Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 26. März 2014 - 2 B 100/13

published on 26/03/2014 00:00
Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 26. März 2014 - 2 B 100/13
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Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.

2

Der Beklagte steht im Amt eines Oberverwaltungsrats (Besoldungsgruppe A 13) im Dienst der klagenden Gemeinde. Diese hat nach Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO im März 2006 Disziplinarklage mit den Vorwürfen erhoben, der Beklagte habe 1998 und 1999 zwei Mobilfunkkarten sowie 2003 zwei hochwertige Mobiltelefone, die Mobilfunkunternehmen der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, an sich genommen und bis zur Entdeckung im Jahr 2006 privat genutzt. Den jeweiligen Kaufpreis und die laufenden Telefonkosten habe der Beklagte aus eigenen Mitteln bezahlt, wobei er die der Klägerin gewährten Sonderkonditionen in Anspruch genommen habe.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Vorwürfe für erwiesen erachtet und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Diese Maßnahme sei bereits deshalb geboten, weil der Beklagte die in das Eigentum der Klägerin übergegangenen Mobiltelefone unterschlagen habe (sog. Zugriffsdelikte). Es lägen keine entlastenden Umstände vor, die eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses rechtfertigen könnten. Die Grenze der Geringfügigkeit sei selbst dann deutlich überschritten, wenn als Marktwert nur die Hälfte der unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers für den Verkauf der neuen Geräte angesetzt werde. Auch sei erschwerend zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte durch die unberechtigte Nutzung der Mobilfunkkarten zu Lasten der Klägerin einen Vermögensvorteil von rund 1 500 € verschafft habe. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Beklagte drei Grundsatzrügen erhoben.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des hier nach § 67 Satz 1 LDG NRW anwendbaren § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die vom Beklagten mit der Grundsatzrüge aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, nicht erfüllt:

5

Die erste Frage, ob der Milderungsgrund der Geringwertigkeit bei Zugriffsdelikten auch bei mehrmaligem Fehlverhalten bei einer Wertgrenze von insgesamt 200 € liegen kann, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist.

6

Danach stellt die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) das maßgebende Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme dar. Der Zugriff eines Beamten auf dienstlich anvertraute oder zugängliche Geldbeträge oder Gegenstände in der Absicht, sich diese anzueignen, stellt einen gravierenden Pflichtenverstoß dar, der aufgrund seiner Schwere die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert. Die Indizwirkung entfällt, wenn der Wert der unterschlagenen oder veruntreuten Gegenstände die Schwelle der Geringfügigkeit nicht deutlich übersteigt (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 15). Die Schwelle, die deutlich überschritten werden muss, um die Indizwirkung auszulösen, liegt gegenwärtig bei 50 € (Urteile vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <310 f.> und vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 22. September 2006 - BVerwG 2 B 52.06 - DÖD 2007, 187).

7

Die Indizwirkung entfällt auch, wenn ein anderer anerkannter Milderungsgrund, z.B. freiwillige Offenbarung des Pflichtenverstoßes, eingreift, wobei zugunsten des Beamten der Grundsatz „in dubio pro reo" Anwendung findet. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. entlastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten" und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung zu entkräften. Jedenfalls bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden kommt in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis absehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichen Gewicht hinzukommen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 15 und Beschluss vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 B 143.11 - juris Rn. 13). Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes insgesamt 200 € nicht erreicht. (Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O.).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze zum Bedeutungsgehalt des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und auf den festgestellten Sachverhalt angewandt. Ausgehend von seiner Würdigung, dass die Geringfügigkeitsgrenze deutlich überschritten ist und kein anderer anerkannter Milderungsgrund eingreift, hat es die belastenden Umstände in Bezug zu den entlastenden Umständen gesetzt. Die Würdigung, die entlastenden Umstände reichten in ihrer Gesamtheit nicht aus, um die Indizwirkung zu entkräften und von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, hält sich innerhalb des Rahmens, den die Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW den Tatsachengerichten für das Ergebnis der Gesamtabwägung belassen. Das Oberverwaltungsgericht hat insbesondere die jahrelange unberechtigte Benutzung zweier Mobilfunkkarten, die ihrerseits eine Dienstpflichtverletzung von erheblichem Gewicht darstellt, zu Recht als belastende Umstände von einigem Gewicht berücksichtigt.

9

Die zweite Frage, ob sich die Schwelle der Geringwertigkeit auch bei solchen Gegenständen nach dem objektiven Marktwert bemisst, die erheblichen Preis-und Wertschwankungen unterliegen oder wie Mobiltelefone als preisgünstige Zugabe beim Abschluss von Mobilfunkverträgen veräußert werden, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil kein Revisionsverfahren durchgeführt werden muss, um sie zu beantworten.

10

Der Wert von Gegenständen, die gehandelt werden, kann regelmäßig nur nach deren Marktwert bemessen werden. Die daran anknüpfende Frage, auf welche Weise dieser Wert ermittelt wird, kann in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil es sich nicht um eine Frage der Auslegung revisiblen Rechts handelt. Die Bestimmung des Marktwerts eines Gegenstandes gehört zur Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts, die der rechtlichen Würdigung vorgelagert ist. Daher können die Verfahrensbeteiligten die Methoden der Wertbestimmung in der Revisionsinstanz nur mit Verfahrensrügen in Frage stellen. In Betracht kommt insbesondere die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung nach § 57 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW, § 86 Abs. 1 VwGO verletzt.

11

Eine derartige Aufklärungsrüge kann der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Mit den Einwendungen des Beklagten gegen die Wertbestimmung von Mobiltelefonen aufgrund der Preisempfehlungen der Hersteller hat sich das Oberverwaltungsgericht auseinandergesetzt. Es hat dargelegt, dass die Mobiltelefone, die der Beklagte an sich genommen hat, zur maßgebenden Zeit der Tatbegehung neu auf dem Markt und daher preisstabil waren. Dem Vortrag, Mobiltelefone würden überwiegend aus Anlass des Abschlusses eines Mobilfunkvertrags mit erheblichen Preisnachlässen abgegeben, hat das Oberverwaltungsgericht Rechnung getragen, indem es als Marktwert nur jeweils die Hälfte der Preisempfehlungen der Hersteller zugrunde gelegt hat.

12

Die dritte Frage nach der Bedeutung einer unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere durch das Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - (BVerwGE 146, 98), geklärt ist.

13

Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 50).

14

Dementsprechend hat der Gesetzgeber davon abgesehen, einen inhaltlichen Bezug zwischen der überlangen Dauer eines Verfahrens und den geltend gemachten materiellrechtlichen Positionen herzustellen. Er hat die Verfahrensbeteiligten auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG (in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 ) verwiesen. Diese Vorschriften finden nach § 173 Satz 2 VwGO, § 3 LDG NRW auch für Disziplinarverfahren Anwendung (Urteil vom 28. Februar 2012 a.a.O. Rn. 51).

15

Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung, hier nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 53).

16

Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens der Aberkennung des Ruhegehalts nicht entgegen, wenn der Beamte während seiner Dienstzeit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verwirkt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12 - NVwZ 2013, 788).

17

Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden, wenn das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis wegen der mit dem Verfahren verbundenen Belastungen gemindert ist (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 54).

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühren betragsgenau festgelegt ist (§ 75 Satz 1 LDG NRW, Nr. 62 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu diesem Gesetz).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.