Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Nov. 2015 - AN 13b D 15.00460

published on 25/11/2015 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Nov. 2015 - AN 13b D 15.00460
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Tenor

1. Der Beklagte wird wegen eines Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Disziplinarklage erstrebt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

I.

Der am ... 1975 geborene Beklagte steht als Steuerobersekretär (BesGr. A7, Beförderung zum 1.7.2013) im Dienste des Klägers und war bis zur Bekanntgabe des Bescheides des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 8. Juli 2013, mit welchem dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG verboten wurde, als Buchhalter für die Buchhaltung... und ... beim Finanzamt ... tätig. Der Beklagte bearbeitete ausschließlich Kraftfahrzeugsteuerfälle.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei am ... 2007 bzw. ... 2010 geborene Töchter.

Die Beklagte beendete die Schulausbildung am ... im Jahr 1995 mit dem Zeugnis der Mittleren Reife. Vom 1. Juli 1995 bis 1. Oktober 2007 war er bei der Bundeswehr tätig, seit dem 1. November 1996 als Soldat auf Zeit. Von November 2004 bis Mai 2005 ließ sich der Beklagte in einem Abendkurs in ... zum Bürokaufmann ausbilden und bestand dann die Abschlussprüfung bei der IHK ... am 21. Juli 2005. Vom 27. Juni 2005 bis 22. Dezember 2006 nahm er an der Bundeswehrfachschule ...am Lehrgang Fachhochschulreife Wirtschaft teil, den er mit dem Gesamtschnitt 1,6 abschloss.

Zum 1. Oktober 2007 trat der Beklagte als Finanzanwärter beim Finanzamt ... in die Bayerische Finanzverwaltung ein.

Nachdem der Beklagte im Jahr 2010 die Laufbahnprüfung und die Wiederholungsprüfung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes nicht bestanden hatte, wurde ihm die Laufbahnbefähigung für den Mittleren Dienst zuerkannt (§ 47 Abs. 4 StBAPO).

Er wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2011 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Steuersekretär ernannt. Die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgte zum 1. Januar 2013. Zum 1. Juli 2013 wurde der Beklagte zum Steuerobersekretär befördert.

Vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2012 war der Beklagte beim Finanzamt ... tätig. Zum 1. Juli 2012 wurde er wieder an das Finanzamt ... versetzt.

Der Beklagte wurde zuletzt im Jahr 2013 mit einem Gesamturteil von elf Punkten dienstlich beurteilt.

Ausweislich einer Bezügemitteilung für Januar 2015 erhielt der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt Nettobezüge in Höhe von 2.955,14 Euro.

II.

Im Rahmen einer beim Finanzamt ... vom 3. Juli 2013 bis 5. Juli 2013 durchgeführten kleinen Geschäftsprüfung wurden folgende Feststellungen getroffen, die vom Beklagten im Disziplinarverfahren eingeräumt wurden:

1. Ein für das Konto „...“ des am 30. Oktober 2012 verstorbenen Fahrzeughalters ... entstandenes Kraftfahrzeugsteuerguthaben in Höhe von 90,00 Euro wurde von dem Beklagten ämterübergreifend unter dessen Kennung „...“ am 16. Mai 2013 auf die Steuernummer „...“ umgebucht. Das betreffende Kraftfahrzeug war auf den Vater des Beklagten, Herrn ... zugelassen. Für diese Kfz-Steuernummer war ein auf den Beklagten und dessen Ehefrau lautendes, gemeinsames Bankkonto bei der Sparkasse ... hinterlegt.

2. Für den am 27. Oktober 2012 verstorbenen Fahrzeughalter ... entstand aufgrund Fahrzeugabmeldung ein Guthaben in Höhe von 115,00 Euro. Hiervon wurde vom Beklagten ein Restguthaben von 114,00 Euro auf die Steuernummer „...“ umgebucht. Das betreffende Kraftfahrzeug war auf die Ehefrau des Beklagten zugelassen. Von diesem Restguthaben wurden 30,00 Euro auf die am 6. September 2013 fällig werdende Kfz-Steuer angerechnet und der verbleibende Betrag von 84,00 Euro auf das für diese Kfz-Steuernummer gespeicherte, auf den Beklagten und dessen Ehefrau lautende, gemeinsame Bankkonto bei der Sparkasse ... erstattet. Die insoweit anfallenden Buchungen wurden von dem Beklagten am 25. und 26. Juni 2013 unter der Kennung des Beklagten „...“ vorgenommen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes leitete der Leiter des Finanzamtes ... als Dienstvorgesetzter des Beklagten mit Vermerk vom 5. Juli 2013 gegen diesen gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren ein. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens wurde dem Beklagten am gleichen Tag bekanntgegeben und ihm mitgeteilt, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Gleichzeitig wurde der Beklagte über seine Rechte nach Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG belehrt und ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Ausweislich eines Aktenvermerkes des Leiters des Finanzamtes ... vom 5. Juli 2013 äußerte sich der Beklagte am selben Tage nach erfolgter Belehrung mündlich in der Sache „...“ dahingehend, er habe das gemacht. Er habe verschiedene Möglichkeiten der Umbuchung ausprobieren wollen. Es gebe die normale oder große Umbuchung nach Programm 611 oder 616. Er habe es als Testkonto ausprobiert. Das müsse er wieder umbuchen. Er habe es nicht wieder zurückgebucht, das habe er vergessen. Das ärgere ihn sehr.

Bezüglich des Sachverhaltes „...“ habe er mit der Nachlassverwalterin ... telefoniert. Diese habe gesagt, dass er mit dem Guthaben machen könne was er wolle. Das sei eine Dummheit von ihm gewesen.

Befragt, ob es weitere Fälle gebe, habe der Kläger erklärt, dies sei vermutlich der Fall. Er wisse es jetzt nicht. Vielleicht betreffe es den Fall ..., da sei von ... eine Umbuchung gelaufen. In letzter Zeit sei nichts gewesen.

Abschließend habe der Beklagte erklärt, sein Verhalten sei nicht zu entschuldigen. Er werde das Geld zurückzahlen. Es tue ihm sehr leid (mehrfach).

Mit Bescheid vom 8. Juli 2013 untersagt das Bayerische Landesamt für Steuern dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG. Die schriftliche Bekanntgabe erfolgte mittels Postzustellungsurkunde am 9. Juli 2013.

Am 15. Juli 2013 wurde das Disziplinarverfahren nach Art. 35 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 BayDG vom Bayerischen Landesamt für Steuern als Disziplinarbehörde übernommen und mit Verfügung vom gleichen Tag gemäß Art. 21 Abs. 1 BayDG auf weitere Tathandlungen des Beamten ausgedehnt.

Dem Beklagten wurde zusätzlich zur Last gelegt, unter seiner Kennung „...“ unberechtigter Weise Kfz-Steuer-Guthaben vier verschiedener Steuerpflichtiger in Höhe von insgesamt 1,91 Euro auf das Kfz-Steuer-Konto „...“ seines Vaters ... umgebucht zu haben.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vorgänge:

Steuernummer

Steuerpflichtiger/Fahrzeughalter

Guthaben

Umbuchung auf Steuernummer/Fahrzeughalter

Datum der Umbuchung

...

... B. (verstorben)

0,50 Euro

...

10.04.2013

...

... H.

0,10 Euro

...

10.04.2013

...

... W.r

0,31 Euro

...

14.05.2013

...

... K.

1,00 Euro

...

22.05.2013

Die Disziplinarbehörde hörte den Beklagten am 22. Juli 2013 persönlich an. Zu Beginn der Anhörung wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands bedienen könne. Während der Anhörung war die Bevollmächtigte des Beklagten anwesend. Der Beklagte machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Unter dem 30. Juli 2013 wurden Frau ... (Nachlassverwalterin des Herrn ...) und Frau ... von der Disziplinarbehörde schriftlich befragt.

Frau ... erklärte u. a., nie mit dem Beklagten zu tun gehabt oder mit diesem gesprochen zu haben. Frau ... teilte mit, dass sie keine Information des Finanzamtes über eine Rückzahlung von Kfz-Steuer über 90.- Euro erhalten habe.

Mit Verfügung vom 11. September 2013 wurde der Beklagte gemäß Art. 39 BayBG vorläufig des Dienstes enthoben. Unter Berücksichtigung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten erfolgte keine Einbehaltung von Bezügen nach Art. 39 Abs. 2 BayDG.

Die Bevollmächtigte des Beklagten trug unter dem 10. Oktober 2013 vor, dieser sei seit einiger Zeit beruflich und häuslich stark belastet, was ihn stark beeinträchtigt habe. Aufgrund der Schilderungen des Beklagten sei davon auszugehen, dass sich dies in einer erheblichen Depression manifestiert habe. Der Beklagte habe das Gefühl gehabt „neben sich zu stehen“ und könne sich nicht erklären, wie es zu den ihm zur Last gelegten Vorfällen gekommen sei. Es handele sich um sogenannte „Blackouts“. Es sei davon auszugehen, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten im fraglichen Zeitraum aufgehoben oder zumindest stark gemindert gewesen sei, so dass keine tiefgreifenden disziplinarischen Maßnahmen gegen den Beklagten in Betracht kämen. Auch sei aufgrund der begonnenen Therapie nicht von einer Wiederholung auszugehen.

Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung bei Fortführung der Dienstgeschäfte sei mithin nicht zu befürchten. Jedenfalls aber sei das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte unverhältnismäßig. Der Beklagte bedauere die Vorfälle sehr. Wie bereits ausgeführt, könne er sich nicht erklären, wie es hierzu gekommen sei.

Dem Schreiben beigefügt war eine Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dipl.-med. ..., ..., vom 13. August 2013. In dieser ist ausgeführt, die Beklagte habe angegeben, dass sich sein psychisches Befinden seit Februar 2013 dahingehend verschlechtert habe, dass er sich leer und ausgebrannt fühle, mitunter das Gefühl habe „neben sich zu stehen“. Als Auslöser habe er beruflichen und persönlichen Stress angegeben. Der Beklagte habe sich bisher dreimal vorgestellt. Er habe sich in den Gesprächen jeweils kooperativ präsentiert, offen und nachvollziehbar über seine Problematik berichtet, sei wach, allseits orientiert gewesen, in der Stimmungslage etwas depressiv, gedrückt. Es hätten sich keine Störungen der Konzentration, des Gedächtnisses oder der Merkfähigkeit gefunden. Zur Frage der Schuldfähigkeit müsse sicherlich eine Stellungnahme eines unabhängigen Gutachters erfolgen.

Unter dem 29. Oktober 2013 beauftragte der Kläger den Leiter der Klinik für forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus Herr Dr. ..., mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung folgender Fragen:

1. Liegt beim Beklagten eine Krankheit auf psychologischem und /oder neurologischem Gebiet vor? Wenn ja, seit wann? Wie lautet die Diagnose?

2. Wenn ja: Führte die Krankheit dazu, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten im Zeitraum April bis Juni 2013 hinsichtlich der von ihm an den Tagen 10. April 2013, 14. Mai 2013, 15. Mai 2013, 16. Mai 2013, 22. Mai 2013, 23. Mai 2013, 25. Juni 2013 und 26. Juni 2013 begangenen Tathandlungen gemindert oder aufgehoben war?

Das am 3. November 2013 erstellte Gutachten gelangt zu folgendem Ergebnis:

„Zu 1.: Bei dem o. g. Beamten liegt keine Krankheit auf psychiatrischem und/oder neurologischem Gebiet vor.

Gut nachvollziehbar lag beim Beamten infolge des Gesprächs im Finanzamt ... am 5. Juli 2013 und dessen Folgen eine außergewöhnliche und auf den Beamten einwirkende akute Belastungsreaktion vor, auf die eine nicht länger anhaltende depressive Reaktion folgte, die jedoch auf die am 15. Juli 2013 aufgenommene, niedrig dosierte antidepressive medikamentöse Therapie und die zu dem Zeitpunkt bereits erfolgte Herausnahme des Beamten aus der beruflichen Belastungssituation zügig wieder abklang, so dass auch die den Beamten behandelnde Fachärztin bereits zwei Monate später keinerlei psychopathologische Auffälligkeiten, insbesondere auch keine erkennbare depressive Symptomatik beim Beamten mehr feststellen konnte.

Letztlich muss es als möglich angesehen werden, dass beim Beamten die von der ihn behandelnden Fachärztin am 15. Juli 2013 diagnostizierte mittelgradige depressive Episode hinsichtlich der diagnostischen Kriterien vorlag, jedoch innerhalb eines Zeitraums von wenigen Wochen wieder vollständig abgeklungen ist.

Es liegen jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte aus psychiatrischer Sicht dafür vor, dass beim Beamten vor dem 5. Juli 2013 bereits eine schwerwiegende psychische Erkrankung vorlag oder dass vom Vorliegen von gesundheitlichen Störungen ausgegangen werden kann, die erheblichen Einfluss auf zentral nervöse Funktionen des Beamten vor dem 5. Juli 2013 hatten.

Gleichwohl ist es - wie oben angeführt - auch aus psychiatrischer Sicht gut nachvollziehbar, dass der Beamte in den Monaten April bis Juni 2013 aufgrund einer anhaltenden beruflichen und persönlichen Überlastung und dem Bestreben, die an ihn gestellten oder so empfundenen Anforderungen voll zu genügen, in einer erheblichen psychischen Belastung sich befand, in der sich der Beamte unter starkem Leistungsdruck fühlte und mit Schlafstörungen, aber auch mit einer Abnahme der psycho-physischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit reagierte.

Selbst wenn für diesen Zeitraum vom Vorliegen einer leichten depressiven Reaktion beim Beamten ausgegangen würde, würde eine derartige depressive Reaktion beim Beamten, ungeachtet der Frage, ob es überhaupt einem der biologischen Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB und dabei am ehesten der schweren anderen seelischen Abartigkeit zugeordnet werden könnte, keinesfalls das die in der Schuldfähigkeitsbeurteilung geforderte Schwerekriterium erfüllen.

Auch bei einer hiervon losgelösten Betrachtung des beim Beamten hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Handlungen vorliegenden Handlungsmusters muss hinsichtlich der einzelnen, dem Beamten zur Last gelegten Vorgänge davon ausgegangen werden, dass jeweils ein „mehrschrittiges“ Vorgehen in Umsetzung der Handlungen erforderlich war, womit eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit eher nicht in Betracht gezogen werden kann.

Dabei muss weiter auch davon ausgegangen werden, dass der Beamte auch an den Tagen der ihm zur Last gelegten Handlungen ansonsten seine dienstlichen Verpflichtungen am Arbeitsplatz korrekt und für Dritte vermutlich unauffällig erledigen konnte.

Auch das vom Beamten angegebene Motiv, die (wiederholt) auflaufenden Fehlermeldungen endlich weg zu bekommen, nach einer geeigneten Buchungsmöglichkeit zu suchen und der Umstand, dass er beispielsweise auf den Buchungsausdruck vom 9. April 2013 (Blatt 51 Beweismittelakte) handschriftlich u. a. das Wort „Test“ vermerkt hatte, sprechen gegen die Annahme einer erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Steuerungsfähigkeit des Beamten bei dem ihm vorgeworfenen Handlungen.

Darüber hinaus liegen keinerlei Erkenntnisse aus der psychiatrischen Begutachtung des Beamten vor, die für eine Aufhebung von Steuerungs- und/oder Einsichtfähigkeit hinsichtlich der Tathandlungen sprechen könnten.

Von daher ist zusammenfassend aus forensisch-psychiatrischer Sicht festzustellen, dass die gegenständliche Begutachtung des Beamten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben hat, dass seine Schuldfähigkeit im Zeitraum April bis Juni 2013 hinsichtlich der ihn an den konkreten genannten Tagen in diesem Zeitraum zur Last gelegten Tathandlungen erheblich im Sinne des § 21 StGB gemindert oder gar aufgehoben (im Sinne des § 20 StGB) war.

Die Erfahrungen, die der Beamte nach dem 5. Juli 2013 machen musste, die von ihm zum Teil auch mit fachärztlicher Hilfe durchgeführte Betrachtung und Bearbeitung der Umstände, die ihn vor und im Tatzeitraum belastet haben, und die hieraus vom Beamten gezogenen Erkenntnisse, lassen bei dem nach den vorliegenden Informationen strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getretenen Beamten, der grundsätzlich über ein hohes Pflichtbewusstsein verfügt und eine hohe Identifikation mit seinen dienstlichen Aufgaben aufweist, aus forensisch-psychiatrischer Sicht keine weiteren Handlungen, wie sie ihm gegenständlich zur Last gelegt werden und hinsichtlich deren eine Bereicherungsabsicht wohl nicht angenommen werden kann, befürchten. Gesundheitliche Einschränkungen, insbesondere von Seiten des psychiatrischen und neurologischen Fachgebietes, die gegen eine Wiederaufnahme der Diensttätigkeit des Beamten sprechen, liegen nicht vor.“

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 teilte das Bayerische Landesamt für Steuern der Bevollmächtigten des Beklagten das Ergebnis der disziplinarrechtlichen Ermittlungen mit. Es wurde gemäß Art. 32 BayDG die Gelegenheit eingeräumt, sich zu dem Ergebnis der Ermittlungen abschließend zu äußern. Es wurde darauf hingewiesen, dass es dem Beklagten frei stehe, sich - mündlich oder schriftlich - zu äußern oder keine Angaben zur Sache zu machen. Das Ergebnis der Ermittlungen begründe - vorbehaltlich einer Würdigung der abschließenden Stellungnahme - den Verdacht auf ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG i. V. m. § 34 Sätze 1 bis 3, 35 Satz 3 BeamtStG, das die Erhebung der Disziplinarklage nach Art. 35 Abs. 1 Satz 2 BayDG erforderlich mache, mit dem Ziel, den Beamten nach Art. 14 Abs. 2 BayDG i. V. m. Art. 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass der Beklagte gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 3 und 4 BayBVG die Mitwirkung der Personalvertretung beantragen könne.

Die Bevollmächtigte des Beklagten äußerte sich unter dem 12. Januar 2015. Dem objektiven Tatbestand der Umbuchungen der Guthaben der Steuerbürger ... S. (90,00 Euro), des Steuerbürgers ... M. (114,00 Euro) sowie der Kraftfahrzeugsteuerguthaben verschiedener Steuerpflichtiger in Höhe von 1,91 Euro werde nicht widersprochen.

Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes werde jedoch nach wie vor bestritten, dass der Beklagte in Bereicherungsabsicht gehandelt habe. Hiergegen spreche schon allein die Höhe der vom Beklagten widerrechtlich vorgenommenen Umbuchungen im Finanzamt ... In vier von sechs Fällen habe die Schadenssumme unter 1,00 Euro gelegen. Auch die Verwendung der Bezeichnung „Test“ auf einem Buchungsvermerk bestätige die Intention des Beklagten, die ihn stark belastenden ständigen Fehlermeldungen zu vermeiden. Darüber hinaus habe der Beklagte hinsichtlich des Ergebnisses der disziplinarrechtlichen Ermittlungen nach wie vor hinsichtlich des Sachverhaltes ... M. in Erinnerung, dass er mit einer Dame telefoniert habe, welche ihm gesagt habe, dass er mit dem Guthaben aus der Kfz-Steuer machen solle, was er wolle. Ob es sich bei dieser Dame um die Zeugin ... handele, könne der Beklagte jedoch nicht definitiv beantworten, da er lediglich telefonischen Kontakt gehabt habe. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass in Folge der überaus zahlreichen telefonischen Kontakte mit Steuerpflichtigen hier eine Verwechslung vorliege.

Gerade hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsseite werde auf das eingeholte Gutachten vom 3. November 2014 verwiesen. Zwar führe das Gutachten aus, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten im Tatzeitraum nicht beeinträchtigt gewesen sei. Jedoch führe das Gutachten die Überlastung des Beklagten sowohl in dienstlicher als auch in privater Hinsicht umfassend aus. Der Gutachter bestätige dem Beklagten eine hohe Leistungsmotivation bei Identifikation mit seinem Arbeitsfeld und offensichtlich verinnerlichter Pflichtenerfüllung. Hierbei habe der Beklagte durch sein starkes Streben nach Pflichterfüllung im beruflichen, im privaten und im nachbarschaftlichen bzw. familiären Bereich bei zusätzlicher Inanspruchnahme durch ehrenamtliche Tätigkeiten (u. a. Elternbeirat im Kindergarten und der Grundschule der Kinder), verbunden mit einer zumindest subjektiv erlebten erheblichen Arbeitsbelastung zu einer Überforderung des Beklagten geführt. Diese Überforderung habe er nicht in adäquater Weise mit Dritten bzw. vermutlich auch am Arbeitsplatz nicht mit Vorgesetzten kommunizieren können. Zudem habe der Zeitdruck in personellen Engpasszeiten die psychische Belastung des Beklagten zusätzlich erhöht. Diese Ausführungen des Gutachters stimmten mit der Stellungnahme der Bevollmächtigten des Beklagten vom 10. Oktober 2013 überein, nach welcher sich der Beklagte seit Anfang des Jahres 2013 überbelastet gefühlt habe, das Gefühl gehabt habe „neben sich zu stehen“ und er sich die ihm zur Last gelegten Vorfälle nicht erklären könne. Folgerichtig führe der Gutachter aus, dass eine Bereicherungsabsicht dem Beklagten nicht unterstellt werden könne, dies auch in Anbetracht der Höhe der gegenständlichen Beträge und der einfach möglichen Verfolgung der Buchungen in dem persönlichen oder familiären Bereich des Beklagten.

Gleichwohl der objektive Tatbestand eines Dienstvergehens erfüllt sei, stelle sich die Frage, welche Disziplinarmaßnahme im konkreten Fall angemessen sei. Maßgebend sei die Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfanges, der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Maßgebendes Kriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme sei hierbei die Schwere des Dienstvergehens. Diese beurteile sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeiten der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Behandlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Im Rahmen der Ermessensausübung sei sodann zu berücksichtigen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fielen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten sei (BVerwG vom 20.10.2005 - 2 C 12.04).

Hinsichtlich der Schwere des Dienstvergehens in Bezug auf Eigenart, Bedeutung, Dauer und Häufigkeit sei festzustellen, dass der Beklagte strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten sei. Die sechs Verstöße seien in einem Zeitraum vom 10. April 2013 bis 26. Juni 2013 erfolgt. Der höchste Schadensbetrag im Fall des Guthabens des ... M. betrage 114,00 Euro, vier weitere Fälle beträfen Guthaben im Wert von unter 1,00 Euro. Zuvor sei der Beklagte bereits seit Oktober 2007 beanstandungsfrei in der Bayerischen Finanzverwaltung tätig gewesen. Die dort erbrachten Leistungen seien so gut gewesen, dass der Beklagte vorzeitig zum 1. Juli 2013 befördert worden sei.

Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale bestätige der Sachverständige eine psychische Belastungssituation für den Beklagten, der in einer personell unterbesetzten Abteilung gearbeitet habe und auch in der privaten Situation stark belastet gewesen sei.

Der Beklagte habe die Intension gehabt, verschiedene Variationen von Umbuchungen auszuprobieren, um seinen Arbeitsablauf zu optimieren und die ständigen Fehlermeldungen im System zu vermeiden. Insbesondere werde darauf verwiesen, dass dem Beklagten vom Gutachter eine sehr hohe Arbeitsmotivation bestätigt werde. Eine Wiederholungsgefahr sowie eine Bereicherungsabsicht des Beamten schließe der Gutachter aus.

Der Beklagte habe den entstandenen Schaden unverzüglich wiedergutgemacht. Das Handeln des Beklagten sei bisher nicht nach außen getreten und habe dem Ansehen der Finanzverwaltung daher nicht geschadet. Das Vertrauensverhältnis zur Allgemeinheit sei nicht betroffen worden. Auch lägen weitere Erschwerungsgründe, wie z. B. Urkundenfälschung etc. nicht vor.

Der Milderungsgrund der psychischen Ausnahmesituation sei nach dem Gutachten vom 3. November 2014 eindeutig gegeben. Im Gutachten sei festgestellt, dass der Beklagte in den Monaten April bis Juni 2013 aufgrund einer anhaltenden persönlichen und beruflichen Überlastung und dem Bestreben, den an ihn gestellten und an ihn so empfundenen Anforderungen voll zu genügen, sich in einer erheblichen psychischen Belastungssituation befunden habe, in der sich der Beklagte unter starkem Leistungsdruck gefühlt und mit Schlafstörungen, aber auch mit einer Abnahme der psycho-physischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit reagiert habe. Vom Beklagten könne deshalb in Zukunft ein an normalen Maßstäben orientiertes pflichtgemäßes Verhalten erwartet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.7.2003 - BV 2 WD 51.02). Bei Vorliegen dieses Milderungsgrundes könne auch einem Beamten, der dienstlich im Kernbereich versagt habe, attestiert werden, dass noch so viel Vertrauen des Dienstherrn vorhanden sein könne, dass das Beamtenverhältnis fortgesetzt werde.

Daher sei die Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis nicht erforderlich. Vielmehr handele es sich um ein kurzfristiges, entschuldbares Fehlverhalten. Auch das Verhalten des Beklagten nach der Tat spreche dafür, dass die Entfernung aus dem Dienst nicht die angemessene Reaktion auf das angezeigte Dienstvergehen sei. Gemäß dem vorliegenden Gutachten werde dem Beklagten attestiert, dass dieser durch die Erlangung fachärztlicher Hilfe bei Betrachtung und Bearbeitung der Umstände, die zur Pflichtverletzung führten, dem Beamten doch ein hohes Pflichtbewusstsein und eine hohe Identifikation mit seinen dienstlichen Aufgaben attestiert werde. Der Sachverständige bescheinige, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht keine weiteren Dienstvergehen zu erwarten seien.

Im Übrigen werde auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen, nach welcher erst bei einem Gesamtschaden von über 5.000,00 Euro eine Entfernung aus dem Dienst ohne weitere Erschwernisgründe gerechtfertigt sei (Beschluss vom 24.2.2005 - 1 D 1.05 sowie vom 4.5.2006 - 1 D 13.05).

Zugleich wurde in dem genannten Schreiben die Beteiligung der Personalvertretung beantragt.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 wurde der Bezirkspersonalrat beim Bayerischen Landesamt für Steuern, Dienststelle ..., von der beabsichtigten Erhebung der Disziplinarklage gegen den Beklagten und das ihm angelastete Dienstvergehen unterrichtet. Die Personalvertretung teilte mit Schreiben vom 18. Februar 2015 mit, dass gegen die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage keine Einwendungen erhoben werden.

III.

Mit Schriftsatz vom 9. März 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am 17. März 2015, erhob der Kläger Disziplinarklage mit dem Antrag,

den Beklagten gemäß Art. 14 Abs. 2 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Disziplinarklage wurde der Bevollmächtigten des Beklagten mit der Belehrung gemäß Art. 53 BayDG am 23. März 2015 zugestellt.

Die Bevollmächtigte des Beklagten beantragte mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015,

die Disziplinarklage abzuweisen.

Zur Begründung wurde der Sachvortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft.

Insbesondere seit Oktober 2012 sei es zu einer objektiv und auch subjektiv empfundenen Überlastung des Beklagten gekommen. Hier sei es zu einer Arbeitsverdichtung durch Stellenstreichungen gekommen. Vor allem die zahlreichen Fehlermeldungen, welche die EDV des Finanzamtes getätigt habe, hätten den Beklagten in seiner Routine stark beeinträchtigt. Dies habe umso mehr gegolten, als der Beklagte sowohl täglich auf seine Pausen als auch auf Urlaub verzichtet habe, da die Arbeit zu zweit nicht zu schaffen gewesen sei. In den Monaten Februar, März und April 2013 habe diese Überlastung des Beklagten seinen Höhepunkt erreicht, als er aufgrund Urlaubs seines Kollegen auch noch dessen Aufgaben hätte erledigen müssen. Ohne positive Rückmeldung habe sich der Beklagte mit einem nicht zu bewältigenden Arbeitsaufwand konfrontiert gesehen.

Das dienstliche Fehlverhalten sei genau in diesem Zeitpunkt der objektiv und subjektiv auch so empfundenen Arbeitsüberlastung eingetreten.

Hervorzuheben sei weiterhin, dass die Beklagte nach seiner Übernahme im Finanzamt ... und auch später während seiner Tätigkeit im Finanzamt ... durchgehend äußerst positive dienstliche Beurteilungen durch seine Dienstvorgesetzten erhalten habe. So sei es dem Beklagten gelungen, aufgrund seiner überaus engagierten Tätigkeit bereits in einem sehr frühen Stadium die Verbeamtung auf Lebenszeit zu erreichen. Auch eine Beförderung zum 1. Juli 2013 habe stattgefunden, wodurch zum Ausdruck gebracht worden sei, dass ein überdurchschnittliches Arbeiten des Beklagten vorgelegen habe.

Eine Wiedergutmachung des eingetretenen Schadens sei bereits im Juli 2013 erfolgt.

Auch das psychiatrische Sachverständigengutachten vom 3. November 2014 stelle heraus, dass sich der Beklagte im Tatzeitraum in einer psychischen Ausnahmesituation durch Arbeitsüberlastung befunden habe. Insbesondere die hierdurch aufgetretenen Schlafstörungen und letztlich die mangelnde Möglichkeit zum Abschalten von der dienstlichen Belastung habe den Beklagten nachhaltig beeinträchtigt. Das Gutachten stelle hierbei heraus, dass die dem Beklagten vorgeworfenen Dienstvergehen in keiner Weise seinem Persönlichkeitsbild entsprächen.

Dem objektiven Tatbestand der Dienstpflichtverletzungen werde nicht widersprochen. Hierbei sei jedoch zugunsten des Beklagten folgendes zu berücksichtigen:

Die Tatsache, dass das Handeln des Beklagten ein persönlichkeitsfremdes Verhalten darstelle, ergebe sich bereits daraus, dass dem Beklagten genauestens bekannt gewesen sei, dass eine Geschäftsprüfung aller Buchungen im Finanzamt angesetzt war. Mithin sei dem Beamten auch klar gewesen, dass Unregelmäßigkeiten hinsichtlich Buchungen unmittelbar zur Aufdeckung kommen würden. Diese Tatsache entspreche den vorgetragenen subjektiven Beweggründen des Beklagten. Dieser habe seit seiner ersten Anhörung unmittelbar nach der Tatentdeckung stets vorgetragen, die Umbuchung hinsichtlich des Steuerbürgers ... S. (90,00 Euro) sowie die Umbuchung der vier Kleinbeträge mit einer Schadenssumme von jeweils unter 1,00 Euro seien erfolgt, um die ständigen Fehlermeldungen im EDV-System zu vermeiden. Diese Fehlermeldungen hätten den Arbeitsablauf des Beklagten im Zeitraum Februar bis Juni 2013 stark beeinträchtigt. Insbesondere hätten sie den notwendigen Arbeitsfluss behindert. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte auch durch das Führen von Telefonaten mit Steuerbürgern Zeit verloren habe, die er unter dem bereits beschriebenen personalen Engpass nicht wieder habe herausholen können. Der Beklagte habe hinsichtlich dieser Buchungen nicht in Bereicherungsabsicht gehandelt. Er habe diese Umbuchungen als Testkonto ausprobieren wollen, um die Fehlermeldungen in der EDV zu vermeiden. Dabei habe es der Beklagte jedoch aufgrund Nachlässigkeiten versäumt, die Umbuchungen hinsichtlich des Testkontos wieder zurückzuführen.

Was den Sachverhalt des Steuerbürgers ... M. (114,00 Euro) betreffe, so habe der Beklagte nach seiner Erinnerung hinsichtlich dieses Falles mit einer Dame telefoniert, welche er als Nachlassverwalterin des verstorbenen Steuerbürgers ausfindig gemacht habe. Er habe der Nachlassverwalterin erklärt, er müsse das Guthaben aus dem Kfz-Steuerkonto erstatten, woraufhin diese nach seiner Erinnerung gesagt habe, er solle mit dem Geld machen was er wolle. Ob es sich bei seiner Telefonpartnerin dabei um die Zeugin ... handele, könne der Beklagte nicht beantworten, da er lediglich telefonischen Kontakt gehabt habe. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass infolge der überaus zahlreichen telefonischen Kontakte mit Steuerpflichtigen, hier eine Verwechslung durch den Beklagten vorliege. Im Rahmen der dienstlichen Überlastung habe der Beklagte sodann dieses Kfz-Steuerguthaben auf die vom Landesamt für Steuern beschriebene Weise umgebucht. Es handele sich hierbei eindeutig um ein Augenblicksversagen in Zeiten höchster Arbeitsüberlastung, welche bereits körperliche Folgen (u. a. Schlafmangel) für den Beklagten gezeigt habe. Der Beklagte habe sich in einer körperlichen und psychischen Ausnahmesituation befunden, in welcher ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden könne.

Das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Redlichkeit des Beklagten sei durch das vorliegende Fehlverhalten nicht vollkommen zerstört worden. Unter Gesamtwürdigung aller bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte könne der Schluss gezogen werden, dass der Beklagte künftig keine Dienstpflichtverstöße mehr begehen werde. Dies ergebe sich insbesondere aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten vom 3. November 2014.

Der Kläger hielt mit Schriftsatz vom 25. Juni 2015 an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Den Feststellungen des Gutachters zufolge sei der Beklagte zu den Tatzeitpunkten nicht in seiner Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit beeinträchtigt gewesen. Dem Gutachten zufolge müsse auch bei einer hiervon losgelösten Betrachtung des beim Beklagten vorliegenden Handlungsmusters - die vorgeworfenen Handlungen betreffend - davon ausgegangen werden, dass jeweils ein „mehrschrittiges“ Vorgehen in Umsetzung der Handlungen erforderlich gewesen sei, womit eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit eher nicht in Betracht gezogen werden könne. Auch das vom Beklagten angegebene Motiv, die wiederholt auflaufenden Fehlermeldungen endlich wegzubekommen, nach einer geeigneten Buchungsmöglichkeit zu suchen und der Umstand, dass der Beamte beispielsweise auf dem Buchungsausdruck vom 9. April 2013 handschriftlich u. a. das Wort „Test“ vermerkt habe, sprächen laut Gutachten gegen die Annahme einer erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Steuerungsfähigkeit des Beamten bei den ihm vorgeworfenen Handlungen.

Obwohl der Gutachter davon ausgehe, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht vom Beklagten keine Wiederholungstaten mehr zu erwarten seien, so zeugten die verfahrensgegenständlichen, mehrfachen innerdienstlichen „Kassenzugriffe“ des Beklagten von einem derart hohen Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit, dass aus Sicht des Dienstherrn das Vertrauensverhältnis zu dem Beklagten zerstört sei und die Notwendigkeit bestehe, das Beamtenverhältnis zu lösen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen erfordert seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Die Kammer legt der disziplinarrechtlichen Würdigung den vom Bayerischen Landesamt für Steuern als zuständiger Disziplinarbehörde (Art. 35 Abs. 5 BayDG i. V. m. § 4 ZustV-BayDG) ermittelten Sachverhalt zugrunde, der vom Beklagten eingeräumt worden ist, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Danach hat der Beklagte im Rahmen seiner Tätigkeit als Buchhaltungssachbearbeiter für Kraftfahrzeugsteuerfälle im Zeitraum vom 10. April 2013 bis 26. Juni 2013 in sechs Fällen Kraftfahrzeugsteuerguthaben verschiedener, zum Teil bereits verstorbener Steuerpflichtiger in Höhe von insgesamt 205,91 Euro in unberechtigter Weise auf die Kfz-Steuernummer seines Vaters bzw. in einem Fall auf die Kfz-Steuernummer seiner Ehefrau umgebucht und damit einer eigenen Verwendung zugeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung im Tatbestand unter Ziffer II. verwiesen.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat mit der wiederholt vorgenommen Umbuchung von Kfz-Steuerguthaben zugunsten des Kfz-Steuerkontos seines Vaters bzw. seiner Ehefrau ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen.

Der Beamte hat schuldhaft gegen die rechtlichen Vorgaben und Richtlinien zur Behandlung von Steuerguthaben verstoßen, indem er in sechs Fällen unberechtigt Umbuchungen zugunsten des Kfz-Steuerkontos seines Vater bzw. seiner Ehefrau durchgeführt hat.

Laut Arbeitsanleitung Erhebung (AL-ERH) sind Kfz-Steuerguthaben, die mangels Angabe eines Girokontos nicht erstattet werden können, einer Guthabenliste zuzuschreiben. Diese weist Guthaben aus, die älter als 28 Tage sind und mindestens 1,00 Euro betragen. Guthaben von weniger als 1,00 Euro werden gemäß § 16 BuchO in der Liste nicht aufgezeichnet (Fach 5 Teil 6 TZ 1, 2 und 3 AL-ERH).

Wie das Bayerische Landesamt für Steuern in der Disziplinarklage ausgeführt hat, ist bei der Bearbeitung dieser Liste von den hierfür zuständigen Bearbeitern zunächst zu überprüfen, ob ein darin aufgeführtes Guthaben zu Recht im Speicherkonto aufgezeichnet ist. Insbesondere ist dabei - gegebenenfalls durch Überprüfung der Einzahlungsbelege - auf eine eventuelle Fehlbuchung von Einzahlungen sowie fehlende bzw. falsche Sollstellungen zu achten. Ist diesem Fall ist das Konto zu berichtigen. Ist das Guthaben richtig aufgezeichnet, ist erforderlichenfalls der Steuerpflichtige nach der gewünschten Verwendung des Guthabens zu befragen.

Vor der Erstattung von Guthabenbeträgen an den Steuerpflichtigen sind Aufrechnungs- bzw. Verrechnungsmöglichkeiten zu prüfen. Über die getroffenen Feststellungen und die Art der Erledigung sind zu jedem Fall von der Buchhaltung kurze Bearbeitungsvermerke in der Guthabenliste anzubringen (Fach 5 Teil 6 TZ 6 AL-ERH). Dabei sind jedoch die „Kleinbetragsregelungen“ zu beachten (Fach 5 Teil 9 TZ 1 AL-ERH).

In Punkt 42 „Behandlung von Mehr- und Minderbeträgen“ der Verwaltungsvorschrift des Art. 70 BayHO ist unter Punkt VV 42.1 geregelt, dass bei Mehrbeträgen unter 3,00 Euro keine Erstattung erfolgt, sondern diese nur auf ausdrücklichen Wunsch des Steuerpflichten zurückzuzahlen sind. Ferner wird in TZ 5 des Fachs 5 Teil 9 AL-ERH darauf hingewiesen, dass Beträge von weniger als 1,00 Euro nicht erstattet werden.

Können die Kassenüberschüsse nicht innerhalb von sechs Monaten aufgeklärt und abgewickelt werden, sind sie bei der ursprünglichen Buchungsstelle zu belassen und gemäß Abschnitt 4 „Abschluss der Bücher“ Punkt 23 „Tagesabschluss“ der Verwaltungsvorschrift zu Art. 71 BayHO aufgrund der erteilten allgemeinen Annahmeanordnung als Einnahme nachzuweisen (VV 23.6 zu Art. 71 BayHO i. V. m. VV 22.6.2 zu Art. 70 BayHO).

Ein unanbringlicher Betrag wird anschließend auf das Konto... „Vermischte Einnahmen“ des Freistaats Bayern gebucht.

Der Beklagte hat schuldhaft gegen die bezeichneten Vorgaben verstoßen. Er behauptet auch selbst nicht, dass ihm diese nicht bekannt gewesen seien. Er kann sich insbesondere nicht darauf berufen, es sei im lediglich darum gegangen, „Fehlermeldungen am PC wegzubekommen“. Auch wenn es nach der Ende März 2013 erfolgten Einstellung des Scheckverfahrens für Steuererstattungen zu Problemen in den Fällen gekommen sein mag, in denen kein Erstattungskonto im PC-System hinterlegt war, rechtfertigt dies keinesfalls, eine Umbuchung von Steuerguthaben Dritter zugunsten des Vaters bzw. der Ehefrau des Beklagten vorzunehmen, nur um eine „Lösung“ für die genannten Problemfälle am Computersystem zu finden.

Vielmehr hätte sich der Beklagte strikt an die oben wiedergegebene Verfahrensweise halten müssen, und zwar auch dann, wenn im Steuerfall „...“ - wie vom Kläger behauptet - die Nachlassverwalterin ... telefonisch erklärt haben sollte, der Beklagte könne mit dem Guthaben machen, was er wolle. Frau ... hat zudem in der von der Disziplinarbehörde durchgeführten Beweisaufnahme ein derartiges Telefonat bestritten.

Bei eventuellen Unklarheiten zur Behandlung der für den beklagten problematischen Fälle hätte sich dieser an seine Vorgesetzten wenden können und müssen. Er hätte in diesem Fall auch von der - ihm angeblich unbekannten - Verfügung zur Behandlung der Fälle Kenntnis erlangt, in welcher die vom Kläger bezeichneten „Fehlermeldungen“ thematisiert wurden.

III.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und geboten.

Der Kammer folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07, juris) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 13 BDG (BayVGH, U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U. v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83, U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 36).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen.

Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10, juris Rn. 11; BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 13.778, juris Rn. 44).

Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U. v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470, jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12, juris Rn. 20; BVerwG, B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11, juris Rn. 9 m. w. N.), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07, juris). Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

Hat sich der Beamte - wie vorliegend - bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die ihm dienstlich anvertraut sind, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01, jeweils juris; BayVGH, U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 41; U. v. 29.7.2015 -16b D 13.778, juris Rn. 47), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, juris; BayVGH, U. v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094, juris Rn. 89; U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 41).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06, juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder zugänglich sind (BVerwG, U. v. 8.4.2003 - - 1 D 27/02; U. v. 20.12.2011 - 2 B 64/11, juris Rn. 11; U. v. 23.2.2012 - 2 B 143/11, jeweils in juris; BayVGH, U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 44). Dies ist beim Beklagten, der als Buchhaltungssachbearbeiter im Finanzamt ... eingesetzt war, unzweifelhaft der Fall.

Auch die vom Beklagten im Verfahren behauptete Absicht, den verursachten Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen und den Kläger daher nicht auf Dauer schädigen zu wollen, schließt die Zueignung nicht aus, da der Beklagte mit der eigennützigen Verwendung der Gelder sich diese zugeeignet hat (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115 juris Rn. 25); ein Eigentumsverlust oder ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein. Die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen, beseitigt auch nicht den Vorsatz rechtswidriger Zueignung (BGH, a. a. O., Rn. 27). Im Übrigen setzt die Zueignung keine Bereicherung bzw. eine entsprechende Absicht des Täters voraus (BayVGH, Urteil vom 29.7.2015 - 16b D 13.778).

Ein Beamter, der - wie der Beklagte - als Buchhaltungssachbearbeiter Steuerguthaben Dritter durch Umbuchung auf das Kfz-Steuerkonto seines Vaters bzw. seiner Ehefrau für private Zwecke nutzt, begeht ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden dienstlichen Pflichten. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BayVGH, U. v. 18.3.2015 und v. 29.7.2015, a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

Der Beklagte kann sich nicht auf den anerkannten Milderungsgrund einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation („Gelegenheitstat“) berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U. v. 4.7.2000 a. a. O.; U. v. 15.3.1994 - 1 D 19.93, juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U. v. 11.6.2002 - 1 D 31/01, juris Rn. 19).

Gegen die Annahme einer „Augenblickstat“ spricht bereits das wiederholte und gezielte Vorgehen des Beklagten über einen längeren Zeitraum von mehr als zwei Monaten, Zum anderen war der Beklagte als Buchhaltungssachbearbeiter ständig mit der Aufgabe betraut, angefallene Kfz-Steuerguthaben gemäß den rechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß zu verbuchen bzw. zu erstatten. Da diese Tätigkeit zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte, war sie gerade nicht geeignet, für ihn eine plötzliche Versuchungssituation darzustellen.

Schließlich begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Nach Angaben des Beklagten ging es ihm darum, durch die vorgenommenen Umbuchungen zugunsten des Kfz-Steuerkontos seines Vater bzw. seiner Ehefrau ständige Fehlermeldungen des EDV-Systems zu vermeiden, nicht aber darum, eine besondere Ausnahmesituation (drei der betroffenen Steuerpflichtigen waren verstorben) zu seinen Gunsten zu nutzen.

Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der geringen Höhe des zweckwidrig verwendeten Steuerguthabens Dritter berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Betrag, den der Beamte dienstpflichtwidrig verwendet hat, die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13, jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U. v. 11.6.2002 - 1 D 31.01, jeweils in juris).

Vorliegend ist diese Grenze eindeutig überschritten.

Auch die anerkannten Milderungsgründe „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ und „Vorliegen einer schockartig psychischen Ausnahmesituation“ bestehen zur Überzeugung der Kammer nicht.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des erstgenannten Milderungsgrundes wird vom Beklagten selbst nicht behauptet. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse waren - auch unter Berücksichtigung der monatlichen Belastungen des Beklagten - geordnet.

Eine schockartig ausgelöste psychische Ausnahmesituation wird in aller Regel durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses hervorgerufen, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensverhältnisse des Beamten bei diesem einen seelischen Schock auslöst, und zu einer für einen solchen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Dabei muss es sich nicht zwingend auch um ein so genanntes schocktypisches Fehlverhalten handeln; es reicht die äquivalente Ursächlichkeit des Schocks (Kausalität), also eine schockbedingte Verfehlung aus (vgl. BVerwG, U. v. 9. 5. 2001 - 1 D 22/00, NVwZ-RR 2001, S. 772).

Eine angespannte psychische Situation - wie sie vorliegend beim Beklagten durch Überlastung im dienstlichen Bereich bestanden haben mag - bzw. eine subjektiv als ausweglos empfundene Lage reicht nicht aus (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 13.778, juris Rn. 55)

So erfüllen auch fortdauernde seelische Belastungen diesen Milderungsgrund nicht, denn in diesem Fall kann eher als in einer plötzlich auftretenden (vorübergehenden) Situation erwartet werden, dass sich der Beamte mit seiner Situation auseinandersetzt und vermeiden kann, den Ausweg in kriminellen Handlungen zu suchen (vgl. BVerwG, U. v. 26. 9. 2001 - 1 D 32/00, NVwZ-RR 2002, S. 285).

Die vom Gutachter festgestellte psychische Belastungssituation des Beklagten im Tatzeitraum ist nicht auf ein plötzlich und unvorhersehbar auftretendes Ereignis, sondern auf die von ihm vorgetragene, in diesem Zeitraum bestehende berufliche Belastung und den hierdurch bei Beklagten verursachten Stress zurückzuführen. Dass die Arbeitsumstände derart außerordentlich belastend für den Beklagten gewesen wären, dass von ihm ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden konnte, lässt sich aus den Angaben des Beklagten insbesondere gegenüber dem Gutachter jedoch nicht entnehmen. Vielmehr hätte der Beklagte - gerade im Hinblick auf das von ihm behauptete starke Streben nach Pflichterfüllung - sich im Falle einer zumindest subjektiv empfundenen Überlastung an seine Vorgesetzten wenden müssen. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Beklagten geschilderten Problematik des Auftretens von Fehlermeldungen am PC.

Der Beklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten auch nicht in einem Zustand (erheblich) verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen.

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (vgl. BGH, U. v. 27.11.1959 - 4 StR 394/95, BGHSt 14, 30 und vom 21.11.1969 - 3 StR 249/68, BGHSt 23, 176; st. Rspr.).

Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten hat (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9/06, juris Rn. 33). Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise.

Die „Erheblichkeit hängt von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen kann sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 14.1328, juris Rn. 43 m. w. N.).

Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten (vgl. Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, Rn. 46 zu § 13 m. w. N.). Feststellungen in einem Strafurteil zur Schuldfähigkeit binden das Verwaltungsgericht nur, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig i. S. des § 20 StGB ist. Ist die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des Verwaltungsgerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit i. S. des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindung des Disziplinargerichts nicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07).

Vorliegend bestehen nach den nachvollziehbaren, nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen im Gutachten von Herrn Dr. ... vom 3. November 2014 keine hinreichenden Anhaltspunkte aus psychiatrischer Sicht dafür, dass beim Beklagten vor dem 5. Juli 2013 (erste Konfrontation des Beklagten mit den Tatvorwürfen) eine schwerwiegende psychische Erkrankung vorlag, so dass bereits das Eingangskriterium des § 20 StGB nicht erfüllt ist. Im Übrigen schließt sich die Kammer bei der rechtlichen Bewertung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB den nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters Dr. med. ..., die im Tatbestand wiedergegeben sind, an.

Auch der anerkannte Milderungsgrund der Überwindung einer im Zeitpunkt der Pflichtverletzung bestehenden negativen Lebensphase liegt nicht vor. Eine mildernde Berücksichtigung dieses Umstandes kommt nur bei außergewöhnlichen Verhältnissen in Betracht, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben (BVerwG, B. v. 20.12.2013 - 2 B 35/13, juris Rn. 29). Dies kann beispielsweise bei Zugriffshandlungen aufgrund einer pathologischen Spielsucht der Fall sein (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9/06, juris Rn. 36). Hinzukommen muss, dass der Beamte die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat.

Die vom Beklagten geschilderten Arbeitsüberlastung, durch welche sich der Beklagte nach der Bewertung des Gutachters in einer erheblichen psychische Belastungssituation befunden hat, kann nicht als außergewöhnlicher Umstand in dem genannten Sinne angesehen werden, die einen derartigen Milderungsgrund begründen könnten, da Phasen starker Arbeitsbelastung an jedem Arbeitsplatz auftreten können. Im Übrigen hat der Beklagte zum außerdienstlichen Bereich auf die Bedeutung, die seine Familie für ihn habe und sein enges Verhältnis zu seiner Ehefrau hingewiesen. Auch dies zeigt, dass sich der Beklagte im Tatzeitraum nicht in einer negativen Lebensphase befunden hat.

Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07, jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

Auch die vor der Begehung der Dienstpflichtverletzungen tadelfreie Dienstausübung des Beklagten und die gute dienstliche Beurteilung, die eine vorzeitige Beförderung zum Steuerobersekretär ermöglicht hat, ist für sich genommen nicht geeignet, die gravierenden Pflichtverstöße des Klägers, die über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten begangen wurden, in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH, U. v. 20.7.2015 - 16b D 14.1328, juris Rn. 40).

Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen jedoch - wie bereits ausgeführt - keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können.

Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10, juris Rn. 14).

Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B. v. 26.3.2014 - 2 B 100/13, Rn. 7; U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11, jeweils in juris).

Vorliegend stellt sich als entlastender Umstand für den Kläger die bei ihm im Tatzeitraum vorliegende erhebliche psychische Belastung durch Arbeitsüberlastung dar, die - wie ausgeführt - jedoch nicht den anerkannten Milderungsgrund einer psychischen Ausnahmesituation erfüllt, sowie die als Folge der Aufdeckung der Tat zeitweise eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Ebenso kann - auch wenn dieser Umstand für sich genommen keinen Milderungsgrund darstellt (siehe obige Darlegungen) - die vor der Tatbegehung tadelfreie Führung und gute dienstliche Beurteilung des Beklagten in der Gesamtschau der ihn entlastenden Umstände zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.

Diese bemessungsrelevanten mindernden Umstände kompensieren in ihrer Gesamtheit jedoch nicht das Fehlen eines (anerkannten) Milderungsgrundes. Denn es handelt sich zum einen nicht um einen einmaligen Zugriff auf dem Beklagten anvertrautes Guthaben anderer Steuerpflichtiger. Zu anderen hat der Wert des pflichtwidrig verwendeten Guthabens die oben genannte Grenze von 200.- Euro - wenn auch nur geringfügig - überschritten.

Auch das Geständnis des Beklagten führt nicht zu einer milderen Beurteilung, da es nicht freiwillig vor drohender Entdeckung, sondern erst nach Aufdeckung der Dienstvergehen erfolgte.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung der Kammer deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit, ohne dass es darauf ankommt, ob die Öffentlichkeit vom dem Vorgang Kenntnis erlangt hat.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2.03, juris Rn. 49).

Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, eine Entscheidung auf der Grundlage des Art. 11 Abs. 3 Sätze 2 oder 3 BayDG zu treffen. Insbesondere ist seitens des Beklagten das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG nicht glaubhaft gemacht worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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published on 18/03/2015 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Tatbestand I. Der 19... in E. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1976 mit de
published on 21/01/2015 00:00

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published on 29/07/2015 00:00

Tenor I. In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Mai 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt. II. Der Beklagte träg
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand I. Der 19... geborene Beklagt
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Annotations

Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

(1) Hat die zu prüfende Beamtin oder der zu prüfende Beamte die Zwischenprüfung nicht bestanden oder gilt diese als nicht bestanden und ist eine Wiederholung zulässig (§ 4 Absatz 2 Satz 6 des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes), kann die Zwischenprüfung nur innerhalb von drei Monaten wiederholt werden. Der Vorbereitungsdienst wird nicht verlängert.

(2) Hat eine zu prüfende Beamtin oder ein zu prüfender Beamter die Laufbahnprüfung nicht bestanden oder gilt diese als nicht bestanden und ist eine Wiederholung zulässig (§ 3 Absatz 2 Satz 4 und § 4 Absatz 2 Satz 6 des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes), so kann sie oder er zu dem der Wiederholungsprüfung vorangehenden Abschnitt der fachtheoretischen Ausbildung oder dem vorangehenden Teil der Fachstudien zugelassen werden. Der Vorbereitungsdienst kann bis zum Abschluß dieser Prüfung verlängert werden.

(3) Die Prüfungen sind vollständig zu wiederholen. Bei der Ermittlung der Prüfungsergebnisse gilt § 11 Abs. 2 Satz 2 entsprechend.

(4) Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann den zu prüfenden Beamtinnen und Beamten, die die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst endgültig nicht bestanden oder auf deren Wiederholung verzichtet haben, die Befähigung für die Laufbahn des mittleren Dienstes zuerkennen, wenn sie fachlich und persönlich für die Laufbahn des mittleren Dienstes geeignet sind. Die zu prüfenden Beamtinnen und Beamten, denen die Befähigung für die Laufbahn des mittleren Dienstes zuerkannt wird, erhalten ein Befähigungszeugnis.

Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.