Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 29. Dez. 2015 - 11 Ta 185/14
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 24.04.2014 - 6 Ca 2671/13 - wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e:
2Die nach § 127 ZPO statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht für den Klageantrag zu 3), mit der Kläger die Vergütung von 171 Mehrarbeitsstunden begehrte, abgelehnt.
3I. Gemäß § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
41. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtsgebietet Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG zwar keine vollständige Gleichstellung Unbemittelter mit Bemittelten, sondern nur eine weitgehende Angleichung. Verfassungsrechtlich unbedenklich ist es danach, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen mit der Folge, dass die vorverlagerte Entscheidung auch den weiteren Rechtsweg abschneidet. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz nämlich nicht selbst bieten, sondern erst zugänglich machen (BVerfG, Beschl. v. 09.10.2014 - 1 BvR 83/12 - m.w.N.). An die Voraussetzung der hinreichenden Erfolgsaussicht dürfen daher keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Sie liegt bereits dann vor, wenn der von dem Antragsteller vertretene Rechtsstandpunkt auf Grund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung besteht (BGH, Beschl. v. 14.12.1993- VI ZR 235/92 - m.w.N.).
52. Für die gemäß § 114 Satz 1 ZPO vorzunehmende Erfolgsprognose ist der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung Entscheidungsgrundlage, wenn alsbald nach Entscheidungsreife entschieden wird. Zur Entscheidung reif ist das Prozesskostenhilfebegehren, wenn die Partei es schlüssig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und wenn der Gegner Gelegenheit gehabt hat, sich innerhalb angemessener Frist (§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zum Prozesskostenhilfegesuch zu äußern. Auch wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache inzwischen rechtskräftig entschieden ist, ist die Erfolgsaussicht aufgrund des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs zu beurteilen. Wenn dieser zu einer günstigeren Erfolgsprognose führt als die spätere Lage, ist die Erfolgsaussicht zu bejahen, ohne dass damit die Hauptsacheentscheidung in Frage gestellt wird (BGH, Beschl. v. 07.03.2012 - XII ZB 391/10 - m.w.N.). Unterbleibt die Anhörung des Gegners nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO führt das nicht dazu, dass Entscheidungsreife nicht eintritt. Vielmehr ist sie auch ohne Anhörung des Prozessgegners von dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem bei rechtzeitiger und angemessener Fristsetzung des Gerichts die Stellungnahme des Gegners vorgelegen hätte (vgl. LAG Hamm, Beschl. v. 22.07.2013 - 14 Ta 138/13 - m.w.N.).
63. Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht erst nach der Entscheidung in der Hauptsache durch Urteil vom 10.04.2014 über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden und die Beklagte zuvor nicht gesondert zur Stellungnahme zu den Klageanträgen aus dem Schriftsatz vom 06.11.2013 aufgefordert. Entscheidungsreife lag schon vor der Erwiderung der Beklagten mit Schriftsatz vom 27.02.2014, mit der sie die Überstunden substantiiert bestritten hat, vor. Jedoch war die Klage hinsichtlich der Mehrarbeitsvergütung nicht erst aufgrund des Bestreitens der Beklagten, sondern von Anfang an, mithin auch zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife, welche zwei Wochen nach Übergabe des Klageantrags zu 3) im Gütetermin am 07.11.2013 eintrat, unschlüssig.
7Der Kläger war als Koch aufgrund des Arbeitsvertrags vom 01.01.2013, Ziffer 4., verpflichtet, 120 Stunden monatlich zu leisten. Eine zeitliche Lage der Arbeitsstunden war nicht vorgesehen, vielmehr war ausdrücklich eine flexible Arbeitszeit vereinbart worden. Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 06.11.2013 behauptet, er habe pro Arbeitstag drei Überstunden in der Zeit von 11.00 bis 14.00 Uhr bzw. 11.30 bis 14.30 Uhr aufgrund des Mittagstischangebots geleistet. Dass es sich bei der Mittagsarbeit überhaupt um Mehrarbeit gehandelt hatte, war seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Er hatte bereits nicht dargetan, dass und an welchen Tagen er in dem streitigen Zeitraum vom 14.01.2013 bis 09.03.2013 seine arbeitsvertraglich geschuldeten 120 Arbeitsstunden erbracht hatte. Jegliche Angaben zu den Arbeitszeiten an den jeweiligen Tagen im genannten Zeitraum fehlten. Es ließ sich seinem Vortrag daher nicht hinreichend entnehmen, dass es sich bei den Mittagsstunden überhaupt um Arbeitsstunden gehandelt hatte, die über die Normalarbeitszeit hinausgingen. Auch blieb offen, ob und wann überhaupt die arbeitsvertraglich geschuldete Stundenzahl erreicht wurde. Zudem hatte der Kläger keine Arbeitsanweisungen seiner Arbeitgeberin zur Lage der Arbeitszeit dargetan, sondern sich im Schriftsatz vom 06.11.2013 auf die floskelhafte Umschreibung, die Überstunden seien aufgrund "betrieblicher Anforderungen und Anordnung" erbracht worden, beschränkt. Verlangt der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tariflicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder aus § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er konkret darzulegen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer zunächst seiner Darlegungslast, wenn er schriftsätzlich vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat (BAG, Urt. v. 10.04.2013 - 5 AZR 122/12 - m.w.N.).
8II. Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.
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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.