Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 16. Okt. 2014 - 17 Sa 896/14
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Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.06.2014 – 1 Ca 465/14 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Höhe der monatlichen Vergütung des Klägers.
3Er ist seit dem 01.09.1993 als Monteur bei der Beklagten in X beschäftigt. Diese betreibt einen Möbelhandel mit vier Standorten und beschäftigt mehrere hundert Arbeitnehmer.
4Dem Arbeitsverhältnis des Klägers liegt ein Arbeitsvertrag vom 09.08.1993 (Blatt 6 bis 9 der Akte) zugrunde.
5§ 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags lautet wie folgt:
6„Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages. . . . “
7In § 4 des Arbeitsvertrages wurde Nr. 1 (Einstufung in eine Lohngruppe des Lohntarifvertrages für den Einzelhandel) nicht ausgefüllt. Dagegen wurde in Nr. 2 handschriftlich der Bruttostundenlohn von 18,43 DM, nach der Probezeit von 19,49 DM und ab dem 01.03.1994 von 19,75 DM eingetragen.
8§ 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrages enthält folgende Regelung:
9„Die über den Tariflohn hinausgehenden Lohnbestandteile sowie die gewährte Provision können jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden. Sie können bei einer Erhöhung der Lohntarife, beim Aufrücken in eine höher Lohngruppe/-stufe und bei Höhergruppierungen angerechnet werden.“
10Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes O, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifbindung. Mit Schreiben vom 20.09.2004 erklärte sie gegenüber dem Einzelhandelsverband O den Ausschluss der Tarifbindung zum Ablauf des auf den Zugang dieser Erklärung folgenden Monats. Seit dem 01.11.2004 führt der Verband die Beklagte als Mitglied ohne Tarifbindung.
11Bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen erhöht. Am 01.03.2005 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages (Blatt 10 der Akte). Sie hat folgenden Wortlaut:
12„Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen Ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. Ebenso bleibt die Dauer der Betriebszugehörigkeit gewahrt.
13Arbeitszeit
14Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40,0 Stunden.
15Zuschläge
16Auf Spätöffnungs- und Mehrarbeitszuschläge besteht kein Anspruch.
17Sonderzahlungen
18. . .
19Urlaub
20. . .
21Seit Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung erhöhte die Beklagte die monatliche Vergütung des Klägers nicht. Er erhält sei 2005 eine Grundvergütung in Höhe von 2.122,26 €, eine Zulage in Höhe von 85,00 € sowie eine Ausgleichszahlung in Höhe von 30,00 €.
22Mit einer am 09.08.2006 der Beklagten zugestellten Klageschrift machte der Kläger vor dem Arbeitsgericht Paderborn geltend, die Beklagte sei verpflichtet, die zusätzliche Arbeitszeit von 2,5 Stunden pro Woche zwischen der tariflichen Arbeitszeit und der in der Änderungsvereinbarung vereinbarten Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zu vergüten.
23Mit Urteil vom 07.02.2008 (Blatt 56 bis 62 der Akte) wies das Arbeitsgericht Paderborn die Klage ab. Der Kläger legte beim Landesarbeitsgericht Hamm unter dem Aktenzeichen 16 Sa 799/08 Berufung ein. Im Kammertermin vom 21.08.2008 setzte das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit bis zum Vorliegen der Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts in einem Parallelrechtsstreit Landesarbeitsgericht Hamm 18 Sa 507/07 aus. Mit Urteil vom 20.05.2009 (4 AZR 232/08) hob das Bundesarbeitsgericht in diesem Verfahren die die Berufung des Klägers gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 24.01.2007 zurückweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf.
24Am 24.03.2010 stellte das Landesarbeitsgericht Hamm in dem von dem Kläger geführten Berufungsverfahren das Zustandekommen eines Vergleiches infolge der Unterbreitung eines schriftlichen Vergleichsvorschlags durch die Parteien fest. In § 4 des Vergleiches trafen die Parteien folgende Regelung:
25„Es besteht Einigkeit, dass sich das Monatsbruttogehalt des Klägers ab dem 01.02.2010 aus einem Grundgehalt in Höhe von € 2.122,26 sowie einer Zulage in Höhe von € 85,00 und einer weiteren Ausgleichszahlung für den durch Vereinbarung vom 01.03.2005 bisher geleisteten Teilverzicht in Höhe von € 30,00 und einem hinzu zu addierenden Altersvorsorgebetrag in Höhe von € 25,00, damit insgesamt in Höhe von € 2.262,26 zusammensetzt.“
26Nr. 5 des Vergleiches lautet wie folgt:
27„Ferner besteht Einigkeit, dass der Kläger ab dem 01.02.2010 wöchentlich 37,5 Arbeitsstunden erbringt und ab dem Jahr 2010 einen jährlichen Urlaubsanspruch in Höhe von 36 Werktagen (dies entspricht bei einer 5-Tage-Woche 30 Arbeitstagen) hat.“
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlusses wird auf Blatt 63 bis 65 der Akte verwiesen.
29Mit seiner am 26.03.2014 bei dem Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Klage macht der Kläger die Vergütungsdifferenz zwischen dem Tariflohn und dem tatsächlich gezahlten Entgelt für die Monate Dezember 2013, Januar und Februar 2014 in Höhe von insgesamt 1.637,22 € brutto geltend. Gleichzeitig begehrt er die Feststellung seiner gegenwärtigen Lohnhöhe sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, sein monatliches Grundentgelt bei Änderungen im Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen jeweils um die im Lohntarifvertrag festgeschriebene prozentuale Erhöhung zu erhöhen.
30Wegen der Berechnung der seiner Ansicht nach zutreffenden Vergütung wird auf die Klageschrift vom 25.03.2014 (Blatt 3, 4 der Akte) Bezug genommen.
31Der Kläger hat vorgetragen:
32In § 1 Nr. 3 seines Arbeitsvertrages sei eine Verweisungsklausel auf die Tarifverträge im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen vereinbart worden.
33Diese Regelung sei zwar in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung als Gleichstellungsabrede ausgelegt worden. Nach Änderung der Rechtsprechung sei sie jedoch nunmehr als konstitutive Verweisung auf die Tarifverträge zu verstehen, da die Beklagte Vertrauensschutz nicht in Anspruch nehmen könne. Aufgrund der Vereinbarung vom 01.03.2005 handle es sich nämlich nicht um einen Altfall, sondern um einen Neuvertrag. Durch die Regelung „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter.“ hätten die Parteien die Verweisungsklausel erneut in ihre Willensbildung aufgenommen. Der Vereinbarung sei nicht zu entnehmen, dass sich die Beklagte in Gänze von tariflichen Regelungen habe lösen wollen. Änderungen seien nur im Hinblick auf die Arbeitszeit, auf Zuschläge, auf Sonderzahlungen und auf den Urlaub vereinbart worden.
34Nichts anderes ergebe sich aus dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24.03.2010. Gegenstand des Rechtsstreits sei ausschließlich die Frage der Arbeitszeit gewesen. In Nr. 4 des Vergleiches sei die Vergütungshöhe nur deklaratorisch festgelegt worden, um die Zusammensetzung des Entgelts unter Berücksichtigung der Arbeitszeit zu erläutern.
35Der Kläger hat beantragt,
361. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 1.637,22 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 07.03.2011 zu zahlen,
372. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn künftig ein monatliches Grundgehalt in Höhe von 2.668,- € brutto zuzüglich einer Zulage in Höhe von 85,- € brutto, einer Ausgleichszahlung in Höhe von 30,- € brutto und eines Zuschusses zur Betrieblichen Altersvorsorge in Höhe von 25,00 € zu zahlen,
383. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sein monatliche Grundentgelt in Höhe von zurzeit 2.668,- € brutto bei Änderungen im Lahntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen jeweils um die im Lohntarifvertrag festgeschriebene prozentuale Erhöhung zu erhöhen.
39Die Beklagte hat beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Sie hat die Auffassung vertreten:
42Der Arbeitsvertrag verweise hinsichtlich der Lohnhöhe nicht auf die Tarifverträge des Einzelhandels, da in § 4 Nr. 2 ein konkretes Entgelt vereinbart worden sei.
43Im Übrigen sei § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages als Gleichstellungsabrede auszulegen. Ihr sei Vertrauensschutz zu gewähren, da die Änderungsvereinbarung vom 01.03.2005 in dem Eingangssatz 2 lediglich eine Floskel enthalte, die überflüssig gewesen sei. Für den Kläger sei klar erkennbar gewesen, dass es ihr darauf angekommen sei, keine redaktionell ganz neu verfassten Arbeitsverträge aufzusetzen. Der Wechsel in die OT-Mitgliedschaft sei ihm ebenfalls bekannt gewesen. Deshalb sei es für ihn auch klar gewesen, dass sie sich insgesamt aus der Anwendung des Tarifvertrages habe lösen wollen. Die Vereinbarung vom 01.03.2005 sei übereinstimmend entsprechend verstanden worden.
44Jedenfalls sei das monatliche Entgelt des Klägers in dem Vergleich vom 24.03.2010 mit Wirkung ab dem 01.02.2010 konstitutiv vereinbart worden.
45Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass der Kläger sein Recht, regelmäßige Erhöhungen seiner Vergütung nach der tariflichen Entwicklung zu verlangen, gemäß § 242 BGB verwirkt habe. Trotz des in den Jahren 2006 bis 2008 geführte Rechtsstreits und der fehlenden Entgelterhöhungen über einen Zeitraum von acht Jahren habe er das von ihm reklamierte Recht nicht geltend gemacht.
46Mit Urteil vom 12.06.2014 hat das Arbeitsgericht Paderborn der Klage stattgegeben und ausgeführt:
47Den Kläger habe für die Monate vom Dezember 2013 bis einschließlich Februar 2014 Anspruch auf eine Entgeltdifferenz von monatlich 545,74 € brutto, insgesamt 1.637,22 € brutto. Die arbeitsvertraglichen Regelungen in §§ 1 Nr. 3, 4 Nr. 1, 3 seien in der Gesamtschau dahingehend auszulegen, dass die Parteien in § 1 Nr. 3 eine Gleichstellungsabrede im Sinne der damaligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vereinbart hätten.
48Trotz Änderung der Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgerichts seien aus Gründen des Vertrauensschutzes Verweisungsklauseln in Altverträgen weiterhin als Gleichstellungsabreden auszulegen. Etwas anderes gelte jedoch im vorliegenden Fall, da die Parteien im März 2005 einen sogenannten Neuvertrag geschlossen hätten. Maßgeblich sei, ob die Parteien nach dem 01.01.2002 anlässlich einer Vertragsänderung die Klausel erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht hätten. Das sei zu bejahen, da es in der Änderungsvereinbarung vom 01.03.2005 heiße „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter.“.
49Ab März 2005 sei die Verweisungsklausel als dynamische Verweisung auf die Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen zu verstehen mit der Folge, dass die Beklagte dem Kläger den tariflichen Lohn schulde.
50Dem Anspruch stehe auch nicht der Vergleich vom 24.03.2010 entgegen, da die Parteien lediglich den Rechtsstreit über die Frage einer Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich beendet hätten.
51Entsprechend den Ausführungen seien auch die zulässigen Feststellungsanträge zu 2) und 3) begründet.
52Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 84 bis 87 der Akte Bezug genommen.
53Gegen das ihr am 25.06.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.06.2014 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese am 07.07.2014 eingehend begründet.
54Mit Schriftsatz vom 03.09.2014 (Blatt 150, 151 der Akte) hat sie Rechtsanwalt Q den Streit verkündet.
55Sie rügt das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft und führt aus:
56Zu Unrecht sei das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen, dass in dem Arbeitsvertrag von 1993 auf die Entlohnung nach den Lohn-/Gehaltstarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen verwiesen worden sei. Die Auslegung ergebe, dass der Stundenlohn des Klägers individuell vereinbart worden sei.
57Zur Auslegung der Vereinbarung könne die Tatsache, dass sie die Tariferhöhungen bis 2005 weitergegeben habe, nicht herangezogen werden.
58Das Arbeitsgericht sei weiterhin zu Unrecht davon ausgegangen, dass im März 2005 eine dynamische Verweisungsklausel auf die Tarifverträge im Einzelhandel Nordrhein-Westfalens zustande gekommen sei. Der Kläger habe gewusst, dass sie ihre Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung umgewandelt habe. Die Vereinbarung aus März 2005 habe die Zielsetzung gehabt, sich aus dem Tarifgefüge insgesamt zu lösen. Das ergebe sich aus den Regelungsgegenständen der Vereinbarung. Sinn und Zweck der Regelung sei es gerade nicht gewesen, dass eine Tarifdynamik habe weitergelten sollen.
59Zumindest hätten die Parteien in dem Vergleich vom 24.03.2010 eine wirksame Vergütungsvereinbarung getroffen. Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses habe bereits eine andere Vergütung tariflich gegolten als die von ihr an den Kläger gezahlte.
60Im Übrigen seien die Ansprüche des Klägers verwirkt. Ein Umstandsmoment sei darin zu sehen, dass er seine Arbeitsleistung weiterhin erbracht habe, ohne Ansprüche auf Zahlung der Tariflohnerhöhungen geltend zu machen. Durch den Vergleichsschluss habe er ein Vertrauensmoment gesetzt, da er zu erkennen gegeben habe, eine Tariflohnerhöhung nicht zu begehren. Das Zeitmoment sei in der Nichtgeltendmachung der Ansprüche über einen Zeitraum von acht Jahren zu sehen.
61Der Streitverkündete ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und führt ergänzend aus:
62Die Änderungsvereinbarung vom 01.03.2005 sei nicht von ihm, sondern von dem Geschäftsführer der Beklagten P gestaltet worden.
63In einer Belegschaftsversammlung vom 01.03.2005 habe der Geschäftsführer F den am Standort X beschäftigten Mitarbeitern die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit von Personalmaßnahmen erläutert. Er habe angeboten, die Arbeitszeit von 37,5 auf 40 Stunden wöchentlich ohne Lohnausgleich auszuweiten, aber gleichzeitig erklärt, bis zum 28.02.2007 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten zu wollen. Er gehe davon aus, dass in dieser Versammlung auch die künftige OT-Mitgliedschaft und damit die Beendigung der Tarifbindung mitgeteilt worden sei. Jedenfalls sei der Kläger die Änderungsvereinbarung in dem Bewusstsein eingegangen, dass es eine künftige Tarifbindung seines Arbeitgebers und damit einen Anspruch auf Zahlung des Tariflohnes nicht mehr gebe.
64Der Mitarbeiter W der Beklagten habe mit ihm die Änderungen aus der Vereinbarung vom 01.03.2005 diskutiert und ihm deutlich gemacht, dass diese Arbeitsplätze im Unternehmen sichere. Während der Verhandlungen seien sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über eine generelle Arbeitszeitverlängerung auf 40 Wochenstunden einig geworden. Es habe weiter Einvernehmen darüber bestanden, dass der Monatslohn eingefroren werde und der Arbeitnehmer nicht mehr an der tariflichen Lohndynamik teilnehme. Entsprechend habe der Kläger über Jahre eine Anpassung seines Gehaltes nicht begehrt. Es sei ihm auch angeboten worden, die Beklagte werde im Falle der Verlängerung der Arbeitszeit und bei gleichzeitigem Wegfall von Zuschlägen sowie Fortfall der Sonderzahlungen bis zum 28.02.2007 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Der Kläger sei damit einverstanden gewesen.
65Der befristete Kündigungsverzicht sei zwar nicht Gegenstand des Änderungsvertrages, gleichwohl aber seine Geschäftsgrundlage geworden.
66Noch im März 2005 habe die Beklagte gegenüber den Mitarbeitern auf den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung bis zum 28.02.2007 verzichtet.
67Zu berücksichtigen sei ferner, dass sie ihnen für ihre Bereitschaft, ihre Wochenarbeitszeit gegenüber der früheren betriebsüblichen Regelung bei gleichbleibenden Lohn/Gehalt zu erhöhen und/oder auf bis dahin gewährte Sonderzuwendungen zu verzichten, einen monatlichen Ausgleichsbetrag ab Januar 2008 in Höhe von 50,00 € gewährt habe. Wegen der Einzelheiten der Verlautbarung verweise er auf die mit Schriftsatz vom 08.10.2014 vorgelegte Kopie des Schreibens vom 19.09.2007 (Blatt 171 der Akte).
68Die Beklagte und der Streitverkündete beantragen,
69unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.06.2014 (1 Ca 465/14) die Klage abzuweisen.
70Der Kläger beantragt,
71die Berufung zurückzuweisen.
72Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und führt ergänzend aus:
73Die Berufung sei bereits unzulässig, da sich die Berufungsbegründungsschrift offenkundig auf einen anderen Fall beziehe. Die Beklagte spreche nämlich von einer Klägerin und beziehe sich auf einen am 24.03.2010 vor dem Arbeitsgericht Münster geschlossenen Vergleich.
74Die Vergütungsabrede in § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrages aus 1993 sei nur deshalb zustande gekommen, weil der mit ihm damals vereinbarte Stundenlohn oberhalb des Tariflohnes gelegen habe.
75Die Vereinbarung vom 01.03.2005 enthalte hinsichtlich der Verweisungsklausel eine Neuregelung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
76Der vor dem Landesarbeitsgericht in 2010 geschlossene Vergleich erledige lediglich einen Streit über die Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Die Vergütungsregelung in Nr. 4 des Vergleiches habe nur klarstellende Wirkung für die Zukunft gehabt.
77Sein Anspruch sei auch nicht verwirkt.
78Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
79Entscheidungsgründe
80A.
81I.
82Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung.
83Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2b ArbGG an sich statthaft. Sie ist fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG.
84Sie ist auch formgerecht im Sinne der §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO. Die Berufung richtet sich ausweislich der Berufungsschrift der Beklagten vom 26.06.2012 gegen das zu Gunsten des Klägers ergangene Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.06.2014. Die Beklagte hat sich in der Berufungsbegründungsschrift ersichtlich auch mit den Entscheidungsgründen dieses Urteils auseinandergesetzt. Das ergibt sich schon aus dem angekündigten Antrag. Soweit die Beklagte in der Begründung nicht durchgehend von einem Kläger, sondern teilweise von einer Klägerin gesprochen hat und in ihrer rechtlichen Auseinandersetzung Bezug genommen hat auf einen vor dem Arbeitsgericht Münster geschlossenen Vergleich, sind diese offenkundigen Fehler der Tatsache geschuldet, dass sie eine Reihe von parallel gelagerten Rechtsstreitigkeiten führt und die für diese Rechtsstreitigkeiten entworfene Berufungsbegründungsschrift nicht in jedem Detail überprüft hat.
85II.
86Ihre Berufung ist begründet.
871. Der zulässige Zahlungsantrag des Klägers ist unbegründet.
88a. Sein Anspruch ergibt sich nicht aus tariflichen Lohnnormen, da die Beklagte nicht tarifgebunden ist.
89b. Der geltend gemachte Anspruch rechtfertigt sich auch nicht aus § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 08.08.1993 in Verbindung mit Satz 2 des Änderungsvertrags vom 01.03.2005, da die Parteien in Nr. 4 des vor dem Landesarbeitsgericht Hamm in dem Rechtsstreit 16 Sa 799/08 geschlossenen Vergleichs eine konstitutive Neuvereinbarung getroffen habe.
90aa. Wie schon das Landesarbeitsgericht Hamm in seinen Urteilen vom 20.08.2014 und 10.09.2014 (3 Sa 451/14; 3 Sa 452/14) in gleichgelagerten Fällen entschieden hat, haben die Parteien in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag aus 1993 ein dynamisches Tarifentgelt vereinbart. Sie haben sich nicht individuell auf einen bestimmten Lohnbetrag geeinigt. Das folgt aus der Auslegung des Vertrages gemäß §§ 133, 157 BGB.
91(1) Der Beklagten ist zuzugestehen, dass die arbeitsvertraglichen Lohnregelungen nicht eindeutig sind. In § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages haben die Parteien die Geltung der Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung sowie die Geltung von Nachfolgeverträgen vereinbart. Sie haben jedoch nicht in § 4 Nr. 1 des Arbeitsvertrags die Lohngruppe nach dem in Bezug genommenen Lohntarifvertrag für den Einzelhandel eingetragen, sondern haben vielmehr in § 4 Nr. 2 des Vertrages einen gestaffelten Stundenlohn (handschriftlich) eingetragen. In § 4 Nr. 3 des Vertrages haben sie wiederum eine Einigung dahin getroffen, dass die über den Tariflohn hinausgehenden Lohnbestandteile sowie die gewährte Provision jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden können. Die allgemeine Verweisungsklausel kann dafür sprechen, dass der Tariflohn vereinbart wurde. Die Einigung in § 4 Nr. 2 des Vertrages kann dahin verstanden werden, dass sie eine individuelle Entgeltvereinbarung getroffen haben, die statisch gelten sollte.
92(2) Die Auslegung ergibt jedoch, dass das Arbeitsentgelt dynamisch nach dem Tarifentgelt vereinbart wurde.
93Bei den hier maßgeblichen Klauseln handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da die Beklagte ersichtlich einen Musterarbeitsvertrag für die Mitglieder der Einzelhandelsorganisation verwendet hat, den sie mehrfach eingesetzt hat.
94Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen ist. Soweit auch der mit dem Vertrag verbundene Zweck einzubeziehen ist, ist auf die typischen und von redlichen Geschäftspartnern verfolgten Ziele abzustellen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG, 21.08.2013 – 5 AZR 582/13 –, Rn. 19; 16.12.2009 – 5 AZR 888/08 –, Rn. 12, NZA 2010, 401).
95Bleiben Zweifel, gehen diese nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.
96Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Parteien durch Bezugnahme in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags das jeweils maßgebende Tarifentgelt vereinbart (so auch LAG Hamm, 20.08.2014 – 3 Sa 451/14; 10.09.2014 – 3 Sa 452/14).
97Das ergibt der Gesamtzusammenhang der arbeitsvertraglichen Regelungen in § 1 Nr. 3, 4 Nr. 1, 2, 3 des Arbeitsvertrags.
98Hervorzuheben ist, dass die Arbeitsvertragsparteien die Bezugnahme-Klausel in § 1 der Lohnvereinbarung in § 4 des Vertrages vorangestellt haben. In § 1 haben sie grundsätzliche Regelungen für ihr Arbeitsverhältnis getroffen wie Vertragsbeginn, Tätigkeit des Klägers als Auslieferungsmonteur in Vollzeit sowie Nebenpflichten (gewissenhaft und sorgfältige Arbeitsausführung, Anzeigepflichten, Tragen von Berufskleidung). Die Bezugnahmeklausel enthält keine Einschränkung dahingehend, dass sie nur ergänzend gelten sollte.
99Für einen durchschnittlichen Vertragspartner ist § 1 Nr. 3 nur als unbeschränkte Bezugnahmeklausel zu verstehen (vergleiche zur Auslegung einer Klausel an „prominenter“ Vertragsposition BAG, 10.07.2013 – 10 AZR 898/11 –, Rn. 21 ff., ZTR 2013, 625).
100Eine Einschränkung der allgemeinen Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen ergibt sich auch nicht aus § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags. Zunächst ist die Behauptung des Klägers unwidersprochen geblieben, dass das 1993 vereinbarte Stundenentgelt über der damals gültigen tariflichen Vergütung für einen Auslieferungsmonteur lag. Entsprechend haben die Parteien in § 4 Nr. 3 zwischen tariflichem und übertariflichem Entgelt unterschieden und der Beklagten bezüglich übertariflicher Entgeltbestandteile eine Kürzungs- und Widerrufsmöglichkeit sowie eine Anrechnungsmöglichkeit bei Erhöhung des Tarifentgelts eingeräumt. Diese Differenzierung zwischen Tarifentgelt und übertariflichem Entgelt erweckt den Eindruck, dass die Beklagte jedenfalls das jeweilige Tarifentgelt zahlen wollte. Als weiteres Auslegungskriterium, das allein jedoch nicht ausschlaggebend ist, ist anzuführen, dass die damals tarifgebundene Beklagte ausweislich der Fußnote auf der letzten Seite des Arbeitsvertrags einen Vordruck für Mitglieder der Einzelhandelsorganisation verwendet hat. Auch daraus durfte ein redlicher Vertragspartner in der Gesamtschau der Vertragsklauseln den Schluss ziehen, sie wolle ihm auf jeden Fall das jeweils gültige Tarifentgelt zahlen.
101Dahinstehen kann, ob der nachträglichen Handhabung der Beklagten, nämlich der Gewährung des Tarifentgelts für die Dauer ihrer Mitgliedschaft im Verband mit Tarifbindung, ein Erklärungswert beizumessen ist.
102Selbst wenn das von der Beklagten vertretene Auslegungsergebnis – entgegen der Auffassung der Kammer – vertretbar wäre, wäre keinem der beiden möglichen Auslegungsergebnisse ein Vorzug zu geben. In diesem Fall ginge die Auslegung gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin des Vertragstextes.
103bb. Die Verweisungsklausel hat konstitutiven Charakter und ist nicht als sogenannte Gleichstellungsabrede zu verstehen.
104Die Kammer verkennt nicht, dass die Bezugnahmeklausel in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages vor dem 01.01.2002 von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformuliert mit dem Arbeitnehmer geschlossen und dynamisch auf Branchentarifverträge Bezug genommen wurde. In solchen Fällen wurde die Klausel stets als Gleichstellungsabrede ausgelegt (BAG, 17.11.2010 – 4 AZR 391/09 –, Rn. 14 f., BAGE 136, 184; 10.12.2008 – 4 AZR 881/07 –, Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Mit der arbeitsvertraglichen Verweisung auf einen Tarifvertrag wollte der selbst tarifgebundene Arbeitgeber den Arbeitnehmer regelmäßig ungeachtet seiner Gewerkschaftszugehörigkeit so stellen, als sei er tarifgebunden. Die arbeitsvertragliche Verweisung ersetzte die fehlende oder mangels Zulässigkeit einer Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit unsichere Tarifbindung des Arbeitnehmers.
105Die Auslegung als Gleichstellungsabrede hatte zur Folge, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich an der Tarifentwicklung der in Bezug genommenen einschlägigen Tarifverträge teilnahm, die vertragliche Anbindung endete, wenn sie auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer geendet hätte (BAG, 17.11.2010 a. a. O., Rn. 16). Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden.
106Mit seiner Entscheidung vom 18.04.2007 (4 AZR 652/05, BB 2007, 2125) hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung geändert und festgehalten, dass nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 die Bedeutung einer Verweisungsklausel in erster Linie anhand ihres Wortlautes zu ermitteln ist. Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch den Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder durch den sonstigen Wegfall der Tarifgebundenheit nicht berührt wird (unbedingte zeitdynamische Verweisung).
107Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist den Arbeitgebern, die bis zum 31.12.2001 Arbeitsverträge mit einer entsprechenden Bezugnahmeklausel abgeschlossen haben, Vertrauensschutz insoweit zu gewähren, als auch auf diese „Altverträge“ die frühere Auslegungsregel des Senats anzuwenden ist, wonach bei Beteiligung eines verbandsangehörigen Arbeitgebers und Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte in der Regel eine dynamische Verweisung auf einen einschlägigen Tarifvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist. Für Arbeitsverträge, die ab dem 01.01.2001 abgeschlossen worden sind („Neuverträge“) wendet das Bundesarbeitsgericht diese Auslegungsregel nicht an. (BAG, 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 –, Rn. 43, BAGE 122, 74).
108Ist nach dem 01.01.2002 eine Vertragsänderung erfolgt, hängt die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich dieser Klausel um einen Alt- oder Neuvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien des Änderungsvertrages gemacht worden ist. Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“. Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtskorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrages erneut vereinbart oder bestätigt werden (BAG, 19.10.2011 – 4 AZR 811/09 –, Rn. 27, DB 2011, 2783).
109Bei dem zwischen den Parteien vereinbarten Änderungsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, den die Beklagte gegenüber zahlreichen Arbeitnehmern verwendet hat. Unter Zugrundelegung der für AGB-Klauseln geltenden Auslegungsregeln ist die Bezugnahmeklausel, die Regelung in dem Änderungsvertrag vom 01.03.2005 „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter“ als Neuvertrag zu verstehen. Die Parteien haben damit schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung zu erkennen gegeben, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag weiter gelten sollte, soweit nicht die konkret dargestellten Änderungen zur Arbeitszeit, zu Zuschlägen, zu Sonderzahlungen und zum Urlaub betroffen waren. Der ursprüngliche Arbeitsvertrag sollte nach Satz 1 der Änderungsvereinbarung gerade nur „wie folgt geändert“ werden.
110Ein Auslegungsergebnis im Sinne der Beklagten ergibt sich auch nicht unter Heranziehung von außerhalb des reinen Wortlauts der Änderungsvereinbarung liegenden Umstände.
111Die Kammer unterstellt zugunsten der Beklagten, dass die Arbeitnehmer von ihrem Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft Kenntnis hatten und daher davon ausgehen mussten, sie wolle sich künftig aus den Regelungen der Tarifverträge lösen. Wenn dann aber nur ganz bestimmte Arbeitsbedingungen in einer Vertragsänderung erwähnt werden, die zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden sollen, und im Übrigen die sonstigen, nicht erwähnten Regelungen aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag weiter gelten sollen, wird der Eindruck bei einem durchschnittlichen Vertragspartner erweckt, die Lösung aus dem Tarifvertrag bestehe lediglich in den erwähnten Bereichen, ansonsten solle der Ausgangsvertrag unverändert bleiben. Gerade weil ein so gewichtiger Aspekt wie das Entgelt nicht erwähnt wurde, durfte der Kläger weiterhin davon ausgehen, die ursprüngliche Vergütungsregelung mit der Anbindung an den Tarifvertrag bleibe trotz fehlender Tarifbindung erhalten. Ansonsten hätte nahegelegen, auch diesen Vertragsgegenstand zu erwähnen und es nicht bei der uneingeschränkten Formulierung zu belassen „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter“.
112Nichts anderes ergibt sich aus der Behauptung des Streitverkündeten, der Angestellte W der Beklagten und der Kläger hätten sich zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt in einem nicht konkret geschilderten Gespräch auf das Einfrieren der monatlichen Bezüge vor dem Hintergrund der Zusage geeinigt, vorübergehend werde von betriebsbedingten Kündigungen abgesehen. Aus dem von dem Streitverkündeten vorgelegten Schreiben der Beklagten ergibt sich, dass sie selbst den monatlichen Ausgleichsbetrag ab Januar 2008 für die Bereitschaft der Arbeitnehmer gezahlt hat, ihre Wochenarbeitszeit gegenüber der früheren betriebsüblichen Regelung bei gleichbleibendem Lohn/Gehalt zu erhöhen und/oder auf bis dahin gewährte Sonderzuwendungen zu verzichten. Damit werden genau die in der Vereinbarung vom 01.03.2005 genannten Änderungen in Bezug genommen.
113Auch die Nichtgeltendmachung künftiger Tariferhöhungen führt nicht dazu, dass von einem gemeinsamen Verständnis über die Bedeutung der Klausel „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter“ auszugehen ist. Die fehlende Geltendmachung kann unterschiedliche Gründe haben, ohne dass daraus geschlossen werden kann, der Kläger habe wie andere Arbeitnehmer die Vertragsänderung so verstanden, das Entgelt sei nunmehr auf alle Zeit eingefroren.
114Soweit der Wortlaut der Vereinbarung vom 01.03.2005 als unklar anzusehen wäre, müsste diese Unklarheit nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin gehen.
115cc. Die Parteien haben jedoch in dem gerichtlichen Vergleich vom 24.03.2010 eine Regelung getroffen, mit der das Entgelt des Klägers konstitutiv festgeschrieben worden ist.
116Die Auslegung eines Prozessvergleiches erfolgt nach §§ 133, 157 BGB.
117Für die Auslegung einer Willenserklärung schreibt § 133 BGB die Erforschung des wirklichen Willens vor. Dabei ist nicht der innere, sondern lediglich der bekundete Wille maßgeblich. Entscheidend ist der Empfängerhorizont.
118Für Verträge schreibt § 157 BGB darüber hinaus vor, dass Treu und Glauben und die Verkehrssitte zu berücksichtigen sind. Es ist daher vom Wortlaut der Erklärung ausgehend der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen und unter Berücksichtigung der erkennbaren Begleitumstände zu ermitteln, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie der Empfänger der Erklärung das Angebot des anderen Vertragsteils nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstanden hat oder verstehen musste. Zu den zu berücksichtigenden Begleitumständen gehören die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Abschluss des Rechtsgeschäfts, der Zweck der Vereinbarung und die beim Abschluss der Vereinbarung vorliegende Interessenlage (BAG, 08.03.2006 – 10 AZR 349/05 –, Rn. 35 ff., BAGE 117, 218).
119Nr. 1 und 2 des Vergleiches enthalten Regelungen für die Vergangenheit bis zum 31.01.2010. Streitgegenstand des Prozesses waren Lohndifferenzen, die nach Auffassung des Klägers daraus resultierten, dass seine Arbeitszeit durch die Änderungsvereinbarung vom 01.03.2005 erhöht wurde, ohne dass die Beklagte Lohnausgleich gezahlt hatte. Streitgegenstand des Prozesses war zwar die Vergütungspflicht der Beklagten, jedoch nicht ihre Verpflichtung, das Gehalt der Tarifentwicklung anzupassen.
120Auf diesen Streitgegenstand bezieht sich die Erledigungsklausel in Nr. 6 des Vergleiches. Das Gericht verkennt nicht, dass sie sich nicht auf einen etwaigen Anspruch des Klägers auf Lohnanpassung entsprechend der tariflichen Entwicklung bezieht. Sie schließt jedoch nicht aus, dass die Parteien eine weitergehende Vereinbarung zu einem Vertragsgegenstand getroffen haben, der zwar nur unter einem rechtlichen Gesichtspunkt im Streite stand, aber insgesamt neu geregelt werden sollte.
121In Nr. 4 des Vergleiches haben die Parteien Einigkeit über die Höhe und die Zusammensetzung des Bruttomonatsgehaltes des Klägers mit Wirkung zum 01.02.2010 hergestellt. Der Wortlaut lässt ein Verständnis der Vereinbarung dahin zu, dass das Entgelt für die Zukunft bindend festgestellt werden sollte.
122Außerhalb des Wortlauts der Vereinbarung spricht für eine konstitutive Regelung die Tatsache, dass das Gehalt des Klägers seit 2005 trotz mehrerer Tariflohnerhöhungen nicht der tariflichen Entwicklung angepasst wurde und dem Kläger dieser offenkundige Umstand bekannt sein musste. Gleichwohl enthält die Lohnregelung keine Einschränkung wie etwa „vorbehaltlich tariflicher Entgelterhöhungen“. Unterstützt wird dieses Auslegungsergebnis durch Nr. 5 des Vergleichs. Dort haben die Parteien unter anderem die Wochenarbeitszeit auf 37,5 Stunden festgelegt, insoweit die Vereinbarung vom 01.03.2005 geändert und in der Gesamtschau der Regelungen in den Nrn. 4 und 5 ihre Hauptleistungspflichten aus § 611 Abs. 1 BGB, nämlich dem Umfang der Arbeitspflicht des Klägers und das von der Beklagten im Gegenzug zu zahlende Entgelt festgelegt.
123Deshalb ist der Vergleich durchaus der Auslegung zugänglich, Nr. 4 enthalte eine konstitutive Entgeltregelung.
124Allerdings ist der Einwand des Klägers nicht von der Hand zu weisen, dass vor dem Hintergrund des beschränkten Streitgegenstandes und der in parallel gelagerten Verfahren ergangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 20.05.2009 (4 AZR 232/08; 4 AZR 230/08, NZA-RR 2010, 591) nach der Interessenlage und den Willen der Parteien lediglich die Wochenarbeitszeit neu geregelt werden sollte, während die Gehaltsregelung nur bestätigenden Charakter hat. Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass die Parteien zunächst unter Nr. 4 des Vergleiches das Gehalt und erst anschließend in Nr. 5 die Wochenarbeitszeit geregelt haben.
125dd. Der Anspruch des Klägers auf dynamische Anpassung seines Entgeltes entsprechend der tariflichen Entwicklung im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen ist dagegen nicht verwirkt.
126Nach § 242 BGB verstößt die Geltendmachung eines Rechts im Rahmen einer Gesamtschau dann gegen Treu und Glauben, wenn der Gläubiger längere Zeit zugewartet hat, obwohl er in der Lage war, das Recht geltend zu machen, der Schuldner nach dem Verhalten des Gläubigers davon ausgehen konnte, Ansprüche würden nicht mehr gestellt werden, er sich darauf eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden und daraufhin eigene Dispositionen getroffen hat bzw. ihm aufgrund besonderer Umstände nicht zuzumuten ist, sich auf die nunmehr geltend gemachten Ansprüche einzulassen (LAG Rheinland-Pfalz, 28.10.2013 – 5 Sa 257/13 –, Rn. 43, Anwaltsblatt 2014, 274 m. w. N.). Zwischen den ein Vertrauen begründenden Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen sind, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (LAG Rheinland-Pfalz, a. a. O., Rn. 44 m. w. N.). Allerdings gilt die Einschränkung, dass, wer keine Kenntnis von einem möglichen Anspruch eines Dritten hat, auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung allenfalls allgemein, nicht aber konkret hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs vertrauen kann. Den Schutz vor unbekannten Forderungen hat das Verjährungsrecht zu gewährleisten, nicht aber der Grundsatz von Treu und Glauben (BAG, 18.02.2003 – 3 AZR 160/02 – Rn. 63, EzA § 10 AÜG Nr. 11). Das für die Verwirkung eines Anspruchs erforderliche Umstandsmoment wird auch dann regelmäßig fehlen, wenn der Verpflichtete davon ausgehen muss, der Berechtigte kenne den ihm zustehenden Anspruch nicht (LAG Rheinland-Pfalz, a. a. O., Rn. 48).
127Vorliegend hat der Kläger das Zeitmoment erfüllt, indem er über einen Zeitraum von neun Jahren trotz mehrerer Tariflohnerhöhungen eine entsprechende Anpassung seiner Vergütung nicht verlangt hat. Der Beklagten ist auch insoweit zuzustimmen, als insbesondere der Rechtsstreit des Klägers um die Zahlung eines Lohnausgleichs für die Arbeitszeiterhöhung Anlass gewesen wäre, auch eine Anpassung seines seit 2005 nicht erhöhten Gehaltes an die Tarifentwicklung zu verlangen. Die Beklagte hat dagegen nicht dargelegt, dass sie sich darauf eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, dem und daraufhin eigene Dispositionen getroffen hat. Es fehlt an Tatsachenvortrag zu den besonderen Umständen, die es ihr unzumutbar machen, sich für die Vergangenheit und für die Zukunft auf die nunmehr geltend gemachten Ansprüche einzulassen.
128Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass sie selbst davon ausgegangen ist, mit dem Kläger im Arbeitsvertrag von 1993 eine Gleichstellungsklausel vereinbart zu haben, die nicht erneut in die Willensbildung der Parteien anlässlich des Änderungsvertrages vom 01.03.2005 aufgenommen worden ist. Insofern hatte sie keine Kenntnis von einem möglichen Anspruch des Klägers. Entsprechend ging sie selbst davon aus, sich aus der tariflichen Bindung gelöst zu haben. Wie schon ausgeführt, kann auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung konkret hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs nicht vertrauen, wer selbst keine Kenntnis von möglichen Anspruch hat.
129B.
130Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
131Infolge grundsätzlichen Bedeutung war die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.
(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.
(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.
(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.
(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.
(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.
(4) und (5) weggefallen
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.