Finanzgericht München Urteil, 28. Juli 2015 - 2 K 2935/12
Gericht
Gründe
Finanzgericht München
Az.: 2 K 2935/12
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort: Anfechtung unentgeltlicher Leistungen; Wertersatzbescheid
In der Streitsache
...
Klägerin ...
gegen
Finanzamt ...
Beklagter
wegen Wertersatzbescheid
hat der 2. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht den Richter am Finanzgericht ... und die Richterin am Finanzgericht ... sowie die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ... ohne mündliche Verhandlung
am
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt) zu Recht Gutschriften auf dem Konto der Klägerin gemäß § 4 Anfechtungsgesetz (AnfG) als unentgeltliche Leistungen angefochten hat.
Die Klägerin ist seit dem
M hatte unter der Betriebsanschrift „.-Str. in X ab Januar 2004 eine gewerbliche Tätigkeit „Bewachung von fremden Leben und Eigentum“ angemeldet und in der Folgezeit für von ihm gegenüber verschiedenen Auftraggebern erbrachte Leistungen Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt. Auf den Rechnungen war als Bankverbindung das Konto der Klägerin mit der Nr. ... bei der Stadtsparkasse X angegeben. In der Zeit vom 16. Mai bis 22. September 2006 wurden insgesamt 86.087,33 € aus Forderungen des M gegenüber seinen Auftraggebern dem Konto der Klägerin gutgeschrieben (vgl. Vollstreckungsakte III Bl. 14).
Nachdem die Vollstreckungsversuche gegen M erfolglos blieben, dieser bereits am
Außerdem erging an die Klägerin eine Zahlungsaufforderung, bis zum
Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch wurde Folgendes vorgebracht:
M habe sich noch vor der Eheschließung immer wieder Geld, insgesamt ca. 25.000,- €, von seiner damaligen Freundin und jetzigen Ehefrau und Klägerin geliehen, das an diese zurückgezahlt werden sollte, soweit es seine finanziellen Verhältnisse zuließen. Da der Gesamtbetrag von 25.000,- € Ende 2005 noch immer offen gewesen sei, habe man zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin vereinbart, dass M seine Auftraggeber anweisen solle, die von ihnen geschuldeten Beträge auf das Konto der Klägerin zu überweisen. Die auf dem Konto der Klägerin eingehenden Beträge seien allerdings nicht vollständig zur Tilgung der offenen 25.000,- € verwendet, sondern anteilig wiederum als Darlehen an M ausgereicht worden, indem die Klägerin die laufenden Lebenshaltungskosten des M von ihrem Konto ausgeglichen habe. Dadurch habe das Darlehen im Jahr 2006 um 8.881,54 € zurückgeführt werden können. Es fehle deshalb an einer unentgeltlichen Leistung des M und somit an einem Anfechtungsgrund.
Selbst wenn man von einer unentgeltlichen Leistung ausgehe, könne sich die Klägerin auf den Wegfall der Bereicherung berufen, da sie weder von den Steuerschulden des M noch von den Vollstreckungsversuchen des Finanzamts bei M Kenntnis gehabt habe.
Mit Einspruchsentscheidung vom
Die Klägerin beantragt,
den Wertersatzbescheid vom
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen
und nimmt hierzu auf die Einspruchsentscheidung Bezug.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Finanzamts und die im Verfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt hat die streitgegenständlichen Gutschriften auf dem Konto der Klägerin zu Recht angefochten und die Klägerin aufgefordert, Wertersatz zu leisten.
1. Nach § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) kann derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Dazu zählen auch die Fälle, in denen einem Gläubiger zur Befriedigung seiner Forderungen das zur Verfügung gestellt werden muss, was durch anfechtbare Rechtshandlungen aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist. Gleiches gilt, wenn der Anfechtungsgegner den in anfechtbarer Weise aus dem Schuldnervermögen ausgeschiedenen Gegenstand nicht in Natur zurückgewähren kann und er deshalb verpflichtet ist, Wertersatz (in Form der Zahlung eines Geldbetrages) zu leisten (§ 11 Abs. 1 Anfechtungsgesetz (AnfG).
Die Entscheidung über die Inanspruchnahme nach § 191 Abs. 1 AO ist zweigliedrig. Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob in der Person, die es durch Duldungsbescheid in Anspruch nehmen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung erfüllt sind. Hierbei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des Finanzamts an, ob und ggf. wen es als Duldungsverpflichteten in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 der Finanzgerichtordnung (FGO) auf Ermessensfehler (Ermessensfehlgebrauch bzw. Ermessensüberschreitung) überprüfbar (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 52/02, BStBl II 2004, 579, m. w. N.).
2. Vorliegend sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 4 Abs. 1 AnfG erfüllt.
a) Bei den Anweisungen des M an seine Auftraggeber auf den von ihm ausgestellten Rechnungen, den geschuldeten Betrag auf das Konto der Klägerin bei der Stadtsparkasse X zu überweisen, hat es sich um anfechtbare Rechtshandlungen des M gehandelt, die seine Gläubiger benachteiligen (vgl. § 1 Abs. 1 AnfG).
Für eine objektive Gläubigerbenachteiligung genügt der ganze oder teilweise Wegfall oder die Erschwerung bzw. Verzögerung der Zugriffsmöglichkeit für den anfechtenden Gläubiger (vgl. BGH-Urteil vom 5. November 1980 VII ZR 230/79, BGHZ 78, 318).
Anfechtbar sind nicht nur Rechtshandlungen des Schuldners, die er selbst mit dem Begünstigten vornimmt, sondern - als mittelbare Zuwendungen - auch solche, durch die er Bestandteile seines Vermögens mit Hilfe einer Mittelsperson einem Begünstigten zuwendet, ohne zu diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten (vgl. Huber, Anfechtungsgesetz, § 1 Rn. 20 f.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. M hat mit den Anweisungen an seine Auftraggeber, die geschuldeten Beträge auf das Konto der Klägerin zu überweisen, mittelbare Zuwendungen an die Klägerin vorgenommen. Die Klägerin hat die Überweisungen zwar von den Schuldnern des M erhalten. Sie muss sich aber so behandeln lassen, als habe sie diese direkt von M erhalten.
Das Finanzamt als Gläubiger des M ist dadurch benachteiligt worden, weil so die Möglichkeit des Zugriffs durch das Finanzamt auf die Forderungen des M bzw. auf eventuelle Guthaben auf Konten des M unmöglich gemacht worden ist. Bei der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse des M durch den Vollziehungsbeamten des Finanzamts am 5. Januar 2007 und bei der Abgabe des Vermögensverzeichnisses am 5. Februar 2007 hat M keine Angaben zu seinen Umsätzen aus seiner selbstständigen Tätigkeit gemacht.
b) Das Finanzamt ist anfechtungsberechtigter Gläubiger i. S. des § 2 AnfG. Die gegenüber M festgesetzten Steueransprüche sowie die steuerlichen Nebenleistungen sind in Höhe von insgesamt 38.786,85 € fällig und vollstreckbar und die Vollstreckung in das Vermögen des M ist erfolglos geblieben.
Soweit die Abgabenforderungen i. H. v. 7.532,33 € noch nicht bestandskräftig festgesetzt waren, hat das Finanzamt die Vollstreckung gemäß § 14 AnfG zutreffend davon abhängig gemacht, dass die streitgegenständlichen Abgabenforderungen bestandskräftig festgesetzt werden.
c) Ebenso liegen unentgeltliche Leistungen des M an die Klägerin i. S. des § 4 Abs. 1 AnfG vor.
Eine unentgeltliche Leistung setzt voraus, dass es auf Seiten des Schuldners (M) zu einer Vermögensminderung und auf Seiten des Anfechtungsgegners (Klägerin) zu einer entsprechenden Vermögensvermehrung gekommen ist. Für die Annahme einer unentgeltlichen Leistung genügt es, dass diese ohne Rechtspflicht erfolgt ist und keine angemessene Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist (vgl. Huber, Anfechtungsgesetz, § 4 Rn. 16).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
M hat die ihm zustehenden Forderungen gegen seine Auftraggeber dem Zugriff des Finanzamts dadurch vorenthalten, dass er den entsprechenden Gegenwert der Klägerin als Guthaben, d. h. als Forderung gegen die Stadtsparkasse, bei der diese das Konto unterhalten hat, hat zukommen lassen. Der jeweiligen Schmälerung des Vermögens des M entsprach mit der jeweiligen Gutschrift auf ihrem Konto eine entsprechende Vermehrung des Vermögens der Klägerin.
Das Gericht ist aufgrund der Feststellungen des Finanzamts und unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt, dass die von M veranlassten Überweisungen auf das Konto der Klägerin ohne Rechtspflicht erfolgt sind.
Die Einlassung der Klägerin, dem M noch vor der Eheschließung ca. 25.000,- € geliehen zu haben, ist nicht nachgewiesen. Weder gibt es eine schriftliche Vereinbarung darüber, noch ist substantiiert dargelegt worden, wie die Klägerin, die über keine nennenswerten Einkünfte verfügt hat, in der Lage gewesen sein soll, dem M eine entsprechende Summe darlehensweise zur Verfügung zu stellen.
Darauf, wie die Klägerin die ihrem Konto gutgeschriebenen Beträge verwendet hat, ob z. B. als Darlehen an M oder für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten, kommt es nicht an. Im Augenblick der streitgegenständlichen Vermögensübertragungen (Gutschriften auf dem Konto der Klägerin) war die jeweilige Forderung des M in voller Höhe einen Zugriff des Gläubigers (Finanzamt) entzogen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2000 VII B 282/99, BFH/NV 2000, 857).
Selbst wenn mit den überwiesenen Beträgen tatsächlich ein von der Klägerin gewährtes Darlehen von 25.000,- € beglichen worden sein sollte, verbleibt von den angefochtenen Überweisungen in Höhe von insgesamt 86.087,33 € immer noch ein Restbetrag von ca. 60.000 €, der der Klägerin unentgeltlich zugeflossen ist. Bereits die Überweisungen von Januar bis März 2006 hätten im Übrigen zur angeblichen Tilgung des Darlehens ausgereicht.
d) Die unentgeltlichen Leistungen wurden innerhalb der letzten vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen. Die angefochtenen Überweisungen erfolgten in der Zeit vom 16. Mai bis zum
3. Die Klägerin hat dem Finanzamt deshalb Wertersatz nach § 11 AnfG zu leisten.
a) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG muss dem Gläubiger das, was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Verfügung gestellt werden. Ist der anfechtbar weggegebene Gegenstand beim Anfechtungsgegner nicht mehr vorhanden, muss Wertersatz geleistet werden. Anknüpfungspunkt für die Anfechtung ist nicht das, was der Anfechtungsgegner erlangt hat (hier: Auszahlungsansprüche gegenüber der Bank), sondern das, was der Schuldner aus seinem Vermögen weggegeben hat. Dies sind im Streitfall die durch Einzahlung auf das Konto erloschenen Forderungen des M gegen seine Schuldner. Diese Forderungen können jedoch nicht zurückgewährt werden, so dass die Klägerin Wertersatz zu leisten hat. Dieser besteht darin, dass sie verpflichtet ist, bis zur Höhe der erloschenen Forderungen Zahlungen auf die Steuerschulden zu leisten, soweit sie mit dem Duldungsanspruch verbunden sind (vgl. Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz
b) Die Klägerin kann sich nicht gemäß § 11 Abs. 2 AnfG auf Entreicherung berufen.
Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zur Verfügung zu stellen bzw. Wertersatz zu leisten, soweit er durch sie bereichert ist (§ 11 Abs. 2 Satz 1 AnfG). Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 AnfG ist Wertersatz auch dann zu leisten, wenn der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung weiß oder den Umständen nach wissen muss, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin im Hinblick auf die behaupteten, aber nicht nachgewiesenen, Barauszahlungen an M nicht mehr bereichert ist. Aufgrund der Gesamtumstände des Streitfalles ist der Senat jedenfalls zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zumindest hätte wissen müssen, dass das Finanzamt durch die streitgegenständlichen Überweisungen benachteiligt worden ist.
Die Klägerin ist alleinige Inhaberin und Verfügungsberechtigte des Kontos gewesen. Sie hatte Kenntnis davon, dass allein im Jahr 2006 Überweisungen auf Forderungen Ihres Ehemannes (M) gegenüber Dritten von ca. 220.000,- € auf ihr Konto erfolgt sind. Sie wusste, dass M in finanziellen Schwierigkeiten gewesen ist und hat deshalb dessen laufenden Lebenshaltungskosten von ihrem Konto ausgeglichen. Ihr ist damit bekannt gewesen, dass M Zahlungen seiner Schuldner trotz seiner finanziellen Schwierigkeiten auf ihr Konto veranlasst hat, ohne dass sie dafür eine angemessene Gegenleistung erbracht hat, selbst wenn man davon ausgeht, dass sie ihm ein Darlehen i. H. v. 25.000 € gewährt hat.
Auf diese Weise hat M - mit Wissen der Klägerin - sich und seine Gläubiger - mithin auch das Finanzamt - außer Stande gesetzt, auf die eingegangen Zahlungen zuzugreifen und damit seine Schulden zu begleichen.
Die Klägerin hätte sich deshalb fragen müssen, warum M seinen geschäftlichen Zahlungsverkehr über ihr Konto abgewickelt hat. Nachvollziehbare, zu ihren Gunsten zu berücksichtigende, Gründe hierfür sind weder ersichtlich noch von der Klägerin dargelegt worden. Der allgemeine Hinweis auf die Schwierigkeiten eines Geschäftsführers, wegen fehlender Bonität ein eigenes Geschäftskonto zu bekommen, was für den Streitfall nicht nachgewiesen ist, ist insoweit nicht ausreichend.
Auch wenn kein allgemeiner Erfahrungssatz besteht, dass ein Ehegatte bei der Übertragung eines Vermögensgegenstandes durch den anderen Ehegatten auf ihn davon Kenntnis haben muss, dass der andere in der Absicht gehandelt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 1987 VII R 10/84, BFH/NV 1987, 728), hätte sich für die Klägerin aufgrund der gegebenen Umstände aufdrängen müssen, dass M mit der gewählten Abwicklung des Zahlungsverkehrs die Forderungen gegenüber seinen Schuldnern bzw. deren Zahlungen dem Zugriff seiner Gläubiger entziehen wollte.
4. Die Ermessensentscheidung des Finanzamts, die Klägerin durch Wertersatzbescheid in Anspruch zu nehmen, ist nicht zu beanstanden. Um einen Anfechtungs- und Duldungsbescheid zu erlassen, reicht es aus, dass das Vermögen des Vollstreckungsschuldners (M) für eine vollständige Befriedigung der Forderungen des Finanzamts unzulänglich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Mai 2003 VII B 106/03, BFH/NV 2003, 1146). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
6. Das Gericht hält es für sachgerecht, mit Zustimmung der Beteiligten, durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 90 Abs. 2 FGO).
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Annotations
(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.
(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.
(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, daß sie nicht dazu führen würde.
Liegt ein nur vorläufig vollstreckbarer Schuldtitel des Gläubigers oder ein unter Vorbehalt ergangenes Urteil vor, so ist in dem Urteil, das den Anfechtungsanspruch für begründet erklärt, die Vollstreckung davon abhängig zu machen, daß die gegen den Schuldner ergangene Entscheidung rechtskräftig oder vorbehaltlos wird.
(1) Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zur Verfügung zu stellen, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 6a hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen bis zur Höhe des Betrags zu dulden, mit dem er als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, dem Gläubiger zur Verfügung stellt.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.