Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 01. März 2016 - 12 Sa 835/15
Gericht
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten zu 2. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25. Juni 2015 - 6 Ca 8998/14 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte zu 2. hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über den Erfolg eines Auflösungsantrags der Beklagten zu 2.
3Die inzwischen fünfzigjährige Klägerin ist seit Februar 2001 bei der Beklagten zu 1. und nach einem Betriebsübergang am 1. Januar 2015 bei der Beklagten zu 2. als Referentin Medienpolitik beschäftigt. Ihr Quartalsgehalt beläuft sich auf 12.463,80 Euro brutto. Die Beklagten sind Teil einer Mediengruppe. Die Klägerin war als Referentin in der Direktion Geschäftsführung und dort im Bereich Medienpolitik tätig.
4Die Beklagte zu 1. sprach der Klägerin am 17. November 2014 eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 30. April 2015 aus, die das Arbeitsgericht mangels dargelegten Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs für nicht sozial gerechtfertigt ansah. Gegen diesen Teil der Entscheidung wenden sich die Beklagten nicht. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht die Beklagte zu 2. verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.
5Mit dem noch anhängigen Auflösungsantrag macht die Beklagte zu 2. die Auflösung des Arbeitsverhältnisses geltend. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Klägerin habe sich im Prozess unangemessen eingelassen. So habe sie vorgetragen, der Vorgesetzte habe „bereits lange vor der angeblichen unternehmerischen Entscheidung versucht, die Klägerin aus seiner Abteilung zu entfernen“. Weiterhin habe sie sich eingelassen, es habe ein „massives Bestreben des Vorgesetzten … gegeben, die Zusammenarbeit mit (ihr) zu beenden“. Diese Unterstellungen seien unzutreffend und schädigten den Vorgesetzten in seinem Ruf. Zudem habe sie E-Mails mit dem Generalsekretär der Mediengruppe vorgelegt, die erkennbar persönlich und vertraulich gewesen seien. In diesen habe sich der Generalsekretär zu einem Vorgang in Bezug auf den Vorgesetzten der Klägerin geäußert. Mit diesen E-Mails habe die Klägerin die beiden Herren gegeneinander ausspielen wollen. Aufgrund der massiven Angriffe der Klägerin sei eine gedeihliche Zusammenarbeit auch mit der Betriebserwerberin undenkbar. Die Klägerin habe jedes Vertrauen im Unternehmen zerstört. Nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses vor dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist könne die Beklagte zu 2. die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragen.
6Die Beklagte zu 2. hat beantragt,
7das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 30.000,00 Euro nicht überschreiten sollte, aufzulösen.
8Die Klägerin hat beantragt,
91. den Antrag abzuweisen;
102. für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag, die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Referentin Medienpolitik zu beschäftigen.
11Die Klägerin hat vorgetragen, ein Auflösungsgrund liege nicht vor. Sie habe in berechtigter Wahrnehmung ihrer Rechte auf objektiv zutreffende Umstände hingewiesen. Dies sei kein Angriff auf den Vorgesetzten. Sie sehe sich aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung einem Angriff auf ihre wirtschaftliche Existenz ausgesetzt. Dass die Kündigung aus ihrer Sicht primär auf persönlichen Motiven beruht habe, begründe keinen Auflösungsgrund. Sonst müsse jeder Arbeitnehmer, der sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehre, mit der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses rechnen. Sie habe nicht den Versuch unternommen, den Vorgesetzten gegen den Generalsekretär auszuspielen oder seinen Ruf zu schädigen. Zur Verteidigung ihrer Rechte und zur Wahrung rechtlichen Gehörs habe sie vortragen dürfen, was prozesserheblich gewesen sei. Es sei ihr nicht versagt, in einem Prozess Schriftstücke vorzulegen, die ihre Darstellung bestätigten.
12Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage und dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben und den Auflösungsantrag abgewiesen. Mit dem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess könne die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung verlangen, da überwiegende schutzwürdige Interessen der Beklagten zu 2. nicht vorlägen. Es lägen keine Gründe für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor. Der Vortrag der Klägerin sei von ihrer Meinungsfreiheit gedeckt. Die Grundsätze der Rechtsprechung zur Überprüfung einer betriebsbedingten Kündigung dienten auch dazu, die bloß vorgeschobene betriebsbedingte Kündigung auszuschließen. Daher sei es zulässig, wenn der Arbeitnehmer sich auf einen bloß vorgeschobenen Kündigungsgrund berufe. Dasselbe gelte auch für die Vorlage von E-Mails.
13Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze wie auch auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
14Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25. Juni 2015 ist der Beklagten zu 2. am 20. Juli 2015 zugestellt worden. Ihre Berufungsschrift ist am 17. August 2015, die Berufungsbegründung nach Verlängerung der Begründungsfrist am 21. Oktober 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
15Die Beklagte zu 2. hat gegen die Abweisung des Auflösungsantrags Berufung eingelegt. Eine Auflösung komme in Betracht, wenn während des Prozesses zusätzliche Spannungen zwischen den Parteien aufträten, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen ließen. Zwar sei das Recht des Arbeitnehmers zur freien Meinungsäußerung zu beachten, nicht erfasst seien hiervon jedoch falsche Tatsachenbehauptungen. Die Äußerungen der Klägerin seien beleidigend und ehrverletzend. Die E-Mails mit dem Generalsekretär hätten in keinen Zusammenhang zum Kündigungsschutzverfahren gestanden. Die Klägerin habe insoweit keine berechtigten Interessen wahrgenommen. Zudem habe sie etwa zwei Wochen nach dem Obsiegen beim Arbeitsgericht in der Kantine ein Gespräch mit Kollegen geführt, bei dem sie - während eine Mitarbeiterin des Bereichs Medienpolitik in ihrer Nähe stand - gesagt habe: „Ich habe die Stasi überlebt, da werde ich das auch überleben.“ Die Klägerin vergleiche die Beklagten also mit der Stasi. Der Vergleich zeige, welches Bild die Klägerin von ihr habe und dass auf dieser Basis eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unmöglich sei. Erschwerend sei der Zeitpunkt der Äußerung zu berücksichtigen. Nur kurz nach dem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess habe sie sich in dieser Art und Weise geäußert.
16Die Beklagte zu 2. beantragt sinngemäß,
17das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25. Juni 2015 - 6 Ca 835/15 - insoweit abzuändern, als es ihren Auflösungsantrag abgewiesen und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben hat, und das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 30.000,00 Euro nicht überschreiten sollte, aufzulösen und die Klage im übrigen abzuweisen.
18Die Klägerin beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Die Klägerin trägt vor, sie könne sich an ein entsprechendes Gespräch nicht erinnern. Sie habe die Beklagte nicht mit der Stasi verglichen. Zwar sei sie in der DDR aufgewachsen und im Alter von 20 Jahren mit der Stasi in Kontakt gekommen, von der sie und Verwandte massiv bedroht worden seien. Einen entsprechenden Vergleich habe es dennoch nicht gegeben. Selbst wenn es diesen gegeben haben sollte, habe es sich in der Kantine um ein vertrauliches, persönliches Gespräch gehandelt.
21Für den weiteren Vortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe
23Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
24A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 519, § 520 Abs. 1, Abs. 3 ZPO. Sie erstreckt sich auch ohne ausdrücklichen Antrag der Beklagten zu 2. auf die Abweisung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrags.
25Dem Landesarbeitsgericht ist neben dem in der Berufung ausdrücklich bezeichneten und vom Antrag erfassten abgewiesenen Auflösungsantrag auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin angefallen. Zwar bestimmen die Parteien grundsätzlich selbst, in welchem Umfang sie gegen ein Urteil Berufung einlegen, § 520 Abs. 3 ZPO. Allerdings werden von einer begrenzten Berufung auch all jene Anträge erfasst, die von dem in der Berufung angegriffenen Entscheidungsteil prozessual abhängen. Das betrifft auch den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag. Zwar ist er vom reinen Wortlaut „nur“ darauf gerichtet, die Beklagte zu 2. zu verurteilen, die Klägerin „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens“ in der zuletzt ausgeübten Funktion weiterzubeschäftigen. Zum Kündigungsschutzverfahren zählt allerdings auch der Auflösungsantrag der Beklagten. Aus diesem Grund ist der von der Klägerin aufrechterhaltene Weiterbeschäftigungsantrag als unechter Hilfsantrag zu verstehen, über den nur unter der Voraussetzung zu entscheiden ist, dass sie mit ihrem Feststellungsantrag obsiegt und der Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen wird (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 55). Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass das Arbeitsgericht in seiner Begründung für das Obsiegen mit dem Weiterbeschäftigungsanspruch allein auf das Obsiegen mit dem Kündigungsschutzantrag - und nicht auch auf das Obsiegen gegen den Auflösungsantrag der Arbeitgeberin - abgestellt hat. Insoweit kommt es allein auf die maßgeblichen innerprozessualen Bedingungen und nicht auf die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung an. Ob die Klägerin allerdings auch gegen den Auflösungsantrag obsiegt, ist gerade Gegenstand des Berufungsverfahrens. Insoweit ist der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag - unabhängig von entsprechenden Anträgen der Beklagten zu 2. - wegen der Abhängigkeit vom Auflösungsantrag im Berufungsverfahren angefallen.
26B. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Auflösungsantrag zu Recht abgewiesen (I.) und dem Weiterbeschäftigungsantrag zu Recht stattgegeben (II.).
27I. Der Auflösungsantrag der Beklagten zu 2. ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die übrigen Voraussetzungen des Auflösungsantrags des Arbeitgebers - also die ausschließliche Unwirksamkeit wegen fehlender sozialer Rechtfertigung - vorliegen. Der Beklagten zu 2. steht kein Auflösungsgrund zur Seite.
281. Die Beklagte zu 2. konnte nach dem Betriebsübergang in der Kündigungsfrist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragen, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
29a) Jedenfalls dann, wenn der Erwerber bereits Partei im Prozess ist und der Betriebsübergang vor dem Ablauf der Kündigungsfrist erfolgt, kann er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragen. Der Betriebserwerber verfolgt in diesem Fall nicht die Rechte des Veräußerers, sondern die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, das zum Beendigungstermin mit ihm bestehen würde (vgl. zum umgekehrten Fall BAG 24. Mai 2005 - 8 AZR 246/04 - Rn. 31, BAGE 114, 362). Auch für die gegenteilige Situation hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts das Antragsrecht des Arbeitnehmers nur gegenüber dem Erwerber anerkannt (BAG 20. März 1997 - 8 AZR 769/95 - BAGE 85, 330). Es soll nämlich das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zu dem neuen Arbeitgeber aufgelöst werden. Für diesen Streit besteht keine Sachbefugnis des früheren Arbeitgebers. Daran ändert die Tatsache nichts, dass das Arbeitsverhältnis so auf den Erwerber übergeht, wie es beim Betriebsübergang bestanden hat.
30b) Nach diesen Grundsätzen konnte die Beklagte zu 2. die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragen. Denn der Betriebsübergang ist vor dem Ablauf der Kündigungsfrist erfolgt.
312. Allerdings lagen keine ausreichenden Auflösungsgründe vor.
32a) Als Auflösungsgrund sind grundsätzlich Beleidigungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte und Kollegen geeignet. Auch bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen können - etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen - die Rechte eines Arbeitgebers in gravierender Weise verletzen und eine gedeihliche künftige Zusammenarbeit in Frage stellen (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22). Der Arbeitnehmer kann sich dafür nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Falsche Tatsachenbehauptungen sind nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG umfasst(BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19).
33b) Äußerungen, die ein Werturteil enthalten, fallen hingegen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 18; 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 21). In diesem Fall ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit gegen die betroffenen Grundrechte des Arbeitgebers abzuwägen und mit diesen in ein ausgeglichenes Verhältnis zu bringen. Im Rahmen der Abwägung fällt die Richtigkeit des Tatsachengehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19; 13. Februar 1996 - 1 BvR 262/91 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 94, 1).
34c) Meinungsäußerungen, die auf einer gesicherten Tatsachenbasis beruhen, hat der Arbeitgeber eher hinzunehmen, als solche, bei denen sich der Arbeitnehmer auf unzutreffende Tatsachen stützt. Arbeitnehmer dürfen unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich ggf. auch überspitzt oder polemisch äußern (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22; 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 14, BAGE 138, 312). Die Meinungsfreiheit muss jedoch regelmäßig dann zurücktreten, wenn sich das in der Äußerung enthaltene Werturteil als Formalbeleidigung oder Schmähkritik erweist (BVerfG 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 23; 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 93, 266).
35d) Allerdings macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Erklärung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die den Betroffenen jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll (vgl. BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - aaO; BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 17, aaO; BGH 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - zu II 4 a der Gründe).
36e) Soweit in einem laufenden Gerichtsverfahren - etwa im Kündigungsschutzprozess - Erklärungen abgegeben werden, ist zu berücksichtigen, dass diese durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22; 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 12). Parteien dürfen zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann(BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe). Ein Prozessbeteiligter darf auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Dies gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Parteien dürfen nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 38; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 -).
37f) Gemessen daran trägt die Begründung der Beklagten zu 2. die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht.
38aa) Schon die Äußerung der Klägerin, man versuche sie aus ihrer Abteilung zu entfernen, stellt entgegen dem Vortrag der Beklagten zu 2. keine unzulässige unwahre Tatsachenbehauptung dar. Zwar mag in dieser Aussage ein Tatsachenkern enthalten sein. Allerdings enthält diese Äußerung - gerade weil sie in einem gerichtlichen Verfahren getätigt wurde - Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens und keine vordergründige Diffamierung, die den Betroffenen jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll. Die Klägerin macht vielmehr deutlich, dass sie den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs, der die ihr gegenüber ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen soll, erheblich infrage stellt. Hierbei durfte sie sich auch starker, eindringlicher Ausdrücke bedienen, um ihre Rechtsposition zu unterstreichen. Das Wort „entfernen“ ist dabei sicherlich plakativ, allerdings weder beleidigend noch ehrverletzend. Das gilt auch und erst recht, wenn sich diese Behauptung auf eine bestimmte natürliche Person bezieht. Ein Arbeitnehmer kann sich mit seiner Äußerung nicht gegen eine juristische Person wenden. Denn diese handelt nicht selbst, sondern wird vertreten durch ihre (gesetzlichen) Bevollmächtigten als natürliche Personen, die durch eine Äußerung zulässig aus der Sicht eines Arbeitnehmers in den Fokus gerückt werden dürfen.
39bb) Dasselbe gilt in Bezug auf den Begriff „massives Bestreben“, mit der der Vorgesetzte der Klägerin versucht haben soll, die Zusammenarbeit mit ihr zu beenden. Eine solche Aussage muss ein Arbeitnehmer, der sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wert, entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht beweisen. Vielmehr ist der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 Satz 1, 4 KSchG in der Pflicht, die soziale Rechtfertigung darzulegen und zu beweisen. Ob diese Aussage dann tatsächlich der Wahrheit entsprechen kann oder nicht, ist wegen der zulässigen Wahrnehmung von Rechten unerheblich. Die lässt zudem hinreichend deutlich erkennen, dass sie von einer Wertung der Klägerin getragen ist.
40cc) Auch die Vorlage vertraulicher E-Mails - jedenfalls solcher wie im vorliegenden Verfahren - ist noch vom Kampf ums Recht gedeckt. Mit diesen E-Mails versucht die Klägerin deutlich zu machen, dass die ihr gegenüber ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung nicht sozial gerechtfertigt ist. Zwar mag es unter Umständen einen erheblichen Vertrauensbruch darstellen, wenn der Arbeitnehmer bestimmte vertrauliche E-Mails in einen Kündigungsschutzprozess einführt. Solange diese E-Mails jedoch einen hinreichenden Bezug zur Darlegung der Rechtsposition des Arbeitnehmers aufweisen, insbesondere die Tatsache des Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs zweifelhaft erscheinen lassen und keine Geschäftsgeheimnisse enthalten, sind sie zur Verwendung im gerichtlichen Verfahren zugelassen - zumal im Grundsatz niemand außer den Arbeitsvertragsparteien und dem Gericht von diesem Vortrag Kenntnis erlangt.
41dd) Der Inhalt der E-Mails lässt den Zusammenhang zu der Auseinandersetzung um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses deutlich erkennen. So ist in der E-Mail vom 4. August 2014 des Generalsekretärs davon die Rede, ob man es schaffe, bei den anstehenden Abstimmungen in der persönlichen Angelegenheit der Klägerin eine gewisse Versachlichung bzw. Deeskalation in die Diskussion bringen zu können. In der weiteren E-Mail vom selben Tag, aus der die Beklagte zu 2. ohne Zusammenhang zitiert, geht es ebenfalls um das Interesse an sachlichen Lösungen. Dass die Klägerin in ihrer Antwort auf die Vertraulichkeit dieses Austausches verweist, steht der späteren Verwendung im Prozess nicht entgegen. Auch die Beklagte weist darauf hin, dass sich der Kollege freiwillig in die Angelegenheit eingeschaltet habe, obwohl diese nicht in seine Zuständigkeit gefallen sei. Selbst wenn es seine Bedingung gewesen wäre, dass die E-Mail-Korrespondenz nicht an Dritte weitergeleitet würde, hat die Klägerin mit der Vorlage der E-Mails nicht in einer Art und Weise das Vertrauen der Arbeitgeberin verletzt, dass hieraus abzuleiten wäre, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten war.
42ee) Auch der von der Beklagten behauptete Stasi-Vergleich der Klägerin vermag keinen Auflösungsgrund darzustellen. Selbst wenn die Kammer die Äußerung als wahr unterstellt, ist nicht hinreichend davon auszugehen, dass deswegen Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr erwarten lassen. Für die Wertung einer Äußerung sind neben ihrem Inhalt auch das Umfeld sowie die Umstände ihrer Äußerungen zu werten. Hierbei ist besonders zu unterstreichen, dass die Klägerin die Beklagte nicht unmittelbar mit der Stasi vergleicht. Die Äußerung bringt allein zum Ausdruck, dass die Klägerin unter der Stasi erheblich gelitten hat, dies jedoch überlebt hat, und dass sie auch von der Beklagten erhebliches Leid erfahren hat, dies aber auch überleben wird. Aus dieser Äußerung folgt nicht, dass sie das schändliche Verhalten der Stasi mit dem Verhalten der Beklagten gleichsetzt. Die Klägerin bringt in einem Erst-Recht-Schluss zum Ausdruck, dass sie das gerichtliche Verfahren und die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten überleben werde, da sie bereits Schlimmeres überlebt habe. Das durch die Kündigung Erlittene stellt sie gerade nicht auf dieselbe Stufe mit dem durch die Stasi erlittenen Leid. Hinzutritt, dass die Äußerung der Klägerin, sollte sie gefallen sein, in einem von einer gewissen Privatheit geprägten Gespräch - nämlich in der Kantine - gegenüber ihr vertrauten Personen gefallen ist. Zwar muss ein Arbeitnehmer bei Äußerungen in der Kantine eine gewisse Rücksichtnahme walten lassen. Allerdings darf gerade während der Pausenzeiten im privaten Gespräch in der Kantine von der Arbeitgeberin nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden. Dabei ist weiterhin zu beachten, dass gerade der zeitliche Verlauf für die Klägerin streitet. Die Durchführung eines Kündigungsschutzprozesses, in dem sich ein Arbeitgeber von einer Arbeitnehmerin betriebsbedingt lösen möchte und dies zusätzlich mit einem Auflösungsantrag versucht, führt zu einer erheblichen Belastung des Arbeitnehmers. Insoweit ist es dem Arbeitgeber zuzumuten, gewisse Äußerungen eines Arbeitnehmers, sofern diese nicht betriebsöffentlich erfolgen, hinzunehmen. Außerdem durfte die Klägerin nach dem Obsiegen von der Richtigkeit ihrer Rechtsaufassung ausgehen, nachdem ihr das Arbeitsgericht wegen der zu beachtenden Bindungswirkung Recht gegeben hatte.
43II. Der im Berufungsverfahren angefallene allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist begründet.
441. Der Antrag ist zulässig auf eine vorläufige Weiterbeschäftigung gegen die Beklagte zu 2. als Erwerberin gerichtet. Will der Arbeitnehmer beim Betriebserwerber weiterbeschäftigt werden, ist der Weiterbeschäftigungsantrag gegen diesen zu richten. Geht der Betrieb im Verlauf des Rechtsstreits auf den Betriebserwerber über, ist der ursprünglich gegen den Betriebsveräußerer gerichtete Antrag nach Wirksamwerden des Betriebsübergangs nunmehr gegen den Betriebserwerber zu richten (APS/Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 244). Dies gilt insbesondere dann, wenn unstreitig ein Betriebsübergang erfolgt ist (LAG Hamm 9. Juni 2006 - 19 Sa 879/06 -; LAG Düsseldorf 27. April 2011 - 12 Sa 75/11 - mwN).
452. Nach zutreffender höchstrichterlicher Spruchpraxis hat der gekündigte Arbeitnehmer in der Zeit von der Verkündung des klagestattgebenden arbeitsgerichtlichen Urteils während der Dauer des Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen. Der Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung entfällt, wenn überwiegende Interessen des Arbeitgebers der Weiterbeschäftigung entgegenstehen (BAG 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122).
463. Die Klägerin hat mit dem Kündigungsschutzantrag obsiegt. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 2. nicht. Ob ein Antrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, solange er nicht abschlägig beschieden worden ist, ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers zu begründen vermag(vgl. BAG 16. November 1995 - B 8 AZR 864/93 - BAGE 81, 265), bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 55). Denn die Kammer hat den Auflösungsantrag ebenfalls abschlägig beschieden, so dass es bei der grundsätzlichen Abwägung zugunsten der Arbeitnehmerin verbleibt. Die Beklagte zu 2. hat zudem keine berechtigten Interessen geltend gemacht, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen. Ein überwiegendes Interesse der Beklagten zu 2. ist damit nicht ersichtlich.
47C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
48D. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG. Es liegen keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen vor, die grundsätzliche Bedeutung haben könnten.
49E. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen, § 72a Abs. 1 ArbGG.
50BELEHRUNG
51Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.