Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 03. Dez. 2012 - 3 Ta 32/12

bei uns veröffentlicht am03.12.2012

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 20.08.2012 – 2 Ca 522/12 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Dem Kläger wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für die Klage im Umfang der Klageanträge aus dem Schriftsatz vom 22.06.2012 sowie für die Widerklage unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. bewilligt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Eine Gerichtsgebühr wird nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt mit seiner sofortigen Beschwerde die Erstreckung der ihm gewährten Prozesskostenhilfe zum einen auf die weitergehenden Anträge aus der Klageschrift und zum anderen auf die durch die Beklagte erhobene Widerklage.

2

Mit der Klageschrift vom 19.03.2012 begehrt der Kläger für die folgenden Klageanträge die Bewilligung von Prozesskostenhilfe:

1.

3

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 22.02.2012 hinaus bis zum 22.03.2012 fortbesteht.

2.

4

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Arbeitsvergütung für den Monat Januar 2012 in Höhe von 1.170,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 zu zahlen.

3.

5

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Arbeitsvergütung für den Monat Februar 2012 in Höhe von 1.767,38 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 16.03.2012 zu zahlen.

6

Mit Schriftsatz vom 22.06.2012 hatte der Kläger unter Stellung eines erneuten PKH-Antrages den Antrag zu Ziffer 2. auf 330,00 € brutto reduziert, da dass zu Grunde liegende Arbeitsverhältnis erst mit Wirkung zum 17.01.2012 begründet wurde.

7

Mit Schriftsatz vom 03.08.2012 hat der Beklagte widerklagend gegen den Kläger den Betrag in Höhe von 4.959,27 € nebst Zinsen geltend gemacht.

8

Anlässlich der Kammverhandlung vom 08.08.2012 haben die Parteien einen prozessbeendenden Vergleich abgeschlossen.

9

Mit Beschluss vom 20.08.2012 ist dem Kläger PKH hinsichtlich der Anträge aus dem Schriftsatz vom 22.06.2012 bewilligt worden.

10

Dagegen richtet sich die am 04.09.2012 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers.

11

Anlässlich der Nichtabhilfeentscheidung ist das Arbeitsgericht Schwerin bei seiner Auffassung verblieben, wonach eine PKH-Bewilligung für die Widerklage in Ermangelung eines ausdrücklichen PKH-Antrages nicht möglich sei. Auch könne dem Kläger für den weitergehenden Antrag zu Ziffer 2. aus der Klageschrift wegen mangelnder Erfolgsaussichten keine PKH bewilligt werden.

II.

12

Die sofortige Beschwerde gegen den PKH Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 20.08.2012 ist gemäß § 78 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 569 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache überwiegend Erfolg, so dass eine Gerichtsgebühr nicht zu erheben ist.

1.

13

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts erstreckt sich der PKH-Antrag des Klägers auch auf die zeitlich vor der angefochtenen PKH-Entscheidung bei dem Arbeitsgericht Schwerin rechtskräftig gewordene Widerklage des Beklagten.

14

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Widerklage setzt grundsätzlich einen eigenständigen PKH-Antrag voraus. Einen ausdrücklichen Antrag hat der Kläger weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vom 08.08.2012 für die Widerklage gestellt.

15

Es ist jedoch anerkannt, dass auch im Prozesskostenhilfeverfahren eine konkludente Antragstellung möglich ist. Eine solche ist für den Kläger vorliegend auch bezüglich der Widerklage des Beklagten zu bejahen.

16

Liegt ein ausdrücklicher Antrag – wie hier – auf Prozesskostenhilfe für weitergehende Streitgegenstände nicht vor, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob insoweit von einer konkludenten Antragstellung auszugehen ist (LAG Köln vom 08.03.2012 – 5 Ta 129/11 – Juris Rd.-Nr. 4).

17

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Prozesshandlungen ebenso wie private Willenserklärungen der Auslegung zugänglich sind. Dabei tritt der Wortlaut hinter dem feststellbaren Parteiwillen zurück. Gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist bei der Auslegung von Willenserklärungen ein großzügiger Maßstab anzulegen (LAG Köln vom 08.03.2012 – a. a. O., Rd.-Nr. 5). Dies gilt auch im Falle einer anwaltlichen Vertretung (BAG vom 13.12.2007 – 2 AZR 818/06 – Juris, Rd.-Nr. 20, 27).

18

Danach ist regelmäßig jedenfalls dann von einer konkludenten Antragstellung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für streitgegenstandserweiternde Prozesshandlungen der Parteien auszugehen, wenn diese – sei es durch klageerweiternde oder widerklagende Anträge – vor der Prozesskostenhilfeentscheidung des angerufenen Gerichts durch die Parteien in den Prozess eingeführt worden sind (LAG Köln, a. a. O., Rd.-Nr. 6; im Zusammenhang mit einer Widerklage nunmehr wohl auch Musielak/Fischer, 9. Auflage 2012, Rd.-Nr. 3 zu § 117 ZPO).

19

Grundsätzlich kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass eine Partei nur für einen Antrag, nicht aber für einen folgenden streitgegenstandserweiternden Antrag bzw. eine Widerklage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Im Zweifelsfall ist die betroffene Partei nach § 139 ZPO zu befragen.

20

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen ist hier von einer Stellung eines konkludenten PKH-Antrages auch hinsichtlich der Widerklage des Beklagten durch den Kläger auszugehen. Es sind insoweit keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger bezüglich der Widerklage auf die Geltendmachung von Prozesskostenhilfe verzichten wollte.

21

Im Gegenteil ist in der mündlichen Verhandlung vom 08.08.2012 – ausweislich des Sitzungsprotokolls – in Ansehung des ausdrücklich gestellten PKH-Antrages streitig zur Sache – also auch zur Widerklage – verhandelt worden. Der prozessbeendende Vergleich bezieht sich inhaltlich ebenfalls auf den gesamten Rechtsstreit und erklärt in Ziffer 6 ausdrücklich auch die Widerklage als erledigt.

22

Da auf Grund der zwischen den Parteien streitigen Schadensersatzforderungen im Rahmen der Widerklage zudem auch nicht zu Lasten des Klägers von einer Mutwilligkeit bzw. mangelnden Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung im Sinne des § 114 ZPO ausgegangen werden kann, ist dem Kläger nach alledem ratenfreie Prozesskostenhilfe auch im Umfang der durch den Beklagten erhobenen Widerklage zu bewilligen.

2.

23

Soweit sich die sofortige Beschwerde gegen die unterbliebene Berücksichtigung des weitergehenden Antrages zu Ziffer 2. aus der Klageschrift richtet, so ist sie offensichtlich unbegründet.

24

Denn der Forderung in Ziffer 2. der Klageschrift fehlt es – soweit der Antrag den Betrag von 330,00 € übersteigt – an den hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO bzw. ist die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig im Sinne des § 11 a Abs. 2 ArbGG.

25

Das Arbeitsgericht Schwerin führt in diesem Zusammenhang in der Nichtabhilfeentscheidung zutreffend wie folgt aus:

26

„Selbst wenn man diese Auffassung nicht teilt, hätte Prozesskostenhilfe für den Antrag zu Ziffer 2. in der Ursprungsfassung nicht bewilligt werden können, denn insoweit fehlen die erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten für das Klagebegehren. Wie der Kläger selbst richtig gestellt hat, ist das Arbeitverhältnis erst ab dem 17.01.2012 neu begründet worden, mit der Folge, dass erst ab diesem Tage ein Vergütungsanspruch des Klägers entstanden sein kann.“

27

Dem ist auch im Beschwerdeverfahren nichts hinzuzufügen.

3.

28

Da die sofortige Beschwerde ganz überwiegend begründet ist, kommt die Festsetzung einer Gerichtsgebühr in Anlehnung an § 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO nicht in Betracht.

29

Diese Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein (§ 78 ArbGG).

30

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

31

Mithin ist ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 03. Dez. 2012 - 3 Ta 32/12

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 03. Dez. 2012 - 3 Ta 32/12

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 03. Dez. 2012 - 3 Ta 32/12 zitiert 9 §§.

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Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.