Finanzgericht Hamburg Beschluss, 22. Jan. 2018 - 4 K 84/17

published on 22/01/2018 00:00
Finanzgericht Hamburg Beschluss, 22. Jan. 2018 - 4 K 84/17
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Tatbestand

1

Die Klägerin und Erinnerungsführerin hatte sich in der Hauptsache gegen die Entrichtung einer Steuer gewandt. Über das vom Finanzgericht Hamburg angestoßene Normenkontrollverfahren hatte das Bundesverfassungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden und das Steuergesetz für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt.

2

Nachdem die beklagte Behörde die angefochtene Steueranmeldung aufgehoben und die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt hatten, legte der Senat mit Beschluss vom 14.07.2017 der beklagten Behörde die Kosten des Verfahrens auf.

3

Die Klägerin und Erinnerungsführerin wendet sich mit ihrer Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Gerichts, der ihr nicht nur die Festsetzung einer Terminsgebühr für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, sondern auch die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für verschiedene rechtliche und technische Gutachten versagte und überdies die Geschäftsgebühr lediglich mit der Regelgebühr von 1,3 ansetzte.

Entscheidungsgründe

4

Die gemäß § 149 Abs. 2 zulässige Erinnerung führt lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg. ...

5

(Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV)

6

Nach Nr. 2300 RVG-VV ... erhält ein Rechtsanwalt für die Vertretung seines Mandanten im Vorverfahren eine Geschäftsgebühr, die ... mit einem Gebührensatz von 0,5 bis 2,5 berechnet werden kann. Eine Gebühr von mehr als 1,3 darf allerdings nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war ... Die Geschäftsgebühr ist eine Rahmengebühr nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG, bei der der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen bestimmt. Ist die Gebühr - wie hier - von einem Dritten - scil. der beklagten Behörde - zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Nach Nr. 2300 RVG-VV fällt die Geschäftsgebühr in durchschnittlichen Rechtssachen in Höhe von 1,3 an (vgl. BGH Urteil vom 31.10.2006, VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420). Eine darüber hinausgehende Gebühr kann der Rechtsanwalt nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war, also hinsichtlich des Umfangs oder Schwierigkeit über dem sog. Durchschnittsfall lag. Ob die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11.07.2012, VIII ZR 232/11, NJW 2012, 2813; Sächsisches OVG, Beschluss vom 08.10.2012, 5 E 42/12, juris; FG Köln, Beschluss vom 10.09.2013, 10 KO 3987/12, EFG 2013, 2044). Unter Berücksichtigung der vorstehend skizzierten Maßstäbe ist vorliegend nicht von einem Durchschnittsfall auszugehen, der lediglich den Ansatz der 1,3-fachen Regelgebühr rechtfertigt. Der beschließende Senat, der das der streitgegenständlichen Steueranmeldung zugrundeliegende Gesetz dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens vorgelegt hat, vermag aus eigener Anschauung zuverlässig zu beurteilen, dass der konkrete Streitfall sowohl von seinem Umfang als auch hinsichtlich seiner rechtlichen Aspekte weit über einem Durchschnittsfall lag. Die Frage, ob dem Bund für das Steuergesetz eine Gesetzgebungskompetenz zustand, erforderte besonders tiefe Kenntnisse des Verfassungsrechts. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mussten sich schon im Einspruchsverfahren auf besondere Weise mit den Gesetzgebungsmaterialen befassen und das Gesetz an der bisherigen Judikatur des Bundesverfassungsgerichts ... messen. Dass diese Fragestellungen auch im anschließenden Klageverfahren relevant wurden, ist insoweit unerheblich ... Ist somit hinsichtlich des Streitfalls davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten überdurchschnittlich (Nr. 2300 RVG-VV) war, durften diese die Geschäftsgebühr nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG nach billigem Ermessen in einer Höhe über 1,3 festsetzen. Die konkrete Erhöhung der Geschäftsgebühr auf 2,5 ist angesichts der besonderen Umstände des Streitfalles nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG. ...

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Keine Terminsgebühr für das Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht

8

Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 RVG gelten in sonstigen - d. h. in § 37 Abs. 1 RVG nicht erwähnten - Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses (VV) entsprechend. Da das Verfahren der konkreten Normenkontrolle in § 37 Abs. 1 RVG nicht angesprochen wird, bemessen sich im Streitfall die Gebühren des Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin nach § 37 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 VV. Danach (Nr. 3210 RVG-VV) entsteht eine Terminsgebühr grundsätzlich nur aufgrund einer mündlichen Verhandlung, die im Streitfall indes nicht stattgefunden hat. Über das vom beschließenden Senat angestoßene Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG i. V. m. § 13 Nr. 11 BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom... entschieden (vgl. § 25 Abs. 2 BVerfGG).

9

Allerdings ist in Nr. 3210 RVG-VV bestimmt, dass Absatz 1 Nr. 1 und 3 sowie die Absätze 2 und 3 der Anmerkung zu Nummer 3104 und Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 3202 entsprechend gelten. Nach dem insoweit allein in Betracht kommenden Absatz 1 der Nr. 3104 RVG-VV entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Die Voraussetzungen dieses Gebührentatbestandes sind hinsichtlich des Streitfalles jedoch nicht erfüllt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat über das Normenkontrollverfahren, für das grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (vgl. § 25 Abs. 1 BVerfGG), nicht im Einverständnis mit allen Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden.

10

Das Normenkontrollverfahren ist seinem Wesen nach ein von subjektiven Berechtigungen unabhängiges, objektives Verfahren zum Schutz der Verfassung und dient lediglich der Prüfung von Rechtsnormen am Maßstab des Grundgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 22.04.1953, 1 BvL 18/52, BVerfGE 2, 213). An einem solchen Verfahren ist begrifflich notwendig niemand "beteiligt", so dass als "Beteiligte" nur die Verfassungsorgane gelten können, die durch Ausübung des ihnen in § 82 Abs. 2 BVerfGG gewährten Beitrittsrechts eine besondere Rechtsstellung im Verfahren gewonnen haben (BVerfG, Beschluss vom 22.04.1953, 1 BvL 18/52, BVerfGE 2, 213). Dem vorliegend in Rede stehenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (...) ist keines der in § 82 Abs. 1 i. V. m. § 77 BVerfGG genannten Verfassungsorgane beigetreten. Die Stellungnahme eines Verfassungsorgans - hier der Bundesregierung - stellt für sich allein keinen Beitritt i. S. d. § 82 Abs. 2 BVerfGG dar. Die Klägerin als Beteiligte des Verfahrens vor dem Gericht, das den Normenkontrollantrag gestellt hat, erhält zwar nach § 82 Abs. 2 BVerfGG Gelegenheit zur Äußerung. Sie ist bzw. war indes nicht Beteiligte i. S. d. § 25 Abs. 1 BVerfGG.

11

Ob das Bundesverfassungsgericht über den Normenkontrollantrag zu Recht ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, hat der beschließende Senat nicht zu beurteilen. Im Rahmen des vorliegenden Erinnerungsverfahrens ist der beschließende Senat vielmehr daran gebunden, dass die Entscheidung über das Normenkontrollverfahren ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss erging.

12

Der beschließende Senat ist sich sehr wohl bewusst, dass sich die Klägerin auf das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vorbereiten musste und dass sie auch zur Vorlage des beschließenden Senats Stellung genommen hat. Dieser Aufwand ist freilich durch die Verfahrensgebühr abgegolten.

13

Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für Rechtsgutachten und technische Gutachten

14

Es ist in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass Kosten für Rechtsgutachten grundsätzlich nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen i. S. d. § 139 Abs. 1 FGO anzuerkennen sind und damit nicht zu den erstattungsfähigen Kosten gehören (vgl. nur FG Hamburg, Beschluss vom 24.06.2017, 3 KO 56/17, EFG 2017, 1620; FG München, Urteil vom 15.04.2005, 7 K 5473/02, juris; FG Köln, Beschluss vom 16.09.2002, 10 KO 2211/02, EFG 2003, 56; Hessisches FG, Beschluss vom 09.05.1987, 2 KO 72/87, EFG 1987, 516; BVerfG, Beschluss vom 15.07.1997, 1 BvR 1174/90, BVerfGE 96, 251; Brandis, in: Tipke/Kruse, § 139 FGO, Rz. 26). Dies gilt auch dann, wenn es um die Beantwortung schwieriger, höchstrichterlich noch nicht entschiedener Rechtsfragen geht (vgl. BFH, Beschluss vom 11.05.1976, VII B 79/74, BFHE 119, 14; FG Köln, Beschluss vom 16.09.2002, 10 KO 2211/02, EFG 2003, 56; BVerfG, Beschluss vom 15.07.1997, 1 BvR 1174/90, BVerfGE 96, 251). Denn die Rechtsfindung ist die ureigene Aufgabe des Gerichts. Eine Erstattung von Aufwendungen für sog. Rechtsgutachten ist nur ausnahmsweise möglich, wenn es etwa um Sonderfragen auf dem Gebiet des ausländischen Rechts geht (vgl. Schwarz, in: H/H/Sp, § 139 FGO, Rz. 195; Brandis, in: Tipke/Kruse, § 139 FGO, Rz. 26).

15

Unter Berücksichtigung der vorstehend skizzierten Kriterien waren die verfassungs- und europarechtlichen Gutachten bei objektiver Betrachtung für die Führung des Rechtsstreits nicht erforderlich. Die Prüfung der Verfassungs- und Europarechtsmäßigkeit eines Steuergesetzes zählt zu den typischen Aufgaben des für den Rechtsstreit zuständigen und beschließenden Senats. Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ging damit fachlich nicht über die Bandbreite des Stoffes hinaus, der von den Mitgliedern des Senats bewältigt werden muss und auch bewältigt wird.

16

In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass es vor dem Hintergrund des das finanzgerichtliche Verfahren beherrschenden Untersuchungsgrundsatzes die Aufgabe des Gerichts ist, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und den Umfang einer eventuellen Beweisaufnahme zu bestimmen (vgl. nur FG Hamburg, Beschluss vom 24.06.2017, 3 KO 56/17, EFG 2017, 1620; FG Köln, Beschluss vom 16.09.2002, 10 KO 2211/02, EFG 2003, 56; Schwarz, in: H/H/Sp, § 139 FGO, Rz. 194). Die Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein Privatgutachten ist daher in der Regel zu verneinen; die Beteiligten können lediglich bzw. vielmehr jederzeit die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht anregen bzw. einen entsprechenden Beweisantrag stellen. Eine Erstattung ist nur in engen Ausnahmesituationen möglich, wenn etwa schwierige technische Fragen zu beurteilen und die Ausführungen des anderen Beteiligten zu diesen Fragen zu entkräften sind (BFH, Beschluss vom 16.02.1971, VII B 43/69, BFHE 101, 484) oder wenn der Beteiligte Behauptungen, die sein Begehren tragen, mangels genügender eigener Sachkunde nur mit Hilfe des Gutachtens substantiiert darlegen und unter Beweis stellen und das Gericht nur so zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen veranlassen kann (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.05.2001, NVwZ-RR 2002, 315). Ein solcher Ausnahmefall ist im Streitfall allein in Bezug auf das von Herrn ... erstellte Gutachten ... gegeben:

17

Der beschließende Senat ... und auch das Finanzgericht ... hatten ernstliche Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlass des Steuergesetzes geäußert und diese Zweifel darauf gestützt, ob die Steuer auf Abwälzbarkeit und damit auf indirekte Wirkung angelegt ist. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass die beklagte Behörde in ihrer Klageerwiderung der von den Gerichten vertretenen Auffassung bezüglich der Zweifel an der Abwälzbarkeit der Steuer entgegentrat, durfte die Klägerin ausnahmsweise annehmen, dass sie sich insoweit die fehlende Sachkunde als Grundlage für das eigene Vorbringen und die Auseinandersetzung mit den Äußerungen der beklagten Behörde nur durch die Einholung dieses Gutachtens verschaffen konnte. Dass der beschließende Senat letztlich dieses Gutachten in seinem Vorlagebeschluss nicht verwertet hat, ist in diesem Kontext unerheblich. Denn die Erstattungsfähigkeit von Kosten für Privatgutachten setzt nicht voraus, dass das Privatgutachten die Entscheidung des Gerichts auch tatsächlich beeinflusst hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20.12.2011, VI ZB 17/11; BGHZ 192, 140; Schwarz, in: H/H/Sp, § 139 FGO, Rz. 194).

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Annotations

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die Vorschriften für die Revision in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses gelten entsprechend in folgenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht (Verfassungsgerichtshof, Staatsgerichtshof) eines Landes:

1.
Verfahren über die Verwirkung von Grundrechten, den Verlust des Stimmrechts, den Ausschluss von Wahlen und Abstimmungen,
2.
Verfahren über die Verfassungswidrigkeit von Parteien,
3.
Verfahren über Anklagen gegen den Bundespräsidenten, gegen ein Regierungsmitglied eines Landes oder gegen einen Abgeordneten oder Richter und
4.
Verfahren über sonstige Gegenstände, die in einem dem Strafprozess ähnlichen Verfahren behandelt werden.

(2) In sonstigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht eines Landes gelten die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses entsprechend. Der Gegenstandswert ist unter Berücksichtigung der in § 14 Absatz 1 genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen; er beträgt mindestens 5 000 Euro.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet

1.
über die Verwirkung von Grundrechten (Artikel 18 des Grundgesetzes),
2.
über die Verfassungswidrigkeit von Parteien (Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes),
2a.
über den Ausschluss von Parteien von staatlicher Finanzierung (Artikel 21 Absatz 3 des Grundgesetzes),
3.
über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundestages, die die Gültigkeit einer Wahl oder den Erwerb oder Verlust der Mitgliedschaft eines Abgeordneten beim Bundestag betreffen (Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes),
3a.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag (Artikel 93 Absatz 1 Nummer 4c des Grundgesetzes),
4.
über Anklagen des Bundestages oder des Bundesrates gegen den Bundespräsidenten (Artikel 61 des Grundgesetzes),
5.
über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes),
6.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes),
6a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2a des Grundgesetzes),
6b.
darüber, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes (Artikel 93 Abs. 2 des Grundgesetzes),
7.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 3 und Artikel 84 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes),
8.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grundgesetzes),
8a.
über Verfassungsbeschwerden (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4a und 4b des Grundgesetzes),
9.
über Richteranklagen gegen Bundesrichter und Landesrichter (Artikel 98 Abs. 2 und 5 des Grundgesetzes),
10.
über Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, wenn diese Entscheidung durch Landesgesetz dem Bundesverfassungsgericht zugewiesen ist (Artikel 99 des Grundgesetzes),
11.
über die Vereinbarkeit eines Bundesgesetzes oder eines Landesgesetzes mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes oder sonstigen Landesrechts mit einem Bundesgesetz auf Antrag eines Gerichts (Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes),
11a.
über die Vereinbarkeit eines Beschlusses des Deutschen Bundestages zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit dem Grundgesetz auf Vorlage nach § 36 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes,
12.
bei Zweifeln darüber, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den einzelnen erzeugt, auf Antrag des Gerichts (Artikel 100 Abs. 2 des Grundgesetzes),
13.
wenn das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Verfassungsgerichts eines anderen Landes abweichen will, auf Antrag dieses Verfassungsgerichts (Artikel 100 Abs. 3 des Grundgesetzes),
14.
bei Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht als Bundesrecht (Artikel 126 des Grundgesetzes),
15.
in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen (Artikel 93 Abs. 3 des Grundgesetzes).

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung, es sei denn, daß alle Beteiligten ausdrücklich auf sie verzichten.

(2) Die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung ergeht als Urteil, die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung als Beschluß.

(3) Teil- und Zwischenentscheidungen sind zulässig.

(4) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergehen "im Namen des Volkes".

(1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten entsprechend.

(2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; es lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.

(4) Das Bundesverfassungsgericht kann oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und auf Grund welcher Erwägungen sie das Grundgesetz in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Es kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.

Das Bundesverfassungsgericht gibt

1.
in den Fällen des § 76 Abs. 1 dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, bei Meinungsverschiedenheiten über die Gültigkeit von Bundesrecht auch den Landesregierungen und bei Meinungsverschiedenheiten über die Gültigkeit einer landesrechtlichen Norm der Volksvertretung und der Regierung des Landes, in dem die Norm verkündet wurde,
2.
in den Fällen des § 76 Abs. 2 dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung sowie den Volksvertretungen und Regierungen der Länder
binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Äußerung.

(1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten entsprechend.

(2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; es lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.

(4) Das Bundesverfassungsgericht kann oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und auf Grund welcher Erwägungen sie das Grundgesetz in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Es kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung, es sei denn, daß alle Beteiligten ausdrücklich auf sie verzichten.

(2) Die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung ergeht als Urteil, die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung als Beschluß.

(3) Teil- und Zwischenentscheidungen sind zulässig.

(4) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergehen "im Namen des Volkes".

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.