Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 15. Juni 2015 - 1 Ta 209/15
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der
Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 14.04.2015
(5 Ca 1848/11 d) aufgehoben.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 11 a Abs. 1 ArbGG zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Abänderung der zu leistenden Zahlungen gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO - in der bisherigen Gesetzesfassung, die für das Verfahren gemäß § 40 EGZPO weiterhin maßgeblich ist - liegen nicht vor.
4Auf der Grundlage der von der Klägerin dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt sich auch derzeit kein einzusetzendes Einkommen gemäß § 115Abs. 2 ZPO und damit keine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse i.S.v. § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO (a.F.).
5a) Bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens ist davon auszugehen, dass die Klägerin ausweislich des Bescheides der Bundesagentur für Arbeit vom 15.10.2014 derzeit Arbeitslosengeld gemäß § 136 SGB III in Höhe von monatlich 758,10 EUR erzielt.
6b) Von den Einkünften ist der Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO i. H. v. 462,00 EUR abzuziehen.
7c) Für das unterhaltsberechtigte Kind L K ist darüber hinaus gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b ZPO ein weiterer Unterhaltsfreibetrag zu berücksichtigen. Dieser steht nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich das Gericht anschließt, jedem Elternteil in vollem Umfang zu. Eine Aufteilung auf die Elternteile kommt nach der gesetzlichen Regelung, die ohne Differenzierung nur auf den Antragsteller abstellt, nicht in Betracht (ebenso LAG Hamm 06.03.2012 – 14 Ta 629/11 – juris; OLG Hamm 20.02.2007 – 19 W 1/07 – MDR 2007, 973; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 115 Rn. 31; Kalthöner/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 7. Aufl. 2014, Rn. 271). Allerdings vermindert sich der Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO um das dem Kind zustehende Kindergeld (LAG Berlin-Brandenburg 29.09.2014 – 3 Ta 1494/14 – NZA-RR 2015, 44; OLG Rostock 06.09.2012 – 10 WF 218/12 – FamRZ 2013, 648; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 115 Rn. 19). Denn dieses ist aufgrund der Neufassung des § 1612 b BGB sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach dem Willen des Gesetzgebers dem Einkommen des Kindes zugewiesen (BVerfG 14.07.2011 – 1 BvR 932/10 – NJW 2011, 3215, Rn 37). Der Freibetrag für das Kind in Höhe von 268,00 EUR ist danach um das Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR zu reduzieren, so dass ein Abzugsbetrag in Höhe von 84,00 EUR verbleibt.
8d) Vom Einkommen der Klägerin sind darüber hinaus anteilige Kosten für Miete und Heizung in Höhe von 320,00 EUR gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO abzuziehen.
9Grundsätzlich sind Wohnkosten von beiden Ehegatten entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zu tragen. Dabei ist auf das Verhältnis der - ohne weitere Abzüge - gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b – 4 ZPO zur Verfügung stehenden Nettoeinkünfte abzustellen (LAG Hamm 06.03.2012 – 14 Ta 629/11 – juris; LAG Düsseldorf 23.03.2010 – 3 Ta 163/10 - ). Bei einem Durchschnittseinkommen ihres Ehegatten von rund 2.000,00 EUR netto würde der von der Klägerin auf der Grundlage des Einkommens in Höhe von 758,10 EUR zu tragende Anteil rund 27,05 % betragen. Im vorliegenden Fall hat der Ehemann der Klägerin allerdings unter dem 16.05.2012 bestätigt, dass er von seiner Ehefrau den hälftigen Betrag der Miete erhält. Dieser Umstand wurde vom Arbeitsgericht bei der ursprünglichen Bewilligung der Prozesskostenhilfe auch zugunsten der Klägerin zugrunde gelegt. Es sind vor diesem Hintergrund, ausgehend von den Gesamtkosten für Miete und Heizung in Höhe von 640,00 EUR, als weitere Belastung 320,00 EUR abzuziehen.
10e) Bei monatlichen Einnahmen in Höhe von 758,10 EUR, abzüglich des Unterhaltsfreibetrages in Höhe von 462,00 EUR, des Freibetrages für das Kind in Höhe von 84,00 EUR und des Anteils für Unterkunft und Heizung in Höhe von 320,00 EUR verbleibt kein einzusetzendes Einkommen.
11II.
12Der Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.
(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.
(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.
(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.
(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.
(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,
- 1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken; - 2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.
(4) (weggefallen)
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.