Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. Apr. 2007 - 2 Sa 19/07
Gericht
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Frage der Erfüllung einer in einem gerichtlichen Vergleich benannten Zahlungsforderung und aufgrund dessen über die Unzulässigkeit der drohenden Zwangsvollstreckung.
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Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 14.12.2006 - 5 Ca 463/05 - Bezug genommen.
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Mit diesem Urteil hat das Gericht antragsgemäß die Zwangsvollstreckung aus dem vor dem Arbeitsgericht Stralsund am 19.7.2005 geschlossenen gerichtlichen Vergleich 5 Ca 61/04 für unzulässig erklärt und die Beklagte verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des vorgenannten Vergleichs an die Klägerin herauszugeben. Ferner hat es der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt
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In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Klägerin habe die in Ziffer 2 des gerichtlichen Vergleichs vereinbarte Zahlung in Höhe von 6.600,00 EUR brutto erfüllt, womit die Zwangsvollstreckung unzulässig sei. Die Beklagte könne nur eine Nettozahlung verlangen. Diese habe sie erhalten. Die Aufnahme von § 3 Ziff. 9 EStG im Vergleichstext habe keine Bedeutung, da diese im vorliegenden Fall nicht greife.
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Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
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Dieses Urteil ist der Beklagten am 21.12.2006 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die an einem Montag, 22.1.2007, beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist am 21.2.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Vergleich fehlerhaft ausgelegt. Die vereinbarte Abfindung von 6.600,00 EUR sei als Ausgleich für die Aufhebung des alten Arbeitsverhältnisses gezahlt worden. Damit lägen die Voraussetzungen von § 3 Ziff. 9 EStG vor.
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Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 14.12.2006 - 5 Ca 463/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Stralsund hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben.
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Bei einer Vollstreckung auf Zahlung von Bruttolohn ist grundsätzlich der gesamte Betrag beizutreiben. Der Arbeitnehmer haftet sodann selbst für die Abführung der Lohnabzüge bzw. Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitgeber kann jedoch mit den Rechtsbehelfen des Bankvollstreckungsrechts geltend machen, er habe steuerliche Abzüge und Sozialversicherungsbeiträge bereits abgeführt. In diesem Fall ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 4 BGB einzustellen (vgl. LG Karlsruhe vom 7.10.2003, 11 T 392/02, Juris, m. w. N.).
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Im vorliegenden Fall bedarf es eines Nachweises nicht, da die Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge unstreitig ist. Schon deshalb ist die Zwangsvollstreckung einzustellen.
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Ob und in welchem Umfang die Abfindung der Steuerfreiheit des § 3 Ziff. 9 EStG und der Sozialversicherungspflicht unterliegt, hat die Klägerin mit dem Finanzamt bzw. mit den Sozialversicherungsträgern zu klären.
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Im Übrigen sind die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung hierzu zutreffend. Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.1.1999 - B 12 KR 14/98 - hingewiesen, wonach Abfindungszahlungen, die lediglich zur Abdämpfung dafür gezahlt werden, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern, sozialversicherungspflichtig sind.
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Entsprechendes gilt für die Anwendung des § 3 Ziff. 9 EStG. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Es wird vielmehr fortgeführt.
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Schließlich hat sich die Klägerin auch nicht zu einem Netto-, sondern zu einem Bruttobetrag verpflichtet. Auch dies macht deutlich, dass das Risiko eventueller Abgaben die Beklagte zu tragen hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.
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Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass.
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(1) Hat sich der Bürge im Auftrag des Hauptschuldners verbürgt oder stehen ihm nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen der Übernahme der Bürgschaft die Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner zu, so kann er von diesem Befreiung von der Bürgschaft verlangen:
- 1.
wenn sich die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners wesentlich verschlechtert haben, - 2.
wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner infolge einer nach der Übernahme der Bürgschaft eingetretenen Änderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist, - 3.
wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Verzug ist, - 4.
wenn der Gläubiger gegen den Bürgen ein vollstreckbares Urteil auf Erfüllung erwirkt hat.
(2) Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der Hauptschuldner dem Bürgen, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.