozent abzuziehen seien. Als Vergleich könnten auch die eingereichten Durchschnitts-Brutto-Monatsbezüge für Mitarbeiter im Bereich Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen in den Leistungsgruppen 4 oder 5 zu Grunde gelegt werden, wobei wegen der ländlichen Struktur ein Abzug von 20 Prozent vorzunehmen sei. Danach seien maßgebliche Entgelte zwischen 1.647,00 Euro bis 1.840,00 Euro im Monat (Blatt 73, 75 – 79). Die Klage scheitere daran, dass dem Beklagten eine besondere Verwerflichkeit bei der Bezahlung nicht vorzuwerfen sei.

59

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 2.000,00 Euro netto wegen Nachzahlung von zwei Nettomonatsentgelten sowie in Höhe von 26,45 Euro Telefonkosten, jeweils nebst Zinsen, stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zur üblichen Bezahlung zu wenig vorgetragen. Die eingereichten Statistiken seien dazu ungeeignet. Wegen der näheren Einzelheiten des Urteils wird auf Blatt 108 – 125 der Akte verwiesen.

60

Der Kläger hat gegen das ihm am 22.11.2012 zugestellte Urteil (Blatt 127) mit am 29.11.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt und um Fristverlängerung für die Berufungsbegründung bis 22.02.2013 gebeten. Nach antragsgemäßer Fristverlängerung ist die Berufungsbegründung am 22.02.2013 bei Gericht eingegangen. Danach wehrt der Kläger sich gegen die Klagabweisung hinsichtlich der Zahlungsanträge. Er reicht neue Statistiken zur Bezahlung zur Akte. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Anlage BK 1, Blatt 160 der Akte, verwiesen. Zur Urlaubsabgeltung haben die Parteien sich verglichen.

61

Der Kläger behauptet, bei einer 40-Stunden-Woche wäre ein Bruttomonatsentgelt von 1.952,00 Euro ortsüblich, was durch Sachverständigengutachten und die eingereichten Unterlagen bewiesen werden könne. Er ist der Ansicht, in einer Zusammenschau der ganz erheblichen Arbeitszeiten einschließlich der Bereitschaftszeiten ergebe sich ein krasses Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Geld. Ergänzend wird wegen des Vortrags des Klägers in der zweiten Instanz auf den Schriftsatz vom 22.02.2013, Blatt 155 – 160 der Akte, verwiesen.

62

Der Kläger legt in der letzten mündlichen Verhandlung zwei Kalenderblätter für 2011 und 2012 zur Einsicht vor und reicht diese ohne Doppel zur Akte. Er erläutert, daraus ergebe sich, dass er in den genannten Jahren mindestens die Hälfte der Zeit zur Bereitschaft eingeteilt gewesen sei. In der Zeit davor sei der Grad der Einteilung sogar noch höher gewesen.

63

Der Kläger beantragt (Blatt 179, 155):

1.

64

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 25.10.2012 – 6 Ca 640/12 – wird der Beklagte über den Betrag von 2.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2012 und weiterer 26,45 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2012 hinaus weiter verurteilt,

65

den Kläger weiteres Arbeitsentgelt in Höhe von 57.768,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 27.000,00 Euro netto und bereits durch Urteil zuerkannter 2.000,00 Euro netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2012 zu zahlen.

2.

66

Die Revision gegen ein die Berufung ganz oder teilweise zurückweisendes Urteil wird zugelassen.

67

Der Beklagte beantragt (Blatt 180, 148), die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

68

Der Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil, soweit entscheidungserheblich, für zutreffend und verweist auf den eigenen erstinstanzlichen Vortrag. Er behauptet es sei üblich, dass eine in privater Umgebung verbrachte Bereitschaftszeit nicht gesondert vergütet werde. Er ist der Ansicht, der Kläger habe zu den Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit nicht vorgetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beklagten in der zweiten Instanz wird auf den Schriftsatz vom 11.03.2013, Blatt 164 – 168 der Akte, verwiesen.

69

Der Beklagte erklärt in der Verhandlung vom 14. Mai 2013, ihm sei eine Stellungnahme zu den Kalenderblättern nicht möglich.

Entscheidungsgründe

70

Die Berufung hat keinen Erfolg.

I.

71

Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, fristgerecht begründet und hinreichend begründet. Der Kläger hat mit dem neu eingereichten statistischen Material der erstinstanzlichen Entscheidung möglicherweise entgegenstehende Umstände vorgetragen.

II.

72

Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist, soweit noch zur Entscheidung anstehend, unbegründet. Kläger hat auch unter Zugrundelegung des neuen Vortrags keinen Anspruch auf ergänzende Entgeltzahlung wegen sittenwidrig niedrigen Entgelts nach §§ 612, 138 BGB. Damit entfällt zugleich der Zinsanspruch.

1.

73

Die Klage ist nicht schon unbegründet wegen Nichteinhaltung der Ausschlussfrist in § 12 des Arbeitsvertrages. Es handelt sich um einen vorformulierten Vertrag nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, so dass sich eventuelle Ausschlussfristen nach § 307 Abs. 1 BGB an Treu und Glauben messen lassen müssen. Nach der Rechtsprechung sind danach Ausschlussfristen, die kürzer als drei Monate sind, unwirksam (Preis in Erf. Kommentar, 13. Auflage, 2013, § 194 BGB, Rz. 34, 46). So liegt es hier.

2.

74

Die Klage ist nicht schon unbegründet, weil der Kläger an Stelle einer Klage wegen Sittenwidrigkeit das vereinbarte Entgelt hätte einklagen müssen (wie dies zwischenzeitlich erfolgte, Bl. 49 d.A., Schreiben 17.08.2012 Seite 3).

a)

75

Nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrages unter Außerachtlassung von § 2 Abs. 2 und § 9 Abs. 7 Satz 2 besteht ein derartiger Anspruch nicht, jedenfalls nicht in größerem Umfang. Nach § 2 Abs. 1 werden nur über die Zahl 30 hinausgehende Einsätze im Monat außer der normalen Arbeitszeit vergütet. Weitere Not- und Bereitschaftsdienste werden nicht gesondert vergütet. Auf mehr als 30 Einsätze im Monat kommt der Kläger, wenn überhaupt, dann nur sehr ausnahmsweise.

b)

76

§ 2 Abs. 2 und § 9 Abs. 7 Satz 2 des Arbeitsvertrages sind unwirksam, § 308 Nr. 4 BGB.

c)

77

Im Übrigen ist der Arbeitsvertrag, soweit hier von Interesse, wirksam.

78

Er ist hinsichtlich der Höhe der Bezahlung nicht wegen Unklarheit nach § 305 Abs. 2 BGB unwirksam oder anders als nach dem Wortlaut auszulegen. Es ist klar, wie viele Einsätze außerhalb der Kernarbeitszeit mit dem Grundentgelt abgegolten sind. Es ist klar, wie die darüber hinausgehenden Einsätze zu vergüten sind.

79

Die Höhe des Entgeltes ist nicht an § 307 Abs. 1 BGB zu messen, sondern nur an § 138 BGB, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen steht den Vertragsparteien bei der Vereinbarung des Verhältnisses von Leistung zu Gegenleistung eine sehr weite Vertragsfreiheit zur Seite. Zum anderen fehlen Gerichten typischerweise die wirtschaftlichen Kenntnisse, um eine im Einzelnen sachgerechte Bezahlung zwischen sittenwidrig nach § 138 BGB und üblich nach § 612 BGB zu ermitteln (Preis in Erf. Kommentar, 13. A. 2013, §§ 305 ff. BGB, Rz. 36 f., 39; BAG v. 16.05.2012 – 5 AZR 331/11, juris Rz. 24 f. m.w.N.).

3.

80

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung wegen sittenwidrig niedrigen Entgelts nach §§ 612, 138 BGB.

a)

81

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Entgeltvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein, wenn das gezahlte Entgelt nicht zwei Drittel des üblichen Entgeltes erreicht. Dabei kann das tarifliche Entgelt als übliches Entgelt zu Grunde gelegt werden, wenn in einem Wirtschaftsgebiet mehr als 50 Prozent der Arbeitnehmer tariflich bezahlt werden. Weiterhin muss eine verwerfliche Gesinnung entweder vorliegen oder auf Grund der Umstände zu vermuten sein. Wenn das gezahlte Entgelt nicht die Hälfte des üblichen Entgeltes erreicht, dann wird die verwerfliche Gesinnung auf Grund der Umstände vermutet (Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage 2011, § 34, Rz. 7, 11; Preis in Erf. Kommentar, a. a. O., § 612 BGB, Rz. 3; beide m. w. N.; BAG vom 22.04.2009 – 5 AZR 436/08, juris Rz. 17 – 20, 27 f.; BAG vom 16.05.2012 – 5 AZR 268/11, juris Rz. 30 - 32, 36 - 38; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 02.11.2010 – 5 Sa 91/10, juris Rz. 44 – 46, 49 - 55, 106; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 17.04.2012 – 5 Sa 194/11, juris Rz. 25 - 27). Bei Sittenwidrigkeit ist das übliche Entgelt zu zahlen.

82

Es kommt nicht darauf an, ob weiterhin eine absolute Lohnuntergrenze besteht, ab derer eine Sittenwidrigkeit vorliegt (vgl. Linck, a. a. O., Rz. 12 a). So wenig verdiente der Kläger nicht.

b)

83

Vorliegend ist Maßstab eine Bezahlung von zumindest 50 Prozent unter Wert.

84

Dem Beklagten ist keine besonders verwerfliche Gesinnung im Sinne des Lohnwuchers nach § 138 Abs. 2 BGB vorzuwerfen. Der Wuchertatbestand nach § 138 Abs. 2 BGB setzt in subjektiver Hinsicht zwingend voraus, dass der Wucherer die beim anderen Teil bestehende Schwächesituation ausbeutet. In Betracht kommen nach dem Gesetz zum Beispiel Zwangslage, Unerfahrenheit oder erhebliche Willensschwäche. Ausbeuten bedeutet, dass der Wucherer die Schwächesituation verwendet, um sich ein ihm bekanntes Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen zu Nutze zu machen. Eine derartige Situation liegt nicht vor. Es erscheint denkbar, dass nicht nur für den Kläger das Austauschverhältnis schwierig war, sondern für den Beklagten auch.

85

Damit kommt nur ein wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB in Betracht. Das ist dann der Fall, wenn in objektiver Hinsicht ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und subjektiv weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten. Bei einem besonders krassen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung muss nach der oben dargestellten Rechtsprechung angenommen werden, dass der Begünstigte sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschloss, es liege ein solches Missverhältnis vor. Ein besonders krasses Missverhältnis liegt nach der dargestellten Rechtsprechung vor, wenn zumindest 50 Prozent unter Wert bezahlt wurde.

c)

86

Eine Sittenwidrigkeit liegt danach vor, wenn das übliche Entgelt in der Größenordnung von 2.600,00 Euro brutto im Monat oder bei 31.200,00 Euro brutto läge, also doppelt so hoch wie das auf der Grundlage des unstreitigen Nettoentgeltes von 1.000,00 Euro geschätzte tatsächliche Bruttomonatsentgelt von 1.300,00 Euro oder Bruttojahresentgelt von 31.200,00 Euro. Das ist nicht der Fall.

87

Üblich wäre ein Bruttojahresentgelt von 21.931,00 Euro und damit ein Bruttomonatsentgelt von 1.828,00 Euro für geleistete Arbeit zwischen 40 und 48 Stunden in der Woche, wobei eine Schätzunsicherheit von 783,00 Euro im Jahr bzw. 62,25 Euro im Monat abzuziehen ist, so dass sich 21.148,00 Euro bzw. 1.765,75 Euro ergeben. Der Kläger liegt mit geschätzten 187 Stunden geleisteter Arbeit im Monat (einschließlich Einsätze außerhalb der Kernarbeitszeit) in diesem Rahmen.

88

Das übliche durchschnittliche Entgelt ist wegen der Bereitschaftszeiten nach Schätzung des Gericht zu erhöhen auf Beträge zwischen 1.992,00 Euro und 2.283,61 Euro brutto im Monat, also 23.904,00 Euro bis 27.403,32 Euro brutto im Jahr. Es lag im Dezember 2011 bei 2.446,15 Euro brutto.

89

Diese Summen liegen deutlich unter den maßgeblichen 2.600,00 Euro brutto im Monat oder 31.200,00 Euro brutto im Jahr.

d)

90

Wird die übliche Vergütung - wie vorliegend - nicht durch ein einschlägiges Tarifwerk abgebildet, muss das Gericht die übliche Vergütung unter Verwertung aller geeigneter Erkenntnisquellen schätzen und hat gegebenenfalls verbleibende Schätzunsicherheiten durch einen Schätzabschlag zu Gunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen (LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 17.04.2012 – 5 Sa 194/11 -, juris Rz. 31 u. 34). Es können die vom statistischen Landesamt veröffentlichten Vergleichentgelte zu Grunde gelegt werden (LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 02.11.2010 – 5 Sa 91/10 -, juris Rz. 56), hier konkret die Anlage BK 1.

91

Als Vergleichsmaßstab können die Entgelte für Kraftfahrer ohne Transporttätigkeiten herangezogen werden. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers liegt zwar nicht zeitlich, aber inhaltlich im Abschleppen von Fahrzeugen, wobei als Annextätigkeit die Fahrzeugreinigung mit dazu gehört. Es kann offen bleiben, ob abweichende Tätigkeiten wie Reparieren im Rahmen der Pannenhilfe oder Internetverkauf zeitlich mehr als die Hälfte der Tätigkeit des Klägers ausmachen. Die Abschlepptätigkeit steht m Vordergrund. Im Übrigen würde der Kläger bei Maßgeblichkeit von Pannenhilfe oder Internetverkauf nicht besser stehen, da er für beide Tätigkeiten nicht ausgebildet ist und insoweit daher als Hilfsarbeiter anzusehen wäre.

92

Der Kläger ist von seinem Tätigkeitsfeld einem Kraftfahrer ohne Transporttätigkeiten näherliegend als einem Kraftfahrer mit Transporttätigkeiten. Typisch für Kraftfahrer mit Transporttätigkeiten ist eine fast ununterbrochene Fahrtätigkeit, unterbrochen nur vom Be- und Entladen und vom Tanken. Typisch für den Kraftfahrer ohne Transporttätigkeiten ist ein relativ hoher Anteil von Wartezeiten. Nach diesen Maßstäben ist der Kläger näherliegend am Kraftfahrer ohne Transporttätigkeiten, auch wenn er teilweise ein defektes Fahrzeug transportierte. Das erfolgte dann typischerweise die Hälfte der Strecke.

93

Die Angaben des Klägers unter Verweis auf die Zahlen des statistischen Landesamtes zu einem typischen Bruttojahresverdienst für Kraftfahrer ohne Transporttätigkeiten, nämlich 21.931,00 Euro brutto, also 1.828,00 Euro im Monat, können zu Grunde gelegt werden. Als Schätzunsicherheit ist der Anteil der Sonderzahlungen, nämlich 783,00 Euro im Jahr, abzuziehen. Es ist unklar, ob die Sonderzahlungen besondere Ursachen wie jahrelange Betriebszugehörigkeit oder besonders gute oder umfangreiche Arbeit oder besonders gute Finanzlage des Unternehmens haben.

94

Die Arbeitszeit des Klägers, bestehend aus regulärer Arbeitszeit und Zusatzfahrten außerhalb der regulären Arbeitszeit, liegt nicht höher als die eines typischen Kraftfahrers. Die Arbeitszeit eines typischen Kraftfahrers liegt oberhalb von 40 Stunden die Woche, häufig bei 48 Stunden die Woche, teilweise sogar darüber, wie Tarifverträge zeigen (vgl. § 3 KraftfahrerTV Bund, Fassung 27.02.2010, veröffentlicht u. a. www.bmi.bund.de).

e)

95

Die Tätigkeit des Klägers ist nicht geringer zu bewerten wegen fehlender Ausbildung. Der Kläger hat einen Lkw-Führerschein, wohl Klasse CE (siehe § 9 Abs. 10 des Arbeitsvertrages). Damit hat er eine Berufsausbildung für Kraftfahrer. Die Tätigkeit des Klägers ist nicht geringer zu bewerten wegen eventuell teilweise ausgeübter Hilfstätigkeiten oder eventueller Wartezeiten. Wartezeiten sind bei einem Kraftfahrer ohne Transportmöglichkeiten normal. Es ist das unternehmerische Risiko des Beklagten, den Kläger sinnvoll oder nur mit Hilfstätigkeiten einsetzen zu können.

f)

96

Die Tätigkeit des Klägers ist höher zu bewerten wegen der umfangreichen Bereitschaftsdienstzeiten.

97

Beim Kläger fielen Zeiten des Bereitschaftsdienstes an. Bereitschaftsdienst sind Zeiten, bei denen ein Arbeitnehmer sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten hat, im Gegensatz zu Rufbereitschaft, bei der dem Arbeitnehmer ein weiter Kreis von Aufenthaltsorten erlaubt ist (vgl. § 7 Abs. 2 und 3 TVöD; § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG; Linck in Schaub, § 45, Rz. 57, 59). Der Wortlaut des Arbeitsvertrages spricht zwar für Rufbereitschaft und eine Erlaubnis an den Kläger, sich an verschiedenen Orten aufzuhalten. Aus § 9 Abs. 11 Satz 1 des Arbeitsvertrages ergibt sich aber eine grundsätzliche Pflicht, sich während der Bereitschaft zu Hause aufzuhalten. Damit handelt es sich um Bereitschaftsdienst. Es erübrigt sich zu prüfen, ob es sich um einen Grenzfall handelt. In Zweifelsfällen würde nach § 305 c Abs. 2 BGB die für den Kläger günstigere Variante gelten, was hier Bereitschaftsdienst ist. Letztlich kommt es für die Entscheidung auf die Abgrenzung nicht an.

98

Die Bereitschaftsdienstzeiten sind Wert erhöhend. Sie führen zu ganz erheblichen Einschränkungen des Privatlebens des Klägers. Ein derartiger Umstand wird normalerweise vergütet (Linck in Schaub, a.a.O., § 45, Rz. 58, 59b). Erhebliche Bereitschaftszeiten ohne finanzielle Berücksichtigung des Verlustes an Freizeit können sittenwidrig sein (BAG 28.01.2004 – 5 AZR 530/02 -, juris Rz. 42).

g)

99

Die Bereitschaftszeiten des Klägers sind umfangreich.

100

Die Kammer geht nach derzeitigem Stand davon aus, dass der Kläger die Hälfte des Monats für Bereitschaftszeiten eingeteilt war. Seinen (zugegebenermaßen pauschalen) entsprechenden mündlichen Angaben in der letzten mündlichen Verhandlung ist der Beklagte nicht mit den erforderlichen Einzelheiten entgegengetreten (§ 138 ZPO). Dafür sprechen die Bereitschaftszeiten im 4. Quartal 2011, die 9 von 12 Wochen betreffen. Der Beklagte kann den Umfang der Bereitschaftszeiten mutmaßlich zumindest grob selbst beurteilen, hat also Wissen. Soweit der Kläger pauschal für die Vergangenheit und konkret für 2011 und 2012 mehr als hälftige Bereitschaftszeiten vorträgt, ist der Vortrag für die Jahre 2009 und 2010 zu pauschal und für die Jahre 2011 und 2012 mit Ausnahme des 4. Quartals deswegen nicht zu berücksichtigen, weil der Kläger die entsprechenden Einzelheiten zu spät und nicht mit dem erforderlichen Doppel (§ 133 ZPO) vortrug. Eine Zurückweisung wegen Verspätung findet allein deswegen nicht statt, weil es auf diesen ergänzenden Vortrag nicht ankommt. Auch bei 75 % der Wochen Bereitschaftszeit ergäbe sich nichts Abweichendes.

h)

101

Vorliegend erscheint eine Bezahlung pro Bereitschaftsstunde mit 20 Prozent des normalen Stundenentgelts angemessen, was die unter II. 3 c) genannten Zahlen ergibt.

102

Die Parteien haben zweitinstanzlich nicht vorgetragen, wie Bereitschaftszeiten auf dem Arbeitsmarkt Wert erhöhend gewichtet werden.

103

Nach dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers ist ein Gesamtbruttomonatsentgelt von 1992 € unter Mitberücksichtigung von Bereitschaftszeiten angemessen. Aus im Folgenden noch darzustellenden Gründen ist diese Schätzung vertretbar.

104

Das Bundesarbeitsgericht hat eine Regelung für nicht sittenwidrig gehalten, bei der für Bereitschaftszeiten im Krankenhaus etwa 68 % der Vergütung für normale Arbeitszeit gezahlt wurde, bei (damit mit abgegoltenen Tätigkeiten) in unter der Hälfte der Bereitschaftszeit (BAG vom 28.01.2004 – 5 AZR 530/02 -, Rz. 42 f.). Der vorliegende Fall ist anders gelagert, weil es nur um die Vergütung für nicht geleistete Arbeit geht, die im Wesentlichen an dem Wert des Freizeitverlustes zu messen ist. Die Fahrten sind bereits an anderer Stelle berücksichtigt. Es geht um den Geldwert der Einschränkung der persönlichen Freiheit mit der damit einhergehenden Senkung der Lebensfreude.

105

Tarifverträge zu Abschleppdiensten sind dem Gericht nicht bekannt. Es bietet sich an, sich an die bekanntlich gerichtsbekannten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anzulehnen. Bereitschaftszeiten mit Anwesenheitspflicht am Betriebssitz werden dort teilweise mit grob 50 Prozent der normalen Arbeitsleistung bewertet (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 a) TVöD). Rufbereitschaft wird im öffentlichen Dienst häufig zwischen 17 % und 12,5 % des tariflichen Entgelts abgegolten (§ 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 und Satz 9 TVöD; zur Abgrenzung Linck in Schaub, a.a.O., § 184, Rz. 31).

106

Angemessen ist ein niedrigerer Wert als die Mitte zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst. Die Bereitschaftszeiten des Klägers liegen sehr nah an der Rufbereitschaft, weil er sich zu Hause aufhalten darf, dem Ort, den er bei Rufbereitschaft mutmaßlich in der Regel gewählt hätte. Der Kläger kommt typischerweise zu seinem vollen Nachtschlaf. Der Wert ist höher anzusetzen als bei Rufbereitschaft, weil der Kläger stärker örtlich gebunden ist als bei normaler Rufbereitschaft. Danach sind geschätzt 20 Prozent angemessen. Dabei ist ein Schätzunsicherheitsabschlag bereits berücksichtigt. Wäre die Tätigkeit des Klägers als Rufbereitschaft einzuordnen, so wären geschätzt 15 bis 20 Prozent angemessen.

107

Bei den folgenden Berechnungen wird ausgegangen von geschätzten 259 bis 274 Bereitschaftsstunden im Monat und geschätzten 187 Arbeitsstunden im Monat, davon 15 außerhalb der regulären Arbeitszeit. Bei einer 40 Stundenwoche sind 172 Stunden im Monat denkbar. Die Mehrarbeitsstunden pro Monat liegen nach Vortrag des Klägers bei 18,45 im Monat und nach Vortrag des Beklagten bei 11,64 im Monat. Das Gericht nimmt für folgende Berechnungen 15 Stunden im Monat an, was unter Berücksichtigung der dem Kläger obliegenden Darlegungslast am oberen Rand des Vertretbaren liegen dürfte. Bei hälftigem Bereitschaftsdienst ergeben sich geschätzt 259 Bereitschaftsstunden ohne Arbeitsleistung im Monat [(720 – 172)/2 – 15] oder 274 Bereitschaftsstunden einschließlich der gearbeiteten Stunden.

108

Das Vergleichstundenentgelt liegt bei Teilung des Normalmonatsentgelts durch die durchschnittlich vom Kläger geleisteten Stunden bei 9,44 Euro brutto (1765,75 Euro ./. 187), das angemessene Entgelt für Bereitschaftsdienststunden bei 1,89 Euro (9,44 Euro x 20 Prozent). Bei zu berücksichtigenden 259 Bereitschaftsstunden erhöht sich das Vergleichentgelt um 489,51 Euro, bei 274 Bereitschaftsstunden sind es 517, 86 Euro. Es ergeben sich also Vergleichentgelte von 2.255,26 Euro bzw. 2.283,61 Euro. Im Dezember 2011 fielen 360 Bereitschaftsstunden einschließlich der gearbeiteten Stunden in der Bereitschaftszeit an [(20 x 24) – (3 x 40)]. Das Vergleichsentgelt erhöht sich um 680,40 Euro auf 2.446,15 Euro.

109

Eventuelle Schätzungenauigkeiten sind für den Ausgang des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Es würde sich nicht anderes ergeben, wenn 75 % der Wochen Bereitschaftszeit wären, was 396 oder 411 Bereitschaftsstunden im Monat ergäbe. Damit ergäbe sich maximal ein zusätzliches Entgelt von 748,44 Euro und damit 2.514,19 Euro insgesamt. Bei Rufbereitschaft und Berücksichtigung eines Schätzabschlags auf 15 Prozent käme man auf 1,42 Euro pro Stunde Rufbereitschaft (9,44 Euro x 15 Prozent). Das ändert das Ergebnis [oben II. 3. c)] nicht entscheidend.

110

Die erstinstanzliche Schätzung des Kläger erscheint vertretbar, wenn man von 1.300,00 Euro brutto als Basisentgelt ausgeht und 517,86 Euro nach obiger Berechnung für Bereitschaftsstunden addiert. Dann käme man auf 1.817,86 Euro und bei leichter Erhöhung wegen sehr niedrigem Basisentgelts auf 1.992,00 Euro. Diese Schätzung erscheint vertretbar, wenn man bereit ist, als weiteren Umstand zu gewichten, dass der Kläger als ausgebildeter Kraftfahrer für den Beklagten deutlich schlechter einsetzbar ist als ein ausgebildeter Mechatroniker mit Kraftfahrzusatzausbildung, und zwar auch bei den Einsätzen, insbesondere aber in der einsatzfreien Regelarbeitszeit. Die Angemessenheit der Schätzung des Klägers kann offen bleiben. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es ohne Bedeutung, ob der erstinstanzlichen Schätzung des Klägers oder der Schätzung des Gerichts zu folgen ist.

III.

111

Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Es waren keine weiteren Hinweise nach § 139 ZPO erforderlich. Es ist nicht ersichtlich, wie weitere Erkenntnisse zum Marktwert einer in privater Umgebung verbrachten Bereitschaftszeit gewonnen werden können.

IV.

112

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO und berücksichtigt hinsichtlich des Vergleiches ein hälftiges Obsiegen beider Seiten (§ 98 ZPO).

V.

113

Die Revisionszulassung erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 72 ArbG. Es hat eine grundsätzliche Bedeutung, wie der Wert von Bereitschaftszeiten zu schätzen ist.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
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(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.

(2) Der Verjährung unterliegen nicht

1.
Ansprüche, die aus einem nicht verjährbaren Verbrechen erwachsen sind,
2.
Ansprüche aus einem familienrechtlichen Verhältnis, soweit sie auf die Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustands für die Zukunft oder auf die Einwilligung in die genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung gerichtet sind.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Die Parteien sollen den Schriftsätzen, die sie bei dem Gericht einreichen, die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften der Schriftsätze und deren Anlagen beifügen. Das gilt nicht für elektronisch übermittelte Dokumente sowie für Anlagen, die dem Gegner in Urschrift oder in Abschrift vorliegen.

(2) Im Falle der Zustellung von Anwalt zu Anwalt (§ 195) haben die Parteien sofort nach der Zustellung eine für das Prozessgericht bestimmte Abschrift ihrer vorbereitenden Schriftsätze und der Anlagen bei dem Gericht einzureichen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.