Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 15. Dez. 2014 - 14 Ta 510/14
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 1. September 2014 (1 Ca 473/14) abgeändert.
Dem Kläger wird im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 16. Mai 2014 (1 Ca 473/14) Rechtsanwalt X aus P mit Wirkung vom 4. Juni 2014 beigeordnet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger machte mit seiner am 13. März 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage unter anderem eine tarifgerechte Vergütung und die Berichtigung eines Zeugnisses geltend. Er wurde zu diesem Zeitpunkt nicht von seinem späteren Prozessbevollmächtigten vertreten. Unter dem 23. April 2014 ging beim Arbeitsgericht eine vom Kläger ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst einem Beleg über den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ein. Durch einen dem Kläger zweimal (am 20. und 21. Mai 2014) zugestellten Beschluss vom 16. Mai 2014 bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung, soweit er „tarifgerechte Bezahlung“ (Klageantrag zu 1) und Zeugnisberichtigung (Klageantrag zu 3) begehrte; im Übrigen wies es den Antrag zurück.
4Mit dem am 4. Juni 2014 eingegangenen Schriftsatz vom 3. Juni 2014 zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter gleichzeitiger Überreichung einer auf ihn lautenden Vollmacht an, dass er die Vertretung des Klägers übernommen habe. Mit einem weiteren am 18. Juni 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 12. Juni 2014 bezifferte der Prozessbevollmächtigte den Zahlungsantrag des Klägers und stellte den Zeugnisberichtigungsantrag in Form eines vollständig ausformulierten Zeugnisses. Im Termin vom 1. Juli 2014 erkannte die Beklagte den Zeugnisberichtigungsantrag an. Der Zahlungsantrag ist durch das Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts vom selben Tage rechtskräftig abgewiesen worden.
5Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2014 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen „Kostenerstattungsantrag für Prozesskostenhilfe“. Auf den Hinweis des Arbeitsgerichts, dass eine Beiordnung nicht erfolgt sei, beantragte der Kläger, seinen Prozessbevollmächtigten rückwirkend beizuordnen. Dies lehnte das Arbeitsgericht durch die hier angefochtene Entscheidung ab.
6II.
7Die gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, §§ 567 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Dem Kläger war ein Rechtsanwalt gemäß § 121 Abs. 2 ZPO beizuordnen.
81. In Verfahren, in denen eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).
9a) Für die Beiordnung ist demnach ein Antrag erforderlich. Der Antrag ist grundsätzlich ausdrücklich zu stellen. Jedoch ist ein stillschweigender (konkludenter) Antrag nicht unzulässig (vgl. LAG Schleswig-Holstein, 24. Januar 2011, 4 Ta 2/11, juris, Rn. 8; LAG Niedersachsen, 24. September 1998, 2 Ta 314/98, MDR 1999, 190, II. der Gründe; OVG Saarland, 9. September 2011, 2 D 384/11, juris, Rn. 4 f.; OVG Berlin-Brandenburg, 30. März 2010, 11 M 16/10, NJW 2010, 3795; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage, 2014, Rn. 528; Musielak/Fischer, ZPO, 11. Auflage 2014, § 121 ZPO Rn. 5, Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 121 Rn. 14; a. A. - unzutreffend - LAG Schleswig-Holstein, 15. August 2003, 2 Ta 173/03, juris, Rn. 5). Die Anträge einer Partei sind sachgerecht auszulegen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a. a. O.). So wie der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe selbst (vgl. dazu LAG Hamm, 10. Februar 2014, 14 Ta 310/13, juris; 10. Februar 2014, 14 Ta 529/13, juris, jeweils m. w. N.) kann das Verhalten von Partei und Anwalt im Hinblick auf die Beantragung einer Anwaltsbeiordnung ausgelegt werden (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O.). Bestehen Zweifel, hat das Gericht von seinem ihm obliegenden Fragerecht gemäß § 139 ZPO Gebrauch zu machen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a. a. O.).
10b) Danach ist anerkannt, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, den eine bedürftige Partei durch einen Prozessbevollmächtigten stellt, regelmäßig so zu verstehen ist, dass der Prozessbevollmächtigte im Rahmen der zu bewilligenden Prozesskostenhilfe beigeordnet werden will. Vor dem Hintergrund der Antragstellung durch einen Prozessbevollmächtigten liegt eine solche stillschweigende Beantragung der Beiordnung selbst dann vor, wenn kein Anwaltszwang besteht (vgl. LAG Schleswig-Holstein, 24. Januar 2011, 4 Ta 2/11, juris, Rn. 8; LAG Niedersachsen, 24. September 1998, 2 Ta 314/98, MDR 1999, 190; II. der Gründe; OVG Berlin-Brandenburg, 30. März 2010, 11 M 16/10, NJW 2010, 3795; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 528; Musielak/Fischer, a. a. O., § 121 Rn. 5, Zöller/Geimer, a. a. O., § 121 Rn. 14). Auch bei einer vorherigen Beiordnung im Hauptverfahren ist bei einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung anzunehmen, dass damit zugleich die Beiordnung des Anwalts beantragt wird (vgl. OLG Bamberg, 25. Juni 1986, 2 WF 174/86, JurBüro 1987, 139; OVG Saarland, 9. September 2011, 2 D 384/11, juris, Rn. 8; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O.).
11Ebenso liegt ein stillschweigender Beiordnungsantrag vor, wenn ein Anwalt nach Prozesskostenhilfebewilligung für die Partei tätig wird (Musielak/Fischer, a. a. O., § 121 ZPO Rn. 10). Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein Prozessbevollmächtigter unter Bezugnahme auf eine bereits erfolgte Prozesskostenhilfebewilligung, welche die Partei ohne anwaltliche Vertretung beantragt und erhalten hat, Klage erhebt. Damit wird zugleich stillschweigend namens der Partei um die Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe nachgesucht (vgl. OVG Saarland, 9. September 2011, 2 D 384/11, juris, Rn. 2, 12). Für die Auslegung eines solchen Verhaltens dahin, der Prozessbevollmächtigte habe in Kenntnis der Bewilligung und der wirtschaftlichen Bedürftigkeit seiner Partei gleichwohl außerhalb einer Beiordnung tätig werden wollen, fehlt dann jeglicher Anhaltspunkt (vgl. OVG Saarland, a. a. O.). Es kann nicht ernstlich angenommen werden, dass eine Partei den Willen hat, sich von den Gerichtskosten befreien zu lassen, jedoch bei ihr die Bereitschaft besteht und sie auch nur in der Lage ist, die deutlich höheren Anwaltskosten zu zahlen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, 30. März 2010, 11 M 16/10, NJW 2010, 3795). Es ist daher fernliegend und lebensfremd anzunehmen, dass eine bereits anwaltlich vertretende Partei, die selbst einen Prozesskostenhilfeantrag stellt, nicht zugleich (konkludent) eine Beiordnung beantragt. Dies gilt selbst dann, wenn die Partei ausdrücklich erklärt, dass sie mit ihrem Anwalt eine Arbeitsteilung vereinbart habe, um die Kosten so gering wie möglich zu halten, und im Gütetermin des Rechtsstreits in Anwesenheit ihres Prozessbevollmächtigten Erklärungen für den Prozesskostenhilfeantrag in einem anderen Verfahren abgibt (unzutreffend daher LAG Nürnberg, 4. August 2008, 5 Ta 183/07, juris, Rn. 9). Einer Partei, die das Prozesskostenhilfeverfahren selbst betreibt, zu unterstellen, sie wolle nur für die Gerichtskosten Prozesskostenhilfe haben, die Kosten der Hinzuziehung eines Anwalts jedoch selber tragen, obwohl sie bedürftig ist, ist abwegig.
12c) Entsprechendes gilt im vorliegenden Fall. Der Kläger hatte Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt erhalten, weil – neben der erforderlichen Erfolgsaussicht für einige seiner Anträge – er aufgrund des Bezuges von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) offensichtlich bedürftig war. Nachdem ihm der Bewilligungsbeschluss zugestellt worden war, zeigte sein Prozessbevollmächtigter gut zwei Wochen später erstmals die Vertretung des Klägers an. Diese Anzeige konnte nur dahingehend verstanden werden, dass damit zugleich stillschweigend die Beiordnung des Bevollmächtigten beantragt wurde. Es bestanden keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nunmehr trotz der bis einschließlich August 2014 erfolgten Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu Geld gekommen war und einen Rechtsanwalt selbst bezahlen konnte. Etwaige Zweifel hätte das Gericht im Rahmen der Ausübung seiner Hinweis- und Fragepflicht nach § 139 ZPO im Prozesskostenhilfeverfahren (vgl. dazu LAG Hamm, 17. Juni 2013, 14 Ta 77/13, juris m. w. N.) klären müssen. Es geht nicht zulasten des Klägers, dass dies im vorliegenden Fall unterblieb.
13d) LAG danach bereits mit Eingang des vorgenannten Schriftsatzes am 4. Juni 2014 ein Antrag auf Beiordnung vor, konnte ab diesem Zeitpunkt eine solche erfolgen. Angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten sowohl der Zahlungsklage als auch des Zeugnisberichtigungsanspruches war die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Sinne des § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO erforderlich.
142. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht. Der Kläger wird durch die Entscheidung nicht beschwert; die Voraussetzungen für ein Beschwerderecht der Staatskasse nach § 127 Abs. 3 ZPO liegen nicht vor.
Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 15. Dez. 2014 - 14 Ta 510/14
Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 15. Dez. 2014 - 14 Ta 510/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 15. Dez. 2014 - 14 Ta 510/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. September 2011 – 1 K 779/10 – wird der Klägerin Rechtsanwalt Dr. C. H., B-Stadt, mit Wirkung vom 22. Februar 2011 gemäß den §§ 166 VwGO, 121 Abs. 2 ZPO im Rahmen der Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren beigeordnet.
Gerichtskosten fallen im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht an; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
vgl. zum Beispiel Geimer in Zöller, ZPO, 28. Auflage 2010, § 121 Rdnr. 14; Völker/Zempel in Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Auflage 2010, § 121 Rdnr. 37; Fischer in Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009, § 121 Rdnr. 10; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Auflage 2010, Rdnr. 522; Wax im Münchner Kommentar zur ZPO, 2000, § 121 Rdnr. 8; OLG Köln, Beschluss vom 1.6.1983 – 2 W 63/83 -; OLG Naumburg, Beschluss vom 13.9.2006 – 8 W 122/06; OLG Bamberg, Beschluss vom 25.6.1986 – 2 WF 174/86 -, sämtlich zitiert nach Juris.
OLG Köln, Beschluss vom 1.6.1983, a.a.O.,
OLG Bamberg, Beschluss vom 25.6.1986, a.a.O.,
Fischer in Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009, § 121 Rdnr. 10.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29. Mai 2013 (7 Ca 1269/13) abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Klägerin wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe für den Klageantrag zu 1. aus der Klageschrift vom 6. Mai 2013 sowie für den Vergleich vom 29. Mai 2013, auch soweit er einen über die Klageanträge zu 1. und 2. hinausgehenden Mehrvergleich beinhaltet, mit Wirkung vom 8. Mai 2013 bewilligt.
Zur Wahrnehmung ihrer Rechte in diesem Rechtszug wird ihr Rechtsanwalt B1 aus V1 im Umfang der Bewilligung beigeordnet.
Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass die Klägerin keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat.
Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin erhob mit dem am 8. Mai 2013 eingegangenen Schriftsatz vom 6. Mai 2013 gegen die Beklagte eine Kündigungsschutzklage (Antrag zu 1.) sowie eine Klage auf Weiterbeschäftigung bis zur Beendigung des Kündigungsschutzrechtsstreits (Antrag zu 2.). Zugleich beantragte sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten. Dem Antrag war eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen beigefügt. Die unter dem 13. Mai 2013 vorgenommene Prüfung ergab, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, einen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten.
4Mit dem am selben Tag eingegangenen Schriftsatz der Beklagten vom 28. Mai 2013 teilte diese mit, dass sich die Parteien geeinigt hätten, und bat um die Feststellung des in diesem Schriftsatz mitgeteilten Vergleichs. Mit dem am 29. Mai 2013 eingegangenen Schriftsatz vom Vortage bestätigte die Klägerin die Einigung, bat ebenfalls um Protokollierung gemäß § 278 Abs. 6 ZPO sowie um Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch und die Festsetzung des Streitwerts.
5Das Arbeitsgericht stellte durch Beschluss vom 29. Mai 2013 einen gerichtlichen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO fest. Danach endete das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2013. Die Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung einer Abfindung. Die Parteien waren sich einig, dass Urlaub in Natura gewährt worden war und die Klägerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Darüber hinaus vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin ein Zeugnis mit der Note „gut“ erhält. Damit sollten alle Ansprüche erledigt sein.
6Durch Beschluss vom selben Tage bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung für die Kündigungsschutzklage und ordnete ihr hierfür ihren Prozessbevollmächtigten bei. Im Übrigen wies es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück. Der Beschluss wurde der Klägerin am 3. Juni 2013 zugestellt. Mit der am Folgetag eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen diese Entscheidung, soweit ihr für den Abschluss des Vergleichs keine Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, die Versagung der Prozesskostenhilfe für den Weiterbeschäftigungsantrag hat die Klägerin ausdrücklich hingenommen. Das Arbeitsgericht half der Beschwerde nicht ab, weil für den Mehrvergleich kein entsprechender Antrag gestellt worden sei.
7II.
8Die gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 in der bis zum 31. Dezember 2013 gültigen Fassung (im Folgenden „a. F.“), §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin vom 3. Juni 2013 ist im vollen von ihr geltend gemachten Umfang begründet. Der Klägerin war Prozesskostenhilfe auch für den Vergleich zu bewilligen, soweit er einen über die Klageanträge zu 1. und 2. hinausgehenden Mehrvergleich beinhaltet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts lag ein Antrag hierfür vor.
91. Prozesskostenhilfe kann nur auf Antrag bewilligt werden, eine Gewährung von Amts wegen scheidet ebenso aus wie eine rückwirkende Bewilligung aus Billigkeitsgründen auf einen früheren Zeitpunkt für einen erst nach Beendigung der Instanz gestellten Antrag (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage, 2014, Rn. 77, 80; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 114 ZPO Rn. 13). Einen solchen Antrag hat die Klägerin in ihrer Klageschrift ausdrücklich gestellt und in ihrem Schriftsatz vom 29. Mai 2013 wiederholt. Dieser Antrag erstreckte sich auch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleich vom 29. Mai 2013, der einen Mehrvergleich beinhaltet. Eines erneuten ausdrücklichen Antrages bedurfte es hierfür nicht.
10a) Nach § 114 ZPO a. F. (jetzt § 114 Abs. 1 ZPO) erhält eine Partei unter bestimmten Voraussetzungen „auf Antrag“ Prozesskostenhilfe. Der Antrag ist gemäß § 117 Abs. 1 ZPO bei dem Prozessgericht zu stellen. Als bestimmender Schriftsatz muss er vom Antragsteller, seinem gesetzlichen Vertreter oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben sein. Weitere Anforderungen an einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe enthält das Gesetz (abgesehen von den in § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO geregelten Erfordernissen hinsichtlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen) dagegen nicht. Es schreibt insbesondere nicht vor, dass der Antrag „ausdrücklich“ gestellt sein muss. Er kann daher konkludent oder stillschweigend gestellt werden, wenn sich ein dahingehender Wille der Partei aus den Umständen eindeutig folgern lässt (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, 4 Ta 792/11, n. v.; 30. September 2013, 14 Ta 157/13, n. v.; LAG Köln, 8. März 2012, 5 Ta 129/11, ArbuR 2012, 325 (Ls.) = juris, Rn. 3 f.; 23. Juli 2012, 1 Ta 153/12, AE 2013, 28 (Ls.) = juris, Rn. 9; LAG München, 15. März 2013, 10 Ta 50/13, juris, Rn. 10; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 3. Dezember 2012, 3 Ta 32/12, JurBüro 2013, 256 <257>; Büttner/Wrobel-Sachs/ Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 78 f.; Zöller/Geimer, a. a. O., § 114 ZPO Rn. 14 im Widerspruch zu Rn. 13).
11b) Es ist unzutreffend, dass einer stillschweigenden Antragstellung ein angeblich stark formalisiertes Prozesskostenhilfeverfahren entgegenstehen soll (so LAG Düsseldorf, 12. Januar 2010, 3 Ta 581/09, JurBüro 2010, 262; LAG Schleswig-Holstein, 6. März 2006, 2 Ta 3/06, EzA-SD 2006, Nr. 12, 12 (Ls.) = juris, Rn. 5; Zöller/Geimer, a. a. O., § 114 ZPO Rn. 13 im Widerspruch zu Rn. 14). Formalisiert ist in § 117 ZPO lediglich die Verwendung des Vordrucks, nicht aber die Antragstellung. § 115 ZPO trifft inhaltliche Regelungen für die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens und Vermögens sowie die Bemessung der Ratenhöhe; eine „starke“ Formalisierung ist darin nicht erkennbar. Sie vermag zudem nichts darüber auszusagen, ob in den Fällen, bei denen typischerweise bereits ein den Erfordernissen des § 117 ZPO genügender Antrag existiert, eine stillschweigende Antragserweiterung möglich ist oder nicht (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, 4 Ta 792/11, n. v.).
12Ebenso wenig ist ein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum (stets) eine förmliche Antragstellung zu erwarten ist (so noch LAG Hamm, 12. Juli 2005, 4 Ta 435/05, juris, Rn. 19). Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich in § 114 ZPO lediglich die Notwendigkeit eines Antrags, nicht aber das Erfordernis eines ausdrücklichen und/oder auf einen bestimmten Streitgegenstand oder eine bestimmte Prozesshandlung bezogenen Antrags entnehmen.
13Es besteht auch keine „Denknotwendigkeit“, dass ein im Zusammenhang mit einer Klage gestellter Prozesskostenhilfeantrag sich nur auf die dort angesprochenen Streitgegenstände beziehen kann (so aber LAG Hessen, 1. August 2006, 19 Ta 373/06, LAGE ZPO 2002 § 114 Nr. 6, II. 2 der Gründe). Dies verkennt die Auslegungsfähigkeit von Prozesserklärungen. Diese macht es bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte möglich, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (bereits) zu einem Zeitpunkt gestellt wird, in dem noch nicht alle Streitgegenstände „bekannt“, d. h. anhängig und damit Gegenstand des Rechtsstreits sind.
14Für den Antrag im Sinne des § 114 ZPO gelten demnach keine Besonderheiten gegenüber anderen Prozesshandlungen, er ist wie private Willenserklärungen einer Auslegung zugänglich (vgl. LAG Köln, 8. März 2012, 5 Ta 129/11, ArbuR 2012, 325 (Ls.) = juris, Rn. 4 f.; 23. Juli 2012, 1 Ta 153/12, AE 2013, 28 (Ls.) = juris, Rn. 9; LAG München, 15. März 2013, 10 Ta 50/13, juris, Rn. 10, 12; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 3. Dezember 2012, 3 Ta 32/12, JurBüro 2013, 256, <257>). Dabei tritt sein Wortlaut hinter dem feststellbaren Parteiwillen sowie dem Sinn und Zweck des Antrags zurück. Gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist bei der Auslegung von Prozesserklärungen ein großzügiger Maßstab anzulegen und zwar auch dann, wenn die Partei anwaltlich vertreten ist (vgl. BAG, 13. Dezember 2007, 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589 <590 f.>, Rn. 20, 31; LAG Köln, 8. März 2012, a. a. O., Rn. 5; 23. Juli 2012, a. a. O.; LAG München, a. a. O., Rn. 12; LAG Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O., Rn. 17; enger („ausnahmsweise“) Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 79; dagegen für „großzügige“ Auslegung und insoweit auch konkludente Antragstellung Zöller/Geimer, a. a. O., § 114 ZPO Rn. 14). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Prozesskostenhilfe keine wohlwollend von Gesetzgeber und Gerichten gewährte soziale Wohltat ist, sondern ein aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG folgender Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit (vgl. BVerfG, 13. Juli 2005, 1 BvR 175/05, NJW 2005, 3489; 19. Dezember 2007, 1 BvR 2036/07, FamRZ 2008, 581), was gesetzlich nicht begründeten und damit nur vermeintlich formalen Anforderungen Grenzen setzt.
15c) Ist über einen Prozesskostenhilfeantrag noch nicht entschieden, erfasst die Antragstellung alle bis zum Zeitpunkt der Entscheidung anhängigen Streitgegenstände sowie einen Mehrvergleich. Eines erneuten ausdrücklichen Bewilligungsantrags bedarf es nicht.
16aa) Ein Antragsteller erstrebt in der Regel Prozesskostenhilfe für die gesamte Instanz, d. h. im Zweifel erstreckt sich der Antrag auf das gesamte Verfahren einschließlich einer Anwaltsbeiordnung. Dies gilt in der Regel vor allem für Klageerweiterungen, Widerklagen und kann in besonders gelagerten Fällen sogar bei mehreren Verfahren zwischen denselben Parteien, die vor demselben Gericht zur selben Zeit verhandelt werden, angenommen werden. Bei lebensnaher Betrachtung kann nämlich regelmäßig davon ausgegangen werden, dass eine bedürftige Partei, die bereits einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt hat, auch für spätere Anträge im Hauptsacheverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt haben möchte, da jedenfalls im Regelfall ihre Bedürftigkeit einheitlich vorliegt und nicht angenommen werden kann, dass in Ermangelung eines ausdrücklichen Antrags sie bereit ist, die Kosten für eine Klageerweiterung oder für ein gesondertes Verfahren zu tragen. Im Zweifel hat das Gericht den Antragsteller gemäß § 139 ZPO zu befragen (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, 4 Ta 792/11, n. v.; 30. September 2013, 14 Ta 157/13, n. v.; LAG Köln, 8. März 2012, 5 Ta 129/11, ArbuR 2012, 325 (Ls.) = juris, Rn. 6; LAG München, 15. März 2013, 10 Ta 50/13, juris, Rn. 13; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 3. Dezember 2012, 3 Ta 32/12, JurBüro 2013, 256, <257>). Weder die Notwendigkeit, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu klären, noch das Bestehen materiell-rechtlicher Prüfungspflichten schließen eine konkludente Antragstellung aus, weil sich aus der Auslegung des Antrags für das Gericht zweifelsfrei ergibt, worauf sich die Prozesskostenhilfeantragstellung bezieht (a. A. LAG Köln, 27. April 2009, 7 Ta 102/08, AE 2009, 349 (Ls.) = juris, Rn. 6 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn und solange über den Bewilligungsantrag - wie im vorliegenden Fall - noch nicht entschieden wurde (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, a. a. O.; 30. September 2013, a. a. O.; LAG Köln, 8. März 2012, a. a. O.; LAG Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O.).
17Es kann offen bleiben, ob eine konkludente Antragstellung noch vorliegen kann, wenn bereits Prozesskostenhilfe für die bislang anhängigen Streitgegenstände bewilligt wurde (dafür LAG München, a. a. O.; zweifelnd BAG, 16. Februar 2012, 3 AZB 34/11, NZA 2012, 1390 <1390 f.>, Rn. 12), insbesondere ob es im Hinblick auf einen kostenrechtlich im Sinne des § 35 GKG zu verstehenden Begriff „Rechtszug“ in § 119 Abs. 1 ZPO nach einem Bewilligungsbeschluss eines erneuten Antrages auf Prozesskostenhilfe für danach folgende Klageerweiterungen, Widerklagen, Mehrvergleiche pp. bedarf (vgl. näher Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 482 f. 488 f.; Zöller/Geimer, a. a. O., § 119 Rn.1, 14, 25, 28). Das gilt jedoch nicht, wenn diese bereits vorliegen, bevor erstmals über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden wird (unrichtig daher LAG Berlin, 3. Dezember 2001, 19 Ta 2258/01, Arzt 2002, 92 (Ls.) = juris, Rn. 1, 3).
18bb) Dasselbe gilt für den Abschluss eines Vergleichs, der über den im Prozess anhängigen Streitgegenstand hinaus weitere Regelungen enthält, welche den Streitwert des Vergleiches erhöhen. Mangels besonderer Anhaltspunkte ist in der Regel davon auszugehen, dass eine Partei, die einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat, diesen auch auf dem Mehrwert eines im weiteren Verlauf des Prozesses geschlossenen Vergleichs erstreckt wissen will, von dem weitere Gegenstände erfasst werden, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen (vgl. LAG Köln, 23. Juli 2012, 1 Ta 153/12, AE 2013, 28 (Ls.) = juris, Rn. 9). Es ist auch hier kein Grund ersichtlich, warum eine Partei lediglich hinsichtlich eines Teils des Vergleichs die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehren sollte. Ein konkludenter Bewilligungsantrag liegt insbesondere vor, wenn über die Prozesskostenhilfebewilligung erst nach Abschluss des Vergleichs entschieden wird (vgl. LAG Hamm, 14. August 2000, 14 Ta 448/00, juris, Rn. 4), d. h. wenn über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch nicht entschieden ist, bevor die weiteren Streitgegenstände in den Prozess eingeführt oder weitere Regelungen in einem Vergleich getroffen werden.
192. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin am 29. Mai 2013 gleichzeitig mit der Bestätigung des von der Beklagten mitgeteilten Vergleichs um eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag gebeten, über den bis dahin nicht entschieden worden war. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war in dieser Situation dahin auszulegen, dass auch für die im Vergleich über den eigentlichen Verfahrensgegenstand hinaus geregelten Gegenstände Prozesskostenhilfe gewährt werden sollte. Eine solche Auslegung war naheliegend. Die Regelungen zu Urlaub, Freistellung, Zeugnis und Ausgleichsklausel standen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Kündigungsschutzklage und dienten der Abwicklung des aus diesem Grund letztlich doch beendeten Arbeitsverhältnisses. Eine konkludente Antragstellung hinsichtlich des für das Arbeitsgericht ohne weiteres ersichtlichen Mehrvergleichs lag vor, weil in einer solchen Situation die bedürftige Partei regelmäßig auch für diesen Prozesskostenhilfe benötigt und es fernliegt, dass sie insoweit die Kosten tragen will.
20Es bedarf besonderer Anhaltspunkte dafür, dass für den Mehrvergleich keine Prozesskostenhilfe beantragt wird, obwohl die Partei bedürftig ist. Die Bedürftigkeit der Klägerin stand fest. Zusammen mit der Bestätigung des Vergleichs hatte sie eine Entscheidung über ihr Prozesskostenhilfegesuch begehrt. Es gab keinen ersichtlichen Grund für die Annahme, dass dieses noch auf die Klageanträge beschränkt war, obwohl die Klägerin gleichzeitig einem Mehrvergleich zugestimmt hatte. Das Gegenteil drängte sich vielmehr auf. Etwaige Zweifel hätte das Gericht durch einfache Nachfrage beheben können. Dazu war es auch bei einer anwaltlich vertretenen Partei kraft der ihm obliegenden Fürsorge- und Hinweispflichten (dazu näher LAG Hamm, 17. Juni 2013, 14 Ta 77/13, juris, Rn. 11 ff.) grundsätzlich gehalten.
21Danach war antragsgemäß Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich, für den hinreichende Erfolgsaussicht bestand und der auch nicht mutwillig war, unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Rechtsanwalt gemäß § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO zu bewilligen. Dabei war, nachdem die Klägerin die Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrags für den Weiterbeschäftigungsantrag hingenommen hat, klar zu stellen, dass sich die Bewilligung nur auf den über die Klageanträge zu 1. und 2. hinausgehenden Mehrvergleich erstreckt.
223. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 1. Oktober 2013 (1 Ca 731/13) als gegenstandslos aufgehoben.
Es verbleibt bei der durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 18. März 2013 auch für den Mehrvergleich vom 27. März 2013 bewilligten Prozesskostenhilfe und Beiordnung ohne Zahlungsanordnung.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin erhob am 21. Februar 2013 Klage auf Zahlung von Arbeitsentgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Zugleich beantragte sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihrer Rechtsanwältin. Beigefügt war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen. Nach einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. März 2013 wurde laut Berechnung des zuständigen Rechtspflegers des Arbeitsgerichts am 14. März 2013 die für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung notwendige wirtschaftliche Bedürftigkeit der Klägerin festgestellt.
4Mit dem am 15. März 2013 eingegangenen Schriftsatz der Beklagten vom selben Tage wurde das Gericht gebeten, den Parteien gemäß § 278 Abs. 6 ZPO einen in diesem Schriftsatz formulierten Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Dieser beinhaltete eine Einigung der Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Ablauf des 31. Januar 2013, die Zahlung der vollständigen Vergütung einschließlich der Gewährung des ihr zustehenden Urlaubsanspruches an die Klägerin, die Zahlung einer Abfindung, die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses sowie eine Ausgleichsklausel. Der Vergleich wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 18. März 2013 vorgeschlagen und nach Zustimmung der Parteien durch Beschluss vom 27. März 2013 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt.
5Mit Beschluss vom 18. März 2013 bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin „in vollem Umfang mit Wirkung vom 21. Februar 2013“ Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung ohne Zahlungsanordnung. Unter dem 11. April 2013 setzte es die Vergütung der Prozessbevollmächtigten auf 377,83 € fest, berechnet nach dem Streitwert der Zahlungsforderung i .H. v. 1.177,47 €. Eine Berücksichtigung des Mehrvergleichs (bei einem Vergleichsstreitwert von 2.090,34 €) lehnte es mit der Begründung ab, dass es an einem besonderen Bewilligungsbeschluss fehle. Mit Schreiben vom 16. April 2013 teilte die Klägerin mit, dass vorliegend von einer stillschweigenden Antragstellung auf Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich auszugehen sei; im übrigen beantragte sie ausdrücklich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich. Diesen Antrag lehnte das Arbeitsgericht durch die hier angefochtene Entscheidung vom 1. Oktober 2013 ab. Dagegen richtet sich die unmittelbar beim Landesarbeitsgericht am 16. Oktober 2013 eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin.
6II.
7Die gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 in der bis zum 31. Dezember 2013 gültige Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin vom 16. Oktober 2013 ist begründet. Der angefochtene Beschluss, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den (aufgrund des Vergleichs vom 27. März 2013 entstandenen) Mehrvergleich abgelehnt wurde, war als gegenstandslos aufzuheben. Der Bewilligungsbeschluss vom 18. März 2013 erstreckt sich auf diesen Mehrvergleich. Das Arbeitsgericht hatte in diesem Beschluss der Klägerin für den ersten Rechtszug „in vollem Umfang“ Prozesskostenhilfe gewährt. Ein einschränkender Zusatz, dass diese nur für den Zahlungsantrag gewährt werden sollte, nicht aber für den zu diesem Zeitpunkt bereits mitgeteilten Mehrvergleich, findet sich weder im Tenor noch in der Begründung der Entscheidung. Hätte das Arbeitsgericht nur für die Anträge aus der Klageschrift Prozesskostenhilfe bewilligen wollen, hätte es dies in geeigneter Weise deutlich machen müssen.
81. Es ist anerkannt, dass Prozesskostenhilfebeschlüsse der Auslegung zugänglich sind. Für die Auslegung gerichtlicher Entscheidungen gilt dabei allein der objektiv erkennbare Inhalt, wie er sich aus der Entscheidungsformel und gegebenenfalls den Gründen ergibt (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, 4 Ta 792/11, n. v.). Gemessen daran erfasst die Bewilligungsentscheidung des Arbeitsgerichts vom 18. März 2013 auch den Mehrvergleich vom 27. März 2013, da zuvor seitens der Klägerin ein Antrag auf Bewilligung hierfür bereits gestellt war. Das ergibt die Auslegung des mit der Klage gestellten Bewilligungsantrages.
9a) Prozesskostenhilfe kann nur auf Antrag bewilligt werden, eine Gewährung von Amts wegen scheidet ebenso aus wie eine rückwirkende Bewilligung aus Billigkeitsgründen auf einen früheren Zeitpunkt für einen erst nach Beendigung der Instanz gestellten Antrag (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage, 2014, Rn. 77, 80; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 114 ZPO Rn. 13). Einen solchen Antrag hat die Klägerin in ihrer Klageschrift ausdrücklich gestellt. Dieser Antrag erstreckte sich auch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleich vom 27. März 2013, der einen Mehrvergleich beinhaltet. Eines erneuten ausdrücklichen Antrages bedurfte es hierfür nicht.
10aa) Nach § 114 ZPO a. F. (jetzt § 114 Abs. 1 ZPO) erhält eine Partei unter bestimmten Voraussetzungen „auf Antrag“ Prozesskostenhilfe. Der Antrag ist gemäß § 117 Abs. 1 ZPO bei dem Prozessgericht zu stellen. Als bestimmender Schriftsatz muss er vom Antragsteller, seinem gesetzlichen Vertreter oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben sein. Weitere Anforderungen an einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe enthält das Gesetz (abgesehen von den in § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO geregelten Erfordernissen hinsichtlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen) dagegen nicht. Es schreibt insbesondere nicht vor, dass der Antrag „ausdrücklich“ gestellt sein muss. Er kann daher konkludent oder stillschweigend gestellt werden, wenn sich ein dahingehender Wille der Partei aus den Umständen eindeutig folgern lässt (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, 4 Ta 792/11, n. v.; 30. September 2013, 14 Ta 157/13, n. v.; LAG Köln, 8. März 2012, 5 Ta 129/11, ArbuR 2012, 325 (Ls.) = juris, Rn. 3 f.; 23. Juli 2012, 1 Ta 153/12, AE 2013, 28 (Ls.) = juris, Rn. 9; LAG München, 15. März 2013, 10 Ta 50/13, juris, Rn. 10; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 3. Dezember 2012, 3 Ta 32/12, JurBüro 2013, 256 <257>; Büttner/Wrobel-Sachs/ Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 78 f.; Zöller/Geimer, a. a. O., § 114 ZPO Rn. 14 im Widerspruch zu Rn. 13).
11bb) Es ist unzutreffend, dass einer stillschweigenden Antragstellung ein angeblich stark formalisiertes Prozesskostenhilfeverfahren entgegenstehen soll (so LAG Düsseldorf, 12. Januar 2010, 3 Ta 581/09, JurBüro 2010, 262; LAG Schleswig-Holstein, 6. März 2006, 2 Ta 3/06, EzA-SD 2006, Nr. 12, 12 (Ls.) = juris, Rn. 5; Zöller/Geimer, a. a. O., § 114 ZPO Rn. 13 im Widerspruch zu Rn. 14). Formalisiert ist in § 117 ZPO lediglich die Verwendung des Vordrucks, nicht aber die Antragstellung. § 115 ZPO trifft inhaltliche Regelungen für die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens und Vermögens sowie die Bemessung der Ratenhöhe; eine „starke“ Formalisierung ist darin nicht erkennbar. Sie vermag zudem nichts darüber auszusagen, ob in den Fällen, bei denen typischerweise bereits ein den Erfordernissen des § 117 ZPO genügender Antrag existiert, eine stillschweigende Antragserweiterung möglich ist oder nicht (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, 4 Ta 792/11, n. v.).
12Ebenso wenig ist ein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum (stets) eine förmliche Antragstellung zu erwarten ist (so noch LAG Hamm, 12. Juli 2005, 4 Ta 435/05, juris, Rn. 19). Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich in § 114 ZPO lediglich die Notwendigkeit eines Antrags, nicht aber das Erfordernis eines ausdrücklichen und/oder auf einen bestimmten Streitgegenstand oder eine bestimmte Prozesshandlung bezogenen Antrags entnehmen.
13Es besteht auch keine „Denknotwendigkeit“, dass ein im Zusammenhang mit einer Klage gestellter Prozesskostenhilfeantrag sich nur auf die dort angesprochenen Streitgegenstände beziehen kann (so aber LAG Hessen, 1. August 2006, 19 Ta 373/06, LAGE ZPO 2002 § 114 Nr. 6, II. 2 der Gründe). Dies verkennt die Auslegungsfähigkeit von Prozesserklärungen. Diese macht es bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte möglich, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (bereits) zu einem Zeitpunkt gestellt wird, in dem noch nicht alle Streitgegenstände „bekannt“, d. h. anhängig und damit Gegenstand des Rechtsstreits sind.
14Für den Antrag im Sinne des § 114 ZPO gelten demnach keine Besonderheiten gegenüber anderen Prozesshandlungen, er ist wie private Willenserklärungen einer Auslegung zugänglich (vgl. LAG Köln, 8. März 2012, 5 Ta 129/11, ArbuR 2012, 325 (Ls.) = juris, Rn. 4 f.; 23. Juli 2012, 1 Ta 153/12, AE 2013, 28 (Ls.) = juris, Rn. 9; LAG München, 15. März 2013, 10 Ta 50/13, juris, Rn. 10, 12; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 3. Dezember 2012, 3 Ta 32/12, JurBüro 2013, 256, <257>). Dabei tritt sein Wortlaut hinter dem feststellbaren Parteiwillen sowie dem Sinn und Zweck des Antrags zurück. Gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist bei der Auslegung von Prozesserklärungen ein großzügiger Maßstab anzulegen und zwar auch dann, wenn die Partei anwaltlich vertreten ist (vgl. BAG, 13. Dezember 2007, 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589 <590 f.>, Rn. 20, 31; LAG Köln, 8. März 2012, a. a. O., Rn. 5; 23. Juli 2012, a. a. O.; LAG München, a. a. O., Rn. 12; LAG Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O., Rn. 17; enger („ausnahmsweise“) Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 79; dagegen für „großzügige“ Auslegung und insoweit auch konkludente Antragstellung Zöller/Geimer, a. a. O., § 114 ZPO Rn. 14). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Prozesskostenhilfe keine wohlwollend von Gesetzgeber und Gerichten gewährte soziale Wohltat ist, sondern ein aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG folgender Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit (vgl. BVerfG, 13. Juli 2005, 1 BvR 175/05, NJW 2005, 3489; 19. Dezember 2007, 1 BvR 2036/07, FamRZ 2008, 581), was gesetzlich nicht begründeten und damit nur vermeintlich formalen Anforderungen Grenzen setzt.
15b) Ist über einen Prozesskostenhilfeantrag noch nicht entschieden, erfasst die Antragstellung alle bis zum Zeitpunkt der Entscheidung anhängigen Streitgegenstände sowie einen Mehrvergleich. Eines erneuten ausdrücklichen Bewilligungsantrags bedarf es nicht.
16aa) Ein Antragsteller erstrebt in der Regel Prozesskostenhilfe für die gesamte Instanz, d. h. im Zweifel erstreckt sich der Antrag auf das gesamte Verfahren einschließlich einer Anwaltsbeiordnung. Dies gilt in der Regel vor allem für Klageerweiterungen, Widerklagen und kann in besonders gelagerten Fällen sogar bei mehreren Verfahren zwischen denselben Parteien, die vor demselben Gericht zur selben Zeit verhandelt werden, angenommen werden. Bei lebensnaher Betrachtung kann nämlich regelmäßig davon ausgegangen werden, dass eine bedürftige Partei, die bereits einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt hat, auch für spätere Anträge im Hauptsacheverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt haben möchte, da jedenfalls im Regelfall ihre Bedürftigkeit einheitlich vorliegt und nicht angenommen werden kann, dass in Ermangelung eines ausdrücklichen Antrags sie bereit ist, die Kosten für eine Klageerweiterung oder für ein gesondertes Verfahren zu tragen. Im Zweifel hat das Gericht den Antragsteller gemäß § 139 ZPO zu befragen (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, 4 Ta 792/11, n. v.; 30. September 2013, 14 Ta 157/13, n. v.; LAG Köln, 8. März 2012, 5 Ta 129/11, ArbuR 2012, 325 (Ls.) = juris, Rn. 6; LAG München, 15. März 2013, 10 Ta 50/13, juris, Rn. 13; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 3. Dezember 2012, 3 Ta 32/12, JurBüro 2013, 256, <257>). Weder die Notwendigkeit, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu klären, noch das Bestehen materiell-rechtlicher Prüfungspflichten schließen eine konkludente Antragstellung aus, weil sich aus der Auslegung des Antrags für das Gericht zweifelsfrei ergibt, worauf sich die Prozesskostenhilfeantragstellung bezieht (a. A. LAG Köln, 27. April 2009, 7 Ta 102/08, AE 2009, 349 (Ls.) = juris, Rn. 6 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn und solange über den Bewilligungsantrag - wie im vorliegenden Fall - noch nicht entschieden wurde (vgl. LAG Hamm, 27. August 2012, a. a. O.; 30. September 2013, a. a. O.; LAG Köln, 8. März 2012, a. a. O.; LAG Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O.).
17Es kann offen bleiben, ob eine konkludente Antragstellung noch vorliegen kann, wenn bereits Prozesskostenhilfe für die bislang anhängigen Streitgegenstände bewilligt wurde (dafür LAG München, a. a. O.; zweifelnd BAG, 16. Februar 2012, 3 AZB 34/11, NZA 2012, 1390 <1390 f.>, Rn. 12), insbesondere ob es im Hinblick auf einen kostenrechtlich im Sinne des § 35 GKG zu verstehenden Begriff „Rechtszug“ in § 119 Abs. 1 ZPO nach einem Bewilligungsbeschluss eines erneuten Antrages auf Prozesskostenhilfe für danach folgende Klageerweiterungen, Widerklagen, Mehrvergleiche pp. bedarf (vgl. näher Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 482 f., 488 f.; Zöller/Geimer, a. a. O., § 119 Rn.1, 14, 25, 28). Das gilt jedoch nicht, wenn diese bereits vorliegen, bevor erstmals über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden wird (unrichtig daher LAG Berlin, 3. Dezember 2001, 19 Ta 2258/01, ARSt 2002, 92 (Ls.) = juris, Rn. 1, 3).
18bb) Dasselbe gilt für den Abschluss eines Vergleichs, der über den im Prozess anhängigen Streitgegenstand hinaus weitere Regelungen enthält, welche den Streitwert des Vergleiches erhöhen. Mangels besonderer Anhaltspunkte ist in der Regel davon auszugehen, dass eine Partei, die einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat, diesen auch auf dem Mehrwert eines im weiteren Verlauf des Prozesses geschlossenen Vergleichs erstreckt wissen will, von dem weitere Gegenstände erfasst werden, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen (vgl. LAG Köln, 23. Juli 2012, 1 Ta 153/12, AE 2013, 28 (Ls.) = juris, Rn. 9). Es ist auch hier kein Grund ersichtlich, warum eine Partei lediglich hinsichtlich eines Teils Vergleichs die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehren sollte. Ein konkludenter Bewilligungsantrag liegt insbesondere vor, wenn über die Prozesskostenhilfebewilligung erst nach Abschluss des Vergleichs entschieden wird (vgl. LAG Hamm, 14. August 2000, 14 Ta 448/00, juris, Rn. 4), d. h. wenn über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch nicht entschieden ist, bevor die weiteren Streitgegenstände in den Prozess eingeführt oder weitere Regelungen in einem Vergleich getroffen werden.
192. Das Arbeitsgericht hat am 18. März 2013 Prozesskostenhilfe „in vollem Umfang“ bewilligt. Zu diesem Zeitpunkt war der zwischen den Parteien beabsichtigte, abgestimmte und nach entsprechendem gerichtliche Vorschlag sowie ihrer Zustimmung gemäß § 278 Abs. 6 ZPO am 27. März 2013 festgestellte Vergleich dem Gericht bereits bekannt. Der Vergleichsvorschlag war bereits am 15. März 2013 eingegangen. Angesichts des Umstands, dass von der Beklagtenseite ein nach § 278 Abs. 6 ZPO nach Zustimmung feststellender Vergleichsvorschlag angezeigt worden war, war der mit der Klage gestellte Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in dieser Situation dahin auszulegen, dass auch für die im Vergleich über den eigentlichen Verfahrensgegenstand hinaus geregelten Gegenstände Prozesskostenhilfe gewährt werden sollte. Eine solche Auslegung war naheliegend. Die in dem Vergleich geregelten Gegenstände, welche eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine Regelung seiner Abwicklung enthielten, standen in einem sachlichen Zusammenhang zu den dadurch mit erledigten, streitgegenständlichen Zahlungsansprüchen der Klägerin aus Annahmeverzug. Das Verfahren hierüber war mit Anlass gewesen, das Arbeitsverhältnis insgesamt zu beenden und eine geordnete Abwicklung der Beendigung unter Einschluss der streitigen Ansprüche zu vereinbaren. Eine konkludente Antragstellung hinsichtlich des für das Arbeitsgericht ohne weiteres ersichtlichen Mehrvergleichs lag vor, weil in einer solchen Situation die bedürftige Partei regelmäßig auch für diesen Prozesskostenhilfe benötigt und es fernliegt, dass sie hierfür die Kosten tragen will.
20Es bedarf vielmehr besonderer Anhaltspunkte dafür, dass für einen angezeigten Mehrvergleich, selbst wenn er nur beabsichtigt ist, jedoch noch nicht abgeschlossen wurde, keine Prozesskostenhilfe beantragt wird, obwohl die Partei bedürftig ist. Im vorliegenden Fall gab es keinen ersichtlichen Grund für die eine solche Annahme. Die Bedürftigkeit der Klägerin aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse bestand unverändert fort, nachdem diese vier Tage vor Erlass des Bewilligungsbeschlusses festgestellt worden war. Es lag fern, dass die Klägerin trotzdem nur bezogen auf ihre Zahlungsansprüche Prozesskostenhilfe erhalten und ihren mit der Klageschrift gestellten Bewilligungsantrag hierauf beschränken wollte. Dem Arbeitsgericht musste es sich aufdrängen, dass die Klägerin Prozesskostenhilfe auch für die weiteren Vergleichsgegenstände (Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Zahlung von Vergütung, Urlaubsgewährung, Zeugniserteilung pp.), soweit diese Regelungen einen Mehrwert des Vergleichs begründen können, in Anspruch nehmen wollte. Etwaige Zweifel hätte das Gericht durch einfache Nachfrage beheben können. Dazu war es selbst bei einer anwaltlich vertretenen Partei kraft der ihm obliegenden Fürsorge- und Hinweispflichten (dazu näher LAG Hamm, 17. Juni 2013, 14 Ta 77/13, juris, Rn. 11 ff.) grundsätzlich gehalten. Es widerspricht insbesondere den Grundsätzen eines fairen Verfahrens, bei einem absehbaren Vergleichsschluss Prozesskostenhilfe in vollem Umfang zu bewilligen, ohne dabei klar zu stellen, dass sich die Bewilligung nur auf die Klageanträge bezieht, und sodann die bedürftige Partei darauf zu verweisen, sie habe vor Verfahrensbeendigung keinen ausdrücklichen Antrag für die Mehrvergleich gestellt. Nach seinem objektiv erkennbaren Inhalt erfasste der Bewilligungsbeschluss den Mehrvergleich, da ihm der dafür erforderliche Antrag bereits zugrunde lag. Aufgrund der Bewilligung konnte die Klägerin davon ausgehen, dass ihr für den von der Gegenseite bereits dem Gericht angezeigten abzuschließenden Vergleich Prozesskostenhilfe bewilligt worden war und es eines erneuten Antrags vor der Bestätigung des Vergleichsvorschlages nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht mehr bedurfte.
213. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. September 2011 – 1 K 779/10 – wird der Klägerin Rechtsanwalt Dr. C. H., B-Stadt, mit Wirkung vom 22. Februar 2011 gemäß den §§ 166 VwGO, 121 Abs. 2 ZPO im Rahmen der Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren beigeordnet.
Gerichtskosten fallen im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht an; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
vgl. zum Beispiel Geimer in Zöller, ZPO, 28. Auflage 2010, § 121 Rdnr. 14; Völker/Zempel in Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Auflage 2010, § 121 Rdnr. 37; Fischer in Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009, § 121 Rdnr. 10; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Auflage 2010, Rdnr. 522; Wax im Münchner Kommentar zur ZPO, 2000, § 121 Rdnr. 8; OLG Köln, Beschluss vom 1.6.1983 – 2 W 63/83 -; OLG Naumburg, Beschluss vom 13.9.2006 – 8 W 122/06; OLG Bamberg, Beschluss vom 25.6.1986 – 2 WF 174/86 -, sämtlich zitiert nach Juris.
OLG Köln, Beschluss vom 1.6.1983, a.a.O.,
OLG Bamberg, Beschluss vom 25.6.1986, a.a.O.,
Fischer in Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009, § 121 Rdnr. 10.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.