Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Jan. 2015 - 2 Sa 170/14

published on 27/01/2015 00:00
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Jan. 2015 - 2 Sa 170/14
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Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 7. Juli 2014 abgeändert (4 Ca 290/14).

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 13. März 2014 nicht beendet wurde.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtkräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Betriebsschlosser/Schlosser weiterzubeschäftigen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses nach der fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 13. März 2014.

2

Der 1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten, die einen landwirtschaftlichen Rinderhof betreibt, als Betriebsschlosser beschäftigt. Der Kläger arbeitet – unter wechselnden Arbeitgebern – seit 1986 auf diesem Rinderhof. In dem ersten Arbeitsvertrag – seinerzeit abgeschlossen mit dem VEG (P) F. – vom 6. Dezember 1985 ist zusätzlich eine Betriebszugehörigkeit seit 1977 anerkannt worden (Kopie dieses Arbeitsvertrags hier Blatt 34 f). Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers beträgt 40 Stunden und er hat zuletzt ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 1.711,00 EUR bezogen.

3

Am 7. März 2014 hat die Beklagte beim Kläger nach Hinweisen aus dem Kreis der Kollegen zum Feierabend hin, als der Kläger das Betriebsgelände verlassen wollte, eine Rucksackkontrolle durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass der Kläger in dem Rucksack einen 5-Liter-Kanister bei sich geführt hat, der mit Heizöl gefüllt war. Es ist unstreitig, dass das Heizöl aus einem der Heizölfässer der Beklagten stammt, die diese auf dem Rinderhof einsetzt.

4

Das Heizöl wird von der Beklagten zum Befeuern mobiler Heizgeräte benötigt, die zur Beheizung der Stallungen eingesetzt werden, vorrangig dann, wenn sich dort kein Vieh befindet und die Stallungen gesäubert werden. Auf dem Hof sind im Regelfall zwei Heizgeräte im Einsatz, es gibt zusätzlich Ersatzgeräte. Zum Betreiben der mobilen Heizungen gibt es auf dem Hof mehrere 200-Liter-Blech-Fässer (Tanks), an die bei Bedarf das Heizgerät angeschlossen wird. Die genaue Anzahl der vorhandenen Fässer konnte nicht geklärt werden, unstreitig gibt es jedenfalls mindestens doppelt so viele Fässer wie Heizgeräte auf dem Hof. Die Fässer werden im Regelfall in einer Garage gelagert.

5

Das Anschließen und Bewegen der Heizungen und der dazu gehörenden Fässer gehört zu den Arbeitsaufgaben des Klägers. In Ergänzung seines schriftlichen Vortrags hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht mitgeteilt, dass sich in den Heizöl-Fässern bei längerer Lagerhaltung Kondenswasser bilde, das sich unten im Fass absetze. Beim Einrichten der Heizung müsse man daher darauf achten, den Ansaugschlauch des Heizgerätes nie ganz bis zum Boden des Tanks zu führen, damit das Wasser nicht mit angesaugt werde. Werde versehentlich das Wasser mit angesaugt, führe das immer zu einem schnellen und vollständigen Verstopfen der Filter und Ventile und damit zu einem Ausfall der Heizgeräte. Der danach notwendige Säuberungsvorgang sei aufwendig. Aufgrund dieser Vorgehensweise hätten sich auf dem Hof einige Fässer gesammelt, die nicht mehr zum Heizen benutzt worden seien, da sich darin nur noch "verdorbenes" Heizöl, also mit Wasser zersetztes Heizöl, befunden habe. Dem ist der in der mündlichen Verhandlung anwesende Prokurist der Beklagten, der mit den betrieblichen Verhältnissen vor Ort vertraut ist, nicht entgegengetreten.

6

Am 13. März 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich zum 31. Oktober 2014 (wegen der Einzelheiten wird auf das in Kopie zur Akte gereichte Kündigungsschreiben Bezug genommen, hier Blatt 8).

7

Die hiergegen vom Kläger angestrengte Kündigungsschutzklage, die der Kläger mit einem Weiterbeschäftigungsantrag für die Laufzeit des hiesigen Rechtsstreits verbunden hat, ist am 25. März 2014 beim Arbeitsgericht eingegangen.

8

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat die Klage mit Urteil vom 7. Juli 2014 als unbegründet abgewiesen (4 Ca 290/14). Auf dieses Urteil wird wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

9

Mit der Berufung, die keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

10

Der Kläger meint, ein Grund zur Kündigung liege nicht vor.

11

Der Kläger behauptet, er habe sich lediglich "verdorbenes" Heizöl, also mit Wasser zersetztes Heizöl, in den Kanister gefüllt. Er habe das Heizöl als "Brennhilfe" benötigt, um das Holz, das beim Frühjahrsschnitt der Gehölze und Bäume entstanden sei, besser verbrennen zu können. Er sei sich sicher gewesen, dass es sich um "verdorbenes" Heizöl gehandelt habe, da es in der Garage, wo die Fässer lagern, zwei Fässer gegeben habe, die nicht mehr in Benutzung waren, da sich darin nur "verdorbenes" Heizöl befunden habe.

12

Es sei zwar richtig, dass er in der Anhörung durch den Arbeitgeber am 7. März 2014 zugegeben habe, dass er bereits früher einmal Heizöl des Arbeitgebers für private Zwecke mitgenommen habe. Dazu müsse allerdings beachtet werden, dass der Vorfall schon etwa 20 Jahre zurückliege und daher für die hier streitige Kündigung keine Bedeutung mehr haben könne. Außerdem sei die Mitnahme von Heizöl seinerzeit durch Herrn R. genehmigt gewesen.

13

Eine Kündigung ohne vorausgehende Abmahnung komme für den vorliegenden Sachverhalt nicht in Betracht. Es wäre für die Beklagte ein Leichtes gewesen, ihn zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass sie auch die Mitnahme von an sich wertlosen Gegenständen nicht wünsche. Allein dieser Hinweis hätte ausgereicht, um die hier vorliegende Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen.

14

Für die Bewertung seines Verhaltens sei es auch ohne Bedeutung, dass es in jüngerer Vergangenheit angeblich schon einen ähnlichen Vorfall mit Diebstahl von Diesel gegeben habe. Er sei über die maßgeblichen Einzelheiten des seinerzeitigen Vorfalls nicht unterrichtet worden, weshalb man ihm keinen Vorwurf daraus machen könne, dass er sich die Folgen des Diebstahls für den Kollegen nicht habe zur Warnung gereichen lassen.

15

Im Rahmen der Interessenabwägung müsse mindestens seine Beschäftigungsdauer seit 1986 in der betriebsorganisatorischen Einheit berücksichtigt werden. Eigentlich müsste man sogar von einer Betriebszugehörigkeit bereits seit 1977 ausgehen, wie ihm dies Ende 1985 vertraglich zugesichert wurde. Während des gesamten Zeitraums seiner Beschäftigung bei der Beklagten hätte er sich niemals etwas zu Schulden kommen lassen. Selbst wenn man in seinem Verhalten einen Pflichtverstoß sehen würde, könne daher angesichts der Dauer der beiderseitigen Zusammenarbeit daraus nicht auf die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geschlossen werden.

16

Der Kläger beantragt,

17

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

18

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 13.03.2014 beendet wird;

19

2. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Betriebsschlosser/Schlosser weiterzubeschäftigen.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Beklagte verteidigt das ergangene Urteil. Der Kläger habe versucht, der Beklagten Heizöl zu stehlen und er habe in der Anhörung eingeräumt, dies zum wiederholten Male getan zu haben. Damit liege ein Grund zur Kündigung vor. Es sei eine Schutzbehauptung, dass es sich bei dem Heizöl im Kanister um "verdorbenes" Heizöl gehandelt habe. In der Garage, in der er das Heizöl abgefüllt haben will, seien auch Fässer mit gutem Heizöl gelagert. Außerdem sei es eine Schutzbehauptung, wenn sich der Kläger im Rechtsstreit dahin einlasse, dass der in der Anhörung eingeräumte weitere Vorfall bereits 20 Jahre zurückliege, davon sei in der Anhörung keine Rede gewesen. Das gelte auch für die ergänzende Behauptung, die seinerzeitige Mitnahme von Heizöl sei von Herrn R. auf Seiten der Beklagten genehmigt gewesen.

23

Einer vorherigen Abmahnung hätte es nicht bedurft. Dies gelte im vorliegenden Fall schon deshalb, weil es einige Monate zuvor im Betrieb einen Vorfall wegen Diebstahl von Diesel gegeben habe, der mit einer Kündigung eines Kollegen des Klägers geendet habe (als Vorgang in dieser Allgemeinheit unstreitig). Der Vorfall sei auch vergleichbar gewesen, denn seinerzeit sei es um den Diebstahl von 20 Liter Diesel in einem Kanister gegangen. Ergänzend behauptet die Beklagte dazu, über den seinerzeitigen Vorfall sei im Betrieb viel geredet worden, so dass man davon ausgehen könne, dass auch der Kläger registriert habe, dass die Beklagte auf derartige Vorgänge mit einer Kündigung reagiere.

24

Bei der notwendigen Abwägung der beteiligten Interessen sei die sehr lange Betriebszugehörigkeit des Klägers zu seinen Gunsten berücksichtigt worden. Die Beklagte habe sich dennoch zur Kündigung entschlossen, da das Tatgeschehen auf ein planvolles Vorgehen des Klägers hindeute, denn er müsse den leeren Kanister von zu Hause mitgebracht haben. Damit scheide die Annahme einer Gelegenheitstat aus. Dieser Umstand in Verbindung mit dem auch dem Kläger bekannten nur wenige Monate zurückliegenden Vorfall wegen des Diesel-Diebstahls zeige, mit welcher kriminellen Energie sich der Kläger über die Gesetze zum Schutz des Eigentums der Beklagten hinwegsetze. Damit sei das notwendige Vertrauen für die weitere Zusammenarbeit zerstört.

25

Ergänzend habe die Beklagte berücksichtigt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits seit mehr als zwei Jahren nicht mehr unbelastet gewesen sei. Denn dem Kläger sei vor mehr als zwei Jahren der Führerschein wegen Fahrens unter Alkoholeinwirkung entzogen worden und der Kläger habe die Fahrerlaubnis bis heute nicht wieder zurückerhalten (insoweit unstreitig). Damit sei es nicht mehr möglich gewesen, den Kläger bei Not am Mann im Straßenverkehr einzusetzen. Ein Einsatz auf dem Feld wäre rechtlich zwar noch möglich gewesen, sei aber nur umständlich zu organisieren gewesen, da er dazu immer von weiteren Personen zum Feld und zum Feierabend von dort zurück habe transportiert werden müssen.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27

Die klägerische Berufung ist begründet. Es liegt weder ein Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 BGB vor noch ein Grund zur ordentlichen Kündigung im Sinne von § 1 Absatz 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Damit ist auch der ergänzend gestellte Antrag auf Weiterbeschäftigung während des Laufs des Kündigungsschutzprozesses begründet.

I.

28

Die außerordentliche fristlose Kündigung vom 13. März 2014 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet. Es fehlt an einem wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB.

29

Nach § 626 Absatz 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

1.

30

Mit dem Arbeitsgericht geht auch das Landesarbeitsgericht davon aus, dass die Entwendung von Heizöl, das im Eigentum des Arbeitgebers steht, eine besonders schwere Pflichtverletzung durch einen Arbeitnehmer darstellt, die es erlaubt, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Erwägung zu ziehen.

31

Durch die Schaffung eines Betriebes und durch die Einstellung von Arbeitnehmern für den Betrieb, schafft der Arbeitgeber zwangsläufig zahlreiche Gelegenheiten, sein Eigentum zu zerstören oder zu entwenden. Es gehört daher schon seit jeher zu den anerkannten Grundpflichten des Arbeitnehmers, die im Eigentum verkörperten Vermögenswerte des Arbeitgebers zu achten. Daraus folgt die arbeitsrechtliche Pflicht, Straftaten zu Lasten des Eigentums oder zu Lasten des Vermögens des Arbeitgebers zu unterlassen.

32

Gegen diese Pflicht hat der Kläger verstoßen. Am 7. März 2014 wurde er angetroffen, als er im Begriff war, das Betriebsgelände zum Feierabend hin mit dem Kanister Heizöl, das im Eigentum der Beklagten steht, im Rucksack zu verlassen. Damit hat er – auch im strafrechtlichen Sinne – versucht, einen Diebstahl zu Lasten seines Arbeitgebers zu begehen. Damit hat der Kläger zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Absatz 2 BGB) verletzt. Ein solches Verhalten kann auch dann einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB darstellen, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder sie zu einem nur geringfügigen oder gar keinem Schaden geführt hat (vgl. nur BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – BAGE 134, 349 = AP Nr. 229 zu § 626 BGB = DB 2010, 2395).

2.

33

Bezieht man allerdings Art und Ausmaß des klägerischen Fehlverhaltens in die Betrachtung mit ein, kann ein wichtiger Grund zur Kündigung nicht erkannt werden. Zumindest ist die Beklagte in einem entscheidenden Punkt beweisfällig geblieben.

a)

34

Das Berufungsgericht muss im Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon ausgehen, dass der Kläger versucht hat, "verdorbenes" Heizöl zu entwenden.

35

Der Kläger hat sich schon schriftsätzlich immer darauf bezogen, dass das von ihm zur privaten Verwendung vorgesehene Heizöl für die betrieblichen Zwecke nicht mehr brauchbar gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung hat er dazu auf den physikalischen Zusammenhang (Bildung von Kondenswasser im Tank) und auf den betrieblichen Umgang mit dem Problem (Nichtnutzung des letzten Rest Heizöls in jedem Fass) hingewiesen. Dem ist der in der mündlichen Verhandlung anwesende und mit den betrieblichen Verhältnissen vor Ort vertraute Prokurist der Beklagten nicht entgegengetreten. Damit sind diese Zusammenhänge unstreitig.

36

Zwischen den Parteien ist es außerdem unstreitig geblieben, dass diese fast leeren und für den Betrieb unbrauchbaren Heizölfässer nicht alle zeitnah fachgerecht entsorgt werden, sondern sich stets eine gewisse Anzahl von ihnen auf dem Betriebsgelände befindet. Schließlich ist unstreitig, dass in der Garage, in der der Kläger nach Beobachtung seiner Kollegen das Heizöl abgezapft hat, sowohl Fässer mit verwendbarem Heizöl befinden, wie auch Fässer mit nicht mehr verwendbarem Heizöl.

37

Die Beklagte hat für ihre Behauptung, der Kläger habe versucht, noch unverdorbenes Heizöl zu entwenden, keinen Beweis angetreten. Nach dem Stand der Aufklärung des Sachverhalts, wie er sich in der Gerichtsakte widerspiegelt, ist von Seiten der Beklagten auch nie versucht worden, der Frage näher nachzugehen, welche Qualität das Heizöl hatte, das sich in dem beim Kläger aufgefundenen Kanister befunden hatte.

38

Die Beweislast für den Umstand, dass der Kläger gebrauchsfähiges Heizöl zu entwenden versucht hat, liegt bei der Beklagten. Die Beklagte als Arbeitgeberin trägt die Beweislast für die Darlegung des Kündigungsgrundes. Dies ist für die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers in § 1 Absatz 2 Satz 4 KSchG ausdrücklich so geregelt. Diese Beweislastregel gilt aber auch gleichermaßen für die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - AP Nr. 240 zu § 626 BGB).

39

Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast auch dafür, dass solche Tatsachen nicht vorgelegen haben, die das Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt oder entschuldigt erscheinen lassen. Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast darf sich der Arbeitgeber zunächst darauf beschränken, den objektiven Tatbestand einer Arbeitspflichtverletzung darzulegen. Will der Arbeitnehmer einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für sein Verhalten geltend machen, muss er dazu substantiiert vortragen. Darauf hat der Arbeitgeber substantiiert einzugehen. Gegebenenfalls ist Beweis zu erheben, wobei die objektive Beweislast beim Arbeitgeber verbleibt (vgl. nur BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - AP Nr. 65 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung = DB 2012, 926 und BAG 21. Mai 1992 - 2 AZR 10/92 - BAGE 70, 262 = AP Nr. 29 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung = DB 1992, 2446). Diese Regeln gelten gleichermaßen für sonstige entlastende Umstände, die der Arbeitnehmer vorträgt, die nicht das Gewicht von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen erreichen.

40

Wenn man den Umstand, dass es sich – nach Darstellung des Klägers – bei dem Heizöl in dem aufgefundenen Kanister um "verdorbenes" Heizöl gehandelt hat, hier einmal als einen entlastenden Umstand ansehen mag (Näheres dazu unten), gilt dieser Vortrag prozessual als unbestritten, denn die Beklagte hat dem nur die Behauptung des Gegenteils entgegengesetzt und hat keine ergänzenden Umstände vorgetragen, die das klägerische Vorbringen erschüttern. Zudem fehlt es an einem Beweisantritt der Beklagten für diese strittige Behauptung.

b)

41

Wenn man aufgrund des Sach- und Streitstandes davon ausgehen muss, dass der Kläger versucht hat, betrieblich nicht mehr nutzbares Heizöl zu entwenden, ist die ausgesprochene Kündigung unverhältnismäßig, denn es hätte ausgereicht, den Kläger durch Erteilung einer Abmahnung klar zu machen, dass die Beklagte auch eine solche Pflichtverletzung als so schwerwiegend ansieht, dass sie geeignet ist, eine Kündigung zu rechtfertigen.

42

Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis nur dann mit Kündigung beenden, wenn es keine milderen Alternativen gibt, mit denen das entstandene Problem behoben werden kann. Es ist daher stets zu prüfen, ob das entstandenen Problem auch durch eine Abmahnung hätte beseitigt werden können. Beruht die Vertragspflichtverletzung – wie vorliegend – auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das künftige Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Die ordentliche wie die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 10. Juni 2010 aaO).

43

Es kann nicht festgestellt werden, dass vorliegend der Ausspruch einer Abmahnung sinnlos gewesen wäre, weil feststeht, dass eine Verhaltensänderung auf Seiten des Klägers nicht zu erwarten steht. Positive Anhaltspunkte dafür sind nicht vorgetragen. Die Reaktion der Beklagten auf den Diesel-Diebstahl wenige Monate vor dem hier streitigen Vorfall macht die Abmahnung im vorliegenden Falle nicht überflüssig. Zum einen ist es spekulativ geblieben, in welchem Umfang der Kläger über die tatsächlichen Hintergründe der seinerzeitigen Kündigung des Kollegen überhaupt unterrichtet war. Zum anderen sieht das Gericht auch objektiv erhebliche Unterschiede zwischen beiden Vorfällen, so dass selbst bei unterstellter vollständiger Kenntnis des Klägers von den Umständen des Diesel-Diebstahls, aus der Pflichtverletzung des Klägers nicht auf dessen Unbelehrbarkeit geschlossen werden kann. Zum einen war der Diesel für die Beklagte im Gegensatz zum hier betroffenen verdorbenen Heizöl noch verwertbar. Zum andern hat der Diebstahl von Landwirtschafts-Diesel immer auch eine steuerstrafrechtliche Dimension, weshalb es verständlich ist, dass die Beklagte in diesen Dingen einen besonders strengen Maßstab anlegt.

44

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die hier streitige Pflichtverletzung so schwer ist, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist. Wirtschaftlich betrachtet war das Heizöl, dass der Kläger entwenden wollte, nicht nur für die Beklagte wertlos, da es im Betrieb nicht mehr verwendet werden könnte, es hatte sogar einen negativen Wert, denn es hätte nur unter Kostenaufwand fachgerecht entsorgt werden können. In einer solchen Situation ist es nicht vorhersehbar, dass der Arbeitgeber die formale Verletzung seines Eigentumsrechts gleich zum Anlass einer Kündigung nehmen würde. Vielmehr liegt es näher anzunehmen, den Arbeitnehmer im Rahmen einer Abmahnung – oder auch nur auf sonstige Weise – klar zu machen, dass man als Arbeitgeber trotz der wirtschaftlichen Wertlosigkeit des entwendeten Gutes, auch die formale Verletzung der Eigentümerrechte an sich als zur Kündigung geeigneten Vorfall ansehe.

45

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte einen generellen Vertrauensverlust zum Kläger beklagt. Das Fehlverhalten beschränkt sich auf den Versuch, ein wirtschaftlich wertloses Gut des Arbeitgebers zu entwenden. Es gibt keine Grundlage für die Annahme, der Kläger neige generell dazu, seinen Arbeitgeber durch Diebstahl oder ähnliche Verhaltensweisen zu schädigen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor Ausspruch der Kündigung eingeräumt haben soll, dass er bereits früher einmal Heizöl mitgenommen habe. Die Beklagte hat diesen vorangegangenen Pflichtenverstoß des Klägers nicht weiter aufgeklärt und in den Rechtsstreit eingeführt, so dass mögliche Spekulationen zu diesem Vorfall auf sich beruhen können.

3.

46

Auch die Belastung, die das Arbeitsverhältnis in den letzten Jahren durch den alkoholbedingten Führerscheinentzug des Klägers – und seine sich andeutende Alkoholabhängigkeit - erlitten hat, macht für die Beklagte das weitere Festhalten am Arbeitsverhältnis nicht unzumutbar.

47

Die Beklagte hat zu diesem Themenkomplex keine weiteren Einzelheiten vorgetragen, so dass nicht festgestellt werden kann, dass die Alkoholprobleme des Klägers und die betrieblichen Probleme, die aus der fehlenden Fahrerlaubnis resultieren, die Kündigung auch ohne den Vorfall mit dem Heizöl rechtfertigen könnten. Wenn aber weder der Heizölvorfall noch die Alkoholprobleme für sich geeignet sind, die Kündigung zu rechtfertigen, können sie diese auch bei gemeinsamer Betrachtung nicht rechtfertigen.

II.

48

Auch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 13. März 2014 zum 31. Oktober 2014 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet. Denn es kann die soziale Rechtfertigung dieser Kündigung im Sinne von § 1 Absatz 2 KSchG nicht festgestellt werden.

49

Wenn schon die außerordentliche Kündigung vorliegend nicht begründet ist, weil es ausgereicht hätte, den Kläger abzumahnen, gilt dies erst Recht für die ordentliche Kündigung. Wegen der Einzelheiten kann daher auf die Ausführungen oben zu I. verwiesen werden.

III.

50

Da der Kläger mit seinem Kündigungsschutzantrag obsiegt hat, hat er auch einen Anspruch auf weitere Beschäftigung gegen die Beklagte für die weitere Laufzeit des Kündigungsschutzprozesses.

IV.

51

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte, da der Kläger obsiegt hat (§ 91 ZPO).

52

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.