Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 01. Dez. 2009 - 5 Sa 102/09
Gericht
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten um die jährlich einmalig zu zahlende Sonderzuwendung gemäß § 12 Absatz 3 des Manteltarifvertrages für die Einzelhandel in Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Oktober 2003 (fortan: MTV Einzelhandel), die die beklagte Arbeitgeberin der Klägerin nur gekürzt zur Auszahlung gebracht hat.
- 2
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge des Einzelhandels Mecklenburg-Vorpommern kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Der Manteltarifvertrag mit der streitigen Regelung ist zwar gekündigt aber noch nicht durch eine neue Tarifregelung ersetzt.
- 3
Nach § 12 MTV Einzelhandel zahlt der Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer eine Sonderzuwendung in Höhe von 50 Prozent des dem Arbeitnehmer zustehenden Tarifgehaltes für den Monat November. Die Auszahlung erfolgt spätestens zum 30. November des laufenden Jahres. Die Sonderzuwendung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer am 1. Dezember des Jahres dem Unternehmen mindestens 1 Jahr angehört hat. Arbeitnehmer, die nach dem 13. Monat der Unternehmenszugehörigkeit ausscheiden, erhalten die Sonderzuwendung anteilig. § 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel enthält eine Möglichkeit der Kürzung bzw. des Wegfalls der Sonderzuwendung. Die Vorschrift lautet:
- 4
"Dieser Anspruch besteht nur für Zeiten, in denen ein Entgeltanspruch besteht.
- 5
Für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer nicht volle Monate tätig war, kann die tarifliche Sonderzuwendung um 1/12 gekürzt werden."
- 6
Die bereits langjährig bei der Beklagten in ihrem Möbelhaus bei S. als Verkäuferin beschäftigte Klägerin ist im Laufe des Jahres 2007 wegen Erkrankung ihres Kindes von Mittwoch 6. Juni 2007 bis einschließlich Freitag 15. Juni 2007 sowie am 3. Juli 2007 und 4. Juli 2007 (Dienstag und Mittwoch) von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit gewesen. Sie hat in dieser Zeit Krankengeld nach § 45 Sozialgesetzbuch V (SGB V) für zehn Arbeitstage bezogen.
- 7
Diese Ausfallzeit hat der Arbeitgeber zum Anlass genommen, die Sonderzuwendung für die Klägerin um 67,50 Euro brutto auf 680,00 Euro brutto zu kürzen.
- 8
Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 (Kopie Blatt 13 d. A., es wird Bezug genommen) verfolgt die Klägerin die Auszahlung der Differenz zur vollständigen Sonderzuwendung nunmehr klageweise.
- 9
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26. Januar 2009 in vollem Umfang entsprochen und die Beklagte daher zur Zahlung von 67,50 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Mindesthöhe seit dem 1. Dezember 2007 verurteilt. Außerdem hat das Arbeitsgericht den Streitwert auf 67,50 Euro festgesetzt und die Berufung zugelassen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.
- 10
Mit der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klagabweisung weiter.
- 11
Die Beklagte versteht § 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel als eine Regelung, die ihr die Kürzung der Sonderzuwendung auch bei kurzzeitigen Ausfallzeiten ermögliche. Die Beklagte akzeptiert, dass sie nach der bisher ergangenen Rechtsprechung des hiesigen Landesarbeitsgerichts bei Ausübung der Kürzungsmöglichkeit durch § 315 BGB an das billige Ermessen gebunden ist. Sie meint jedoch, die Kürzung entspreche wegen der Dauer der Ausfallzeit der Klägerin im Juni 2007 billigem Ermessen.
- 12
Die Beklagte beantragt,
- 13
unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.
- 14
Die Klägerin beantragt,
- 15
die Berufung zurückzuweisen.
- 16
Sie verteidigt die zu ihren Gunsten ergangene Entscheidung mit rechtlichen Ausführungen.
- 17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 18
Die aufgrund der Zulassung durch das Arbeitsgericht statthafte Berufung, die auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, hat in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht schließt sich der arbeitsgerichtlichen Entscheidung an.
I.
- 19
Die Klägerin hat für das Jahr 2007 Anspruch auf die tarifliche Sonderzuwendung in der vollen Höhe.
- 20
Der Tarifvertrag ist im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Tarifbindung anzuwenden. Seine Kündigung ändert diesen Befund nicht; der Tarifvertrag findet im Wege der Nachwirkung nach § 4 Absatz 5 TVG weiterhin Anwendung.
1.
- 21
Die der Höhe nach unstreitige Kürzung im Umfang von 67,50 Euro hat keine tarifliche Grundlage. Für die Kürzung kann sich die Beklagte insbesondere nicht auf § 13 Absatz 3 MTV Einzelhandel berufen.
a)
- 22
Das hiesige Landesarbeitsgericht hat sich bereits in früheren Entscheidungen mit der Auslegung von § 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel befasst.
- 23
In seiner Entscheidung vom 2. Juni 2005 (1 Sa 551/04 auf juris.de veröffentlicht), einem Rechtsstreit, an dem die Beklagte als Partei beteiligt war, hat das Gericht bereits Zweifel daran geäußert, ob man diese Norm auf kurzzeitige Ausfallzeiten, wie sie infolge der Erkrankungen eines Kindes auftauchen können, anwenden kann. Es hat insoweit ausgeführt, dass der Begriff "Zeiten" in den beiden Sätzen des Absatzes beziehe sich offensichtlich auf längere Zeiträume, die jedenfalls länger als einzelne Monate seien. - Es hat dann allerdings die Auslegung der Norm nicht weiter vertieft, weil es angenommen hat, dass die Kürzung, selbst dann, wenn man sie auf Ausfallzeiten wegen des erkrankten Kindes anwenden wolle, in ihrer Ausübung zusätzlich billigem Ermessen genügen müsse und die Kürzung im seinerzeitigen Fall als unbillig angesehen wurde, da die Arbeitnehmerin lediglich zwei Ausfalltage aufzuweisen hatte.
- 24
In seiner Entscheidung vom 16. Mai 2008 (3 Sa 20/08 auf juris.de veröffentlicht), einem Rechtsstreit, an dem die Beklagte ebenfalls als Partei beteiligt war, hat das Landesarbeitsgericht die Rechtsprechung zur Ausübung des billigen Ermessens bei Anwendung von § 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel fortentwickelt. Es hat dort erkannt, dass Ausfallzeiten bis zu fünf Arbeitstagen im Monat vom Arbeitgeber hinzunehmen seien und nicht zu einer Kürzung der Sonderzuwendung berechtigen würden.
b)
- 25
Durch die bisher ergangenen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts wird die Lösung des vorliegenden Falles nicht vorgegeben. Insbesondere ist der Schluss nicht zulässig, Ausfallzeiten im Umfang von mehr als fünf Arbeitstagen in einzelnen Monaten berechtigten den Arbeitgeber zu einer Kürzung. Diese Folgerung mag zwar in Angesicht der allgemein gehaltenen Ausführungen in den Vorentscheidungen naheliegen. Eine so weitgehende Aussage kann den Vorentscheidungen aber nicht entnommen werden, da die dort zu entscheidenden Sachverhalte keine so weitgehenden Aussagen erforderten.
c)
- 26
Unter Fortführung der Überlegungen der Ersten Kammer aus der Entscheidung vom 2. Juni 2005 zur Auslegung der streitigen Tarifnorm ist vielmehr festzustellen, dass die Tarifnorm eine Kürzung der Sonderzuwendung jedenfalls bei Ausfallzeiten, die kürzer als einen Monat andauern, nicht vorsieht.
- 27
Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für Gesetze geltenden Regeln auszulegen. Zunächst ist vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne an den Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist jedoch der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Tarifnormen zu berücksichtigen, sofern und soweit dieser Wille in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck, zutreffend ermittelt werden kann (z. B. BAG Urteil vom 18. Mai 2006 - 6 AZR 422/05 - ZTR 2007, 42; BAG Urteil vom 28. Mai 1998 - 6 AZR 349/96 - AP Nr. 52 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag). Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien, wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch der praktischen Tarifübung, geklärt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG Urteil vom 5. Oktober 1999 - 4 AZR 578/98 - AP Nr. 15 zu § 4 TVG Verdienstsicherung).
- 28
Der Sinn von § 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel erschließt sich bei einem Vergleich der tariflichen Regelungen zum Urlaubsgeld in § 11 MTV Einzelhandel und den Regelungen zur Sonderzuwendung nach § 12 MTV Einzelhandel. Denn die Gewährung von Urlaubsgeld, das ebenfalls in Höhe eines halben Gehaltes gezahlt wird, hängt nur von der Erfüllung der Wartezeit von sechs Monaten ab. Das Bundesarbeitsgericht hat daher bereits für vergleichbare Regelungen in anderen Tarifregionen des Einzelhandels entschieden, dass das Urlaubsgeld auch in Jahren zu zahlen sei, in denen das Arbeitsverhältnis zum Beispiel wegen einer lang anhaltenden Erkrankung, wegen Elternzeit oder aus ähnlichem Anlass nicht aktiv durchgeführt wird (vgl. zuletzt BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 204/98 - AP Nr. 68 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel = DB 1999, 1326 = NZA 1999, 1223). Dies soll nach der Tarifregelung im hiesigen Tarifgebiet zwar für das Urlaubsgeld auch gelten, nicht jedoch für die Sonderzuwendung. Diese muss nach § 12 Absatz 3 Satz 1 MTV Einzelhandel vielmehr nur für Zeiten gezahlt werden, "in denen ein Entgeltanspruch besteht", also für Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis durch Leistung und Gegenleistung aktiv durchgeführt wird.
- 29
Dass die Tarifvertragsparteien dabei an längere Zeitblöcke gedacht haben, wird indirekt dadurch bestätigt, dass sie nicht deutlich gemacht haben, ob sich die tarifliche Aussage auf die Zeit des Entstehens des Anspruchs bezieht oder auf die Zeit seiner Fälligkeit und Auszahlung im jeweiligen Jahr. Denn diese Ungenauigkeit in der Formulierung ist nur dann unschädlich, wenn man ohnehin an mehrjährige Ausfallzeiten denkt, bei denen sowohl zum Stichtag im Dezember keine Arbeitspflicht besteht, als auch in den 12 Monaten davor keine Arbeitspflicht bestanden hat.
- 30
Dieser Befund wird auch dadurch bestätigt, dass im Tarifvertrag eine ausdrückliche Regelung für unterjährige Ausfallzeiten fehlt. Denn die naheliegende Zwölftelungsregelung, die der Tarifvertrag zum Beispiel auch für die Sonderzuwendung im Jahr des Ausscheidens vorsieht (§ 12 Absatz 4 MTV Einzelhandel), fehlt für die Zeiten "in denen ein Entgeltanspruch [nicht] besteht". Nur § 12 Absatz 3 Satz 2 MTV Einzelhandel lässt indirekt den Schluss zu, dass die Zwölftelungsregelung wohl auch bei unterjährigen Ausfallzeiten zur Anwendung kommen soll. Diese unbewusste Lücke in der tariflichen Regelung zeigt, dass beim Tarifabschluss die unterjährigen Ausfallzeiten gar nicht im Focus standen, sondern dass man vor allem daran interessiert war, Entgeltzahlungen für Arbeitnehmer auszuschließen, die langfristig keinen Entgeltanspruch haben werden, wie Arbeitnehmerinnen in Elternzeit oder bei Langzeiterkrankung.
- 31
Diese Grundsatzregelung aus § 12 Absatz 3 Satz 1 MTV Einzelhandel wird durch den dortigen Satz 2 lediglich ergänzt. Satz 2 hat keinen eigenständigen Anwendungsbereich, sondern hält nur eine Regelung für die Fälle vor, in denen die langfristigen Ausfallzeiten nicht zufällig zum Ersten des Monats beginnen oder enden. Diese tarifliche Regelung betrifft also nur die Monatsstücke, die dadurch entstehen, dass die Ausfallzeiten im Regelfall während des Laufs eines Monats beginnen und enden. Hier steht es dem Arbeitgeber - im Rahmen des billigen Ermessens - frei zu entscheiden, ob er für diese Monatsstücke eine Kürzung vornehmen will oder nicht.
- 32
§ 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel ist daher insgesamt wie folgt zu lesen: Der Anspruch auf Sonderzuwendung entsteht in voller Höhe nur, wenn der Arbeitnehmer während der zurückliegenden 12 Monate durchgehend auch einen Entgeltanspruch hatte. Für jeden vollen Kalendermonat ohne Entgeltanspruch wird die Sonderzahlung um 1/12 gekürzt. Besteht nur ein gekürzter Anspruch auf Sonderzuwendung, kann der Arbeitgeber die Sonderzuwendung auch für die angrenzenden Monate um 1/12 kürzen, in denen die Ausfallzeit begonnen oder geendet hat.
d)
- 33
Da die Klägerin im streitigen Jahr 2007 in jedem Monat gearbeitet hat und dementsprechend in jedem Monat einen Entgeltanspruch hatte, hat sie Anspruch auf die volle Sonderzuwendung nach § 12 MTV Einzelhandel. Da sie keine Ausfallzeit von über einem Monat hatte, kommt auch eine weitere Kürzung für die angebrochenen Monate, auf die sich die Ausfallzeit erstreckt, nicht in Betracht.
2.
- 34
Der Anspruch ist aber auch dann nicht begründet, wenn man mit der bisherigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts davon ausgeht, dass § 12 Absatz 3 Satz 2 MTV Einzelhandel auch auf Ausfallzeiten anwendbar ist, die insgesamt keinen einzigen vollen Monat umfassen.
a)
- 35
Das Landesarbeitsgericht hat in seinen bisherigen Entscheidungen vom 2. Juni 2005 (a. a. O.) und vom 16. Mai 2008 (a. a. O.) zu § 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel das dem Arbeitgeber tariflich eingeräumte Ermessen dem Billigkeitsmaßstab von § 315 BGB unterworfen. Daran ist festzuhalten. Für die Ausfüllung des Billigkeitsmaßstabes hatte sich die Erste Kammer des Gerichts in seiner Entscheidung vom 2. Juni 2005 seinerzeit an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anwendung von § 616 BGB auf die Fälle der Ausfallzeiten wegen eines erkrankten Kindes aus der Zeit angelehnt, als es die Regelung in § 45 SGB V noch nicht gab. Das Bundesarbeitsgericht hatte dazu unter dem 19. April 1978 (5 AZR 834/76 - BAGE 30, 240 = AP Nr. 48 zu § 616 BGB = DB 1978, 1595) entschieden, dass der Arbeitnehmer - sogar unter Fortzahlung der Vergütung - von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit sei, wenn ein im Haushalt des Arbeitnehmers lebendes Kind unter acht Jahren wegen einer Erkrankung nach ärztlichem Zeugnis der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des Arbeitnehmers bedarf, weil eine andere im Haushalt des Arbeitnehmers lebende Person hierfür nicht zur Verfügung stehe. Das Gericht hat die Dauer der berechtigten Ausfallzeit im Rahmen von § 616 BGB im Regelfall auf bis zu fünf Arbeitstage begrenzt.
- 36
Diese Rechtsprechung lässt sich allerdings nach Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht ohne Weiteres auf die heutige Zeit, in der eine veränderte Gesetzeslage zu berücksichtigen ist, übertragen. Denn wenn der Gesetzgeber nach § 45 SGB V dem Arbeitnehmer für bestimmte Zeiträume einen Krankengeldanspruch zuerkennt, wenn sein Kind erkrankt ist und der Pflege bedarf, würde es billigem Ermessen widersprechen, dass der Arbeitgeber diese gesetzlich geförderten Betreuungszeiten für erkrankte Kinder zum Anlass nehmen dürfte, die Sonderzuwendung auf Basis seines tariflich eingeräumten Ermessens zu kürzen.
- 37
Diese Auslegung des Begriffs des billigen Ermessens im Sinne von § 315 BGB steht nicht in Widerspruch zur Entscheidung der Dritten Kammer vom 16. Mai 2008 (a. a. O.). Denn in dem seinerzeit entschiedenen Falle hatte die Arbeitnehmerin über mehrere Monate verteilt Ausfallzeiten wegen der Erkrankung ihres Kindes gehabt, die Ausfallzeiten bewegten sich insgesamt jedoch noch im Rahmen von § 45 SGB V. Auch bei Anwendung des hier vertretenen Ansatzes wäre der seinerzeitige Fall ebenso im Sinne der Arbeitnehmerin entschieden worden. Die seinerzeitigen Ausführungen der Dritten Kammer dürfen nicht dahin verstanden werden, dass Ausfallzeiten von mehr als fünf Arbeitstagen in einem Monat zwangsläufig dazu führen, dass eine Kürzung der Sonderzuwendung billigem Ermessen nicht widerspreche. Für eine so weitgehende Aussage bot der Sachverhalt seinerzeit keinen Anlass.
- 38
Im Rahmen der hier angestellten Hilfsüberlegungen ist daher festzustellen, dass eine Kürzung der Sonderzuwendung nach § 12 Absatz 3 Satz 2 MTV Einzelhandel wegen Ausfallzeiten, die aufgrund der Pflege eines erkrankten Kindes entstehen, nur in Betracht kommt, wenn die Ausfallzeiten den durch § 45 SGB V gesetzten Rahmen überschreiten.
b)
- 39
Auch im Rahmen dieser Hilfsüberlegung lässt sich die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der Sonderzuwendung nicht rechtfertigen, denn die Ausfallzeiten der Klägerin in den Monaten Juni und Juli 2007 haben sich noch im Rahmen von § 45 SGB V bewegt.
- 40
Da die Klägerin keinen Hinweis auf eine besondere Lebenslage gegeben hat, ist davon auszugehen, dass der Krankengeldanspruch der Klägerin nach § 45 Absatz 2 SGB V auf zehn Arbeitstage begrenzt war. Weiter ist davon auszugehen, dass das Kind der Klägerin tatsächlich erkrankt war und eine ärztliche Bescheinigung vorgelegen hat, nach der das Kind der elterlichen Pflege bedurfte. Das schließt das Gericht aus den zur Akte gelangten Mitteilungen der Krankenkasse der Klägerin (Kopie Blatt 14 d. A. und Blatt 15 d. A.), die auf eine entsprechende Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Kasse schließen lassen.
- 41
Die Klägerin hat auch keine Ausfallzeiten aufzuweisen, die über zehn Arbeitstage im Jahr 2007 hinausgehen. Die Klägerin war vom 6. Juni 2007 (Mittwoch) bis zum 15. Juni 2007 (Freitag) wegen der Erkrankung ihres Kindes zu Hause geblieben. Das sind zehn Kalendertage. Außerdem ist sie am 3. Juli 2007 und 4. Juli 2007 (Dienstag und Mittwoch) wegen Erkrankung des Kindes zu Hause geblieben. Die Ausfallzeit summiert sich also auf 12 Kalendertage.
- 42
Da in den 12 Kalendertagen ein Wochenende (Samstag und Sonntag) enthalten war, ergibt sich eine Ausfallzeit von zehn Arbeitstagen. Dem kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass bei ihr im Betrieb auch der Samstag zu den regelmäßigen Arbeitstagen zählt. Denn nach § 5 MTV Einzelhandel soll sich die persönliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer im Einzelhandel auf höchstens fünf Tage in der Woche verteilen. Damit sind in einer Kalenderwoche zwei arbeitsfreie Tage enthalten. Da die Ausfallzeit der Klägerin im Juni 2007 mehr als eine Kalenderwoche umfasst hat, müssen also auch dann zwei Tage in Abzug gebracht werden, wenn die Klägerin eigentlich am Samstag den 9. Juni 2007 hätte arbeiten müssen. Ergänzend stellt das Gericht darauf ab, dass die Krankenkasse der Klägerin in dem Zeitraum für zehn Tage Krankengeld geleistet hat. Also ist auch die Kasse davon ausgegangen, dass in dem Zeitraum nur zehn Arbeitstage enthalten waren.
II.
- 43
Der Zinsanspruch, den die Klägerin lediglich in Höhe des gesetzlichen Verzugszinses geltend macht, folgt aus § 288 BGB. Die Zahlung hätte nach § 12 Absatz 2 MTV Einzelhandel bis zum 30. November 2007 (Freitag) erfolgen müssen. Daher steht der Klägerin Verzugszins ab 1. Dezember 2007 zu.
III.
- 44
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu zahlen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).
- 45
Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen. Die Klärung des Bedeutungsgehalts von § 12 Absatz 3 MTV Einzelhandel stellt zwar eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, die Entscheidung beruht aber nicht auf dem hier eingenommen Standpunkt, da die Klage auch unter Berücksichtigung der Hilfserwägung begründet ist.
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(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. § 10 Abs. 4 und § 44 Absatz 2 gelten.
(2) Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 20 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr. Das Krankengeld nach Absatz 1 beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt der Versicherten, bei Bezug von beitragspflichtigem einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (§ 23a des Vierten Buches) in den der Freistellung von Arbeitsleistung nach Absatz 3 vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt; es darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 nicht überschreiten. Erfolgt die Berechnung des Krankengeldes nach Absatz 1 aus Arbeitseinkommen, beträgt dies 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. § 47 Absatz 1 Satz 6 bis 8 und Absatz 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 besteht der Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 für das Jahr 2023 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage. Der Anspruch nach Absatz 1 besteht bis zum Ablauf des 7. April 2023 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird, oder wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden, die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder das Kind aufgrund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht. Die Schließung der Schule, der Einrichtung zur Betreuung von Kindern oder der Einrichtung für Menschen mit Behinderung, das Betretungsverbot, die Verlängerung der Schul- oder Betriebsferien, die Aussetzung der Präsenzpflicht in einer Schule, die Einschränkung des Zugangs zum Kinderbetreuungsangebot oder das Vorliegen einer behördlichen Empfehlung, vom Besuch der Einrichtung abzusehen, ist der Krankenkasse auf geeignete Weise nachzuweisen; die Krankenkasse kann die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule verlangen.
(2b) Für die Zeit des Bezugs von Krankengeld nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2a Satz 3 ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Absatz 1a des Infektionsschutzgesetzes.
(3) Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 haben für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Wird der Freistellungsanspruch nach Satz 1 geltend gemacht, bevor die Krankenkasse ihre Leistungsverpflichtung nach Absatz 1 anerkannt hat, und sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die gewährte Freistellung von der Arbeitsleistung auf einen späteren Freistellungsanspruch zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes anzurechnen. Der Freistellungsanspruch nach Satz 1 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(4) Versicherte haben ferner Anspruch auf Krankengeld, wenn sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, sofern das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist und nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leidet,
- a)
die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, - b)
bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig oder von einem Elternteil erwünscht ist und - c)
die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt.
(5) Anspruch auf unbezahlte Freistellung nach den Absätzen 3 und 4 haben auch Arbeitnehmer, die nicht Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 sind.
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. § 10 Abs. 4 und § 44 Absatz 2 gelten.
(2) Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 20 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr. Das Krankengeld nach Absatz 1 beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt der Versicherten, bei Bezug von beitragspflichtigem einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (§ 23a des Vierten Buches) in den der Freistellung von Arbeitsleistung nach Absatz 3 vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt; es darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 nicht überschreiten. Erfolgt die Berechnung des Krankengeldes nach Absatz 1 aus Arbeitseinkommen, beträgt dies 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. § 47 Absatz 1 Satz 6 bis 8 und Absatz 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 besteht der Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 für das Jahr 2023 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage. Der Anspruch nach Absatz 1 besteht bis zum Ablauf des 7. April 2023 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird, oder wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden, die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder das Kind aufgrund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht. Die Schließung der Schule, der Einrichtung zur Betreuung von Kindern oder der Einrichtung für Menschen mit Behinderung, das Betretungsverbot, die Verlängerung der Schul- oder Betriebsferien, die Aussetzung der Präsenzpflicht in einer Schule, die Einschränkung des Zugangs zum Kinderbetreuungsangebot oder das Vorliegen einer behördlichen Empfehlung, vom Besuch der Einrichtung abzusehen, ist der Krankenkasse auf geeignete Weise nachzuweisen; die Krankenkasse kann die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule verlangen.
(2b) Für die Zeit des Bezugs von Krankengeld nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2a Satz 3 ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Absatz 1a des Infektionsschutzgesetzes.
(3) Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 haben für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Wird der Freistellungsanspruch nach Satz 1 geltend gemacht, bevor die Krankenkasse ihre Leistungsverpflichtung nach Absatz 1 anerkannt hat, und sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die gewährte Freistellung von der Arbeitsleistung auf einen späteren Freistellungsanspruch zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes anzurechnen. Der Freistellungsanspruch nach Satz 1 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(4) Versicherte haben ferner Anspruch auf Krankengeld, wenn sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, sofern das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist und nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leidet,
- a)
die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, - b)
bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig oder von einem Elternteil erwünscht ist und - c)
die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt.
(5) Anspruch auf unbezahlte Freistellung nach den Absätzen 3 und 4 haben auch Arbeitnehmer, die nicht Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 sind.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. § 10 Abs. 4 und § 44 Absatz 2 gelten.
(2) Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 20 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr. Das Krankengeld nach Absatz 1 beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt der Versicherten, bei Bezug von beitragspflichtigem einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (§ 23a des Vierten Buches) in den der Freistellung von Arbeitsleistung nach Absatz 3 vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt; es darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 nicht überschreiten. Erfolgt die Berechnung des Krankengeldes nach Absatz 1 aus Arbeitseinkommen, beträgt dies 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. § 47 Absatz 1 Satz 6 bis 8 und Absatz 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 besteht der Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 für das Jahr 2023 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage. Der Anspruch nach Absatz 1 besteht bis zum Ablauf des 7. April 2023 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird, oder wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden, die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder das Kind aufgrund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht. Die Schließung der Schule, der Einrichtung zur Betreuung von Kindern oder der Einrichtung für Menschen mit Behinderung, das Betretungsverbot, die Verlängerung der Schul- oder Betriebsferien, die Aussetzung der Präsenzpflicht in einer Schule, die Einschränkung des Zugangs zum Kinderbetreuungsangebot oder das Vorliegen einer behördlichen Empfehlung, vom Besuch der Einrichtung abzusehen, ist der Krankenkasse auf geeignete Weise nachzuweisen; die Krankenkasse kann die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule verlangen.
(2b) Für die Zeit des Bezugs von Krankengeld nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2a Satz 3 ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Absatz 1a des Infektionsschutzgesetzes.
(3) Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 haben für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Wird der Freistellungsanspruch nach Satz 1 geltend gemacht, bevor die Krankenkasse ihre Leistungsverpflichtung nach Absatz 1 anerkannt hat, und sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die gewährte Freistellung von der Arbeitsleistung auf einen späteren Freistellungsanspruch zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes anzurechnen. Der Freistellungsanspruch nach Satz 1 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(4) Versicherte haben ferner Anspruch auf Krankengeld, wenn sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, sofern das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist und nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leidet,
- a)
die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, - b)
bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig oder von einem Elternteil erwünscht ist und - c)
die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt.
(5) Anspruch auf unbezahlte Freistellung nach den Absätzen 3 und 4 haben auch Arbeitnehmer, die nicht Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 sind.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)