Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Nov. 2015 - AN 13b D 15.00460

bei uns veröffentlicht am25.11.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Beklagte wird wegen eines Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Disziplinarklage erstrebt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

I.

Der am ... 1975 geborene Beklagte steht als Steuerobersekretär (BesGr. A7, Beförderung zum 1.7.2013) im Dienste des Klägers und war bis zur Bekanntgabe des Bescheides des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 8. Juli 2013, mit welchem dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG verboten wurde, als Buchhalter für die Buchhaltung... und ... beim Finanzamt ... tätig. Der Beklagte bearbeitete ausschließlich Kraftfahrzeugsteuerfälle.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei am ... 2007 bzw. ... 2010 geborene Töchter.

Die Beklagte beendete die Schulausbildung am ... im Jahr 1995 mit dem Zeugnis der Mittleren Reife. Vom 1. Juli 1995 bis 1. Oktober 2007 war er bei der Bundeswehr tätig, seit dem 1. November 1996 als Soldat auf Zeit. Von November 2004 bis Mai 2005 ließ sich der Beklagte in einem Abendkurs in ... zum Bürokaufmann ausbilden und bestand dann die Abschlussprüfung bei der IHK ... am 21. Juli 2005. Vom 27. Juni 2005 bis 22. Dezember 2006 nahm er an der Bundeswehrfachschule ...am Lehrgang Fachhochschulreife Wirtschaft teil, den er mit dem Gesamtschnitt 1,6 abschloss.

Zum 1. Oktober 2007 trat der Beklagte als Finanzanwärter beim Finanzamt ... in die Bayerische Finanzverwaltung ein.

Nachdem der Beklagte im Jahr 2010 die Laufbahnprüfung und die Wiederholungsprüfung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes nicht bestanden hatte, wurde ihm die Laufbahnbefähigung für den Mittleren Dienst zuerkannt (§ 47 Abs. 4 StBAPO).

Er wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2011 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Steuersekretär ernannt. Die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgte zum 1. Januar 2013. Zum 1. Juli 2013 wurde der Beklagte zum Steuerobersekretär befördert.

Vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2012 war der Beklagte beim Finanzamt ... tätig. Zum 1. Juli 2012 wurde er wieder an das Finanzamt ... versetzt.

Der Beklagte wurde zuletzt im Jahr 2013 mit einem Gesamturteil von elf Punkten dienstlich beurteilt.

Ausweislich einer Bezügemitteilung für Januar 2015 erhielt der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt Nettobezüge in Höhe von 2.955,14 Euro.

II.

Im Rahmen einer beim Finanzamt ... vom 3. Juli 2013 bis 5. Juli 2013 durchgeführten kleinen Geschäftsprüfung wurden folgende Feststellungen getroffen, die vom Beklagten im Disziplinarverfahren eingeräumt wurden:

1. Ein für das Konto „...“ des am 30. Oktober 2012 verstorbenen Fahrzeughalters ... entstandenes Kraftfahrzeugsteuerguthaben in Höhe von 90,00 Euro wurde von dem Beklagten ämterübergreifend unter dessen Kennung „...“ am 16. Mai 2013 auf die Steuernummer „...“ umgebucht. Das betreffende Kraftfahrzeug war auf den Vater des Beklagten, Herrn ... zugelassen. Für diese Kfz-Steuernummer war ein auf den Beklagten und dessen Ehefrau lautendes, gemeinsames Bankkonto bei der Sparkasse ... hinterlegt.

2. Für den am 27. Oktober 2012 verstorbenen Fahrzeughalter ... entstand aufgrund Fahrzeugabmeldung ein Guthaben in Höhe von 115,00 Euro. Hiervon wurde vom Beklagten ein Restguthaben von 114,00 Euro auf die Steuernummer „...“ umgebucht. Das betreffende Kraftfahrzeug war auf die Ehefrau des Beklagten zugelassen. Von diesem Restguthaben wurden 30,00 Euro auf die am 6. September 2013 fällig werdende Kfz-Steuer angerechnet und der verbleibende Betrag von 84,00 Euro auf das für diese Kfz-Steuernummer gespeicherte, auf den Beklagten und dessen Ehefrau lautende, gemeinsame Bankkonto bei der Sparkasse ... erstattet. Die insoweit anfallenden Buchungen wurden von dem Beklagten am 25. und 26. Juni 2013 unter der Kennung des Beklagten „...“ vorgenommen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes leitete der Leiter des Finanzamtes ... als Dienstvorgesetzter des Beklagten mit Vermerk vom 5. Juli 2013 gegen diesen gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren ein. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens wurde dem Beklagten am gleichen Tag bekanntgegeben und ihm mitgeteilt, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Gleichzeitig wurde der Beklagte über seine Rechte nach Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG belehrt und ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Ausweislich eines Aktenvermerkes des Leiters des Finanzamtes ... vom 5. Juli 2013 äußerte sich der Beklagte am selben Tage nach erfolgter Belehrung mündlich in der Sache „...“ dahingehend, er habe das gemacht. Er habe verschiedene Möglichkeiten der Umbuchung ausprobieren wollen. Es gebe die normale oder große Umbuchung nach Programm 611 oder 616. Er habe es als Testkonto ausprobiert. Das müsse er wieder umbuchen. Er habe es nicht wieder zurückgebucht, das habe er vergessen. Das ärgere ihn sehr.

Bezüglich des Sachverhaltes „...“ habe er mit der Nachlassverwalterin ... telefoniert. Diese habe gesagt, dass er mit dem Guthaben machen könne was er wolle. Das sei eine Dummheit von ihm gewesen.

Befragt, ob es weitere Fälle gebe, habe der Kläger erklärt, dies sei vermutlich der Fall. Er wisse es jetzt nicht. Vielleicht betreffe es den Fall ..., da sei von ... eine Umbuchung gelaufen. In letzter Zeit sei nichts gewesen.

Abschließend habe der Beklagte erklärt, sein Verhalten sei nicht zu entschuldigen. Er werde das Geld zurückzahlen. Es tue ihm sehr leid (mehrfach).

Mit Bescheid vom 8. Juli 2013 untersagt das Bayerische Landesamt für Steuern dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG. Die schriftliche Bekanntgabe erfolgte mittels Postzustellungsurkunde am 9. Juli 2013.

Am 15. Juli 2013 wurde das Disziplinarverfahren nach Art. 35 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 BayDG vom Bayerischen Landesamt für Steuern als Disziplinarbehörde übernommen und mit Verfügung vom gleichen Tag gemäß Art. 21 Abs. 1 BayDG auf weitere Tathandlungen des Beamten ausgedehnt.

Dem Beklagten wurde zusätzlich zur Last gelegt, unter seiner Kennung „...“ unberechtigter Weise Kfz-Steuer-Guthaben vier verschiedener Steuerpflichtiger in Höhe von insgesamt 1,91 Euro auf das Kfz-Steuer-Konto „...“ seines Vaters ... umgebucht zu haben.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vorgänge:

Steuernummer

Steuerpflichtiger/Fahrzeughalter

Guthaben

Umbuchung auf Steuernummer/Fahrzeughalter

Datum der Umbuchung

...

... B. (verstorben)

0,50 Euro

...

10.04.2013

...

... H.

0,10 Euro

...

10.04.2013

...

... W.r

0,31 Euro

...

14.05.2013

...

... K.

1,00 Euro

...

22.05.2013

Die Disziplinarbehörde hörte den Beklagten am 22. Juli 2013 persönlich an. Zu Beginn der Anhörung wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands bedienen könne. Während der Anhörung war die Bevollmächtigte des Beklagten anwesend. Der Beklagte machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Unter dem 30. Juli 2013 wurden Frau ... (Nachlassverwalterin des Herrn ...) und Frau ... von der Disziplinarbehörde schriftlich befragt.

Frau ... erklärte u. a., nie mit dem Beklagten zu tun gehabt oder mit diesem gesprochen zu haben. Frau ... teilte mit, dass sie keine Information des Finanzamtes über eine Rückzahlung von Kfz-Steuer über 90.- Euro erhalten habe.

Mit Verfügung vom 11. September 2013 wurde der Beklagte gemäß Art. 39 BayBG vorläufig des Dienstes enthoben. Unter Berücksichtigung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten erfolgte keine Einbehaltung von Bezügen nach Art. 39 Abs. 2 BayDG.

Die Bevollmächtigte des Beklagten trug unter dem 10. Oktober 2013 vor, dieser sei seit einiger Zeit beruflich und häuslich stark belastet, was ihn stark beeinträchtigt habe. Aufgrund der Schilderungen des Beklagten sei davon auszugehen, dass sich dies in einer erheblichen Depression manifestiert habe. Der Beklagte habe das Gefühl gehabt „neben sich zu stehen“ und könne sich nicht erklären, wie es zu den ihm zur Last gelegten Vorfällen gekommen sei. Es handele sich um sogenannte „Blackouts“. Es sei davon auszugehen, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten im fraglichen Zeitraum aufgehoben oder zumindest stark gemindert gewesen sei, so dass keine tiefgreifenden disziplinarischen Maßnahmen gegen den Beklagten in Betracht kämen. Auch sei aufgrund der begonnenen Therapie nicht von einer Wiederholung auszugehen.

Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung bei Fortführung der Dienstgeschäfte sei mithin nicht zu befürchten. Jedenfalls aber sei das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte unverhältnismäßig. Der Beklagte bedauere die Vorfälle sehr. Wie bereits ausgeführt, könne er sich nicht erklären, wie es hierzu gekommen sei.

Dem Schreiben beigefügt war eine Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dipl.-med. ..., ..., vom 13. August 2013. In dieser ist ausgeführt, die Beklagte habe angegeben, dass sich sein psychisches Befinden seit Februar 2013 dahingehend verschlechtert habe, dass er sich leer und ausgebrannt fühle, mitunter das Gefühl habe „neben sich zu stehen“. Als Auslöser habe er beruflichen und persönlichen Stress angegeben. Der Beklagte habe sich bisher dreimal vorgestellt. Er habe sich in den Gesprächen jeweils kooperativ präsentiert, offen und nachvollziehbar über seine Problematik berichtet, sei wach, allseits orientiert gewesen, in der Stimmungslage etwas depressiv, gedrückt. Es hätten sich keine Störungen der Konzentration, des Gedächtnisses oder der Merkfähigkeit gefunden. Zur Frage der Schuldfähigkeit müsse sicherlich eine Stellungnahme eines unabhängigen Gutachters erfolgen.

Unter dem 29. Oktober 2013 beauftragte der Kläger den Leiter der Klinik für forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus Herr Dr. ..., mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung folgender Fragen:

1. Liegt beim Beklagten eine Krankheit auf psychologischem und /oder neurologischem Gebiet vor? Wenn ja, seit wann? Wie lautet die Diagnose?

2. Wenn ja: Führte die Krankheit dazu, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten im Zeitraum April bis Juni 2013 hinsichtlich der von ihm an den Tagen 10. April 2013, 14. Mai 2013, 15. Mai 2013, 16. Mai 2013, 22. Mai 2013, 23. Mai 2013, 25. Juni 2013 und 26. Juni 2013 begangenen Tathandlungen gemindert oder aufgehoben war?

Das am 3. November 2013 erstellte Gutachten gelangt zu folgendem Ergebnis:

„Zu 1.: Bei dem o. g. Beamten liegt keine Krankheit auf psychiatrischem und/oder neurologischem Gebiet vor.

Gut nachvollziehbar lag beim Beamten infolge des Gesprächs im Finanzamt ... am 5. Juli 2013 und dessen Folgen eine außergewöhnliche und auf den Beamten einwirkende akute Belastungsreaktion vor, auf die eine nicht länger anhaltende depressive Reaktion folgte, die jedoch auf die am 15. Juli 2013 aufgenommene, niedrig dosierte antidepressive medikamentöse Therapie und die zu dem Zeitpunkt bereits erfolgte Herausnahme des Beamten aus der beruflichen Belastungssituation zügig wieder abklang, so dass auch die den Beamten behandelnde Fachärztin bereits zwei Monate später keinerlei psychopathologische Auffälligkeiten, insbesondere auch keine erkennbare depressive Symptomatik beim Beamten mehr feststellen konnte.

Letztlich muss es als möglich angesehen werden, dass beim Beamten die von der ihn behandelnden Fachärztin am 15. Juli 2013 diagnostizierte mittelgradige depressive Episode hinsichtlich der diagnostischen Kriterien vorlag, jedoch innerhalb eines Zeitraums von wenigen Wochen wieder vollständig abgeklungen ist.

Es liegen jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte aus psychiatrischer Sicht dafür vor, dass beim Beamten vor dem 5. Juli 2013 bereits eine schwerwiegende psychische Erkrankung vorlag oder dass vom Vorliegen von gesundheitlichen Störungen ausgegangen werden kann, die erheblichen Einfluss auf zentral nervöse Funktionen des Beamten vor dem 5. Juli 2013 hatten.

Gleichwohl ist es - wie oben angeführt - auch aus psychiatrischer Sicht gut nachvollziehbar, dass der Beamte in den Monaten April bis Juni 2013 aufgrund einer anhaltenden beruflichen und persönlichen Überlastung und dem Bestreben, die an ihn gestellten oder so empfundenen Anforderungen voll zu genügen, in einer erheblichen psychischen Belastung sich befand, in der sich der Beamte unter starkem Leistungsdruck fühlte und mit Schlafstörungen, aber auch mit einer Abnahme der psycho-physischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit reagierte.

Selbst wenn für diesen Zeitraum vom Vorliegen einer leichten depressiven Reaktion beim Beamten ausgegangen würde, würde eine derartige depressive Reaktion beim Beamten, ungeachtet der Frage, ob es überhaupt einem der biologischen Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB und dabei am ehesten der schweren anderen seelischen Abartigkeit zugeordnet werden könnte, keinesfalls das die in der Schuldfähigkeitsbeurteilung geforderte Schwerekriterium erfüllen.

Auch bei einer hiervon losgelösten Betrachtung des beim Beamten hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Handlungen vorliegenden Handlungsmusters muss hinsichtlich der einzelnen, dem Beamten zur Last gelegten Vorgänge davon ausgegangen werden, dass jeweils ein „mehrschrittiges“ Vorgehen in Umsetzung der Handlungen erforderlich war, womit eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit eher nicht in Betracht gezogen werden kann.

Dabei muss weiter auch davon ausgegangen werden, dass der Beamte auch an den Tagen der ihm zur Last gelegten Handlungen ansonsten seine dienstlichen Verpflichtungen am Arbeitsplatz korrekt und für Dritte vermutlich unauffällig erledigen konnte.

Auch das vom Beamten angegebene Motiv, die (wiederholt) auflaufenden Fehlermeldungen endlich weg zu bekommen, nach einer geeigneten Buchungsmöglichkeit zu suchen und der Umstand, dass er beispielsweise auf den Buchungsausdruck vom 9. April 2013 (Blatt 51 Beweismittelakte) handschriftlich u. a. das Wort „Test“ vermerkt hatte, sprechen gegen die Annahme einer erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Steuerungsfähigkeit des Beamten bei dem ihm vorgeworfenen Handlungen.

Darüber hinaus liegen keinerlei Erkenntnisse aus der psychiatrischen Begutachtung des Beamten vor, die für eine Aufhebung von Steuerungs- und/oder Einsichtfähigkeit hinsichtlich der Tathandlungen sprechen könnten.

Von daher ist zusammenfassend aus forensisch-psychiatrischer Sicht festzustellen, dass die gegenständliche Begutachtung des Beamten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben hat, dass seine Schuldfähigkeit im Zeitraum April bis Juni 2013 hinsichtlich der ihn an den konkreten genannten Tagen in diesem Zeitraum zur Last gelegten Tathandlungen erheblich im Sinne des § 21 StGB gemindert oder gar aufgehoben (im Sinne des § 20 StGB) war.

Die Erfahrungen, die der Beamte nach dem 5. Juli 2013 machen musste, die von ihm zum Teil auch mit fachärztlicher Hilfe durchgeführte Betrachtung und Bearbeitung der Umstände, die ihn vor und im Tatzeitraum belastet haben, und die hieraus vom Beamten gezogenen Erkenntnisse, lassen bei dem nach den vorliegenden Informationen strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getretenen Beamten, der grundsätzlich über ein hohes Pflichtbewusstsein verfügt und eine hohe Identifikation mit seinen dienstlichen Aufgaben aufweist, aus forensisch-psychiatrischer Sicht keine weiteren Handlungen, wie sie ihm gegenständlich zur Last gelegt werden und hinsichtlich deren eine Bereicherungsabsicht wohl nicht angenommen werden kann, befürchten. Gesundheitliche Einschränkungen, insbesondere von Seiten des psychiatrischen und neurologischen Fachgebietes, die gegen eine Wiederaufnahme der Diensttätigkeit des Beamten sprechen, liegen nicht vor.“

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 teilte das Bayerische Landesamt für Steuern der Bevollmächtigten des Beklagten das Ergebnis der disziplinarrechtlichen Ermittlungen mit. Es wurde gemäß Art. 32 BayDG die Gelegenheit eingeräumt, sich zu dem Ergebnis der Ermittlungen abschließend zu äußern. Es wurde darauf hingewiesen, dass es dem Beklagten frei stehe, sich - mündlich oder schriftlich - zu äußern oder keine Angaben zur Sache zu machen. Das Ergebnis der Ermittlungen begründe - vorbehaltlich einer Würdigung der abschließenden Stellungnahme - den Verdacht auf ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG i. V. m. § 34 Sätze 1 bis 3, 35 Satz 3 BeamtStG, das die Erhebung der Disziplinarklage nach Art. 35 Abs. 1 Satz 2 BayDG erforderlich mache, mit dem Ziel, den Beamten nach Art. 14 Abs. 2 BayDG i. V. m. Art. 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass der Beklagte gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 3 und 4 BayBVG die Mitwirkung der Personalvertretung beantragen könne.

Die Bevollmächtigte des Beklagten äußerte sich unter dem 12. Januar 2015. Dem objektiven Tatbestand der Umbuchungen der Guthaben der Steuerbürger ... S. (90,00 Euro), des Steuerbürgers ... M. (114,00 Euro) sowie der Kraftfahrzeugsteuerguthaben verschiedener Steuerpflichtiger in Höhe von 1,91 Euro werde nicht widersprochen.

Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes werde jedoch nach wie vor bestritten, dass der Beklagte in Bereicherungsabsicht gehandelt habe. Hiergegen spreche schon allein die Höhe der vom Beklagten widerrechtlich vorgenommenen Umbuchungen im Finanzamt ... In vier von sechs Fällen habe die Schadenssumme unter 1,00 Euro gelegen. Auch die Verwendung der Bezeichnung „Test“ auf einem Buchungsvermerk bestätige die Intention des Beklagten, die ihn stark belastenden ständigen Fehlermeldungen zu vermeiden. Darüber hinaus habe der Beklagte hinsichtlich des Ergebnisses der disziplinarrechtlichen Ermittlungen nach wie vor hinsichtlich des Sachverhaltes ... M. in Erinnerung, dass er mit einer Dame telefoniert habe, welche ihm gesagt habe, dass er mit dem Guthaben aus der Kfz-Steuer machen solle, was er wolle. Ob es sich bei dieser Dame um die Zeugin ... handele, könne der Beklagte jedoch nicht definitiv beantworten, da er lediglich telefonischen Kontakt gehabt habe. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass in Folge der überaus zahlreichen telefonischen Kontakte mit Steuerpflichtigen hier eine Verwechslung vorliege.

Gerade hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsseite werde auf das eingeholte Gutachten vom 3. November 2014 verwiesen. Zwar führe das Gutachten aus, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten im Tatzeitraum nicht beeinträchtigt gewesen sei. Jedoch führe das Gutachten die Überlastung des Beklagten sowohl in dienstlicher als auch in privater Hinsicht umfassend aus. Der Gutachter bestätige dem Beklagten eine hohe Leistungsmotivation bei Identifikation mit seinem Arbeitsfeld und offensichtlich verinnerlichter Pflichtenerfüllung. Hierbei habe der Beklagte durch sein starkes Streben nach Pflichterfüllung im beruflichen, im privaten und im nachbarschaftlichen bzw. familiären Bereich bei zusätzlicher Inanspruchnahme durch ehrenamtliche Tätigkeiten (u. a. Elternbeirat im Kindergarten und der Grundschule der Kinder), verbunden mit einer zumindest subjektiv erlebten erheblichen Arbeitsbelastung zu einer Überforderung des Beklagten geführt. Diese Überforderung habe er nicht in adäquater Weise mit Dritten bzw. vermutlich auch am Arbeitsplatz nicht mit Vorgesetzten kommunizieren können. Zudem habe der Zeitdruck in personellen Engpasszeiten die psychische Belastung des Beklagten zusätzlich erhöht. Diese Ausführungen des Gutachters stimmten mit der Stellungnahme der Bevollmächtigten des Beklagten vom 10. Oktober 2013 überein, nach welcher sich der Beklagte seit Anfang des Jahres 2013 überbelastet gefühlt habe, das Gefühl gehabt habe „neben sich zu stehen“ und er sich die ihm zur Last gelegten Vorfälle nicht erklären könne. Folgerichtig führe der Gutachter aus, dass eine Bereicherungsabsicht dem Beklagten nicht unterstellt werden könne, dies auch in Anbetracht der Höhe der gegenständlichen Beträge und der einfach möglichen Verfolgung der Buchungen in dem persönlichen oder familiären Bereich des Beklagten.

Gleichwohl der objektive Tatbestand eines Dienstvergehens erfüllt sei, stelle sich die Frage, welche Disziplinarmaßnahme im konkreten Fall angemessen sei. Maßgebend sei die Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfanges, der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Maßgebendes Kriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme sei hierbei die Schwere des Dienstvergehens. Diese beurteile sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeiten der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Behandlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Im Rahmen der Ermessensausübung sei sodann zu berücksichtigen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fielen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten sei (BVerwG vom 20.10.2005 - 2 C 12.04).

Hinsichtlich der Schwere des Dienstvergehens in Bezug auf Eigenart, Bedeutung, Dauer und Häufigkeit sei festzustellen, dass der Beklagte strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten sei. Die sechs Verstöße seien in einem Zeitraum vom 10. April 2013 bis 26. Juni 2013 erfolgt. Der höchste Schadensbetrag im Fall des Guthabens des ... M. betrage 114,00 Euro, vier weitere Fälle beträfen Guthaben im Wert von unter 1,00 Euro. Zuvor sei der Beklagte bereits seit Oktober 2007 beanstandungsfrei in der Bayerischen Finanzverwaltung tätig gewesen. Die dort erbrachten Leistungen seien so gut gewesen, dass der Beklagte vorzeitig zum 1. Juli 2013 befördert worden sei.

Hinsichtlich der subjektiven Handlungsmerkmale bestätige der Sachverständige eine psychische Belastungssituation für den Beklagten, der in einer personell unterbesetzten Abteilung gearbeitet habe und auch in der privaten Situation stark belastet gewesen sei.

Der Beklagte habe die Intension gehabt, verschiedene Variationen von Umbuchungen auszuprobieren, um seinen Arbeitsablauf zu optimieren und die ständigen Fehlermeldungen im System zu vermeiden. Insbesondere werde darauf verwiesen, dass dem Beklagten vom Gutachter eine sehr hohe Arbeitsmotivation bestätigt werde. Eine Wiederholungsgefahr sowie eine Bereicherungsabsicht des Beamten schließe der Gutachter aus.

Der Beklagte habe den entstandenen Schaden unverzüglich wiedergutgemacht. Das Handeln des Beklagten sei bisher nicht nach außen getreten und habe dem Ansehen der Finanzverwaltung daher nicht geschadet. Das Vertrauensverhältnis zur Allgemeinheit sei nicht betroffen worden. Auch lägen weitere Erschwerungsgründe, wie z. B. Urkundenfälschung etc. nicht vor.

Der Milderungsgrund der psychischen Ausnahmesituation sei nach dem Gutachten vom 3. November 2014 eindeutig gegeben. Im Gutachten sei festgestellt, dass der Beklagte in den Monaten April bis Juni 2013 aufgrund einer anhaltenden persönlichen und beruflichen Überlastung und dem Bestreben, den an ihn gestellten und an ihn so empfundenen Anforderungen voll zu genügen, sich in einer erheblichen psychischen Belastungssituation befunden habe, in der sich der Beklagte unter starkem Leistungsdruck gefühlt und mit Schlafstörungen, aber auch mit einer Abnahme der psycho-physischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit reagiert habe. Vom Beklagten könne deshalb in Zukunft ein an normalen Maßstäben orientiertes pflichtgemäßes Verhalten erwartet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.7.2003 - BV 2 WD 51.02). Bei Vorliegen dieses Milderungsgrundes könne auch einem Beamten, der dienstlich im Kernbereich versagt habe, attestiert werden, dass noch so viel Vertrauen des Dienstherrn vorhanden sein könne, dass das Beamtenverhältnis fortgesetzt werde.

Daher sei die Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis nicht erforderlich. Vielmehr handele es sich um ein kurzfristiges, entschuldbares Fehlverhalten. Auch das Verhalten des Beklagten nach der Tat spreche dafür, dass die Entfernung aus dem Dienst nicht die angemessene Reaktion auf das angezeigte Dienstvergehen sei. Gemäß dem vorliegenden Gutachten werde dem Beklagten attestiert, dass dieser durch die Erlangung fachärztlicher Hilfe bei Betrachtung und Bearbeitung der Umstände, die zur Pflichtverletzung führten, dem Beamten doch ein hohes Pflichtbewusstsein und eine hohe Identifikation mit seinen dienstlichen Aufgaben attestiert werde. Der Sachverständige bescheinige, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht keine weiteren Dienstvergehen zu erwarten seien.

Im Übrigen werde auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen, nach welcher erst bei einem Gesamtschaden von über 5.000,00 Euro eine Entfernung aus dem Dienst ohne weitere Erschwernisgründe gerechtfertigt sei (Beschluss vom 24.2.2005 - 1 D 1.05 sowie vom 4.5.2006 - 1 D 13.05).

Zugleich wurde in dem genannten Schreiben die Beteiligung der Personalvertretung beantragt.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 wurde der Bezirkspersonalrat beim Bayerischen Landesamt für Steuern, Dienststelle ..., von der beabsichtigten Erhebung der Disziplinarklage gegen den Beklagten und das ihm angelastete Dienstvergehen unterrichtet. Die Personalvertretung teilte mit Schreiben vom 18. Februar 2015 mit, dass gegen die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage keine Einwendungen erhoben werden.

III.

Mit Schriftsatz vom 9. März 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am 17. März 2015, erhob der Kläger Disziplinarklage mit dem Antrag,

den Beklagten gemäß Art. 14 Abs. 2 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Disziplinarklage wurde der Bevollmächtigten des Beklagten mit der Belehrung gemäß Art. 53 BayDG am 23. März 2015 zugestellt.

Die Bevollmächtigte des Beklagten beantragte mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015,

die Disziplinarklage abzuweisen.

Zur Begründung wurde der Sachvortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft.

Insbesondere seit Oktober 2012 sei es zu einer objektiv und auch subjektiv empfundenen Überlastung des Beklagten gekommen. Hier sei es zu einer Arbeitsverdichtung durch Stellenstreichungen gekommen. Vor allem die zahlreichen Fehlermeldungen, welche die EDV des Finanzamtes getätigt habe, hätten den Beklagten in seiner Routine stark beeinträchtigt. Dies habe umso mehr gegolten, als der Beklagte sowohl täglich auf seine Pausen als auch auf Urlaub verzichtet habe, da die Arbeit zu zweit nicht zu schaffen gewesen sei. In den Monaten Februar, März und April 2013 habe diese Überlastung des Beklagten seinen Höhepunkt erreicht, als er aufgrund Urlaubs seines Kollegen auch noch dessen Aufgaben hätte erledigen müssen. Ohne positive Rückmeldung habe sich der Beklagte mit einem nicht zu bewältigenden Arbeitsaufwand konfrontiert gesehen.

Das dienstliche Fehlverhalten sei genau in diesem Zeitpunkt der objektiv und subjektiv auch so empfundenen Arbeitsüberlastung eingetreten.

Hervorzuheben sei weiterhin, dass die Beklagte nach seiner Übernahme im Finanzamt ... und auch später während seiner Tätigkeit im Finanzamt ... durchgehend äußerst positive dienstliche Beurteilungen durch seine Dienstvorgesetzten erhalten habe. So sei es dem Beklagten gelungen, aufgrund seiner überaus engagierten Tätigkeit bereits in einem sehr frühen Stadium die Verbeamtung auf Lebenszeit zu erreichen. Auch eine Beförderung zum 1. Juli 2013 habe stattgefunden, wodurch zum Ausdruck gebracht worden sei, dass ein überdurchschnittliches Arbeiten des Beklagten vorgelegen habe.

Eine Wiedergutmachung des eingetretenen Schadens sei bereits im Juli 2013 erfolgt.

Auch das psychiatrische Sachverständigengutachten vom 3. November 2014 stelle heraus, dass sich der Beklagte im Tatzeitraum in einer psychischen Ausnahmesituation durch Arbeitsüberlastung befunden habe. Insbesondere die hierdurch aufgetretenen Schlafstörungen und letztlich die mangelnde Möglichkeit zum Abschalten von der dienstlichen Belastung habe den Beklagten nachhaltig beeinträchtigt. Das Gutachten stelle hierbei heraus, dass die dem Beklagten vorgeworfenen Dienstvergehen in keiner Weise seinem Persönlichkeitsbild entsprächen.

Dem objektiven Tatbestand der Dienstpflichtverletzungen werde nicht widersprochen. Hierbei sei jedoch zugunsten des Beklagten folgendes zu berücksichtigen:

Die Tatsache, dass das Handeln des Beklagten ein persönlichkeitsfremdes Verhalten darstelle, ergebe sich bereits daraus, dass dem Beklagten genauestens bekannt gewesen sei, dass eine Geschäftsprüfung aller Buchungen im Finanzamt angesetzt war. Mithin sei dem Beamten auch klar gewesen, dass Unregelmäßigkeiten hinsichtlich Buchungen unmittelbar zur Aufdeckung kommen würden. Diese Tatsache entspreche den vorgetragenen subjektiven Beweggründen des Beklagten. Dieser habe seit seiner ersten Anhörung unmittelbar nach der Tatentdeckung stets vorgetragen, die Umbuchung hinsichtlich des Steuerbürgers ... S. (90,00 Euro) sowie die Umbuchung der vier Kleinbeträge mit einer Schadenssumme von jeweils unter 1,00 Euro seien erfolgt, um die ständigen Fehlermeldungen im EDV-System zu vermeiden. Diese Fehlermeldungen hätten den Arbeitsablauf des Beklagten im Zeitraum Februar bis Juni 2013 stark beeinträchtigt. Insbesondere hätten sie den notwendigen Arbeitsfluss behindert. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte auch durch das Führen von Telefonaten mit Steuerbürgern Zeit verloren habe, die er unter dem bereits beschriebenen personalen Engpass nicht wieder habe herausholen können. Der Beklagte habe hinsichtlich dieser Buchungen nicht in Bereicherungsabsicht gehandelt. Er habe diese Umbuchungen als Testkonto ausprobieren wollen, um die Fehlermeldungen in der EDV zu vermeiden. Dabei habe es der Beklagte jedoch aufgrund Nachlässigkeiten versäumt, die Umbuchungen hinsichtlich des Testkontos wieder zurückzuführen.

Was den Sachverhalt des Steuerbürgers ... M. (114,00 Euro) betreffe, so habe der Beklagte nach seiner Erinnerung hinsichtlich dieses Falles mit einer Dame telefoniert, welche er als Nachlassverwalterin des verstorbenen Steuerbürgers ausfindig gemacht habe. Er habe der Nachlassverwalterin erklärt, er müsse das Guthaben aus dem Kfz-Steuerkonto erstatten, woraufhin diese nach seiner Erinnerung gesagt habe, er solle mit dem Geld machen was er wolle. Ob es sich bei seiner Telefonpartnerin dabei um die Zeugin ... handele, könne der Beklagte nicht beantworten, da er lediglich telefonischen Kontakt gehabt habe. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass infolge der überaus zahlreichen telefonischen Kontakte mit Steuerpflichtigen, hier eine Verwechslung durch den Beklagten vorliege. Im Rahmen der dienstlichen Überlastung habe der Beklagte sodann dieses Kfz-Steuerguthaben auf die vom Landesamt für Steuern beschriebene Weise umgebucht. Es handele sich hierbei eindeutig um ein Augenblicksversagen in Zeiten höchster Arbeitsüberlastung, welche bereits körperliche Folgen (u. a. Schlafmangel) für den Beklagten gezeigt habe. Der Beklagte habe sich in einer körperlichen und psychischen Ausnahmesituation befunden, in welcher ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden könne.

Das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Redlichkeit des Beklagten sei durch das vorliegende Fehlverhalten nicht vollkommen zerstört worden. Unter Gesamtwürdigung aller bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte könne der Schluss gezogen werden, dass der Beklagte künftig keine Dienstpflichtverstöße mehr begehen werde. Dies ergebe sich insbesondere aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten vom 3. November 2014.

Der Kläger hielt mit Schriftsatz vom 25. Juni 2015 an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Den Feststellungen des Gutachters zufolge sei der Beklagte zu den Tatzeitpunkten nicht in seiner Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit beeinträchtigt gewesen. Dem Gutachten zufolge müsse auch bei einer hiervon losgelösten Betrachtung des beim Beklagten vorliegenden Handlungsmusters - die vorgeworfenen Handlungen betreffend - davon ausgegangen werden, dass jeweils ein „mehrschrittiges“ Vorgehen in Umsetzung der Handlungen erforderlich gewesen sei, womit eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit eher nicht in Betracht gezogen werden könne. Auch das vom Beklagten angegebene Motiv, die wiederholt auflaufenden Fehlermeldungen endlich wegzubekommen, nach einer geeigneten Buchungsmöglichkeit zu suchen und der Umstand, dass der Beamte beispielsweise auf dem Buchungsausdruck vom 9. April 2013 handschriftlich u. a. das Wort „Test“ vermerkt habe, sprächen laut Gutachten gegen die Annahme einer erheblich verminderten oder gar aufgehobenen Steuerungsfähigkeit des Beamten bei den ihm vorgeworfenen Handlungen.

Obwohl der Gutachter davon ausgehe, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht vom Beklagten keine Wiederholungstaten mehr zu erwarten seien, so zeugten die verfahrensgegenständlichen, mehrfachen innerdienstlichen „Kassenzugriffe“ des Beklagten von einem derart hohen Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit, dass aus Sicht des Dienstherrn das Vertrauensverhältnis zu dem Beklagten zerstört sei und die Notwendigkeit bestehe, das Beamtenverhältnis zu lösen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen erfordert seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Die Kammer legt der disziplinarrechtlichen Würdigung den vom Bayerischen Landesamt für Steuern als zuständiger Disziplinarbehörde (Art. 35 Abs. 5 BayDG i. V. m. § 4 ZustV-BayDG) ermittelten Sachverhalt zugrunde, der vom Beklagten eingeräumt worden ist, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Danach hat der Beklagte im Rahmen seiner Tätigkeit als Buchhaltungssachbearbeiter für Kraftfahrzeugsteuerfälle im Zeitraum vom 10. April 2013 bis 26. Juni 2013 in sechs Fällen Kraftfahrzeugsteuerguthaben verschiedener, zum Teil bereits verstorbener Steuerpflichtiger in Höhe von insgesamt 205,91 Euro in unberechtigter Weise auf die Kfz-Steuernummer seines Vaters bzw. in einem Fall auf die Kfz-Steuernummer seiner Ehefrau umgebucht und damit einer eigenen Verwendung zugeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung im Tatbestand unter Ziffer II. verwiesen.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat mit der wiederholt vorgenommen Umbuchung von Kfz-Steuerguthaben zugunsten des Kfz-Steuerkontos seines Vaters bzw. seiner Ehefrau ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen.

Der Beamte hat schuldhaft gegen die rechtlichen Vorgaben und Richtlinien zur Behandlung von Steuerguthaben verstoßen, indem er in sechs Fällen unberechtigt Umbuchungen zugunsten des Kfz-Steuerkontos seines Vater bzw. seiner Ehefrau durchgeführt hat.

Laut Arbeitsanleitung Erhebung (AL-ERH) sind Kfz-Steuerguthaben, die mangels Angabe eines Girokontos nicht erstattet werden können, einer Guthabenliste zuzuschreiben. Diese weist Guthaben aus, die älter als 28 Tage sind und mindestens 1,00 Euro betragen. Guthaben von weniger als 1,00 Euro werden gemäß § 16 BuchO in der Liste nicht aufgezeichnet (Fach 5 Teil 6 TZ 1, 2 und 3 AL-ERH).

Wie das Bayerische Landesamt für Steuern in der Disziplinarklage ausgeführt hat, ist bei der Bearbeitung dieser Liste von den hierfür zuständigen Bearbeitern zunächst zu überprüfen, ob ein darin aufgeführtes Guthaben zu Recht im Speicherkonto aufgezeichnet ist. Insbesondere ist dabei - gegebenenfalls durch Überprüfung der Einzahlungsbelege - auf eine eventuelle Fehlbuchung von Einzahlungen sowie fehlende bzw. falsche Sollstellungen zu achten. Ist diesem Fall ist das Konto zu berichtigen. Ist das Guthaben richtig aufgezeichnet, ist erforderlichenfalls der Steuerpflichtige nach der gewünschten Verwendung des Guthabens zu befragen.

Vor der Erstattung von Guthabenbeträgen an den Steuerpflichtigen sind Aufrechnungs- bzw. Verrechnungsmöglichkeiten zu prüfen. Über die getroffenen Feststellungen und die Art der Erledigung sind zu jedem Fall von der Buchhaltung kurze Bearbeitungsvermerke in der Guthabenliste anzubringen (Fach 5 Teil 6 TZ 6 AL-ERH). Dabei sind jedoch die „Kleinbetragsregelungen“ zu beachten (Fach 5 Teil 9 TZ 1 AL-ERH).

In Punkt 42 „Behandlung von Mehr- und Minderbeträgen“ der Verwaltungsvorschrift des Art. 70 BayHO ist unter Punkt VV 42.1 geregelt, dass bei Mehrbeträgen unter 3,00 Euro keine Erstattung erfolgt, sondern diese nur auf ausdrücklichen Wunsch des Steuerpflichten zurückzuzahlen sind. Ferner wird in TZ 5 des Fachs 5 Teil 9 AL-ERH darauf hingewiesen, dass Beträge von weniger als 1,00 Euro nicht erstattet werden.

Können die Kassenüberschüsse nicht innerhalb von sechs Monaten aufgeklärt und abgewickelt werden, sind sie bei der ursprünglichen Buchungsstelle zu belassen und gemäß Abschnitt 4 „Abschluss der Bücher“ Punkt 23 „Tagesabschluss“ der Verwaltungsvorschrift zu Art. 71 BayHO aufgrund der erteilten allgemeinen Annahmeanordnung als Einnahme nachzuweisen (VV 23.6 zu Art. 71 BayHO i. V. m. VV 22.6.2 zu Art. 70 BayHO).

Ein unanbringlicher Betrag wird anschließend auf das Konto... „Vermischte Einnahmen“ des Freistaats Bayern gebucht.

Der Beklagte hat schuldhaft gegen die bezeichneten Vorgaben verstoßen. Er behauptet auch selbst nicht, dass ihm diese nicht bekannt gewesen seien. Er kann sich insbesondere nicht darauf berufen, es sei im lediglich darum gegangen, „Fehlermeldungen am PC wegzubekommen“. Auch wenn es nach der Ende März 2013 erfolgten Einstellung des Scheckverfahrens für Steuererstattungen zu Problemen in den Fällen gekommen sein mag, in denen kein Erstattungskonto im PC-System hinterlegt war, rechtfertigt dies keinesfalls, eine Umbuchung von Steuerguthaben Dritter zugunsten des Vaters bzw. der Ehefrau des Beklagten vorzunehmen, nur um eine „Lösung“ für die genannten Problemfälle am Computersystem zu finden.

Vielmehr hätte sich der Beklagte strikt an die oben wiedergegebene Verfahrensweise halten müssen, und zwar auch dann, wenn im Steuerfall „...“ - wie vom Kläger behauptet - die Nachlassverwalterin ... telefonisch erklärt haben sollte, der Beklagte könne mit dem Guthaben machen, was er wolle. Frau ... hat zudem in der von der Disziplinarbehörde durchgeführten Beweisaufnahme ein derartiges Telefonat bestritten.

Bei eventuellen Unklarheiten zur Behandlung der für den beklagten problematischen Fälle hätte sich dieser an seine Vorgesetzten wenden können und müssen. Er hätte in diesem Fall auch von der - ihm angeblich unbekannten - Verfügung zur Behandlung der Fälle Kenntnis erlangt, in welcher die vom Kläger bezeichneten „Fehlermeldungen“ thematisiert wurden.

III.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und geboten.

Der Kammer folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07, juris) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 13 BDG (BayVGH, U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U. v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83, U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 36).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen.

Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10, juris Rn. 11; BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 13.778, juris Rn. 44).

Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U. v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470, jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12, juris Rn. 20; BVerwG, B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11, juris Rn. 9 m. w. N.), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07, juris). Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

Hat sich der Beamte - wie vorliegend - bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die ihm dienstlich anvertraut sind, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01, jeweils juris; BayVGH, U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 41; U. v. 29.7.2015 -16b D 13.778, juris Rn. 47), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, juris; BayVGH, U. v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094, juris Rn. 89; U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 41).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06, juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder zugänglich sind (BVerwG, U. v. 8.4.2003 - - 1 D 27/02; U. v. 20.12.2011 - 2 B 64/11, juris Rn. 11; U. v. 23.2.2012 - 2 B 143/11, jeweils in juris; BayVGH, U. v. 18.3.2015 - 16a D 14.755, juris Rn. 44). Dies ist beim Beklagten, der als Buchhaltungssachbearbeiter im Finanzamt ... eingesetzt war, unzweifelhaft der Fall.

Auch die vom Beklagten im Verfahren behauptete Absicht, den verursachten Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen und den Kläger daher nicht auf Dauer schädigen zu wollen, schließt die Zueignung nicht aus, da der Beklagte mit der eigennützigen Verwendung der Gelder sich diese zugeeignet hat (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115 juris Rn. 25); ein Eigentumsverlust oder ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein. Die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen, beseitigt auch nicht den Vorsatz rechtswidriger Zueignung (BGH, a. a. O., Rn. 27). Im Übrigen setzt die Zueignung keine Bereicherung bzw. eine entsprechende Absicht des Täters voraus (BayVGH, Urteil vom 29.7.2015 - 16b D 13.778).

Ein Beamter, der - wie der Beklagte - als Buchhaltungssachbearbeiter Steuerguthaben Dritter durch Umbuchung auf das Kfz-Steuerkonto seines Vaters bzw. seiner Ehefrau für private Zwecke nutzt, begeht ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden dienstlichen Pflichten. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BayVGH, U. v. 18.3.2015 und v. 29.7.2015, a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

Der Beklagte kann sich nicht auf den anerkannten Milderungsgrund einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation („Gelegenheitstat“) berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U. v. 4.7.2000 a. a. O.; U. v. 15.3.1994 - 1 D 19.93, juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U. v. 11.6.2002 - 1 D 31/01, juris Rn. 19).

Gegen die Annahme einer „Augenblickstat“ spricht bereits das wiederholte und gezielte Vorgehen des Beklagten über einen längeren Zeitraum von mehr als zwei Monaten, Zum anderen war der Beklagte als Buchhaltungssachbearbeiter ständig mit der Aufgabe betraut, angefallene Kfz-Steuerguthaben gemäß den rechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß zu verbuchen bzw. zu erstatten. Da diese Tätigkeit zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte, war sie gerade nicht geeignet, für ihn eine plötzliche Versuchungssituation darzustellen.

Schließlich begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Nach Angaben des Beklagten ging es ihm darum, durch die vorgenommenen Umbuchungen zugunsten des Kfz-Steuerkontos seines Vater bzw. seiner Ehefrau ständige Fehlermeldungen des EDV-Systems zu vermeiden, nicht aber darum, eine besondere Ausnahmesituation (drei der betroffenen Steuerpflichtigen waren verstorben) zu seinen Gunsten zu nutzen.

Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der geringen Höhe des zweckwidrig verwendeten Steuerguthabens Dritter berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Betrag, den der Beamte dienstpflichtwidrig verwendet hat, die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13, jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U. v. 11.6.2002 - 1 D 31.01, jeweils in juris).

Vorliegend ist diese Grenze eindeutig überschritten.

Auch die anerkannten Milderungsgründe „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ und „Vorliegen einer schockartig psychischen Ausnahmesituation“ bestehen zur Überzeugung der Kammer nicht.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des erstgenannten Milderungsgrundes wird vom Beklagten selbst nicht behauptet. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse waren - auch unter Berücksichtigung der monatlichen Belastungen des Beklagten - geordnet.

Eine schockartig ausgelöste psychische Ausnahmesituation wird in aller Regel durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses hervorgerufen, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensverhältnisse des Beamten bei diesem einen seelischen Schock auslöst, und zu einer für einen solchen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Dabei muss es sich nicht zwingend auch um ein so genanntes schocktypisches Fehlverhalten handeln; es reicht die äquivalente Ursächlichkeit des Schocks (Kausalität), also eine schockbedingte Verfehlung aus (vgl. BVerwG, U. v. 9. 5. 2001 - 1 D 22/00, NVwZ-RR 2001, S. 772).

Eine angespannte psychische Situation - wie sie vorliegend beim Beklagten durch Überlastung im dienstlichen Bereich bestanden haben mag - bzw. eine subjektiv als ausweglos empfundene Lage reicht nicht aus (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 13.778, juris Rn. 55)

So erfüllen auch fortdauernde seelische Belastungen diesen Milderungsgrund nicht, denn in diesem Fall kann eher als in einer plötzlich auftretenden (vorübergehenden) Situation erwartet werden, dass sich der Beamte mit seiner Situation auseinandersetzt und vermeiden kann, den Ausweg in kriminellen Handlungen zu suchen (vgl. BVerwG, U. v. 26. 9. 2001 - 1 D 32/00, NVwZ-RR 2002, S. 285).

Die vom Gutachter festgestellte psychische Belastungssituation des Beklagten im Tatzeitraum ist nicht auf ein plötzlich und unvorhersehbar auftretendes Ereignis, sondern auf die von ihm vorgetragene, in diesem Zeitraum bestehende berufliche Belastung und den hierdurch bei Beklagten verursachten Stress zurückzuführen. Dass die Arbeitsumstände derart außerordentlich belastend für den Beklagten gewesen wären, dass von ihm ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden konnte, lässt sich aus den Angaben des Beklagten insbesondere gegenüber dem Gutachter jedoch nicht entnehmen. Vielmehr hätte der Beklagte - gerade im Hinblick auf das von ihm behauptete starke Streben nach Pflichterfüllung - sich im Falle einer zumindest subjektiv empfundenen Überlastung an seine Vorgesetzten wenden müssen. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Beklagten geschilderten Problematik des Auftretens von Fehlermeldungen am PC.

Der Beklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten auch nicht in einem Zustand (erheblich) verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen.

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (vgl. BGH, U. v. 27.11.1959 - 4 StR 394/95, BGHSt 14, 30 und vom 21.11.1969 - 3 StR 249/68, BGHSt 23, 176; st. Rspr.).

Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten hat (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9/06, juris Rn. 33). Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise.

Die „Erheblichkeit hängt von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen kann sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 14.1328, juris Rn. 43 m. w. N.).

Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten (vgl. Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, Rn. 46 zu § 13 m. w. N.). Feststellungen in einem Strafurteil zur Schuldfähigkeit binden das Verwaltungsgericht nur, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig i. S. des § 20 StGB ist. Ist die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des Verwaltungsgerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit i. S. des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindung des Disziplinargerichts nicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07).

Vorliegend bestehen nach den nachvollziehbaren, nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen im Gutachten von Herrn Dr. ... vom 3. November 2014 keine hinreichenden Anhaltspunkte aus psychiatrischer Sicht dafür, dass beim Beklagten vor dem 5. Juli 2013 (erste Konfrontation des Beklagten mit den Tatvorwürfen) eine schwerwiegende psychische Erkrankung vorlag, so dass bereits das Eingangskriterium des § 20 StGB nicht erfüllt ist. Im Übrigen schließt sich die Kammer bei der rechtlichen Bewertung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB den nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters Dr. med. ..., die im Tatbestand wiedergegeben sind, an.

Auch der anerkannte Milderungsgrund der Überwindung einer im Zeitpunkt der Pflichtverletzung bestehenden negativen Lebensphase liegt nicht vor. Eine mildernde Berücksichtigung dieses Umstandes kommt nur bei außergewöhnlichen Verhältnissen in Betracht, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben (BVerwG, B. v. 20.12.2013 - 2 B 35/13, juris Rn. 29). Dies kann beispielsweise bei Zugriffshandlungen aufgrund einer pathologischen Spielsucht der Fall sein (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9/06, juris Rn. 36). Hinzukommen muss, dass der Beamte die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat.

Die vom Beklagten geschilderten Arbeitsüberlastung, durch welche sich der Beklagte nach der Bewertung des Gutachters in einer erheblichen psychische Belastungssituation befunden hat, kann nicht als außergewöhnlicher Umstand in dem genannten Sinne angesehen werden, die einen derartigen Milderungsgrund begründen könnten, da Phasen starker Arbeitsbelastung an jedem Arbeitsplatz auftreten können. Im Übrigen hat der Beklagte zum außerdienstlichen Bereich auf die Bedeutung, die seine Familie für ihn habe und sein enges Verhältnis zu seiner Ehefrau hingewiesen. Auch dies zeigt, dass sich der Beklagte im Tatzeitraum nicht in einer negativen Lebensphase befunden hat.

Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07, jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

Auch die vor der Begehung der Dienstpflichtverletzungen tadelfreie Dienstausübung des Beklagten und die gute dienstliche Beurteilung, die eine vorzeitige Beförderung zum Steuerobersekretär ermöglicht hat, ist für sich genommen nicht geeignet, die gravierenden Pflichtverstöße des Klägers, die über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten begangen wurden, in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH, U. v. 20.7.2015 - 16b D 14.1328, juris Rn. 40).

Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen jedoch - wie bereits ausgeführt - keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können.

Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10, juris Rn. 14).

Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B. v. 26.3.2014 - 2 B 100/13, Rn. 7; U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11, jeweils in juris).

Vorliegend stellt sich als entlastender Umstand für den Kläger die bei ihm im Tatzeitraum vorliegende erhebliche psychische Belastung durch Arbeitsüberlastung dar, die - wie ausgeführt - jedoch nicht den anerkannten Milderungsgrund einer psychischen Ausnahmesituation erfüllt, sowie die als Folge der Aufdeckung der Tat zeitweise eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Ebenso kann - auch wenn dieser Umstand für sich genommen keinen Milderungsgrund darstellt (siehe obige Darlegungen) - die vor der Tatbegehung tadelfreie Führung und gute dienstliche Beurteilung des Beklagten in der Gesamtschau der ihn entlastenden Umstände zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.

Diese bemessungsrelevanten mindernden Umstände kompensieren in ihrer Gesamtheit jedoch nicht das Fehlen eines (anerkannten) Milderungsgrundes. Denn es handelt sich zum einen nicht um einen einmaligen Zugriff auf dem Beklagten anvertrautes Guthaben anderer Steuerpflichtiger. Zu anderen hat der Wert des pflichtwidrig verwendeten Guthabens die oben genannte Grenze von 200.- Euro - wenn auch nur geringfügig - überschritten.

Auch das Geständnis des Beklagten führt nicht zu einer milderen Beurteilung, da es nicht freiwillig vor drohender Entdeckung, sondern erst nach Aufdeckung der Dienstvergehen erfolgte.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung der Kammer deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit, ohne dass es darauf ankommt, ob die Öffentlichkeit vom dem Vorgang Kenntnis erlangt hat.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2.03, juris Rn. 49).

Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, eine Entscheidung auf der Grundlage des Art. 11 Abs. 3 Sätze 2 oder 3 BayDG zu treffen. Insbesondere ist seitens des Beklagten das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG nicht glaubhaft gemacht worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Nov. 2015 - AN 13b D 15.00460

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Nov. 2015 - AN 13b D 15.00460 zitiert 12 §§.

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Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 35 Folgepflicht


(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach b

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(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 39 Verbot der Führung der Dienstgeschäfte


Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sons

Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung - StBAPO 1977 | § 47 Wiederholung von Prüfungen


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Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

(1) Hat die zu prüfende Beamtin oder der zu prüfende Beamte die Zwischenprüfung nicht bestanden oder gilt diese als nicht bestanden und ist eine Wiederholung zulässig (§ 4 Absatz 2 Satz 6 des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes), kann die Zwischenprüfung nur innerhalb von drei Monaten wiederholt werden. Der Vorbereitungsdienst wird nicht verlängert.

(2) Hat eine zu prüfende Beamtin oder ein zu prüfender Beamter die Laufbahnprüfung nicht bestanden oder gilt diese als nicht bestanden und ist eine Wiederholung zulässig (§ 3 Absatz 2 Satz 4 und § 4 Absatz 2 Satz 6 des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes), so kann sie oder er zu dem der Wiederholungsprüfung vorangehenden Abschnitt der fachtheoretischen Ausbildung oder dem vorangehenden Teil der Fachstudien zugelassen werden. Der Vorbereitungsdienst kann bis zum Abschluß dieser Prüfung verlängert werden.

(3) Die Prüfungen sind vollständig zu wiederholen. Bei der Ermittlung der Prüfungsergebnisse gilt § 11 Abs. 2 Satz 2 entsprechend.

(4) Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann den zu prüfenden Beamtinnen und Beamten, die die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst endgültig nicht bestanden oder auf deren Wiederholung verzichtet haben, die Befähigung für die Laufbahn des mittleren Dienstes zuerkennen, wenn sie fachlich und persönlich für die Laufbahn des mittleren Dienstes geeignet sind. Die zu prüfenden Beamtinnen und Beamten, denen die Befähigung für die Laufbahn des mittleren Dienstes zuerkannt wird, erhalten ein Befähigungszeugnis.

Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in I. geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister im Dienst des Klägers und war bis 22. April 2010 bei der PI I. tätig. Er ist in vierter Ehe verheiratet und hat zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau zwei minderjährige Kinder, mit denen er in einem Haus lebt. Insgesamt ist er Vater von sieben Kindern, von denen er vieren unterhaltspflichtig ist. Er erhält derzeit um 5% gekürzte Dienstbezüge aus BesGr. A 9. Laut seinen Angaben beläuft sich sein aktueller Schuldenstand zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau auf 200.000,- € aus einem Hauskauf, denen der Gegenwert von zwei Häusern gegenüber steht.

Der Beklagte schloss die Schulausbildung 1977 mit der mittleren Reife ab und wurde am 3. Oktober 1977 als Polizeipraktikant eingestellt. Am 2. Oktober 1978 erfolgte die Ernennung zum Polizeiwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf und am 1. März 1980 die Ernennung zum Polizeioberwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. 1981 bestand er die Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfung Note 3,45 (Platz 362 von 789 erfolgreichen Prüfungsteilnehmern). Am 1. September 1982 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister ernannt, am 1. März 1985 zum Polizeimeister. Mit Wirkung vom 16. April 1988 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. Januar 1991 zum Polizeiobermeister und sodann am 17. Dezember 1998 zum Polizeihauptmeister befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung 2008 erhielt er das Gesamtprädikat „7 Punkte“. Aufgrund des Disziplinarverfahrens wurde seine dienstliche Beurteilung für 2011 zurückgestellt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich folgendermaßen in Erscheinung getreten:

1. Mit durch Verkündung rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 15. November 2010 (3 Ns 400 Js 4788/10) wurde der Beklagte wegen sieben tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € verurteilt. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts S. vom 5. August 2010 (Cs 400 Js 4788/10) zugrunde:

„Der Angeklagte fuhr mit fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen, obwohl aufgrund eines Bußgeldbescheides des Regierungspräsidiums K. ein Fahrverbot bestand. Dies wusste der Angeklagte.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fahrten:

1. Am 26.01.2010 gegen 17:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

2. Am 27.01.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

3. Am 29.01.2010 gegen 14:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

4. Am 30.01.2010 gegen 17:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

5. Am 02.02.2010 gegen 16:45 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

6. Am 03.02.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

7. Am 03.02.2010 gegen 12:00 Uhr in I. mit demselben PKW.“

2. Mit seit dem 3. Mai 2012 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 (3 Ns 400 Js 6472/10) wurde der Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts S. vom 18. Januar 2011 (Ds 400 Js 6472/10) wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen eingelegte Revision des Beklagten wurde mit Beschluss des OLG M. vom 2. Mai 2012 (5 StR RR (II) 130/12) verworfen. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„1.

Der Zeuge E. verrichtet seinen Dienst ebenfalls bei der PI I. Er ist mit dem Angeklagten seit der Schulzeit her bekannt. Der Zeuge E. lagerte in einem Schuppen im Gelände der PI I. saisonweise Reifen für seinen PKW BMW ein. Da er in der Wintersaison 2009/2010 vorwiegend mit einem Zweitwagen unterwegs war, hatte er seine Winterräder auf den BMW noch nicht aufgezogen und lagerte drei der Winterräder im besagten Schuppen ein. Es handelte sich dabei um Leichtmetallfelgen der Firma BMW zum Stückpreis von 250,- €, auf die ältere, aber noch gut profilierte Winterreifen aufgezogen waren. Ein viertes Rad lag anstelle des Notrades im Kofferraum.

Der Angeklagte fuhr bereits zu dieser Zeit an Wochenenden oder freien Tagen regelmäßig zu seiner Lebensgefährtin, wobei die einfache Fahrtstrecke ca. 540 km betrug. Nachdem Anfang Februar 2010 die Straßen schneeglatt waren und der Angeklagte über keine tauglichen Winterreifen verfügte, beschloss er, die vorerwähnten Räder zu entwenden und für eigene Zwecke zu verwenden. Er nahm die drei Räder mit zu sich nach Hause, zog dort zwei der Räder auf die Hinterachse seines eigenen BMW auf und fuhr damit in der Folgezeit herum.

Der Zeuge E. vermisste am 19.03.2010 seine Räder. Er glaubte zunächst an ein Versehen und fragte den Hausmeister B. nach dem Verbleib, der jedoch nichts wusste. Auch der Zeuge H., der den Hausmeister vertrat, wusste nichts vom Verbleib. Deshalb sandte der Zeuge E. am 20.03.2010 an alle Mitarbeiter der PI I. eine E-Mail mit der Frage nach dem Verbleib der Räder. Auch der Angeklagte erhielt diese E-Mail am nächsten oder übernächsten Tag, beantwortete sie jedoch nicht. Vielmehr montierte er daraufhin die zwei Winterräder wieder ab und lagerte sie in seiner Garage ein. Bis zum 22.03. war er noch mit seinem Fahrzeug mit den entwendeten Winterrädern täglich auf den Bedienstetenparkplatz der PI I. gefahren. Am 22.03.2010 fielen diese Räder daraufhin dem Wagenpfleger H. auf. Dieser erzählte am 23.03. auf seiner Dienststelle, dass er einen dunklen 3-er BMW mit solchen Rädern gesehen habe. Der Verdacht fiel erstmals auf den Angeklagten. Zu diesem Zeitpunkt war sein Fahrzeug aber nicht auf dem Parkplatz, zwei Beamte fuhren daher seine Heimatadresse an und bemerkten dort den PKW des Angeklagten, auf dem aber nunmehr andere Räder aufgezogen waren.

Am 09.04. erstattete der Zeuge E. daher Anzeige auf seiner Dienststelle wegen der Räder. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Beobachtung des Zeugen H. bekannt, am 16.04. wurde für das Anwesen des Angeklagten ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt, der dem Angeklagten bei Dienstantritt am 19.04.2010 eröffnet wurde. Er gab zu, die Reifen zu haben, anschließend wurde sein Wohnanwesen angefahren, dort gab er zwei der Räder aus seiner Garage heraus mit der Behauptung, sie seien nur geliehen. Das dritte Rad wies der Angeklagte in einer angrenzenden Werkstatt vor. Die Räder konnten dem Geschädigten E. daraufhin wieder ausgehändigt werden.

2.

Der Angeklagte wurde daraufhin sofort vom Dienst suspendiert, er wurde aufgefordert, seine Ausrüstungsgegenstände, u. a. auch nicht abgerechnetes Verwarnungsgeld, auszuhändigen. Der Dienststellenleiter W. begleitete den Angeklagten zu diesem Zweck in sein Büro. Daraufhin entnahm der Angeklagte aus seinem Schrank zwei Verwarnungsblöcke und begann damit, Verwarnungsbeträge in die Sammellisten nachzutragen. Auf die Frage nach dem Verwarnungsgeld antwortete der Angeklagte, darauf käme es jetzt auch nicht mehr an. Später holte der Angeklagte aus seiner Dienstjacke sechs Scheine á 50,- € und legte diese vor.

Der Angeklagte hat die eingenommenen Verwarnungsgelder nicht abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht. Bis zur Suspendierung hatte der Angeklagte zwei Verwarnungsblöcke mit jeweils 25 Verwarnungszetteln. Ein Block umfasste gebührenpflichtige Verwarnungen bis 20,- €, der weitere Block bis 35,- €. Gemäß einer dienstlichen Weisung, die zur Verdeutlichung auf jedem Block aufgedruckt ist, sind die vereinnahmten Verwarnungsgelder abzurechnen:

1. Mindestens einmal monatlich,

2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist,

3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist.

Die Verwarnungsgelder und Verwarnungsblöcke sind durch den betreffenden Bediensteten nach Dienstende ausnahmslos in den dienstlich gelieferten Stahlfachschränken unter Verschluss zu halten, Kleiderschränke, Schreibtische, Aktentaschen und dergleichen sind keine geeigneten Aufbewahrungsorte. Verwarnungsgelder dürfen nicht mit privatem Geld vermischt werden. Während des Streifendienstes ist nur notwendiges Wechselgeld, höchstens 50,- € mitzuführen. Der verbleibende Restbetrag ist, wie oben erwähnt, aufzubewahren. Die Höhe der abzurechnen Verwarnungsgelder ist auf dem Abrechnungsblatt einzutragen. Bei Abrechnung der Verwarnungsgelder hat die Dienststelle den Erhalt gegenzuzeichnen. Nicht verbrauchte, verschriebene oder entwertete Verwarnungsbescheinigungen sind vollständig an die Dienststelle zurückzureichen. Dies war dem Angeklagten bekannt, er hielt sich jedoch in keiner Weise an die Anweisungen.

Die Handhabung erfolgt so, dass bei Erteilung einer gebührenpflichtigen Verwarnung ein entsprechender Vordruck abgerissen und ausgefüllt wird und sodann dieser Betrag auf dem verbleibenden Abrechnungsblatt eingetragen wird. Bereits dies unterließ der Angeklagte. Zuständigkeitsbedingt hatte der Angeklagte zunächst wenig mit gebührenpflichtigen Verwarnungen zu tun, weswegen Abrechnungen nur in größeren Abständen erfolgten. Der Zeuge E., der für die Abrechnungen zuständig war, verzichtete auf monatliche Abzeichnung, wenn überhaupt keine Verwarnung ausgestellt worden war, was beim Angeklagten über lange Zeit der Fall war.

Ab 01.09.2009 hatte der Angeklagte jedoch in der Tagschicht des Öfteren unter anderem mit Laser-Geschwindigkeitsmessungen zu tun, ab diesem Zeitpunkt fielen öfters gebührenpflichtige Verwarnungen an. Gleichwohl hatte der Angeklagte den Block mit den Verwarnungen bis 20,- € zuletzt am 17.11.2008 abgerechnet, den Block mit Verwarnungen bis zu 35,- € am 01.09.2009. Ab diesem Zeitpunkt waren bis zur Suspendierung am 19.04.2010 Verwarnungsgelder in Höhe von 640,- € aufgelaufen, die der Angeklagte weder in die Abrechnungsblätter eingetragen, noch abgerechnet oder abgeliefert hatte. Abzüglich der am 19.04. übergebenen 300,- € hat der Angeklagte bis heute 340,- € nicht abgeliefert. Dem Dienstherrn entstand hierdurch entsprechender Schaden zuzüglich Zinsschaden.“

Dem Beklagten wurde mit Beschluss vom 9. Januar 2012 zur Bewährungsauflage gemacht, binnen 1 Monat nach Rechtskraft des Urteils 340,- € Verwarnungsgelder an den Kläger zu zahlen. Auf Anforderung des Klägers vom 20. Juni 2012 zahlte der Beklagte den ausstehenden Betrag im Juli 2012 zurück.

3. Soweit dem Beklagten weiter zur Last gelegt worden war, unter Vortäuschung vorhandener Zahlungsfähigkeit in fünf sachlich zusammentreffendenden Fällen Leistungen einer Tierärztin in Anspruch genommen, aber nicht bezahlt zu haben und dadurch tatmehrheitlich einen Betrug begangen zu haben (§§ 263, 53 StGB), wurde das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.

III.

Am 22. April 2010 leitete das Polizeipräsidium S. aufgrund der strafrechtlich verfolgten Taten gegen den Beklagten gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren ein und setzte dieses gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayDG bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Zugleich wurde mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG ausgesprochen.

Der Beklagte wurde am 22. April 2010 vom Polizeipräsidium S. persönlich angehört. Er wurde nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Ihm wurde gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde. Dabei wurde er u. a. darauf hingewiesen, dass sich ein Fehlbetrag an Verwarnungsgeldern in Höhe von 340,- € ergeben habe. Der Beklagte erklärte, keine Angaben zu machen.

Am 26. April 2010 wurde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 35 Abs. 3 BayDG vom Polizeipräsidium M. als Disziplinarbehörde übernommen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, dem Beklagten zugestellt am 16. März 2012, wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und gemäß Art. 21 BayDG auf den Vorwurf der Verschuldung aufgrund von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen über insgesamt 28.610,37 € ausgedehnt. Der Beklagte erhielt Gelegenheit, sich dazu sowie zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge nach Art. 39 BayDG zu äußern. Die Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch bis 1. Mai 2012 verlängert. Mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 2. Mai 2012 äußerte sich der Beklagte zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 29. August 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 5% seiner Dienstbezüge angeordnet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt der Beklagte Gelegenheit zur abschließenden Äußerung binnen 1 Monat gemäß Art. 32 Satz 1 BayDG. Zudem wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 BayPVG belehrt. Er äußerte sich nicht.

Am 6. Februar 2013 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der Beklagte rügte innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG, die Pflicht zur abschließenden Anhörung nach Art. 32 Satz 1 BayDG sei verletzt worden, da im Schreiben vom 30. Oktober 2012 nicht dargelegt worden sei, welche Ermittlungen angestellt worden seien. Entgegen der Bestimmung des Art. 23 BayDG habe die Disziplinarbehörde nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt. Sie habe sich nur auf die Bewertung durch das Strafgericht und das Landesamt für Finanzen verlassen, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen. Hinsichtlich der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens wegen der Pfändungen sei dem Beklagten auch keine angemessene Äußerungsfrist eingeräumt worden. Das Disziplinarverfahren sei deshalb fehlerhaft und einzustellen.

Mit Urteil vom 25. Juni 2013, dem Bevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 6. August 2013, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Disziplinarverfahren weise in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagte sei zu allen Verfahrensschritten gehört worden. Die Frist zur Stellungnahme hinsichtlich der Pfändungen sei angemessen verlängert worden. Der Beklagte habe die Gelegenheit, sich abschließend zu äußern, aber nicht wahrgenommen. Auch die Klageschrift entspreche den Vorgaben der Art. 58, 53 Abs. 1 BayDG. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest. Aufgrund der Bindungswirkung der Strafurteile stehe fest, dass der Beklagte zwischen 27. Januar und 3. Februar 2010 siebenmal mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, ohne im Besitz der Fahrerlaubnis zu sein, sowie, dass er drei Winterreifen eines Kollegen entwendet und Verwarnungsgelder vereinnahmt und nicht abgerechnet, sondern diese für sich persönlich verwendet habe. Aus den Akten folge, dass der Beklagte unstreitig auch Forderungen nicht beglichen habe. Durch die den strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Taten habe der Beklagte ein äußerst schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen und die ihm obliegende Pflicht verletzt, die Gesetze zu beachten. Die Schulden stellten zwar eine außerdienstliche Pflichtverletzung dar, begründeten aber gleichfalls ein Dienstvergehen, da das Verhalten geeignet sei, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. In erster Linie falle ins Gewicht, dass der Beklagte ihm dienstlich anvertrautes Geld entwendet habe. Nahezu gleichwertig sei der Kollegendiebstahl zu bewerten. Dass der Beklagte das gegen ihn verhängte Fahrverbot missachtet habe und sogar mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, sei ebenfalls sehr gravierend. Hinzu kämen die privaten Schulden, die zeigten, dass der Beklagte seine finanzielle Lage nicht im Griff habe. Der Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes stelle sich als ein Zugriffsdelikt dar, das disziplinarrechtlich den endgültigen Verlust des Vertrauens des Dienstherrn zur Folge habe. Gleiches gelte für den Kollegendiebstahl. Schon diese beiden Taten rechtfertigten die Entfernung aus dem Dienst. Auch der Verstoß gegen das Fahrverbot sei äußerst schwerwiegend. Wesentliche Milderungsgründe lägen nicht vor. Zugunsten des Beklagten sei zwar seine bisherige disziplinar- und strafrechtliche Unbescholtenheit zu würdigen. Der Beklagte habe sich 2009/2010 auch in einer schwierigen finanziellen und familiären Situation befunden. Die vom Beklagten verübten Dienstpflichtverletzungen, die ihre Ursache in einer persönlichen Krise und in der desolaten Finanzlage des Beklagten hätten, seien jedoch keine Folge einer Ausnahmesituation, und führten deshalb zum endgültigen Vertrauensverlust.

Der Beklagte hat hiergegen am 5. September 2013 Berufung einlegen lassen und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25.06.2013 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2013 wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, indem es die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt habe. Der Beklagte sei erst auf die Berufung der Staatsanwaltschaft vom Landgericht verurteilt worden, während er vom Amtsgericht noch freigesprochen worden sei. Dieses habe einen Diebstahl zulasten des Kollegen nicht als erwiesen angesehen, sondern sei nur von einem „furtum usus“ ausgegangen, weil sich der Beklagte die Reifen lediglich habe ausleihen wollen. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Reifen einem Kollegen gehörten. Dieser hätte dem Beklagten seine Reifen auch überlassen, wenn er ihn gefragt hätte. Der Kläger müsse sich fragen lassen, warum er die Lagerung privater Gegenstände auf dem Dienstgelände zugelassen und nicht unterbunden habe. Hinsichtlich der Abrechnung von Verwarnungsgeldern sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass selbst bei Vermischung mit privatem Geld ein diesbezüglicher Vorsatz fraglich sei. Insoweit habe es beim Beklagten auch nie Unregelmäßigkeiten gegeben. Der Vorgesetzte habe sich die Abrechnungsblöcke nur einmal im Jahr vorlegen lassen. Völlig aus der Luft gegriffen sei, dass der Beklagte die Verwarnungsgelder für eigene Zwecke verwendet habe. Hierzu seien keine Feststellungen getroffen worden. Mit der unterlassenen Abrechnung habe der Beklagte ggf. gegen dienstliche Weisungen verstoßen, aufgrund der jahrelang geduldeten vorschriftswidrigen Abrechnungspraxis sei dem Dienstherrn jedoch ein erheblicher Anteil hieran zuzuschreiben. Dieser habe dem Beklagten auch eine Abrechnung der Verwarnungsgelder verwehrt, indem er ihm die Blöcke weggenommen habe, bevor dieser den genauen Betrag feststellen und dem Notizblock in seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Diesbezüglich gehe das Verwaltungsgericht von einem Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes aus, während der Beklagte vom Strafgericht wegen Untreue verurteilt worden sei. Da das Verwaltungsgericht darin die schwerste Verfehlung sehe, die zur Verhängung der Höchstmaßnahme führe, leide das Urteil daher an einem erheblichen Mangel. Bezüglich des Fahrverbots habe der Beklagte nicht vorsätzlich gehandelt, sondern dieses schlichtweg „verbummelt“.

Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht die für den Beklagten sprechenden erheblichen Milderungsgründe nicht zutreffend gewürdigt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Pfändungen seien nur Folge einer vorübergehenden wirtschaftlichen Überforderung gewesen. Der Beklagte habe zwischen Ende 2009 und Ende 2010 das Ende seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen seien, verkraften müssen. Er habe sich deshalb zu dieser Zeit in einer psychischen und finanziellen Ausnahmesituation befunden. Infolge der Scheidung sei er über einen begrenzten Zeitraum hohe Zahlungsverpflichtungen eingegangen und so in eine unverschuldete ausweglose wirtschaftliche Notlage geraten. Er habe sich ständigen psychischen Anfeindungen seiner Ex-Ehefrau sowie finanziellen Forderungen von allen Seiten ausgesetzt gesehen. Dadurch habe sich bei ihm eine vorübergehende psychische Überlastung sowie Resignation ausgebreitet. Er habe in dieser Zeit insbesondere an Schlaflosigkeit und Konzentrationsschwächen sowie an einem Bandscheibenvorfall im HWS-Bereich gelitten. Er sei inzwischen eine neue Ehe eingegangen und habe seitdem seine privaten und wirtschaftlichen Verhältnisse wieder im Griff. Er lebe in einer stabilen Partnerschaft und pflege regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien. Ein erneutes Fehlverhalten sei nicht mehr aufgetreten und auch zukünftig nicht zu besorgen. Das Persönlichkeitsbild des Beklagten sei ausgesprochen positiv, es handle sich bei ihm um einen „im Kern“ auch absolut verlässlichen Polizeibeamten.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 21. Januar 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Senat das Disziplinarverfahren gemäß Art. 54 Satz 1 BayDG beschränkt und den Sachverhalt der Verschuldung als eigenes Dienstvergehen ausgeschieden.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Dem Senat haben die Strafverfahrensakten sowie die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. und die Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht gemäß Art. 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

Soweit der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren wegen behaupteter Verfahrensfehler die Einstellung des Disziplinarverfahrens beantragt hat, hat das Verwaltungsgericht zu Recht das Vorliegen formeller Mängel verneint.

Die Anhörungspflicht wurde nicht verletzt. Der Beklagte hatte vielmehr in sämtlichen Verfahrensstadien Gelegenheit, sich zu den gegenüber ihm erhobenen Vorwürfen zu äußern. So wurde er am 22. April 2010 durch das Polizeipräsidium S. angehört und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert, ihm wurde auch gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde, er wurde weiter nach Art. 22 BayDG Abs. 1 Satz 3 über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, durch die das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren auf den Vorwurf der Verschuldung ausgedehnt wurde, erhielt er nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 BayDG Gelegenheit, sich hierzu bis 20. März 2012 zu äußern, diese Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2 BayDG bis 1. Mai 2012 und damit jedenfalls angemessen verlängert. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt er nach Art. 32 Satz 1 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung innerhalb einer angemessenen Frist von 1 Monat.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang rügt, dass die Disziplinarbehörde entgegen Art. 23 BayDG nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt habe, trifft dies nicht zu. Sie hat neben der Feststellung der Tathandlungen auch das Persönlichkeitsbild des Beklagten und dessen bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt.

Wenn der Beklagte weiter bemängelt, dass sich die Disziplinarbehörde dabei nur auf die Bewertung durch das Strafgericht verlassen habe, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen, waren solche auch nicht veranlasst. Die Disziplinarbehörde ist nach Art. 23 Abs. 1 BayDG verpflichtet, zur Aufklärung des Sachverhalts die belastenden, die entlastenden und die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Von Ermittlungen ist aber abzusehen, soweit der Sachverhalt aufgrund der Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren feststeht (Art. 23 Abs. 2 Satz 1 BayDG).

Jedenfalls hatte der behauptete Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens keine Auswirkungen auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, weil das Verwaltungsgericht den Beklagten entlastende Umstände in seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens i. S. d. Art. 53 Abs. 1 BayDG mit der Folge der Einstellung des Disziplinarverfahrens nach Art. 53 Abs. 3 Satz 3 BayDG, sofern der Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt wird, liegt nur vor, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass der Mangel sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.2010 - 2 C 15/09 - juris Rn. 19). Dies war hier nicht der Fall, da das Verwaltungsgericht im Rahmen der Amtsermittlung nach Art. 56 Abs. 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO von sich aus zur Berücksichtigung entlastender Gesichtspunkte verpflichtet war, so dass die Sachverhaltsdarstellung im Anhörungsscheiben bzw. in der Disziplinarklage nur Ausgangspunkt eigener Ermittlungen des Verwaltungsgerichts war.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen.

1. Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt, wie er den rechtskräftigen Urteilen des Landgerichts K. vom 15. November 2010 sowie 9. Januar 2012 zugrunde liegt, steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend.

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestandes wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht (BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 15. November 2010 steht fest, dass der Beklagte zwischen 26. Januar 2010 und 3. Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft siebenmal mit Dienst-Kfz auf öffentlichen Straßen gefahren ist, obwohl er wusste, dass aufgrund eines Bußgeldbescheides für ihn ein Fahrverbot bestand.

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 steht weiter fest, dass der Beklagte Anfang Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft drei von seinem Kollegen E. auf dem Gelände der PI I. gelagerte PKW-Reifen in der Absicht, sich diese rechtswidrig zuzueignen, entwendet und zwei der Räder für eigene Zwecke gebraucht hat, sowie dass er vorsätzlich und schuldhaft zwischen 17. November 2008 und 19. April 2010 von ihm vereinnahmte Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € weder in die Abrechnungsblätter eingetragen noch abgerechnet oder abgeliefert hat, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat, wodurch dem Kläger ein Schaden in entsprechender Höhe entstanden ist.

Der Beklagte wurde aufgrund dieses Sachverhalts wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € sowie wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 Hs. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i. S. d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B. v. 15.5.2013 - 2 B 20/12 - juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 38).

Wird das Vorliegen der genannten Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und über eine Lösung zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Nur pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen hierfür nicht. Es müssen vielmehr tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG ergeben kann (BVerwG, B. v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 - juris Rn. 6).

Insoweit reicht die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte oder dass man dieses anders als das Strafgericht beurteilen könnte, für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U. v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30; U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 103).

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Fahrens trotz Fahrverbots behauptet hat, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, sondern das Fahrverbot „verbummelt“, d. h. dieses vergessen bzw. sich lediglich um einige Tage über dessen Beginn geirrt, handelt es sich ersichtlich um eine reine Schutzbehauptung. Seine Einlassung wird bereits dadurch widerlegt, dass er mit Schreiben des Regierungspräsidiums K. vom 8. September 2009 auf die bestehenden Fristen und Termine und mit Mahnung vom 5. November 2009 ausdrücklich auf den Beginn des Fahrverbots am 26. Januar 2010 sowie Mitte Januar 2010 durch seinen Vorgesetzten PHK H. persönlich auf den Antritt des Fahrverbots hingewiesen wurde. Ein etwaiger Irrtum über den Beginn des Fahrverbots wäre jedenfalls durch eine Rückfrage beim Regierungspräsidium K. vermeidbar gewesen.

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Reifendiebstahls und der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern darauf verweist, dass er wegen dieser Vorwürfe erstinstanzlich vom Amtsgericht S. freigesprochen worden sei und dass das Landgericht K. seiner Entscheidung eine hiervon grundlegend abweichende tatrichterliche Überzeugungsbildung zugrunde gelegt habe, legt er keine Tatsachen dar, die eine offensichtliche Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG begründen könnten, sondern macht sich lediglich die - in sich zudem auch widersprüchliche - Bewertung des Sachverhalts durch das Amtsgericht zu eigen, er habe die Reifen zwar entwendet, um sie für sich zu behalten, sowie 640,- € Verwarnungsgelder für sich behalten, aber insoweit ohne Zueignungsabsicht bzw. Vorsatz gehandelt. Die rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts, die auf einer eigenen Würdigung des Sachverhalts beruhen, sind auch dann bindend, wenn das Amtsgericht aufgrund einer anderen Bewertung des Sachverhalts zu einem hiervon abweichenden Ergebnis gekommen ist.

Selbst wenn man das Vorbringen des Beklagten als Angriff auf die Beweiswürdigung ansehen wollte, hat er nicht substantiiert dargetan, dass seine Verurteilung auf einer offenkundig unrichtigen oder unvertretbaren Würdigung des Sachverhalts beruht. Das Landgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme nach § 244 StPO, zu welchem Zweck es erneut die Zeugen E. und W. sowie zusätzlich die Zeugen T. und B. vernommen und die Verwarnungsblöcke in Augenschein genommen hat, im Rahmen seiner Beweiswürdigung nach § 261 StPO vertretbar zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte durch sein Verhalten einen Diebstahl sowie eine Untreue begangen hat. Die Entscheidung des Landgerichts ist in den Urteilsgründen auch ausführlich und nachvollziehbar begründet worden.

Es hat sich dabei auch mit den im Rahmen des Disziplinarverfahrens wiederholten Einlassungen des Beklagten befasst und diese angesichts der Beweisaufnahme als widerlegt angesehen (UA S. 6-10). Am Vorliegen eines vollendeten Diebstahls ändert demgemäß nichts, dass der Beklagte erklärt hat, nicht gewusst zu haben, dass die Reifen einem Kollegen gehörten, bzw. dass er angegeben hat, er habe sich diese lediglich ausleihen wollen. Auch die Tatsache, dass der Zeuge E. bekundet hat, dass er dem Beklagten die Reifen überlassen hätte, wenn dieser ihn vorher gefragt hätte, führt deshalb nicht dazu, dass man nur von einem „furtum usus“ ausgehen könnte.

Auch die Einlassung, der Beklagte habe - neben 300,- €, die er in seiner Dienstjacke aufbewahrt und übergeben habe - weitere Gelder in einem Notizblock in seinem Diensthemd gehabt, das jedoch die von ihm vereinnahmten Verwarnungsgelder überstiegen habe, weil sich Wechselgeld dabei befunden habe, so dass er es erst nach ordnungsgemäßer Abrechnung herausgeben habe wollen, hat das Landgericht als widerlegt erachtet, nachdem der Zeuge W. angegeben hat, der Beklagte habe bei Abgabe der Verwarnungsblöcke nichts von weiteren Verwarnungsgeldern gesagt. Damit steht fest, dass er 340,- € Verwarnungsgelder nicht abgerechnet und abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat. Dies lag aufgrund der hohen Schulden des Beklagten - nach Angaben des Zeugen T. insgesamt über 429.000,- € - auch nahe, auch wenn Beklagte dies in Abrede gestellt hat. Dass er keine genaue Kenntnis von den vereinnahmten Verwarnungsgeldern gehabt haben will, spricht gerade für eine Vermischung mit privaten Geldern.

Diese Feststellungen vermag der Beklagte auch nicht dadurch substantiiert in Zweifel zu ziehen, wenn er behauptet, man habe ihm eine Abrechnung verwehrt und ihm die Blöcke weggenommen, bevor er den genauen Betrag feststellen und diesen seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Es ist nicht glaubhaft, dass der Beklagte die von ihm vereinnahmten Gelder - ggf. auch mitsamt Wechselgeld - nicht bereits bei der Abgabe der Blöcke vollständig offen gelegt hat, wenn er damals mehr als die 300,- € bei sich gehabt hätte. Ein etwaiges Wechselgeld hätte er auch nach erfolgter Abrechnung durch seine Dienststelle zurückbekommen. Die Angaben, er habe das Geld im Diensthemd aufbewahrt, sind auch nicht überprüfbar. Wenn er weiter erklärt, er habe noch am Nachmittag des 19. April 2010 zweimal beim Dienststellenleiter angerufen und diesen gefragt, welcher Betrag konkret fehlen würde, den dieser ihm aber nicht habe nennen wollen, gibt es hierfür ebenfalls keinen objektiven Nachweis.

Es erscheint auch nicht glaubwürdig, dass der Beklagte zwar noch am 19. April 2010 wegen der genauen Höhe der Verwarnungsgelder auf seiner Dienststelle angerufen haben will, im Rahmen der Hausdurchsuchung am gleichen Tag jedoch nicht offen gelegt hat, dass er noch Geld bei sich hatte. Denn selbst wenn man dabei als wahr unterstellt, dass der Beklagte das Geld nicht an seinen Vorgesetzten herausgeben wollte, ist nicht nachvollziehbar, dass er sich insoweit auch nicht den Kripo-Beamten, die die Hausdurchsuchung durchgeführt haben und denen er die entwendeten Reifen herausgegeben hat, anvertraut hat.

Entgegen seinen Angaben, er habe erstmals im Strafverfahren den genauen Betrag erfahren, wurde ihm dieser nachweislich bereits im Rahmen der Anhörung im Disziplinarverfahren am 22. April 2010 eröffnet. Der Senat geht deshalb davon aus, dass es sich bei der Geschichte mit dem weiteren Geld im Diensthemd lediglich um eine Schutzbehauptung handelt.

Vor diesem Hintergrund brauchte der Senat dem erstmals im Berufungsverfahren schriftsätzlich gestellten Beweisantrag des Beklagten, zu den Vorwürfen die Zeugen E. und W. zu vernehmen, auch im Rahmen der Amtsermittlung (Art. 56 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO) nicht nachkommen. Damit hat der Beklagte keine neuen Beweismittel benannt, die die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in Frage stellen könnten, da die Zeugen bereits vom Landgericht vernommen und deren Aussagen im Rahmen der Beweiswürdigung bewertet wurden. Der anwaltlich vertretene Beklagte hat die Beweisanträge auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholt.

2. Soweit dem Beklagten überdies zur Last gelegt worden ist, sich privat verschuldet zu haben, wurden diese Handlungen durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2015 nach Art. 63 Abs. 1, Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden, weil sie für Art und Höhe der vorliegend zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fallen.

III.

Der Beklagte hat durch sein strafbares Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat. Er hat dadurch gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Soweit er die Verwarnungsgelder entgegen der bestehenden Weisungslage nicht ordnungsgemäß abgerechnet und abgeliefert hat, hat er auch gegen die Pflicht verstoßen, dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG).

Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 75).

Das gleiche gilt aber auch für die Entwendung der Reifen aus dem auf dem Dienstgelände der PI I. befindlichen verschlossenen Papierlager, zu dem sich der Beklagte nur unter missbräuchlicher Verwendung der ihm für dienstliche Zwecke zugänglichen Dienstwagen-/Werkstattschlüssel Zutritt verschaffen konnte. Er hat den Diebstahl dabei in Ausübung und nicht nur gelegentlich des Dienstes verübt, da ihm die Reifen lediglich im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren, so dass die Dienstpflichtverletzung als innerdienstlich zu bewerten ist (vgl. BVerwG, U. v. 15.9.1998 - 1 D 22/98 - juris Rn. 14).

Auch durch das mehrfache Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, da er sich in Ausübung des Dienstes zu dienstlichen Zwecken mit einem Dienstwagen fortbewegt hat (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG.

Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Unter diesen Voraussetzungen ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG zu erkennen.

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

2.1 Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich verübten Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten als Polizeivollzugsbeamter versagt.

Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden (st. Rspr. vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 47; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 95).

Bei dem Zugriff auf die Verwarnungsgelder zur eigennützigen Verwendung handelt sich um ein Zugriffsdelikt im Sinne der Rechtsprechung der Disziplinargerichte. Ein Zugriffsdelikt im disziplinarrechtlichen Sinne liegt - und zwar unabhängig von seiner strafrechtlichen Einordnung als Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung - dann vor, wenn der Beamte dienstlich anvertraute Gelder oder Güter veruntreut hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind, weil maßgeblich für die disziplinarische Bewertung der Vertrauensbruch gegenüber dem Dienstherrn ist. Das ist hier der Fall. Mit der Vereinnahmung des Verwarnungsgelds durch den Beklagten gelangte dieses in dienstlichen Gewahrsam. Im Anschluss daran trat aufgrund des Untreuevorsatzes des Beklagten der Vermögensnachteil beim Kläger ein, dem das Verwarnungsgelder zusteht (BayVGH, U. v. 28.11.2012 - 16a D 11.958 - juris Rn. 47). Insoweit ist irrelevant, dass das Verwaltungsgericht einmal von Untreue, dann aber von „Diebstahl“ dienstlich anvertrauten Geldes gesprochen hat.

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solcher Pflichtverstoß regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören, so dass die Entfernung aus dem Dienst Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Einstufung ist, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Ein Zugriff auf dienstliche Gelder in geringer Höhe, die zu einer Milderung führen kann, ist bei Veruntreuung von 340,- € zu verneinen. Die Grenze der Geringwertigkeit ist grundsätzlich bei 50,- € anzusetzen (BayVGH, U. v. 28.11.2012 a. a. O. juris Rn. 48).

Zwar kann bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 48; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 96). Auch diese Grenze ist hier jedoch bei weitem überschritten.

Jedenfalls liegt kein lediglich einmaliges Fehlverhalten vor, das ein Restvertrauen in den Beklagten begründen könnte, da der Beklagte neben der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern mit dem Reifendiebstahl und dem Fahren trotz Fahrverbots noch weitere, ebenfalls schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen begangen hat.

Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen.

Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 41; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 90).

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen jedoch ebenfalls zu keiner anderen Bewertung.

(1) Anhaltspunkte für das Vorliegen der vom Beklagten behaupteten unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage liegen nicht vor.

Dieser Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 50).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Abgesehen davon, dass es sich nicht um ein einmaliges oder kurzfristiges Fehlverhalten handelte, da die Veruntreuungen über einen längeren Zeitraum (17. November 2008 bis 19. April 2010) erfolgten, hat der Beklagte nicht dargelegt, dass er die von ihm veruntreuten 340,- € - trotz der von ihm angehäuften Schulden von zeitweilig über 429.000,- € - für den Lebensbedarf seiner Familie benötigt hätte. Im Gegenteil hat er in Abrede gestellt, die fehlenden Verwarnungsgelder für eigene Zwecke gebraucht zu haben. Zudem kann angesichts der durch den Beklagten eingegangenen zahlreichen finanziellen Verpflichtungen im Zeitpunkt seiner dritten Scheidung jedenfalls auch nicht von einer unverschuldeten Notlage ausgegangen werden, da der Beklagte die Überschuldung selbst herbeigeführt hat. Er hat - wie zahlreiche Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zeigen - in der Vergangenheit erhebliche Schulden aufgehäuft und sich trotzdem für einen Hauskauf mit seiner jetzigen vierten Ehefrau zusätzlich in Höhe von 200.000,- € verschuldet, auch wenn dem der Wert des Hauses gegenüber steht.

Zudem gibt es auch keinen Nachweis dafür, dass der Beklagte inzwischen tatsächlich schuldenfrei wäre bzw. Schulden in erheblichem Umfang abgebaut hätte, auch wenn er vorgetragen hat, er habe seine finanzielle Lage inzwischen wieder unter Kontrolle.

(2) Auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase vorliegen könnte, bestehen nicht.

Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen. Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 64).

Davon ausgehend lag beim Beklagten eine entsprechende negative Lebensphase nicht vor. Auch wenn der Beklagte sich zwischen Ende 2009 und Ende 2010 infolge der Scheidung seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen sind, in einer psychisch und finanziell schwierigen Situation befunden hat, sind die vom Beklagten dargelegten Lebensumstände sind nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem milderen Licht erscheinen ließen. Solche familiären und finanziellen Schwierigkeiten können nämlich grundsätzlich jeden treffen und sind nicht geeignet, eine derart gravierende Ausnahmesituation zu begründen, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte sich 2009/2010 in einer schwierigen Lebensphase befand, die durch das Auseinandergehen seiner Ehe und die hohen Schulden belastet war. Auch wenn der Beklagte inzwischen erneut in einer stabilen Partnerschaft lebt und regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien pflegt, kann nicht ohne weiteres von einer überwundenen negativen Lebensphase ausgegangen werden, die ein erneutes Fehlverhalten zukünftig nicht mehr besorgen ließe. Jedenfalls liegen - wie eben ausgeführt - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine lediglich vorübergehende Phase gehandelt und der Beklagte seine schwierige finanzielle Situation tatsächlich überwunden hätte, da nachprüfbare Angaben über seinen derzeitigen Schuldenstand fehlen.

(3) Wenn der Beklagte weiter vorträgt, sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden zu haben, setzt dieser Milderungsgrund eine seelische Zwangssituation voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen derartigen Zustand typischen Fehlreaktion geführt hat. Hierfür reicht eine allgemein Anspannung mit schwierigen familiären oder finanziellen Verhältnissen oder eine subjektiv als solche empfundene Ausweglosigkeit nicht aus (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Die prekäre finanzielle Situation war dem Beklagten auch seit langem bekannt. Dennoch hat er weiter erhebliche Schulden angehäuft.

(4) Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte aufgrund einer vorübergehenden psychischen Überlastung im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB gehandelt hätte, liegen nicht vor. Der bloße, nicht durch z. B. ärztliche Atteste belegte Hinweis auf Schlaflosigkeit sowie Konzentrationsschwächen führt auch nicht dazu, dass der Senat dem im Rahmen der Amtsermittlung nachgehen müsste (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 55).

(5) Auch der weitere bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Die mildere Bewertung knüpft hier daran, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist. In einer solchen Lage befand sich der Beklagte bei den Taten nicht. Vielmehr gehört es zu den selbstverständlichen Pflichten eines Polizeibeamten, Verwarnungsgelder zu vereinnahmen und ordnungsgemäß mit ihnen umzugehen. Eine spezifische, noch dazu einmalige Versuchungssituation bestand für den Beklagten mithin nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58).

(6) Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstiger Persönlichkeitsprognose, die grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. Der Beklagte hat weder vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart noch den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 59). Die Rückzahlung des Restgelds über zwei Jahre nach der Tat führt zu keiner durchgreifenden Milderung.

(7) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Pflicht des Beklagten zur monatlichen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder hier durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde, sondern die Abrechnungspraxis eher nachlässig war. Allerdings war es zunächst die Aufgabe des Beklagten, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten. Darüber hinaus hat der Beklagte gegen interne Richtlinien verstoßen. Gemäß Ziffer 2.2.10 der Richtlinie für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten (IMBek v. 12.10.2007 Az. IC 4-3603 - 339 - Po) war er verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern. Auch war auf den Verwarnungsblöcken nochmals vermerkt, dass vereinnahmte Verwarnungsgelder 1. mindestens einmal monatlich, 2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist, 3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind. Der Beklagte hatte hingegen seit Mitte November 2008 nicht mehr korrekt abgerechnet und den Betrag von insgesamt 640,- € angesammelt. Hätte er sich ordnungsgemäß verhalten, wäre die Grundlage für die Tat (die Möglichkeit des Zugriffs auf 340,- €) nicht gegeben gewesen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt mithin schwerer als das z.T. mangelhafte Kontrollverhalten des Dienstherrn (BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103 f.).

2.2 Hinzu kommen erschwerend die beiden anderen Dienstpflichtverletzungen:

(1) Hinsichtlich des Diebstahls von Autoreifen des Kollegen stellt sich dieses Tun zwar nicht als typischer Kollegendiebstahl dar, der disziplinarisch einem Zugriffsdelikt gleichgestellt wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 63/11 - juris Rn. 15), da es sich nicht um das Eigentum eines Kollegen handelt, das dieser - wie etwa eine Geldbörse im gemeinsamen Dienstzimmer - im Rahmen des Dienstes in Diensträumen bei sich geführt hat und dabei zwangsläufig auf die Ehrlichkeit seiner Kollegen vertrauen musste. Vielmehr handelt es sich um - mit Duldung des Dienstherrn oder auch ohne dessen Wissen - auf dem Dienstgelände gelagerte Gegenstände, die dem Beklagten lediglich im Rahmen der Dienstausübung in die Hände fielen. Doch ist der Diebstahl im Dienst durch einen Polizisten, der die Tat unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung begangen hat und dem dienstlich die Verhinderung von Straftaten und der Schutz des Eigentums obliegt, ebenfalls grundsätzlich mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden (vgl. BVerwG, U. v. 11.10.1995 - 1 D 11/95 - juris Rn. 20 f.).

Soweit sich der Beklagte insoweit darauf berufen hat, er habe die Reifen nur deshalb genommen, weil er keine Winterreifen gehabt habe und für die Besuche bei seiner damaligen Freundin (seiner nunmehrigen vierten Ehefrau) bei winterlichen Straßenverhältnissen wegen der Kinder „auf Nummer Sicher“ gehen habe wollen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er, um die Kinder nicht zu gefährden, sich entweder Winterreifen besorgen oder auf die Fahrten verzichten hätte können.

Mildernd ist insoweit zu berücksichtigen, dass ihm sein Kollege die Autoreifen nach dessen Bekunden auch geliehen hätte, wenn er ihn vorher gefragt hätte. Gleiches gilt für das Geständnis und die Rückgabe der Reifen nach Tatentdeckung. Dies führt angesichts der Schwere des Dienstvergehens aber nicht zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme.

(2) Auch das Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots stellt ein erhebliches Dienstvergehen dar, das als Erschwernisgrund hinzutritt. Der Dienstherr erwartet von einem Beamten, dass dieser nur dann in dienstlicher Eigenschaft am Straßenverkehr teilnimmt, wenn er über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem Dienstwagen stellt deshalb die dienstliche Zuverlässigkeit in Frage, zumal die Nichtbeachtung verkehrsrechtlicher Vorschriften, die zum Schutze der Allgemeinheit erlassen worden sind, auch Rückschlüsse auf eine mangelnde charakterliche Qualifikation zulässt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Es ist daran festzuhalten, dass der Beklagte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn unwiderruflich beschädigt.

Die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Zugunsten des Beklagten ist seine bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens führt dies jedoch nicht zu einer durchgreifenden Milderung. Die dienstlichen Beurteilungen des Beklagten bewegen sich eher im unteren Durchschnitt. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein positives Licht setzen könnten, liegen in Anbetracht des eingeholten Persönlichkeitsbilds vom 1. Oktober 2012 nicht vor. Nach Angaben von Kollegen war zwar auf ihn im Einsatz immer Verlass. Negativ fällt jedoch auf, dass beim Beklagten im Dienst häufig die erforderliche Korrektheit vermisst wurde. Dass der Beklagte es mit Vorschriften nicht genau nimmt, wird damit auch hier deutlich.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 68).

Nach alldem war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG zurückzuweisen.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in E. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1976 mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker bei der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in E. Zum 1. Oktober 1979 trat er als Polizeiwachtmeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst ein. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1980 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und zum 1. Februar 1983 - nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (3,50) - zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1985 folgte die Ernennung zum Polizeimeister. Zum 7. Januar 1986 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und mit Wirkung vom 1. Februar 1988 zum Polizeiobermeister, mit Wirkung vom 1. April 1994 zum Polizeihauptmeister und mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 zum Polizeihauptmeister mit Amtszulage ernannt.

Im Jahr 2001 erkrankte der Beklagte an Krebs. Aufgrund der Folgewirkungen wurde ihm zunächst durch das Versorgungsamt München II die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX zuerkannt und ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt, der mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Oberpfalz, Versorgungsamt vom 10. Januar 2010 auf einen Grad von 40 reduziert wurde. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 28. September 2012 wurde der Beklagte gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Seit April 1998 bis zu seiner Suspendierung verrichtete der Beklagte Dienst als Wach- und Streifenbeamter bei der zum Polizeipräsidium Mittelfranken gehörenden Polizeiinspektion W./Bayern. Er ist verheiratet und Vater von zwei 1994 und 1996 geborenen Kindern. Er bezieht gekürzte monatliche Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage.

In seiner letzten periodischen Beurteilung 2008 erhielt der Beklagte 6 Punkte.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 27. September 2011 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) wurde der Beklagte wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je

[50],- Euro verurteilt.

Im Strafbefehl wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Am 11. Dezember 2010 wurde dem Geschädigten O. M. im Raum W. sein Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 entwendet. Es gelangte dann als Fundsache zur Polizeiinspektion W. Der Beklagte war als Polizeibeamter der Polizeiinspektion W. u. a. mit der Bearbeitung von Fahrraddiebstählen und Fahrradfunden befasst und dokumentierte am 12. Januar 2011 diesen Fahrradfund unter Angabe der o.g. Rahmennummer im Polizeisystem.

Das dem Geschädigten M. am 11. Dezember 2010 entwendete Fahrrad war zu diesem Zeitpunkt unter der Rahmennummer PLWUO354 zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem bei der Anzeigenerstattung ein Schriftstück des Fahrradhändlers vorgelegt wurde, auf dem diese Rahmennummer notiert war.

Die fahndungsmäßige Überprüfung des Fundrades durch den Beklagten ergab aufgrund der von ihm nicht zu verantwortenden Abweichung in einer Ziffer der Rahmennummer keine Übereinstimmung mit der bestehenden Sachfahndung. Es befand sich kein Asservatenzettel am Fahrrad.

Nachdem dem Beklagten damit nach ordnungsgemäßer Vorgangsbearbeitung formal eine Zuordnung nicht möglich gewesen war, wurde von ihm dokumentiert, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben. Dies erfolgte jedoch nicht. Eine Fundanzeige bzw. Übergabebestätigung liegt nicht vor. Der Beklagte nahm das Fahrrad nach Hause, um es seinem Sohn zum Geburtstag zu schenken. Mit seinem Wissen (und Wollen) wurde es am 13. Juni 2011 bei einer Internetauktion in eBay unter dem Account „85michl“, der seiner Ehefrau zugeordnet ist, zum Verkauf angeboten, da der Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte.

Das Fahrrad hatte einen Wert von mindestens 230,- Euro. Obwohl der Beklagte wusste, dass er verpflichtet gewesen wäre, das Rad wieder zurückzugeben, behielt er es für sich und verfügte darüber wie ein Eigentümer.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 22. Juni 2011 ordnete das Polizeipräsidium Mittelfranken gegenüber dem Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an, nachdem gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Mit Schreiben gleichen Datums des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf wegen Verstoßes gegen die Pflicht, die Gesetze einzuhalten und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren wurde vom Polizeipräsidium M. mit Schreiben vom 29. November 2011 übernommen und nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt. Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 20. März 2012 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben, von der der Beklagte mit Schreiben vom 27. April 2012 Gebrauch machte. Gleichzeitig beantragte er die Beteiligung der Personal- und Schwerbehindertenvertretung. Diese wurden mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 13. August 2012 beteiligt.

Mit Schreiben vom 29. August 2012 äußerte sich der Personalrat beim Polizeipräsidium Mittelfranken und erhob gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwände. Allerdings wurde mitgeteilt, dass eine disziplinarrechtliche Ahndung unterhalb der Höchstmaßnahme einstimmig für ausreichend erachtet werde, da nach Auffassung des Personalrats die entlastenden Faktoren nicht umfänglich in die Entscheidung miteinbezogen worden seien.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 4. April 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 25 Prozent seiner Dienstbezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten.

IV.

Am 7. Dezember 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür war der Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011, in dem gegen den Beklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je 50,- Euro verhängt worden war.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit lägen nicht vor und seien auch nicht vorgetragen. Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stelle grundsätzlich ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen dar und sei nach den Grundsätzen zu bewerten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten. Hier stehe regelmäßig die Höchstmaßnahme im Raum, Ausnahmen hiervon könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Vorliegend würde eine Reihe von Umständen für die Annahme sprechen, dass es sich um eine Kurzschlusstat des Beklagten handle, der sich sonst stets einwandfrei geführt habe. In dieser Hinsicht sei zunächst bedeutsam, dass es sich bei dem unterschlagenen Gegenstand um ein - zum Zeitpunkt der Tat einem bekannten Eigentümer nicht zuordenbares - Fundfahrrad gehandelt habe, das letztlich bei normalem weiteren Geschehensablauf im Rahmen einer Fundversteigerung mit voraussichtlich nicht dem wahren Wert entsprechenden Erlös versteigert worden wäre. Dieser Umstand sei aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar dazu geeignet gewesen, das Unrechtsbewusstsein des Beklagten im Sinne eines „Augenblickversagens“ zu mindern, auch wenn ihm bewusst gewesen sei, dass das Fahrrad nicht wertlos gewesen sei. Diese Einschätzung dränge sich umso mehr auf, weil es sich bei dem Beklagten nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck ganz offensichtlich um eine einfach strukturierte Persönlichkeit handle, die zudem erkennbar unter dem Einfluss der selbstbewussten Ehefrau stehe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lasse sich aus dem anschließenden Verhalten des Beklagten, insbesondere dem Versuch, das Fahrrad per ebay zu verkaufen, nicht zwingend schließen, dass er jedenfalls nachträglich die Unrechtmäßigkeit seiner Tat in vollem Umfang erkannt habe. Auch insoweit sei zugunsten des Beklagten beachtlich, dass er diesen Verkaufsversuch nicht selbst initiiert, sondern die diesbezüglichen Bemühungen seiner Ehefrau eher „erduldet“ habe. Diese Besonderheiten des Geschehensablaufs in Verbindung mit den Persönlichkeitsmängeln rechtfertigten es aus Sicht des Gerichts, im vorliegenden Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen kurzschlussartigen Versagens ausnahmsweise von der an sich verwirkten Höchstmaßnahme abzusehen. Aufgrund der gleichwohl verbleibenden Schwere der Verfehlung sei es jedoch nicht vertretbar, den Beklagten in seinem bisherigen Beförderungsamt zu belassen. Vielmehr sei er in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, und zwar in das Amt eines Polizeiobermeisters, zu versetzen. Diese Disziplinarmaßnahme, die sich im Rahmen der obergerichtlichen Rechtsprechung halte, sei nicht zuletzt wegen ihrer Außenwirkung geeignet, dem Beklagten und seiner Umgebung nachdrücklich vor Augen zu führen, wie schwer sein Dienstvergehen zu werten sei.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 7. März 2014, am 2. April 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht das ihm bei der Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme zustehende Entscheidungsermessen nicht fehlerfrei ausgeübt habe und das Dienstvergehen des Beamten zu seiner Entfernung aus dem Dienst führen müsse. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, sein weiterer Verbleib im Dienst sei nicht hinnehmbar. Vorliegend sei weder ein von der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund zu erkennen noch lägen in der Persönlichkeit des Beamten besondere Umstände vor, die bei prognostischer Gesamtwürdigung das Bestehen eines Restbestands an Vertrauen rechtfertigen würden. An einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation, in der der Beamte situationsbedingt versagt habe, fehle es vorliegend. Der Beklagte habe das Fahrrad während seiner Dienstzeit von seiner Dienststelle, an der sich regelmäßig noch weitere, vergleichbare Fundsachen befänden, an sich genommen und in seine Privatwohnung verbracht. Er habe damit bei der Ausübung einer ihm anvertrauten Tätigkeit, nämlich beim alltäglichen Umgang mit aufgefundenen Gegenständen, versagt. Es sei wesentlich erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter auch dienstlich mit der Sachbearbeitung von Fundgegenständen befasst gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehöre zur einmaligen Gelegenheitstat ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität. Auch hieran fehle es aufgrund der durchdachten Vorgehensweise des Beklagten. Das Fahrrad habe sich bereits ein halbes Jahr in polizeilicher Verwahrung befunden als der Beklagte es planvoll, überlegt und vorsätzlich an sich genommen habe, um es seinem Sohn zu schenken; überdies habe er auch noch einen Vermerk für die Akten angefertigt, aus dem sich ergebe, dass er das Fahrrad zum Fundamt gebracht habe. Ein einmaliges, von außen auf seine Willensbildung einwirkendes Ereignis, das ihn in die Versuchung hätte bringen können, sich an dem Fahrrad zu vergreifen, habe nicht vorgelegen. Solche Gründe seien auch nicht vorgetragen worden. Die Annahme einer Augenblickstat werde auch dadurch weitgehend entwertet, dass der Beklagte an seinem Entschluss, das Fahrrad zu behalten, festhielt, obwohl sein Sohn dieses nicht haben wollte. Er hätte dies auch zum Anlass nehmen können, seine Tat zu überdenken und das Fahrrad zurückzubringen.

Auch die weiteren, vom Verwaltungsgericht ausgeführten Bemessungsgesichtspunkte würden es nicht gebieten, von einer Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Dem Kläger erschließe es sich nicht, wie es zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen könne, dass das Fahrrad im Rahmen einer Fundversteigerung wahrscheinlich unter seinem Wert von 230,- Euro versteigert worden wäre. Hierbei sei anzunehmen, dass das Fahrrad auch in diesem Rahmen deutlich die von der Rechtsprechung angenommene Geringwertigkeitsgrenze von ca. 50,- Euro überschritten hätte, so dass der Wert des Fahrrads keinen Milderungsgrund in Form der Geringwertigkeit begründen könne. Im Übrigen würden Fundgegenstände in der Regel unter ihrem tatsächlichen Warenwert versteigert. Dies könne aber nicht regelmäßig zu einer generellen Minderung des Unrechtsbewusstseins bei Unterschlagung von Fundsachen führen. Eine Fundunterschlagung durch einen in diesem Aufgabenfeld tätigen Polizeibeamten sei geeignet, das Ansehen des Beamten und der Beamtenschaft in ganz erheblichem Maße zu beeinträchtigen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Unrechtmäßigkeit seiner Tat eventuell nicht in vollem Umfang erkannt, ihm sei zugute zu halten, dass er unter dem Einfluss seiner selbstbewussten Ehefrau stünde, die das Fahrrad bei eBay eingestellt habe, könnten ebenfalls ein Abrücken von der Höchstmaßnahme nicht rechtfertigen. Im Hinblick auf seinen Status und seine dienstliche Befassung mit Fundgegenständen sei dem Beklagten sehr wohl bewusst gewesen, was er getan habe, als er das Fahrrad mit nach Hause genommen habe. Eine diesbezügliche Einwirkung der Ehefrau sei nicht erkennbar und könne deshalb nicht mildernd beim Entschluss des Beklagten hinsichtlich der Aneignung des Fahrrads berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die wahrheitswidrige Dokumentation in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt im Schriftsatz vom 13. Mai 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Abgabe des Rads an den Bauhof habe sich der Beklagte in einer Versuchungssituation befunden, hierbei sei es entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat gekommen.

Zum Zeitpunkt der Mitnahme des Fahrrads sei der Beklagte der festen Überzeugung gewesen, es handle sich hierbei um einen derelinquierten Gegenstand, dessen (ehemaliger) Eigentümer bzw. Besitzer angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraums offensichtlich kein Interesse mehr an einer Wiedererlangung habe. Den Wert habe er aufgrund der dargelegten Gegebenheiten als gering eingeschätzt. Eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert habe er nicht gehabt. Dies belege auch die Tatsache, dass die Ehefrau des Beklagten das Fahrrad ohne Mindestgebot bei Ebay eingestellt habe. Nach eigener Aussage habe sie mit einem Erlös von maximal 40,-bis 50,- Euro gerechnet.

Es treffe auch nicht zu, dass eine Gelegenheitstat nur dann vorliege, wenn sie insgesamt ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität aufweise. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe es der Annahme der Spontanität eines Tatentschlusses nämlich nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt werde. Eine Milderung komme auch dann in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe und wenn die die Versuchung auslösende Situation geeignet sei, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontanität und Unüberlegtheit herbeizuführen. Angesichts des Fahrrads, das offenbar von niemandem vermisst worden sei, habe eine solche besondere Versuchungssituation bestanden. Im entscheidenden Augenblick habe der Beamte buchstäblich keine klaren Vorstellungen über die rechtlichen Folgen seiner Tat gehabt, die seiner Persönlichkeit fremd sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er stets ein untadeliges Verhalten an den Tag gelegt. Auch bei der Entgegennahme von Bargeld im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit sei die Abrechnung des Beklagten immer unverzüglich, korrekt und ohne Auffälligkeiten erfolgt. Dies würde auch von seinen Dienstvorgesetzten so bestätigt werden. Selbstverständlich könne nicht jede Unterschlagung eines Fundgegenstandes zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen, den vorliegenden Fall zeichneten aber sowohl im objektiven als auch im subjektiven Bereich Besonderheiten aus, die ihn von einer „normalen“ Fundunterschlagung abweichen ließen. Zu berücksichtigen sei hier sowohl das einem Eigentümer nicht zuordenbare Fahrrad, der lang verstrichene Zeitraum seit dem Auffinden und der Irrtum des Beklagten über den tatsächlichen Wert.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Ansbach, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auf die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) des Beklagten in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts .. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) sind zwar nicht bindend (Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG), der Senat kann sie dennoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte entgegen seiner Dokumentation in der Vorgangsverwaltung ein bei der Polizei als Fundfahrrad verwahrtes - und tatsächlich als gestohlen gemeldetes - Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 nicht für die anschließende Verwertung zum Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. verbracht hat. Stattdessen nahm der Beklagte das Fahrrad mit nach Hause, um es seinem Sohn zum Gebrauch zu überlassen. Da sein Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte, wurde es von der Ehefrau des Beklagten mit seinem Wissen und Wollen bei einer Internetauktion in eBay zum Verkauf angeboten. Dort erzielte es einen Verkaufserlös von 229,- Euro. Der Beklagte hat sich deshalb einer Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB strafbar gemacht.

III.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. §§ 246, 133 Abs. 1 StGB) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat damit ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Anhaltspunkte, die die Schuldhaftigkeit seines Handelns ausschließen könnte, wurden im Verfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren hat.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U.v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U.v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B.v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U.v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris; BayVGH, U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094 - juris Rn. 89).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat (BVerwG, U.v.8.4.2003 - 1 D 27/02; U.v.23.2.2012 - 2 B 143/11 - jeweils in juris).

Die Zueignung des Fundfahrrads durch den Beklagten ist somit disziplinarisch nach den Grundsätzen zu werten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten (BVerwG, U.v.17.3.1976 - 1 D 7.76; U.v. 21.7.1977 - 1 D 90.76; U.v. 13.10.1978 - 1 D 67.77; U.v. 28.11.1990 - 1 D 19.90; U.v. 27.1.1999 -1 D 10.98 - jeweils in juris). Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stellt grundsätzlich ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar (BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris). Der Beklagte war dienstlich mit der Bearbeitung von Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst. Die rechtwidrige Zueignung des Fahrrads erfolgte, als er dieses nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dem Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. zur weiteren Verwertung zuführen sollte. Ein Beamter, der sich amtlich anvertrautes oder zugängliches Gut zueignet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und die für die Ausübung seines Amtes erforderliche Achtung regelmäßig so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

1. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

1.1 Der Senat geht nicht vom Vorliegen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat aus. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann sich der Beklagte nicht auf den anerkannten Milderungsgrund des Handelns in einer besonderen Versuchungssituation berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19).

Hiergegen spricht zum einen, dass der Umgang mit Fundfahrrädern zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen (anders BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O., in dem in der Entgegennahme von Fundsachen eine besondere Versuchungssituation für einen sonst mit dieser Aufgabe nicht betrauten Beamten gesehen wurde). Zum anderen begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Bei der vom Beklagten geschilderten häuslichen Auseinandersetzung mit dem Sohn am Vorabend der Tat ging es im Kern gerade darum, dass der Sohn kein neues Fahrrad haben wollte, sondern sein altes Rad noch als ausreichend erachtete. Insoweit kann auch dieser Umstand - abgesehen vom zeitlichen Abstand zwischen der häuslichen Auseinandersetzung und der Tat von mehreren Stunden (vgl. Sächs.OVG, U.v. 17.8.2009 - D 6 A 655/08) - eine besondere Versuchungssituation bzw. eine sog. „Augenblickstat“ nicht rechtfertigen.

1.2 Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Wert des unterschlagenen Gegenstands die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13 - jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris).

Für die Ermittlung des Werts ist grundsätzlich auf den objektiv - generalisierenden Verkehrswert zum Tatzeitpunkt abzustellen (s. Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 29. Auflage 2014, § 248a Rn. 7), das heißt subjektiv- spezielle Begebenheiten beim Geschädigten haben ebenso außer Betracht zu bleiben wie hypothetisch wertmindernde Kausalverläufe. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes kann es deshalb nicht darauf ankommen, ob das Fahrrad nach dem Vorbringen des Beklagten bei der angedachten Verwertung über den Bauhof (Wertstoffhof) höchstens 50,- Euro erzielt hätte. Abgesehen davon, dass diese Einschätzung sich als rein spekulativ darstellt, ist vielmehr im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswerts der tatsächlich auf dem Markt über eine Versteigerung bei ebay erzielte Erlös in Höhe von 229,- Euro in den Blick zu nehmen. Allerdings kann hier im Hinblick auf die besondere, von vielen Zufälligkeiten abhängige Versteigerungssituation im Internet (Zeitpunkt des Verssteigerungsendes, Zahl der Interessenten, Anzahl der gleichwertigen, auf ebay eingestellten Fahrräder) bei der Festlegung des tatsächlichen Verkehrswertes durchaus ein Ab- oder Zuschlag von mindestens 10 - 15 Prozent des tatsächlich erzielten Verkaufserlöses in Betracht kommen, so dass der Senat vorliegend von einem Mindestverkehrswert von knapp unter 200,-. Euro ausgeht.

Das Vorbringen des Beklagten, er habe keine Vorstellung vom wahren Wert des unterschlagenen Fahrrads gehabt, vielmehr sei er von einem geringen Wert ausgegangen, da die Räder auf dem Bauhof in der Regel für 20,- bis 30,- Euro verkauft würden, vermag den Senat angesichts des guten Zustandes des damals vier Jahre alten Fahrrads mit einem Anschaffungspreis von 559,- Euro, den die in den Akten befindlichen Fotos durchaus erkennen lassen, nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum dienstlich ausschließlich mit Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst war und deshalb im Hinblick auf die Einschätzung des Werts von Fahrrädern gewisse Kenntnisse entwickelt haben dürfte. Selbst wenn sich der Beklagte jedoch über die Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads geirrt haben sollte, entfaltet dieser Irrtum als Irrtum über die Verfolgbarkeit der Tat - zumindest im Hinblick auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit - keine Wirkung (s. Fischer, Kommentar zum StGB, 62. Auflage 2015, § 248 a, Rn. 6).

1.3. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ oder das „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ bestehen nicht. Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

2. Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B.v. 26.3.20014 a. a. O. Rn. 7; U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - jeweils in juris).

Vorliegend ist von einem einmaligen Zugriffsdelikt des Beklagten auszugehen. Eine Überprüfung des ebay-Accounts ergab, dass keine weiteren Fahrräder vom Beklagten oder seiner Ehefrau versteigert wurden. Der Verkehrswert des Fahrrads kann mit knapp unter 200,- Euro angenommen werden (s. o. unter IV 1.3). Umstände von erheblichem Gewicht, die den Beklagten belasten würden, sind nicht ersichtlich. Einen solchen sieht der Senat auch nicht in der wahrheitswidrigen Dokumentation über den Verbleib des Fahrrads in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, da sich abschließend - auch nach Vortrag des Klägers - nicht mehr klären lässt, ob diese vor oder nach seinem Tatentschluss erfolgte. Ebenso wenig ist dem Beklagten ein zusätzlicher Vorwurf dafür zu machen, dass er das Fahrrad nach Ablehnung durch den Sohn nicht zurückgebracht hat. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten, ihm sei aus Ärger über die Ablehnung des Sohnes egal gewesen, was mit dem Fahrrad geschehe und er habe die Frage seiner Ehefrau, ob sie das Rad bei ebay verkaufen könne, deshalb bejaht, sind zumindest nachvollziehbar. Einen über die eigentliche Unterschlagung hinausgehenden Unrechtsgehalt vermag der Senat in diesem Verhalten nicht zu sehen.

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Zurückstufung angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild des Beamten führen noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Zwar erweisen sich die letzten Beurteilungen des Beklagten mit zweimal 6 Punkten (2005 und 2008), als eher unterdurchschnittlich und sein Persönlichkeitsbild (zuletzt vom 9.4.2013) deutet auf eine mangelbehaftete Sachbearbeitung hin. Diese sind aber - ebenso wie die teilweise hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit - auch vor dem Hintergrund der schweren Erkrankung des Beklagten im Jahr 2001 zu sehen. Zudem wurden seine zuletzt gezeigten Leistungen trotz qualitativer Mängel als ansteigend bewertet (s. Schreiben der Polizeiinspektion W. vom 9.4.2013). Vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass durch das einmalige Zugriffsdelikt kein Schaden beim Dienstherrn entstanden ist und der Beklagte nicht in irgendeiner Form sonst strafrechtlich oder disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Die vorliegenden Entlastungsgründe waren in der Gesamtschau deshalb geeignet, den gegebenen Vertrauensverlust abzumildern. Der Senat geht insofern davon aus, dass der Beklagte künftig seine Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

4

Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

10

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

11

Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

12

Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

13

Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

14

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

17

Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte wurde nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule am 1. September 1986 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft im Postdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Am 23. Juli 1988 wurde er zum Postoberschaffner z.A. ernannt und am 19. November 1990 zum Posthauptschaffner befördert. Am 1. Dezember 1995 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er war bis 26. Januar 2011 als Zusteller beim Zustellstützpunkt P. eingesetzt. Zu seinen Dienstaufgaben gehörte u. a. die Zustellung von Nachnahmesendungen. Seine dienstlichen Leistungen waren insgesamt „voll zufriedenstellend“.

Der Beklagte ist geschieden und hat drei 1989, 1991 und 1995 geborene Kinder. Er erhält ungekürzte Bezüge aus BesGr A 4. Er ist verschuldet, seine finanzielle Lage ist angespannt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit dem 28. Juni 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 (Az.: 1 Ds 4 Js 33857/10) wurde der Beklagte wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt. Den nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Gründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde, hinsichtlich derer auf die Anklage vom 11. Januar 2011 verwiesen wurde:

„In den nachfolgend aufgeführten Fällen lieferte der Angeschuldigte im Zeitraum vom 25.03.2010 bis 01.10.2010 als Postzusteller der Deutschen Post AG Nachnahmepakete im Bereich E. aus. In 12 Fällen lieferte der Angeschuldigte an den jeweiligen Adressaten die Sendung aus, kassierte die Nachnahmezahlung ein, vermerkte dann jedoch pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus, die Sendung habe nicht zugestellt werden können und der Empfänger sei benachrichtigt worden. Eine tatsächliche Abrechnung des jeweiligen Nachnahmebetrags erfolgte erst Wochen später. Bei dieser verspäteten Abrechnung fälschte er in allen 12 Fällen die Unterschrift der Nachnahmeempfänger. In 3 weiteren Fällen unterblieb eine spätere Abrechnung.

Im Einzelnen handelt es sich bei den nachträglich abgerechneten Sendungen um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

Abrechnungstag

H.,

...

...

235,00

25.03.2010

07.06.2010

H.,

...

...

116,36

01.04.2010

04.05.2010

J.,

...

...

123,58

04.05.2010

03.07.2010

A.,

...

...

119,68

05.05.2010

03.07.2010

D.,

...

...

139,00

07.05.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

53,66

04.06.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

462,48

29.06.2010

02.08.2010

W.,

...

...

319,90

30/31.07.2010

20.08.2010

P.,

...

...

334,00

20.08.2010

30.09.2010

W.,

...

...

156,90

23.09.2010

10.11.2010

B.r,

...

...

159,43

30.09.2010

10.11.2010

W.,

...

...

55,50

01.10.2010

10.11.2010

Insgesamt wurden somit 2.275,49 € verspätet abgerechnet.

Bei den nicht abgerechneten Nachnameaufträgen handelt es sich um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

D.,

...

...

75,65

17.05.2010

H.,

...

...

354,28

31.07.2010

D.,

...

...

71,97

28.09.2010

Insgesamt wurden somit 501,90 € nicht abgerechnet.“

Der Beklagte hat den Sachverhalt im Strafverfahren eingeräumt und im April 2011 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt. Als Grund für seine Taten gab er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestand in Höhe von 600,- € an, den er mit seinem eigenen Geld ausgeglichen habe.

III.

Im Rahmen von Ermittlungen der Konzernsicherheit der Klägerin wurde der Beklagte am 10. November 2010 zu dem Verdacht, Nachnahmebeträge in neun Fällen erst verspätet sowie in zwei Fällen nicht abgerechnet zu haben, befragt. Er räumte die Vorwürfe ein und erklärte, im Frühjahr 2010 mit dem „Schieben“ von eingezogenen Nachnahmebeträgen begonnen zu haben, da er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Minderbetrag von ca. 400,- € in der Kasse gehabt habe. Er habe 400,- € von seinem Geld genommen und durch das verspätete Abrechnen der Nachnahmebeträge seine Privatkasse wieder aufgefüllt. Die nicht abgerechneten Nachnahmebeträge habe er sobald wie möglich abrechnen wollen. Im Dezember 2010 wurde bekannt, dass der Beklagte in drei weiteren Fällen Nachnahmebeträge verspätet sowie in einem weiteren Fall Nachnahmebeträge nicht abgerechnet hatte.

Am 15. November 2010 wurde gegenüber dem Beklagten mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG ausgesprochen.

Mit Verfügung vom 3. Dezember 2010 wurde gegen den Beklagten aufgrund der Vorwürfe ein Disziplinarverfahren nach § 17 BDG eingeleitet. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 wurde der Beklagte gemäß § 20 BDG über seine Rechte belehrt.

Mit Verfügung vom 24. Januar 2011 wurde der Beklagte nach § 38 BDG ab dem 26. Januar 2011 vorläufig des Dienstes enthoben; von einer Kürzung der Dienstbezüge wurde aufgrund der finanziellen Lage des Beklagten abgesehen.

Mit Verfügung vom 14. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 22 BDG wegen des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt und am 17. August 2011 nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens fortgeführt.

Die Bevollmächtigten des Beklagten nahmen mit Schreiben vom 22. September 2011 zu den strafrechtlich geahndeten Vorwürfen Stellung.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 erhielt der Beklagte nach § 30 BDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Mit Schreiben vom 2. Januar 2012 wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Betriebsrats nach § 78 BPersVG belehrt.

IV.

Am 6. Februar 2012 erhob die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 1. März 2013, ihm zugestellt am 7. März 2013, aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren. Der Beklagte habe die ihm zur Last gelegten Unterschlagungen zur Überzeugung des Gerichts begangen. Er habe die Taten vollumfänglich eingeräumt, im Übrigen sei das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 bindend. Der Beklagte habe damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Er habe sein Amt nicht uneigennützig verwaltet, sei der Achtung und dem Vertrauen, das sein Beruf erfordere, nicht gerecht geworden und habe sich nicht an die Gesetze gehalten. Als Postbediensteter sei er zu größtmöglicher Korrektheit und Ehrlichkeit gegenüber seinem Dienstherrn und den Kunden der Klägerin verpflichtet. Damit sei es unvereinbar, Geld durch die Ansichnahme der Summe bzw. durch die verspätete Auszahlung an die Kunden zu unterschlagen. Ein solches Verhalten sei nach den Maßstäben eines Zugriffsdelikts zu beurteilen. Der Beklagte habe vorsätzlich amtlich anvertrautes und zugängliches Geld mit dem Ziel der privaten Nutzung an sich genommen und damit schuldhaft gehandelt. Dies sei mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden, da der von ihm veruntreute Betrag die Schwelle der Geringwertigkeit von 50,- € übersteige. Diese Indizwirkung sei nicht durch Milderungsgründe entfallen. Die Voraussetzungen des Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage lägen nicht vor, da der Beklagte nicht dargetan habe, sich in einer existenzbedrohenden Notlage befunden zu haben. Die Darlehens- und Unterhaltsverpflichtungen sowie der selbst verschuldete Verlust von 400,- € in seiner Kasse im Frühjahr 2010 könnten angesichts seiner Einkommensverhältnisse keine existenzielle Notlage begründen. Auch sei er nach der Entdeckung der Unterschlagungen in der Lage gewesen, den Schaden kurzfristig zu tilgen, was ebenfalls der Annahme einer derartigen Notlage widerspreche. Er habe auch nicht von selbst von seinem Tun abgelassen, sondern sei von der Konzernsicherheit überführt worden. Erschwerend trete hinzu, dass nicht nur ein einmaliges Fehlverhalten vorliege, sondern dass der Beklagte mehrfach auf ihm anvertrautes dienstliches Geld zugegriffen habe. Zu diesem Zweck sei er auch bereit gewesen, Unterschriften auf elektronischen Dokumenten zu fälschen.

Hiergegen richtet sich die am 3. April 2013 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser beantragt,

das Urteil vom 1. März 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Das Verwaltungsgericht habe die für den Beklagten sprechenden Milderungsgründe nicht ausreichend berücksichtigt. Er habe die Taten gestanden und Schuldeinsicht gezeigt. Er habe das Geld nicht für sich behalten wollen, sondern beabsichtigt, die Nachnahmebeträge zurückzuzahlen. Er habe den Schaden wieder gut gemacht und die Geldbeträge vollumfänglich an die Klägerin zurückgezahlt, größtenteils bereits vor Entdeckung der Taten. Er habe aufgrund einer ausweglosen finanziellen Notlage gehandelt. Er habe einen Kassenfehlbetrag von ca. 400,- bis 600,- € mit eigenem Geld ausgeglichen, damals aber nicht das Geld dafür gehabt. Dadurch habe er die Studiengebühren für seinen Sohn nicht bezahlen können. Er sei geschieden und habe drei unterhaltspflichtige Kinder und habe monatlich mehr Geld ausgegeben, als er eingenommen habe, obwohl er nur seine geringsten Bedürfnisse gedeckt habe. In dieser Situation habe er z. T. kassierte Beträge nicht am gleichen Tag abgerechnet. Um diese nach ein oder zwei Wochen bezahlen zu können, habe er weitere Beträge einbehalten und versucht, diese zu bezahlen. Dabei habe er zwangsläufig selbst im Handscanner unterschreiben müssen, um die Beträge später überhaupt abrechnen zu können. Er sei bisher strafrechtlich in keiner Weise in Erscheinung getreten. Auch sein Berufsbild in 25 Dienstjahren sei sehr positiv. Bei dem Dienstvergehen handle es sich um ein lediglich vorübergehendes Fehlverhalten, so dass von einer positiven Prognose auszugehen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 29. Juli 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen. Dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat, steht aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils vom 28. Juni 2011, das gemäß § 65 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für das Berufungsgericht Bindungswirkung entfaltet, fest. Anhaltspunkte dafür, dass das Strafurteil vom 28. Juni 2011 offensichtliche Unrichtigkeiten i. S. v. § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG enthält, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen hat der Beklagte die ihm zur Last gelegten Taten auch im Straf- und Disziplinarverfahren eingeräumt.

Hiernach steht bindend fest, dass der Beklagte zwischen dem 25. März 2010 und dem 1. Oktober 2010 in 15 Fällen Nachnahmepakete an die Empfänger ausgeliefert und den Nachnahmebetrag vereinnahmt hat, ohne sich deren Empfang bestätigen zu lassen, und dann pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus angegeben hat, die Sendung habe nicht zugestellt werden können, der Empfänger sei benachrichtigt. In 12 Fällen erfolgte die Abrechnung der Nachnahmebeträge Wochen später, wobei der Beklagte die gefälschte Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingab, in drei Fällen unterblieb eine Abrechnung der Nachnahmebeträge.

Aufgrund der Feststellungen des Strafgerichts hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft eine veruntreuende Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB), begangen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung die von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines von ihm nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestandes in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € verwendet hat, um den Fehlbetrag durch verspätete Abrechnung der Nachnahmebeträge sukzessive ersetzen zu können.

Es ist festzuhalten, dass die Absicht des Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen von Anfang an darauf gerichtet war, durch die verspätete Abrechnung der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge einen Kassenfehlbestand in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € zu ersetzen, den er zunächst aus eigenen Mitteln beglichen hat, die ihm jedoch dann für die Studiengebühren seines Sohnes gefehlt haben, so dass er zum Ausgleich seiner Privatkasse vorübergehend Nachnahmebeträge für eigene Zwecke vereinnahmt hat. Mit der Vereinnahmung der Nachnahmebeträge für eigene Zwecke hat er eine - vollendete - Unterschlagung begangen. Die Zueignung setzt voraus, dass der Täter die fremde Sache seinem Vermögen einverleibt. Eine Verfügung i.d.S. liegt hier vor, weil der Beklagte die Deckung eines Verlustes aus eigenem Vermögen vorgenommen und zu diesem Zweck - aus Mangel an ausreichenden Eigenmitteln - bis zu deren Beschaffung amtlich anvertraute Gelder verwendet hat. Dies setzt begrifflich die Absicht voraus, die fremden Gelder wirtschaftlich für sich zu verwenden und ihren Sachwert so in das eigene Vermögen zu überführen. Auf den Beweggrund kommt es dabei nicht entscheidend an. Maßgebend ist allein, dass der Beklagte sich zum Ausgleich seiner Privatkasse die fremden Gelder zueignete.

Mit der Übergabe des jeweiligen Nachnahmebetrags vom Empfänger der Sendung an den Beklagten gelangte das Geld in dessen dienstlichen Gewahrsam. Sodann trat aufgrund des Unterschlagungsvorsatzes des Beklagten der Eigentumsverlust bei der Klägerin ein, der der jeweilige Nachnahmebetrag zustand. Die Begleichung der Rechnung für die Nachnahmesendung schuldet der Empfänger nur dem Absender. Hieraus folgt, dass mit Zahlung durch den Empfänger an den Beklagten das Eigentum an dem Geld sofort und unmittelbar vom Empfänger auf die Klägerin überging, die das von ihm empfangene Geld - gegen ein entsprechendes Zustellungsentgelt - aufgrund des zwischen ihr und dem Absender bestehenden Nachnahmeauftrags an diesen weiterzuleiten hat. Eignet sich der Zusteller das von ihm empfangene Geld - wie hier - zu eigenen Zwecken an, verwirklicht er deshalb den Tatbestand der Unterschlagung in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines Kassenfehlbestandes verwendet hat, um sich so die Möglichkeit zu verschaffen, aus eigenen Mitteln den Fehlbetrag unbemerkt nach und nach zu ersetzen. Werden Geldbeträge öffentlicher Kassen von den Kassenführern unbefugt zum eigenen Nutzen verwandt, so liegt hierin auch dann eine (Amts-) Unterschlagung, wenn der Beamte hierbei mit dem Willen handelt, die ihn treffende Pflicht zum Ausgleich des Kassenfehlbestandes lediglich vorübergehend abzuwenden (vgl. BGH, U. v. 3.5.1956 - 3 StR 70/56 - BGHSt 9, 348).

Daher hat der Beklagte schon dadurch eine vollendete Unterschlagung begangen, dass er die von ihm bei der Zustellung empfangenen Nachnahmebeträge nicht - wie vorgeschrieben - ordnungsgemäß noch am selben bzw. am darauf folgenden Tag verbucht, sondern sie erst mehrere Wochen später tatsächlich abgerechnet hat. Ein Beamter, der zur Deckung eines Kassenfehlbestandes, für den er wirklich oder auch nur vermeintlich einzustehen hat (vgl. RG, U. v. 27.10.1930 - III 685/30 - RGSt 64, 414), Gelder seines Dienstherrn verwendet, deren Eingang er durch falsche oder durch Unterlassen der vorgeschriebenen Buchungen verschleiert, eignet sich diese auch dann zu, wenn er damit private Gelder ersetzt. Die Zueignung liegt in diesem Fall darin, dass durch die verspätete Buchung der Gelder der Anschein erweckt wird, als handle es sich nicht um neu vereinnahmte Beträge (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 17).

Auch die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen und die Klägerin daher nicht auf Dauer schädigen zu wollen, schließt die Zueignung nicht aus, da der Beklagte mit der eigennützigen Verwendung der Gelder sich diese zugeeignet hat (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 25); ein Eigentumsverlust, der nur durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten denkbar ist, oder ein Vermögensschaden (aufgrund eines Schadensersatzanspruchs des Absenders bzw. in Form entgangenen Gewinns oder eines Verzugsschadens der Klägerin) muss nicht eingetreten sein. Die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen, beseitigt auch nicht den Vorsatz rechtswidriger Zueignung, zumal wenn - wie hier - der Täter nicht in der Lage ist, den Fehlbetrag jederzeit aus Eigenmitteln zu ersetzen (BGH a. a. O. Rn. 27). Im Übrigen setzt die Zueignung keine Bereicherung bzw. eine entsprechende Absicht des Täters voraus.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beklagte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtliche Pflichten, die Gesetze zu beachten und das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen sowie sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. § 61 BBG), verstoßen. Die von ihm im Rahmen seiner Dienstausübung als Postzusteller verübten Unterschlagungen der Nachnahmebeträge und die damit verbundene Fälschung von Unterschriften der Empfänger stellen dabei ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen dar.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 12). Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

1. Die schwerste Pflichtverletzung stellt die Unterschlagung der Nachnahmebeträge dar. Hierdurch hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge hat (vgl. BVerwG, U. v. 10.1.2007 - 1 D 15/05 - juris Rn. 12). Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder auf gleichgestellte Werte zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder zugänglich sind (vgl. BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64/11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der - wie der Beklagte - von Postkunden eingezogene Nachnahmebeträge und Zustellentgelte - sei es auch nur vorübergehend - unberechtigt für private Zwecke nutzt, begeht ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden dienstlichen Pflichten. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten. Die Klägerin ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Beamten beim Umgang mit anvertrauten und eingezogenen Geldern angewiesen. Eine lückenlose Kontrolle ist nicht möglich und muss weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für den geordneten Ablauf des Postbetriebs unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, kann regelmäßig nicht Beamter bleiben (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 1.9.1999 - 1 D 26/98 - juris Rn. 23).

2. Von der disziplinaren Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher geprüft werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwerwiegenden Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 14 f.).

2.1 Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen vorliegend zu keiner anderen Bewertung der Dienstpflichtverletzung.

(1) Ein Zugriff auf lediglich geringwertige Güter liegt bei einer Unterschlagung von Nachnahmebeträgen in Höhe von insgesamt 2.777.39 € zweifellos nicht vor, da die Grenze der Geringwertigkeit bei ca. 50,- € anzusetzen ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 16) Zwar kann auch für ein Zugriffsdelikt bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung abzusehen (vgl. BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143/11 - juris Rn. 13; B. v. 26.3.2014 - 2 B 100/13 - juris Rn. 7), doch ist auch diese Grenze vorliegend bei weitem überschritten. Hinzu kommt, dass es sich auch nicht um ein lediglich einmaliges Fehlverhalten handelt.

(2) Der Beklagte befand sich 2010 auch nicht in einer ausweglosen wirtschaftlichen Notlage. Der Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich sowie auch zahlenmäßig begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2011 - 16b D 10.2447- juris Rn. 43). Der Beklagte befand sich zwar wegen der Scheidung von seiner Ehefrau und den aus der Ehezeit stammenden Schulden in Höhe von ca. 40.000,- € sowie aufgrund der Unterhaltszahlungen für seine Kinder in einer schwierigen finanziellen Lage und ist mit seinen Nettobezügen sowie seinen Einkünften aus einer genehmigten Nebentätigkeit auch gerade so über die Runden gekommen. Eine ausweglose existenzielle Notlage kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Beamte aufgrund seiner finanziellen Situation keine andere Möglichkeit als den Zugriff auf ihm dienstlich anvertraute Gelder oder Güter gesehen hat, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zeitweilig zu sichern. Hierfür sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben. Eine lediglich finanziell angespannte Lage reicht hierfür nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 48). Hinzu kommt, dass der Beklagte den Kassenfehlbestand nach eigenen Angaben vorübergehend mit seinem Geld ausgeglichen hat, mag er dadurch auch zunächst kein Geld für die Studiengebühren des Sohnes übrig gehabt haben. Gegen die Annahme einer Notlage spricht zudem, dass er nach der Entdeckung der Unterschlagungen ohne weiteres in der Lage war, 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen kurzfristig zu tilgen, weil er sich offenbar problemlos Geld von Dritten leihen konnte.

Jedenfalls befand sich der Beklagte nicht unverschuldet in einer finanziellen Notlage, indem er die vereinnahmten Nachnahmebeträge zur Verschleierung eines von ihm zu verantwortenden Kassenfehlbestands verwendete, sondern er hat sich vorwerfbar selbst in diese Situation gebracht. Der Beklagte wäre - unabhängig davon, ob sein Dienstherr hierfür nach § 75 BBG Schadensersatz von ihm hätte verlangen können - verpflichtet gewesen, den Fehlbestand zeitnah zu melden, anstatt diesen mit Geldern seines Dienstherrn auszugleichen, mag es ihm auch peinlich gewesen sein, dies seinem Vorgesetzten eingestehen zu müssen. Und selbst für den Fall, dass er hierfür hätte einstehen müssen, wäre es ihm zumutbar gewesen, eine Ratenzahlung zu beantragen, anstatt sich durch fortgesetzte kriminelle Handlungen unbefugt selbst einen Zahlungsspielraum zu verschaffen. Die Unterschlagungen geschahen deshalb nicht zwangsläufig, da der Beklagte andere Möglichkeiten gehabt hätte, den Kassenfehlbestand auszugleichen, als sich an den Nachnahmebeträgen zu vergreifen.

(3) Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, liegt nicht vor. Hiergegen spricht schon die Dauer und Häufigkeit der Unterschlagungen sowie das planmäßige Vorgehen. Der Beklagte hat die kassierten Nachnahmebeträge bei Ausübung seiner Tätigkeit, nämlich beim täglichen Umgang mit Postsendungen, unterschlagen. Die Entgegennahme von Nachnahmegeldern gehörte für ihn dabei zu den normalen dienstlichen Verrichtungen und begründete deshalb keine besondere (einmalige) Versuchungssituation (vgl. BVerwG, U. v. 21.6.2000 - 1 D 49/99 - juris Rn. 16).

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Taten in einem Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB begangen hat, bestehen nicht. Auch eine psychische Ausnahmesituation ist zu verneinen. Diese setzt eine seelische Zwangslage voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen solchen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Eine angespannte psychische Situation bzw. eine subjektiv als ausweglos empfundene Lage reicht nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Zwar stand der Beklagte angesichts des Kassenverlustes ersichtlich unter Druck. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine extreme existenzbedrohende Belastungssituation, in der er schockartigplanlos reagierte, sondern er ging planmäßig über mehrere Monate hinweg vor.

(5) Auch die nicht nach außen hin (z. B. durch Einlage von Fehlzetteln) manifestierte Absicht, sich die Gelder des Dienstherrn lediglich vorübergehend nutzbar zu machen und baldmöglichst zurückzuzahlen, führt nicht zu einer milderen Beurteilung. Ein Beamter ist nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.1997 - 1 D 60/96 - juris Rn. 26). Die Einlassung, dass der Beklagte mit der Aneignung der Beträge keine endgültige Schädigung beabsichtigte, reicht nicht aus, um von der Höchstmaßnahme absehen zu können, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt sind, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (vgl. BVerwG, U. v. 8.6.1983 - 1 D 112/82 - juris Rn. 13). Der Vertrauensverlust ergibt sich nicht aus dem etwaigen Schaden, sondern aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (vgl. BVerwG, U. v. 15.8.1989 - 1 D 61/88 - juris Rn. 26).

(6) Ein Absehen von der Höchstmaßnahme kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Beamte durch ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens oder Wiedergutmachung des Schadens jeweils vor drohender Entdeckung, ein Verhalten zeigt, das Anlass zur Prüfung gibt, ob ein endgültiger Vertrauensverlust zu verneinen ist (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.2002 - 1 D 29/01 - juris Rn. 22).

Vorliegend hat der Beklagte ein Fehlverhalten erst eingestanden, nachdem er von der Konzernsicherheit damit konfrontiert worden war, dass er Nachnahmebeträge verspätet bzw. nicht abgerechnet hatte. Auch hat er alle Taten erst im Strafverfahren eingeräumt, als ein Bestreiten ersichtlich aussichtslos gewesen wäre. Im Übrigen spricht ein Einräumen aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen nicht für einen von Einsicht und Reue getragenen Willen bei der Aufdeckung des Fehlverhaltens.

Auch hat der Beklagte die fehlenden Nachnahmebeträge vollständig und endgültig erst nach der Einleitung des Strafverfahrens und nicht etwa größtenteils schon vor Entdeckung der Taten ausgeglichen, indem er 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt hat. Bei den erneuten Unterschlagungen durch „Schieben“ der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge kann nicht von Schadenswiedergutmachung die Rede sein. Hierin liegt vielmehr eine fortgesetzte veruntreuende Unterschlagung in 15 Fällen, wie das Strafgericht zu Recht festgestellt hat.

Da die Zueignung der Nachnahmebeträge durch Unterlassen der ordnungsgemäßen Verbuchung vollendet war (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 11), kann offen bleiben, ob der Beklagte die verspätete Abrechnung von drei bis zu diesem Tag unentdeckt gebliebenen Nachnahmebeträgen am 10. November 2010 noch vor seiner Befragung durch die Konzernsicherheit gemacht hat. Hierin ist jedenfalls keine Schadenswiedergutmachung zu sehen, sondern nur der Versuch, diese Falschbuchungen zu vertuschen, die der Beklagte auch nicht von sich aus am 10. November 2010 gegenüber der Konzernsicherheit offenbart hat.

(7) Auch die Einlassung, er habe das Geld zum Ausgleich des Kassenfehlbestands verwendet, den er zunächst aus eigenen Mitteln ersetzt habe, kann den Beklagten nicht entlasten (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1990 - 1 D 74/89 - juris Rn. 37). Unabhängig davon, dass der Beklagte den entstandenen Verlust pflichtwidrig nicht gemeldet hat, obwohl er seinen Angaben nach davon ausgegangen ist, ihn ersetzen zu müssen, vermag der Hinweis auf den - im Verantwortungsbereich des Beklagten liegenden - Grund für die Unterschlagungen die von ihm begangene Dienstpflichtverletzung nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen, zumal dieser dabei eigennützig handelte.

(8) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem etwaigen Versäumnis des Dienstherrn, die Abrechnung der Nachnahmebeträge zeitnah zu kontrollieren. Denn es war in erster Linie die Aufgabe des Beklagten, diese ordnungsgemäß abzurechnen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt schwerer als die ggf. mangelhafte Kontrolle des Dienstherrn (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103).

2.2 Es liegen auch keine sonstigen entlastenden Umstände vor, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Der Beklagte verstand sich zwar nicht so gut mit seinem Vorgesetzten. Darüber hinaus befand sich er sich durch die Scheidung von seiner Ehefrau in einer schwierigen persönlichen Situation. Auch ist seine angespannte finanzielle Situation durch die Schulden und Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Überdies ist er weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet und zeigte in 25 Dienstjahren, in denen er sich nichts zuschulden hat kommen lassen, ein durchwegs positives Berufsbild und erbringt insgesamt voll zufriedenstellende Dienstleistungen. Er war auch im Straf- und Disziplinarverfahren geständig und hat sein Verhalten aufrichtig bedauert.

Diese bemessungsrelevanten entlastenden Umstände führen angesichts der gegen den Beklagten sprechenden Umstände jedoch weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Zulasten des Beklagten fällt insbesondere die Anzahl und Häufigkeit der von ihm begangenen Zugriffsdelikte (15 Unterschlagungen), der über sieben Monate andauernde Tatzeitraum sowie die Höhe der unterschlagenen Nachnahmebeträge (insgesamt 2.777,39 €) erschwerend ins Gewicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Beklagte hat im Lauf des siebenmonatigen Tatzeitraums jeweils 15 mal wieder einen neuen Entschluss gefasst, Nachnahmebeträge zu unterschlagen. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht nur 15 Nachnahmebeträge unterschlagen, sondern in 12 Fällen auch die Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingegeben, so dass er zusätzlich beweiserhebliche Daten gefälscht hat (§ 269 StGB). Dabei handelt es sich nicht um bloße Begleitdelikte oder Mittel zur Tatbegehung, die zwangsläufig mit der Unterschlagung der Nachnahmebeträge verbunden waren, um sie überhaupt später abrechnen zu können. Die Fälschung beweiserheblicher Daten geschah vielmehr, um die Unterschlagungen zu verdecken, und ist für sich gesehen disziplinarisch von hohem Gewicht, weil dadurch die Sicherheit des Postverkehrs beeinträchtigt wurde. Der Beklagte hat das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hat und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in eine ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass das erforderliche Vertrauen endgültig zerstört ist.

Anlass für eine insgesamt günstige Prognose besteht auch nicht unter dem Aspekt einer überwundenen negativen Lebensphase. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Dabei müssen die negativen Lebensumstände eine schwerwiegende Ausnahmesituation begründen (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 57). Abgesehen davon, dass die schwierige persönliche und finanzielle Lage des Beklagten nach Angaben seiner Bevollmächtigten andauert, so dass schon aus diesem Grund keine günstige Prognose vorliegt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 118), sind die dargelegten familiären und finanziellen Schwierigkeiten nicht von solchem Gewicht, dass sie die begangenen Zugriffsdelikte in einem deutlich milderen Licht erscheinen lassen, zumal sie nicht über das hinausgehen, was grundsätzlich jeden treffen kann.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

3. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig.

Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/03 - juris Rn. 49).

V.

Die Berufung des Beklagten war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 69 BDG, 132 VwGO, 191 Abs. 2 VwGO i. V. m.§ 127 BRRG nicht vorliegen.

Gründe

1

Die auf alle gesetzlich vorgesehenen Zulassungsgründe (vgl. § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der Beklagte steht als Polizeimeister (Besoldungsgruppe A 7) im Dienst der Klägerin. Er war vor Herstellung der Einheit Deutschlands bei den Grenztruppen der DDR beschäftigt und wurde nachfolgend in den Dienst des Bundesgrenzschutzes übernommen; zuletzt war er als Kontroll- und Streifenbeamter der Bundespolizei eingesetzt.

3

Der Beklagte ist zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg wurde der Beklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a. zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl, auf die das nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Urteil verweist, hat der Beklagte im November 1999 seiner damaligen Freundin auf einem Autobahnparkplatz zweimal mit der Hand ins Gesicht geschlagen, sie aus dem Auto gestoßen und beim Zurückfahren mit der geöffneten Fahrzeugtür am Knie verletzt. Nachfolgend habe er mindestens drei Monate lang täglich bis zu 35 Mal in der Wohnung einer Bekannten seiner Freundin angerufen, in der diese sich aufhielt. Das sachgleiche Disziplinarverfahren ist mit Verfügung vom 20. März 2002 eingestellt worden. Zwar sei durch das Dienstvergehen an sich eine längerfristige Kürzung der Dienstbezüge im oberen Bereich veranlasst. Diese Disziplinarmaßnahme könne gemäß § 14 BDG aber nicht ausgesprochen werden, weil es einer zusätzlichen Pflichtenmahnung neben der bereits verhängten Kriminalstrafe nicht bedürfe.

4

In einem weiteren Strafverfahren verurteilte das Amtsgericht Ludwigsburg den Beklagten wegen Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution in 37 Fällen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Auf die Berufung des Beklagten wurde das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und der Beklagte durch Urteil des Landgerichts Stuttgart wegen Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution in 6 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart verworfen. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts stellte der Beklagte seiner seinerzeitigen Freundin zwischen Juli 2001 und Juli 2002 seine in einem Sperrbezirk gelegene Wohnung zur Ausübung der Prostitution in Form sog. "Gang-Bang-Partys" zur Verfügung. Er begrüßte dabei die Gäste teilweise und war anschließend im Nebenzimmer der Wohnung anwesend, in einem Fall organisierte er die Party selbst über das Internet. Den Nachbarn war die Ausübung der Prostitution durch die Freundin des Beklagten einerseits durch laute Stöhngeräusche und andererseits durch versehentliches Klingeln von Freiern bekannt. Sie hatten es aber in Anbetracht der Stellung des Beklagten als Polizeibeamten zunächst nicht gewagt, hiergegen vorzugehen. Auf ihre Anzeige hin war es im Juli 2002 zu einer Hausdurchsuchung gekommen, bei der u.a. auch dienstliche Vorgänge (VS-nfD-Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch - und ZEVIS-Ausdrucke) sowie eine Videokassette aufgefunden wurden, in der der Beklagte als Pornodarsteller mitwirkt.

5

Durch Verfügung vom 23. Juli 2002 leitete die Klägerin ein Disziplinarverfahren ein und setzte es im Hinblick auf das anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren gemäß § 22 Abs. 3 BDG aus; gleichzeitig enthob sie den Beklagten im Hinblick auf seine erhebliche disziplinarische Vorbelastung vorläufig des Dienstes und ordnete einen Einbehalt von 40 % der monatlichen Dienstbezüge an. Nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens und wiederholter Ausdehnung des Disziplinarverfahrens erhob die Klägerin am 29. Dezember 2010 Disziplinarklage.

6

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, weil er bei Berücksichtigung der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten sowie der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße ein schweres Dienstvergehen begangen und das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die hiergegen gerichtete Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Neben den Feststellungen aus den strafgerichtlichen Urteilen ging der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der Beklagte Verschlusssachen (nfD) zu Hause aufbewahrt habe. Hinsichtlich der bei ihm aufgefunden ZEVIS-KfZ-Halterabfragen - die Personen betrafen, mit denen der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt eine Zivilklage austrug -, habe er auch keine Zugangsberechtigung gehabt. Darüber hinaus habe der Beklagte seinen Dienstausweis trotz Aufforderung nicht zurückgegeben und als gestohlen gemeldet. Dieser sei jedoch später, anlässlich einer Personenkontrolle bei einer "Gang-Bang-Party" in einem Bordell in M., an der seine damalige Freundin beteiligt war, in seiner Hosentasche aufgefunden worden. Schließlich habe der Beklagte als Kleindarsteller in einem pornographischen Film mitgewirkt und hierfür 250 DM erhalten, ohne eine Nebentätigkeitsgenehmigung beantragt oder erhalten zu haben.

7

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

8

Die nach § 69 BDG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass die Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage von Bundesverfassungs- oder Bundesverwaltungsgericht weder beantwortet worden ist noch auf der Grundlage ihrer Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen hat die Beschwerde nicht dargelegt.

9

a) Der Beklagte sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage:

"Ist die Verhängung einer disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme, die aufgrund eines außerdienstlichen Vergehens, welches den Kernbereich privater Lebensführung des Beamten betrifft, ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt ergeht, angesichts der Liberalisierungstendenz in Rechtsprechung und Gesetzgebung auf die öffentlich-rechtliche Behandlung der Prostitution noch zeitgemäß und verhältnismäßig?"

10

Diese Frage ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte ist - entgegen der Darstellung der Beschwerde - von den Verwaltungsgerichten nicht wegen des in der Frage bezeichneten außerdienstlichen Vergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof maßgeblich auf die Förderung der verbotenen Prostitution abgestellt, Grundlage der Maßnahmebemessung und ausschlaggebend für deren Ergebnis war aber die Gesamtwürdigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof sowohl die vorangegangene strafrechtliche Verurteilung als auch die weiteren inner- und außerdienstlichen Pflichtenverstöße berücksichtigt und ausdrücklich auf die Häufigkeit und Schwere dieser weiteren Pflichtenverletzungen hingewiesen. Selbst wenn man die mit der Beschwerde bezeichnete Frage dahingehend beantworten würde, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund eines außerdienstlichen Vergehens, welches den Kernbereich privater Lebensführung des Beamten betrifft und ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt ergeht, unverhältnismäßig ist, ergäbe sich hieraus für den Fall des Klägers daher keine andere Beurteilung.

11

Die in Rede stehende Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution betrifft im Übrigen auch nicht den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung. Entgegen der Aussicht der Beschwerde geht es hierbei nicht um die "Wertung der Sexualpraktiken eines Beamten, die sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung halten". Das Sexualverhalten des Beklagten ist gar nicht Gegenstand des Strafurteils und des hieran anknüpfenden Disziplinarvorwurfs. Diese betreffen vielmehr die Prostitutionstätigkeit der Freundin des Beklagten in einem Sperrgebiet und seine Beihilfe dazu. Warum es insoweit um den Kernbereich der privaten Lebensführung des Beklagten gehen sollte, erschließt sich nicht. Im Übrigen hielt sich diese Tätigkeit gerade nicht an den Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, sondern erfüllt einen Straftatbestand. Auch die geltend gemachte Liberalisierung durch die Einführung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten hat nichts daran geändert, dass die Ausübung der Prostitution an bestimmten Orten strafbar ist.

12

Schließlich ist die Maßnahmebemessung auch nicht ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt erfolgt. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass der Beklagte gerade als Polizist in Erscheinung getreten ist und diese Amtsstellung auch zur Durchsetzung seiner Privatanliegen ausgenutzt hat (vgl. hierzu auch Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - NVwZ-RR 2014, 105 = ZBR 2014, 47 Rn. 20 ).

13

Die mit der Beschwerde bezeichnete Frage ist einer derart verallgemeinernden Antwort auch nicht zugänglich. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ist die Disziplinarmaßnahme vielmehr aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 8). Auch wenn für die Bestimmung der Schwere eines Dienstvergehens generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt worden sind, folgt hieraus nicht die von der Beschwerde in der vorbezeichneten Frage zugrunde gelegte Schlussfolgerung, wegen der angesprochenen Liberalisierung des Sexualstrafrechts komme die gegen den Beklagten verhängte Disziplinarmaßnahme grundsätzlich nicht in Betracht. Gerade die Bewertung von Äußerungen oder Handlungen mit sexuellem Bezug hängt vielmehr maßgeblich von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab (Beschluss vom 31. Mai 2012 - BVerwG 2 B 141.11 - Rn. 8; hierzu auch Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 40 m.w.N.).

14

In der Sache wendet sich der Beklagte im Gewand der Grundsatzrüge gegen die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Gesamtwürdigung und will die Schwere seines Fehlverhaltens milder beurteilt sehen, weil er "Gang-Bang-Partys" auch dann nicht als Prostitution ansehen möchte, wenn den Frauen für ihre Mitwirkung Geld bezahlt wird. Dies ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen.

15

b) Die weiter bezeichnete Frage:

"Nach welchen Bemessungskriterien ist die erforderliche Disziplinarmaßnahme bei einem außerdienstlichen Verstoß gegen § 184e StGB n.F. zu bestimmen?"

16

würde sich in einem Revisionsverfahren so ebenfalls nicht stellen. Entgegen der Darstellung der Beschwerde ist der Beklagte nicht (allein) wegen des strafrechtlich sanktionierten Dienstvergehens der Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Die Disziplinarmaßnahme ist daher auch nicht anhand der Bemessungskriterien für die benannte Straftat, sondern aufgrund der Gesamtwürdigung der vom Beklagten begangenen Pflichtverletzungen zu bestimmen und ist im Streitfall vom Verwaltungsgerichtshof auch so bestimmt worden.

17

Das Disziplinarrecht wird durch den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens geprägt. Soweit die Vorwürfe Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zutage getretene Fehlverhalten eines Beamten danach einheitlich zu würdigen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 21; hierzu auch Müller, Beamtendisziplinarrecht, 2010, Rn. 134 m.w.N.).

18

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage kann im Übrigen auf Grundlage der bestehenden Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Der Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 5 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 13 ff.). Danach müssen die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

19

Hiernach ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten und den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 39).

20

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten und für die Bestimmung der hierfür angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens. Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen dabei maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 m.w.N.).

21

Auch der im Hinblick auf den Strafrahmen einer außerdienstlichen Straftat bestimmte Orientierungsrahmen bildet aber lediglich den Ausgangspunkt der Bemessungsentscheidung; hiervon ausgehend haben die Gerichte zu prüfen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Danach kann die Disziplinarmaßnahme sowohl höher als auch niedriger ausfallen (Beschluss vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 15). Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung können die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 18). Bei der Würdigung des Persönlichkeitsbildes sind insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, einzubeziehen.

22

Von diesen Grundsätzen ist der Verwaltungsgerichtshof im Streitfall - im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) - auch nicht abgewichen. Zwar ist das Berufungsurteil in seiner Vorgehensweise insoweit defizitär, als sich den Ausführungen zur Schwere und Einordnung des angeschuldigten außerdienstlichen Dienstvergehens eine ausdrückliche Orientierung am Strafrahmen nicht entnehmen lassen. Dies ist jedoch deshalb unschädlich, weil der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Hinweis auf die Gesamtpersönlichkeit des Beklagten - zusätzlich und die Entscheidung tragend - dessen Vorbelastung in Bezug genommen und bei der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme im Streitfall - zu Recht (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) - maßgeblich auch auf diese abgestellt hat. Dies wird in den Erwägungen zur Maßnahmebemessung deutlich, in denen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Beklagte nur zwei Jahre vor den beanstandeten Verfehlungen strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und ein gravierendes außerdienstliches Dienstvergehen begangen hat, das ebenfalls einen Bezug zu seiner Tätigkeit als Polizeibeamter aufwies (UA S. 18 f.); außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof auf die weiteren Pflichtenverstöße des Beklagten abgestellt (UA S. 21 ff.). Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lässt sich daher nicht der Rechtssatz entnehmen, eine außerdienstliche Straftat nach § 184e StGB rechtfertige bereits für sich allein die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

23

Die in Ansehung der Vorbelastung und der Persönlichkeit des Beklagten gewonnene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, das Fehlverhalten des Beklagten wiege in seiner Gesamtheit so schwer, dass er das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe, ist einer Grundsatzrüge nicht zugänglich. In der Sache wendet sich die Beschwerde vielmehr auch mit dieser Rüge gegen die fallbezogene disziplinarrechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs.

24

3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

25

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist gemäß § 69 BDG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr; Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328 m.w.N.). Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Rüge einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt dagegen weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (stRspr; Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

26

Eine derartige Abweichung des Berufungsurteils von dem benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) zeigt die Beschwerde nicht auf.

27

a) Hinsichtlich des 1. Leitsatzes des Urteils vom 19. August 2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht festgehalten hat:

"Wird der Beamte wegen einer vorsätzlich begangenen außerdienstlichen Straftat verurteilt, für die das Strafgesetzbuch zumindest eine mittelschwere Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren) vorsieht, so liegt in aller Regel ein Dienstvergehen im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG vor",

28

liegt bereits kein Widerspruch vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht einen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, sondern ist angesichts der besonders gelagerten Umstände des Einzelfalles zu der Auffassung gelangt, dass das außerdienstliche Verhalten des Beklagten disziplinarwürdig ist.

29

Diese Einschätzung steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach hat sich die Entscheidung über die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG bei einem erstmaligen außerdienstlichen Verhalten an dem mit der Festlegung des Strafrahmens vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Unrechtsgehalt des Delikts zu orientieren, wenn andere Kriterien, wie etwa ein Dienstbezug oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe bei einer vorsätzlich begangenen Straftat ausscheiden (Urteil vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 17). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall - etwa im Hinblick auf einen Dienstbezug oder wegen wiederholter Straftaten innerhalb kurzer Frist - auch bereits außerdienstlich begangene Straftaten, die vom Strafgesetzgeber mit einer weniger schweren Strafdrohung belegt worden sind, die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG erfüllen.

30

b) Auch soweit der Beklagte auf den 3. Leitsatz des Urteils vom 19. August 2010 verweist, in dem das Bundesverwaltungsgericht formuliert:

"Weist der erstmalige außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Schriften keinen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten auf, so ist die Schwere des Dienstvergehens und damit die angemessene Disziplinarmaßnahme in Anlehnung an die gesetzliche Strafdrohung zu ermitteln",

31

enthält die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keinen hiervon abweichenden Rechtssatz. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei den dem Beklagten zur Last gelegten Verfehlungen "um andere, nicht im Ansatz vergleichbare Sachverhalte" wie den Besitz kinderpornographischer Schriften handele. Ein prinzipieller Auffassungsunterschied zu den in der Rechtsprechung des Senats aufgestellten Grundsätzen für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen im Zusammenhang mit kinderpornographischen Schriften besteht daher nicht. Die Entscheidungen sind im Übrigen zu unterschiedlichen strafbewehrten Rechtsvorschriften ergangen.

32

In der Sache macht der Beklagte mit seiner Rüge geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe die vom Bundesverwaltungsgericht für den Bereich des Besitzes kinderpornographischer Schriften aufgestellten Grundsätze zu Unrecht nicht auf den Fall der Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution übertragen. Damit wird indes nicht eine Abweichung von dem benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geltend gemacht, sondern eine unterlassene Fortentwicklung der Rechtsprechung. Derartiges ist der Divergenzrüge aus § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zugänglich.

33

Im Übrigen besteht die Besonderheit der vorliegenden Fallkonstellation gerade darin, dass bei der Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme eine Vielzahl von Pflichtenverstößen sowie eine erhebliche Vorbelastung zu berücksichtigen sind. Die Zuordnung des Hauptanschuldigungspunktes (Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution) nach der in Anlehnung an die gesetzliche Strafdrohung ermittelten Schwere zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme ist daher nur der Ausgangspunkt, von dem aus die weiteren Pflichtenverstöße und die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten zu betrachten sind.

34

Mit dem Vortrag, das Tatsachengericht habe die be- und entlastenden Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung fehlerhaft gewürdigt und gewichtet, kann eine Divergenzrüge aber nicht begründet werden (Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 7 und vom 26. Juni 2012 - BVerwG 2 B 28.12 - Rn. 15 jeweils m.w.N.).

35

4. Schließlich liegen auch die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.

36

a) Der Verwaltungsgerichtshof konnte seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Stuttgart zugrunde legen. Er war nicht verpflichtet, sich hiervon zu lösen und eine erneute Prüfung zu beschließen.

37

Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz.

38

Diese Aufklärungspflicht wird durch § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG eingeschränkt. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Nach Satz 2 hat das Gericht jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind. Die gesetzliche Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> = Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 2 S. 5 f. und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 S. 81 f.; Beschlüsse vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11, vom 26. August 2010 - BVerwG 2 B 43.10 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 3 Rn. 5 sowie vom 15. März 2013 - BVerwG 2 B 22.12 - juris Rn. 6 f.).

39

Derartige Umstände hat die Beschwerde nicht dargetan. Sie stellt die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts nicht in Abrede, sondern bemängelt allein die rechtliche Wertung des Geschehens als Straftat der Beihilfe zur verbotenen Prostitution. Auf diese Würdigung erstreckt sich die Bindungswirkung des § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG jedoch nicht. Der vermisste Lösungsbeschluss wäre zur Erreichung des vom Beklagten angestrebten Ziels daher untauglich und im Übrigen auch unzulässig gewesen.

40

b) Der Sache nach wendet sich der Beklagte damit gegen die rechtliche Würdigung des Sachverhalts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

41

Die Beweis- und Sachverhaltswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts indes nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (Beschlüsse vom 26. Mai 1999 - BVerwG 8 B 193.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 4 S. 7 und vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7 = NJW 2012, 1672 jeweils m.w.N.).

42

Einen derartigen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde nicht auf. Mit dem Vortrag, ausgehend von der unstreitigen Tatsachengrundlage hätte die Schlussfolgerung einer Strafbarkeit nach § 184e StGB nicht gezogen werden dürfen, wird vielmehr nur die Würdigung selbst in Frage gestellt. Verfahrensfehlerhaft könnte dies nur dann sein, wenn die Schlussfolgerung bereits aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden könnte (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4 sowie vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 4.11 - juris Rn. 12). Dies ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht der Fall.

43

Zwar wird in der strafrechtlichen Literatur teilweise die Meinung vertreten, die Überlassung eines Raumes zu Prostitutionszwecken sei in § 180a Abs. 2 StGB abschließend geregelt, so dass eine Strafbarkeit als Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution nach § 184e StGB ausscheide (vgl. hierzu etwa Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 184e Rn. 7). Die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur misst der in § 180a StGB enthaltenen Regelung wegen ihrer anderen Schutzrichtung aber keine entsprechende Ausschlusswirkung bei (vgl. zum Streitstand etwa Perron/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 184e Rn. 7 m.w.N.). Die Annahme der Strafgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs ist daher jedenfalls vertretbar und verstößt weder gegen die Grundregeln der Logik noch gegen den von der Beschwerde bemühten Grundsatz nulla poena sine lege aus Art. 103 Abs. 2 GG.

44

Im Übrigen hat das Landgericht den Beihilfevorwurf weniger auf das Zurverfügungstellen der Wohnung gestützt, sondern darauf, dass sich der Beklagte während der Partys jeweils im Nachbarzimmer aufhielt, um seiner Freundin ein Gefühl größerer Sicherheit zu vermitteln und ihr so die Ausübung der Prostitution zu erleichtern.

45

Es verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze, die von den Gerichten festgestellte Ausübung des Geschlechtsverkehrs gegen Zahlung eines hierfür verlangten Entgelts durch die Freundin des Beklagten als Prostitution zu bewerten.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in E. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1976 mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker bei der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in E. Zum 1. Oktober 1979 trat er als Polizeiwachtmeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst ein. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1980 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und zum 1. Februar 1983 - nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (3,50) - zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1985 folgte die Ernennung zum Polizeimeister. Zum 7. Januar 1986 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und mit Wirkung vom 1. Februar 1988 zum Polizeiobermeister, mit Wirkung vom 1. April 1994 zum Polizeihauptmeister und mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 zum Polizeihauptmeister mit Amtszulage ernannt.

Im Jahr 2001 erkrankte der Beklagte an Krebs. Aufgrund der Folgewirkungen wurde ihm zunächst durch das Versorgungsamt München II die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX zuerkannt und ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt, der mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Oberpfalz, Versorgungsamt vom 10. Januar 2010 auf einen Grad von 40 reduziert wurde. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 28. September 2012 wurde der Beklagte gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Seit April 1998 bis zu seiner Suspendierung verrichtete der Beklagte Dienst als Wach- und Streifenbeamter bei der zum Polizeipräsidium Mittelfranken gehörenden Polizeiinspektion W./Bayern. Er ist verheiratet und Vater von zwei 1994 und 1996 geborenen Kindern. Er bezieht gekürzte monatliche Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage.

In seiner letzten periodischen Beurteilung 2008 erhielt der Beklagte 6 Punkte.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 27. September 2011 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) wurde der Beklagte wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je

[50],- Euro verurteilt.

Im Strafbefehl wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Am 11. Dezember 2010 wurde dem Geschädigten O. M. im Raum W. sein Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 entwendet. Es gelangte dann als Fundsache zur Polizeiinspektion W. Der Beklagte war als Polizeibeamter der Polizeiinspektion W. u. a. mit der Bearbeitung von Fahrraddiebstählen und Fahrradfunden befasst und dokumentierte am 12. Januar 2011 diesen Fahrradfund unter Angabe der o.g. Rahmennummer im Polizeisystem.

Das dem Geschädigten M. am 11. Dezember 2010 entwendete Fahrrad war zu diesem Zeitpunkt unter der Rahmennummer PLWUO354 zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem bei der Anzeigenerstattung ein Schriftstück des Fahrradhändlers vorgelegt wurde, auf dem diese Rahmennummer notiert war.

Die fahndungsmäßige Überprüfung des Fundrades durch den Beklagten ergab aufgrund der von ihm nicht zu verantwortenden Abweichung in einer Ziffer der Rahmennummer keine Übereinstimmung mit der bestehenden Sachfahndung. Es befand sich kein Asservatenzettel am Fahrrad.

Nachdem dem Beklagten damit nach ordnungsgemäßer Vorgangsbearbeitung formal eine Zuordnung nicht möglich gewesen war, wurde von ihm dokumentiert, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben. Dies erfolgte jedoch nicht. Eine Fundanzeige bzw. Übergabebestätigung liegt nicht vor. Der Beklagte nahm das Fahrrad nach Hause, um es seinem Sohn zum Geburtstag zu schenken. Mit seinem Wissen (und Wollen) wurde es am 13. Juni 2011 bei einer Internetauktion in eBay unter dem Account „85michl“, der seiner Ehefrau zugeordnet ist, zum Verkauf angeboten, da der Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte.

Das Fahrrad hatte einen Wert von mindestens 230,- Euro. Obwohl der Beklagte wusste, dass er verpflichtet gewesen wäre, das Rad wieder zurückzugeben, behielt er es für sich und verfügte darüber wie ein Eigentümer.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 22. Juni 2011 ordnete das Polizeipräsidium Mittelfranken gegenüber dem Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an, nachdem gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Mit Schreiben gleichen Datums des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf wegen Verstoßes gegen die Pflicht, die Gesetze einzuhalten und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren wurde vom Polizeipräsidium M. mit Schreiben vom 29. November 2011 übernommen und nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt. Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 20. März 2012 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben, von der der Beklagte mit Schreiben vom 27. April 2012 Gebrauch machte. Gleichzeitig beantragte er die Beteiligung der Personal- und Schwerbehindertenvertretung. Diese wurden mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 13. August 2012 beteiligt.

Mit Schreiben vom 29. August 2012 äußerte sich der Personalrat beim Polizeipräsidium Mittelfranken und erhob gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwände. Allerdings wurde mitgeteilt, dass eine disziplinarrechtliche Ahndung unterhalb der Höchstmaßnahme einstimmig für ausreichend erachtet werde, da nach Auffassung des Personalrats die entlastenden Faktoren nicht umfänglich in die Entscheidung miteinbezogen worden seien.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 4. April 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 25 Prozent seiner Dienstbezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten.

IV.

Am 7. Dezember 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür war der Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011, in dem gegen den Beklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je 50,- Euro verhängt worden war.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit lägen nicht vor und seien auch nicht vorgetragen. Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stelle grundsätzlich ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen dar und sei nach den Grundsätzen zu bewerten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten. Hier stehe regelmäßig die Höchstmaßnahme im Raum, Ausnahmen hiervon könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Vorliegend würde eine Reihe von Umständen für die Annahme sprechen, dass es sich um eine Kurzschlusstat des Beklagten handle, der sich sonst stets einwandfrei geführt habe. In dieser Hinsicht sei zunächst bedeutsam, dass es sich bei dem unterschlagenen Gegenstand um ein - zum Zeitpunkt der Tat einem bekannten Eigentümer nicht zuordenbares - Fundfahrrad gehandelt habe, das letztlich bei normalem weiteren Geschehensablauf im Rahmen einer Fundversteigerung mit voraussichtlich nicht dem wahren Wert entsprechenden Erlös versteigert worden wäre. Dieser Umstand sei aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar dazu geeignet gewesen, das Unrechtsbewusstsein des Beklagten im Sinne eines „Augenblickversagens“ zu mindern, auch wenn ihm bewusst gewesen sei, dass das Fahrrad nicht wertlos gewesen sei. Diese Einschätzung dränge sich umso mehr auf, weil es sich bei dem Beklagten nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck ganz offensichtlich um eine einfach strukturierte Persönlichkeit handle, die zudem erkennbar unter dem Einfluss der selbstbewussten Ehefrau stehe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lasse sich aus dem anschließenden Verhalten des Beklagten, insbesondere dem Versuch, das Fahrrad per ebay zu verkaufen, nicht zwingend schließen, dass er jedenfalls nachträglich die Unrechtmäßigkeit seiner Tat in vollem Umfang erkannt habe. Auch insoweit sei zugunsten des Beklagten beachtlich, dass er diesen Verkaufsversuch nicht selbst initiiert, sondern die diesbezüglichen Bemühungen seiner Ehefrau eher „erduldet“ habe. Diese Besonderheiten des Geschehensablaufs in Verbindung mit den Persönlichkeitsmängeln rechtfertigten es aus Sicht des Gerichts, im vorliegenden Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen kurzschlussartigen Versagens ausnahmsweise von der an sich verwirkten Höchstmaßnahme abzusehen. Aufgrund der gleichwohl verbleibenden Schwere der Verfehlung sei es jedoch nicht vertretbar, den Beklagten in seinem bisherigen Beförderungsamt zu belassen. Vielmehr sei er in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, und zwar in das Amt eines Polizeiobermeisters, zu versetzen. Diese Disziplinarmaßnahme, die sich im Rahmen der obergerichtlichen Rechtsprechung halte, sei nicht zuletzt wegen ihrer Außenwirkung geeignet, dem Beklagten und seiner Umgebung nachdrücklich vor Augen zu führen, wie schwer sein Dienstvergehen zu werten sei.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 7. März 2014, am 2. April 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht das ihm bei der Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme zustehende Entscheidungsermessen nicht fehlerfrei ausgeübt habe und das Dienstvergehen des Beamten zu seiner Entfernung aus dem Dienst führen müsse. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, sein weiterer Verbleib im Dienst sei nicht hinnehmbar. Vorliegend sei weder ein von der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund zu erkennen noch lägen in der Persönlichkeit des Beamten besondere Umstände vor, die bei prognostischer Gesamtwürdigung das Bestehen eines Restbestands an Vertrauen rechtfertigen würden. An einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation, in der der Beamte situationsbedingt versagt habe, fehle es vorliegend. Der Beklagte habe das Fahrrad während seiner Dienstzeit von seiner Dienststelle, an der sich regelmäßig noch weitere, vergleichbare Fundsachen befänden, an sich genommen und in seine Privatwohnung verbracht. Er habe damit bei der Ausübung einer ihm anvertrauten Tätigkeit, nämlich beim alltäglichen Umgang mit aufgefundenen Gegenständen, versagt. Es sei wesentlich erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter auch dienstlich mit der Sachbearbeitung von Fundgegenständen befasst gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehöre zur einmaligen Gelegenheitstat ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität. Auch hieran fehle es aufgrund der durchdachten Vorgehensweise des Beklagten. Das Fahrrad habe sich bereits ein halbes Jahr in polizeilicher Verwahrung befunden als der Beklagte es planvoll, überlegt und vorsätzlich an sich genommen habe, um es seinem Sohn zu schenken; überdies habe er auch noch einen Vermerk für die Akten angefertigt, aus dem sich ergebe, dass er das Fahrrad zum Fundamt gebracht habe. Ein einmaliges, von außen auf seine Willensbildung einwirkendes Ereignis, das ihn in die Versuchung hätte bringen können, sich an dem Fahrrad zu vergreifen, habe nicht vorgelegen. Solche Gründe seien auch nicht vorgetragen worden. Die Annahme einer Augenblickstat werde auch dadurch weitgehend entwertet, dass der Beklagte an seinem Entschluss, das Fahrrad zu behalten, festhielt, obwohl sein Sohn dieses nicht haben wollte. Er hätte dies auch zum Anlass nehmen können, seine Tat zu überdenken und das Fahrrad zurückzubringen.

Auch die weiteren, vom Verwaltungsgericht ausgeführten Bemessungsgesichtspunkte würden es nicht gebieten, von einer Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Dem Kläger erschließe es sich nicht, wie es zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen könne, dass das Fahrrad im Rahmen einer Fundversteigerung wahrscheinlich unter seinem Wert von 230,- Euro versteigert worden wäre. Hierbei sei anzunehmen, dass das Fahrrad auch in diesem Rahmen deutlich die von der Rechtsprechung angenommene Geringwertigkeitsgrenze von ca. 50,- Euro überschritten hätte, so dass der Wert des Fahrrads keinen Milderungsgrund in Form der Geringwertigkeit begründen könne. Im Übrigen würden Fundgegenstände in der Regel unter ihrem tatsächlichen Warenwert versteigert. Dies könne aber nicht regelmäßig zu einer generellen Minderung des Unrechtsbewusstseins bei Unterschlagung von Fundsachen führen. Eine Fundunterschlagung durch einen in diesem Aufgabenfeld tätigen Polizeibeamten sei geeignet, das Ansehen des Beamten und der Beamtenschaft in ganz erheblichem Maße zu beeinträchtigen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Unrechtmäßigkeit seiner Tat eventuell nicht in vollem Umfang erkannt, ihm sei zugute zu halten, dass er unter dem Einfluss seiner selbstbewussten Ehefrau stünde, die das Fahrrad bei eBay eingestellt habe, könnten ebenfalls ein Abrücken von der Höchstmaßnahme nicht rechtfertigen. Im Hinblick auf seinen Status und seine dienstliche Befassung mit Fundgegenständen sei dem Beklagten sehr wohl bewusst gewesen, was er getan habe, als er das Fahrrad mit nach Hause genommen habe. Eine diesbezügliche Einwirkung der Ehefrau sei nicht erkennbar und könne deshalb nicht mildernd beim Entschluss des Beklagten hinsichtlich der Aneignung des Fahrrads berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die wahrheitswidrige Dokumentation in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt im Schriftsatz vom 13. Mai 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Abgabe des Rads an den Bauhof habe sich der Beklagte in einer Versuchungssituation befunden, hierbei sei es entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat gekommen.

Zum Zeitpunkt der Mitnahme des Fahrrads sei der Beklagte der festen Überzeugung gewesen, es handle sich hierbei um einen derelinquierten Gegenstand, dessen (ehemaliger) Eigentümer bzw. Besitzer angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraums offensichtlich kein Interesse mehr an einer Wiedererlangung habe. Den Wert habe er aufgrund der dargelegten Gegebenheiten als gering eingeschätzt. Eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert habe er nicht gehabt. Dies belege auch die Tatsache, dass die Ehefrau des Beklagten das Fahrrad ohne Mindestgebot bei Ebay eingestellt habe. Nach eigener Aussage habe sie mit einem Erlös von maximal 40,-bis 50,- Euro gerechnet.

Es treffe auch nicht zu, dass eine Gelegenheitstat nur dann vorliege, wenn sie insgesamt ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität aufweise. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe es der Annahme der Spontanität eines Tatentschlusses nämlich nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt werde. Eine Milderung komme auch dann in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe und wenn die die Versuchung auslösende Situation geeignet sei, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontanität und Unüberlegtheit herbeizuführen. Angesichts des Fahrrads, das offenbar von niemandem vermisst worden sei, habe eine solche besondere Versuchungssituation bestanden. Im entscheidenden Augenblick habe der Beamte buchstäblich keine klaren Vorstellungen über die rechtlichen Folgen seiner Tat gehabt, die seiner Persönlichkeit fremd sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er stets ein untadeliges Verhalten an den Tag gelegt. Auch bei der Entgegennahme von Bargeld im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit sei die Abrechnung des Beklagten immer unverzüglich, korrekt und ohne Auffälligkeiten erfolgt. Dies würde auch von seinen Dienstvorgesetzten so bestätigt werden. Selbstverständlich könne nicht jede Unterschlagung eines Fundgegenstandes zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen, den vorliegenden Fall zeichneten aber sowohl im objektiven als auch im subjektiven Bereich Besonderheiten aus, die ihn von einer „normalen“ Fundunterschlagung abweichen ließen. Zu berücksichtigen sei hier sowohl das einem Eigentümer nicht zuordenbare Fahrrad, der lang verstrichene Zeitraum seit dem Auffinden und der Irrtum des Beklagten über den tatsächlichen Wert.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Ansbach, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auf die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) des Beklagten in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts .. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) sind zwar nicht bindend (Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG), der Senat kann sie dennoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte entgegen seiner Dokumentation in der Vorgangsverwaltung ein bei der Polizei als Fundfahrrad verwahrtes - und tatsächlich als gestohlen gemeldetes - Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 nicht für die anschließende Verwertung zum Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. verbracht hat. Stattdessen nahm der Beklagte das Fahrrad mit nach Hause, um es seinem Sohn zum Gebrauch zu überlassen. Da sein Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte, wurde es von der Ehefrau des Beklagten mit seinem Wissen und Wollen bei einer Internetauktion in eBay zum Verkauf angeboten. Dort erzielte es einen Verkaufserlös von 229,- Euro. Der Beklagte hat sich deshalb einer Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB strafbar gemacht.

III.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. §§ 246, 133 Abs. 1 StGB) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat damit ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Anhaltspunkte, die die Schuldhaftigkeit seines Handelns ausschließen könnte, wurden im Verfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren hat.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U.v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U.v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B.v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U.v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris; BayVGH, U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094 - juris Rn. 89).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat (BVerwG, U.v.8.4.2003 - 1 D 27/02; U.v.23.2.2012 - 2 B 143/11 - jeweils in juris).

Die Zueignung des Fundfahrrads durch den Beklagten ist somit disziplinarisch nach den Grundsätzen zu werten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten (BVerwG, U.v.17.3.1976 - 1 D 7.76; U.v. 21.7.1977 - 1 D 90.76; U.v. 13.10.1978 - 1 D 67.77; U.v. 28.11.1990 - 1 D 19.90; U.v. 27.1.1999 -1 D 10.98 - jeweils in juris). Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stellt grundsätzlich ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar (BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris). Der Beklagte war dienstlich mit der Bearbeitung von Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst. Die rechtwidrige Zueignung des Fahrrads erfolgte, als er dieses nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dem Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. zur weiteren Verwertung zuführen sollte. Ein Beamter, der sich amtlich anvertrautes oder zugängliches Gut zueignet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und die für die Ausübung seines Amtes erforderliche Achtung regelmäßig so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

1. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

1.1 Der Senat geht nicht vom Vorliegen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat aus. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann sich der Beklagte nicht auf den anerkannten Milderungsgrund des Handelns in einer besonderen Versuchungssituation berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19).

Hiergegen spricht zum einen, dass der Umgang mit Fundfahrrädern zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen (anders BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O., in dem in der Entgegennahme von Fundsachen eine besondere Versuchungssituation für einen sonst mit dieser Aufgabe nicht betrauten Beamten gesehen wurde). Zum anderen begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Bei der vom Beklagten geschilderten häuslichen Auseinandersetzung mit dem Sohn am Vorabend der Tat ging es im Kern gerade darum, dass der Sohn kein neues Fahrrad haben wollte, sondern sein altes Rad noch als ausreichend erachtete. Insoweit kann auch dieser Umstand - abgesehen vom zeitlichen Abstand zwischen der häuslichen Auseinandersetzung und der Tat von mehreren Stunden (vgl. Sächs.OVG, U.v. 17.8.2009 - D 6 A 655/08) - eine besondere Versuchungssituation bzw. eine sog. „Augenblickstat“ nicht rechtfertigen.

1.2 Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Wert des unterschlagenen Gegenstands die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13 - jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris).

Für die Ermittlung des Werts ist grundsätzlich auf den objektiv - generalisierenden Verkehrswert zum Tatzeitpunkt abzustellen (s. Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 29. Auflage 2014, § 248a Rn. 7), das heißt subjektiv- spezielle Begebenheiten beim Geschädigten haben ebenso außer Betracht zu bleiben wie hypothetisch wertmindernde Kausalverläufe. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes kann es deshalb nicht darauf ankommen, ob das Fahrrad nach dem Vorbringen des Beklagten bei der angedachten Verwertung über den Bauhof (Wertstoffhof) höchstens 50,- Euro erzielt hätte. Abgesehen davon, dass diese Einschätzung sich als rein spekulativ darstellt, ist vielmehr im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswerts der tatsächlich auf dem Markt über eine Versteigerung bei ebay erzielte Erlös in Höhe von 229,- Euro in den Blick zu nehmen. Allerdings kann hier im Hinblick auf die besondere, von vielen Zufälligkeiten abhängige Versteigerungssituation im Internet (Zeitpunkt des Verssteigerungsendes, Zahl der Interessenten, Anzahl der gleichwertigen, auf ebay eingestellten Fahrräder) bei der Festlegung des tatsächlichen Verkehrswertes durchaus ein Ab- oder Zuschlag von mindestens 10 - 15 Prozent des tatsächlich erzielten Verkaufserlöses in Betracht kommen, so dass der Senat vorliegend von einem Mindestverkehrswert von knapp unter 200,-. Euro ausgeht.

Das Vorbringen des Beklagten, er habe keine Vorstellung vom wahren Wert des unterschlagenen Fahrrads gehabt, vielmehr sei er von einem geringen Wert ausgegangen, da die Räder auf dem Bauhof in der Regel für 20,- bis 30,- Euro verkauft würden, vermag den Senat angesichts des guten Zustandes des damals vier Jahre alten Fahrrads mit einem Anschaffungspreis von 559,- Euro, den die in den Akten befindlichen Fotos durchaus erkennen lassen, nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum dienstlich ausschließlich mit Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst war und deshalb im Hinblick auf die Einschätzung des Werts von Fahrrädern gewisse Kenntnisse entwickelt haben dürfte. Selbst wenn sich der Beklagte jedoch über die Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads geirrt haben sollte, entfaltet dieser Irrtum als Irrtum über die Verfolgbarkeit der Tat - zumindest im Hinblick auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit - keine Wirkung (s. Fischer, Kommentar zum StGB, 62. Auflage 2015, § 248 a, Rn. 6).

1.3. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ oder das „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ bestehen nicht. Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

2. Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B.v. 26.3.20014 a. a. O. Rn. 7; U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - jeweils in juris).

Vorliegend ist von einem einmaligen Zugriffsdelikt des Beklagten auszugehen. Eine Überprüfung des ebay-Accounts ergab, dass keine weiteren Fahrräder vom Beklagten oder seiner Ehefrau versteigert wurden. Der Verkehrswert des Fahrrads kann mit knapp unter 200,- Euro angenommen werden (s. o. unter IV 1.3). Umstände von erheblichem Gewicht, die den Beklagten belasten würden, sind nicht ersichtlich. Einen solchen sieht der Senat auch nicht in der wahrheitswidrigen Dokumentation über den Verbleib des Fahrrads in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, da sich abschließend - auch nach Vortrag des Klägers - nicht mehr klären lässt, ob diese vor oder nach seinem Tatentschluss erfolgte. Ebenso wenig ist dem Beklagten ein zusätzlicher Vorwurf dafür zu machen, dass er das Fahrrad nach Ablehnung durch den Sohn nicht zurückgebracht hat. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten, ihm sei aus Ärger über die Ablehnung des Sohnes egal gewesen, was mit dem Fahrrad geschehe und er habe die Frage seiner Ehefrau, ob sie das Rad bei ebay verkaufen könne, deshalb bejaht, sind zumindest nachvollziehbar. Einen über die eigentliche Unterschlagung hinausgehenden Unrechtsgehalt vermag der Senat in diesem Verhalten nicht zu sehen.

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Zurückstufung angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild des Beamten führen noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Zwar erweisen sich die letzten Beurteilungen des Beklagten mit zweimal 6 Punkten (2005 und 2008), als eher unterdurchschnittlich und sein Persönlichkeitsbild (zuletzt vom 9.4.2013) deutet auf eine mangelbehaftete Sachbearbeitung hin. Diese sind aber - ebenso wie die teilweise hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit - auch vor dem Hintergrund der schweren Erkrankung des Beklagten im Jahr 2001 zu sehen. Zudem wurden seine zuletzt gezeigten Leistungen trotz qualitativer Mängel als ansteigend bewertet (s. Schreiben der Polizeiinspektion W. vom 9.4.2013). Vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass durch das einmalige Zugriffsdelikt kein Schaden beim Dienstherrn entstanden ist und der Beklagte nicht in irgendeiner Form sonst strafrechtlich oder disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Die vorliegenden Entlastungsgründe waren in der Gesamtschau deshalb geeignet, den gegebenen Vertrauensverlust abzumildern. Der Senat geht insofern davon aus, dass der Beklagte künftig seine Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte wurde nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule am 1. September 1986 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft im Postdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Am 23. Juli 1988 wurde er zum Postoberschaffner z.A. ernannt und am 19. November 1990 zum Posthauptschaffner befördert. Am 1. Dezember 1995 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er war bis 26. Januar 2011 als Zusteller beim Zustellstützpunkt P. eingesetzt. Zu seinen Dienstaufgaben gehörte u. a. die Zustellung von Nachnahmesendungen. Seine dienstlichen Leistungen waren insgesamt „voll zufriedenstellend“.

Der Beklagte ist geschieden und hat drei 1989, 1991 und 1995 geborene Kinder. Er erhält ungekürzte Bezüge aus BesGr A 4. Er ist verschuldet, seine finanzielle Lage ist angespannt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit dem 28. Juni 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 (Az.: 1 Ds 4 Js 33857/10) wurde der Beklagte wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt. Den nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Gründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde, hinsichtlich derer auf die Anklage vom 11. Januar 2011 verwiesen wurde:

„In den nachfolgend aufgeführten Fällen lieferte der Angeschuldigte im Zeitraum vom 25.03.2010 bis 01.10.2010 als Postzusteller der Deutschen Post AG Nachnahmepakete im Bereich E. aus. In 12 Fällen lieferte der Angeschuldigte an den jeweiligen Adressaten die Sendung aus, kassierte die Nachnahmezahlung ein, vermerkte dann jedoch pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus, die Sendung habe nicht zugestellt werden können und der Empfänger sei benachrichtigt worden. Eine tatsächliche Abrechnung des jeweiligen Nachnahmebetrags erfolgte erst Wochen später. Bei dieser verspäteten Abrechnung fälschte er in allen 12 Fällen die Unterschrift der Nachnahmeempfänger. In 3 weiteren Fällen unterblieb eine spätere Abrechnung.

Im Einzelnen handelt es sich bei den nachträglich abgerechneten Sendungen um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

Abrechnungstag

H.,

...

...

235,00

25.03.2010

07.06.2010

H.,

...

...

116,36

01.04.2010

04.05.2010

J.,

...

...

123,58

04.05.2010

03.07.2010

A.,

...

...

119,68

05.05.2010

03.07.2010

D.,

...

...

139,00

07.05.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

53,66

04.06.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

462,48

29.06.2010

02.08.2010

W.,

...

...

319,90

30/31.07.2010

20.08.2010

P.,

...

...

334,00

20.08.2010

30.09.2010

W.,

...

...

156,90

23.09.2010

10.11.2010

B.r,

...

...

159,43

30.09.2010

10.11.2010

W.,

...

...

55,50

01.10.2010

10.11.2010

Insgesamt wurden somit 2.275,49 € verspätet abgerechnet.

Bei den nicht abgerechneten Nachnameaufträgen handelt es sich um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

D.,

...

...

75,65

17.05.2010

H.,

...

...

354,28

31.07.2010

D.,

...

...

71,97

28.09.2010

Insgesamt wurden somit 501,90 € nicht abgerechnet.“

Der Beklagte hat den Sachverhalt im Strafverfahren eingeräumt und im April 2011 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt. Als Grund für seine Taten gab er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestand in Höhe von 600,- € an, den er mit seinem eigenen Geld ausgeglichen habe.

III.

Im Rahmen von Ermittlungen der Konzernsicherheit der Klägerin wurde der Beklagte am 10. November 2010 zu dem Verdacht, Nachnahmebeträge in neun Fällen erst verspätet sowie in zwei Fällen nicht abgerechnet zu haben, befragt. Er räumte die Vorwürfe ein und erklärte, im Frühjahr 2010 mit dem „Schieben“ von eingezogenen Nachnahmebeträgen begonnen zu haben, da er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Minderbetrag von ca. 400,- € in der Kasse gehabt habe. Er habe 400,- € von seinem Geld genommen und durch das verspätete Abrechnen der Nachnahmebeträge seine Privatkasse wieder aufgefüllt. Die nicht abgerechneten Nachnahmebeträge habe er sobald wie möglich abrechnen wollen. Im Dezember 2010 wurde bekannt, dass der Beklagte in drei weiteren Fällen Nachnahmebeträge verspätet sowie in einem weiteren Fall Nachnahmebeträge nicht abgerechnet hatte.

Am 15. November 2010 wurde gegenüber dem Beklagten mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG ausgesprochen.

Mit Verfügung vom 3. Dezember 2010 wurde gegen den Beklagten aufgrund der Vorwürfe ein Disziplinarverfahren nach § 17 BDG eingeleitet. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 wurde der Beklagte gemäß § 20 BDG über seine Rechte belehrt.

Mit Verfügung vom 24. Januar 2011 wurde der Beklagte nach § 38 BDG ab dem 26. Januar 2011 vorläufig des Dienstes enthoben; von einer Kürzung der Dienstbezüge wurde aufgrund der finanziellen Lage des Beklagten abgesehen.

Mit Verfügung vom 14. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 22 BDG wegen des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt und am 17. August 2011 nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens fortgeführt.

Die Bevollmächtigten des Beklagten nahmen mit Schreiben vom 22. September 2011 zu den strafrechtlich geahndeten Vorwürfen Stellung.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 erhielt der Beklagte nach § 30 BDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Mit Schreiben vom 2. Januar 2012 wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Betriebsrats nach § 78 BPersVG belehrt.

IV.

Am 6. Februar 2012 erhob die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 1. März 2013, ihm zugestellt am 7. März 2013, aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren. Der Beklagte habe die ihm zur Last gelegten Unterschlagungen zur Überzeugung des Gerichts begangen. Er habe die Taten vollumfänglich eingeräumt, im Übrigen sei das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 bindend. Der Beklagte habe damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Er habe sein Amt nicht uneigennützig verwaltet, sei der Achtung und dem Vertrauen, das sein Beruf erfordere, nicht gerecht geworden und habe sich nicht an die Gesetze gehalten. Als Postbediensteter sei er zu größtmöglicher Korrektheit und Ehrlichkeit gegenüber seinem Dienstherrn und den Kunden der Klägerin verpflichtet. Damit sei es unvereinbar, Geld durch die Ansichnahme der Summe bzw. durch die verspätete Auszahlung an die Kunden zu unterschlagen. Ein solches Verhalten sei nach den Maßstäben eines Zugriffsdelikts zu beurteilen. Der Beklagte habe vorsätzlich amtlich anvertrautes und zugängliches Geld mit dem Ziel der privaten Nutzung an sich genommen und damit schuldhaft gehandelt. Dies sei mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden, da der von ihm veruntreute Betrag die Schwelle der Geringwertigkeit von 50,- € übersteige. Diese Indizwirkung sei nicht durch Milderungsgründe entfallen. Die Voraussetzungen des Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage lägen nicht vor, da der Beklagte nicht dargetan habe, sich in einer existenzbedrohenden Notlage befunden zu haben. Die Darlehens- und Unterhaltsverpflichtungen sowie der selbst verschuldete Verlust von 400,- € in seiner Kasse im Frühjahr 2010 könnten angesichts seiner Einkommensverhältnisse keine existenzielle Notlage begründen. Auch sei er nach der Entdeckung der Unterschlagungen in der Lage gewesen, den Schaden kurzfristig zu tilgen, was ebenfalls der Annahme einer derartigen Notlage widerspreche. Er habe auch nicht von selbst von seinem Tun abgelassen, sondern sei von der Konzernsicherheit überführt worden. Erschwerend trete hinzu, dass nicht nur ein einmaliges Fehlverhalten vorliege, sondern dass der Beklagte mehrfach auf ihm anvertrautes dienstliches Geld zugegriffen habe. Zu diesem Zweck sei er auch bereit gewesen, Unterschriften auf elektronischen Dokumenten zu fälschen.

Hiergegen richtet sich die am 3. April 2013 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser beantragt,

das Urteil vom 1. März 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Das Verwaltungsgericht habe die für den Beklagten sprechenden Milderungsgründe nicht ausreichend berücksichtigt. Er habe die Taten gestanden und Schuldeinsicht gezeigt. Er habe das Geld nicht für sich behalten wollen, sondern beabsichtigt, die Nachnahmebeträge zurückzuzahlen. Er habe den Schaden wieder gut gemacht und die Geldbeträge vollumfänglich an die Klägerin zurückgezahlt, größtenteils bereits vor Entdeckung der Taten. Er habe aufgrund einer ausweglosen finanziellen Notlage gehandelt. Er habe einen Kassenfehlbetrag von ca. 400,- bis 600,- € mit eigenem Geld ausgeglichen, damals aber nicht das Geld dafür gehabt. Dadurch habe er die Studiengebühren für seinen Sohn nicht bezahlen können. Er sei geschieden und habe drei unterhaltspflichtige Kinder und habe monatlich mehr Geld ausgegeben, als er eingenommen habe, obwohl er nur seine geringsten Bedürfnisse gedeckt habe. In dieser Situation habe er z. T. kassierte Beträge nicht am gleichen Tag abgerechnet. Um diese nach ein oder zwei Wochen bezahlen zu können, habe er weitere Beträge einbehalten und versucht, diese zu bezahlen. Dabei habe er zwangsläufig selbst im Handscanner unterschreiben müssen, um die Beträge später überhaupt abrechnen zu können. Er sei bisher strafrechtlich in keiner Weise in Erscheinung getreten. Auch sein Berufsbild in 25 Dienstjahren sei sehr positiv. Bei dem Dienstvergehen handle es sich um ein lediglich vorübergehendes Fehlverhalten, so dass von einer positiven Prognose auszugehen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 29. Juli 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen. Dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat, steht aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils vom 28. Juni 2011, das gemäß § 65 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für das Berufungsgericht Bindungswirkung entfaltet, fest. Anhaltspunkte dafür, dass das Strafurteil vom 28. Juni 2011 offensichtliche Unrichtigkeiten i. S. v. § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG enthält, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen hat der Beklagte die ihm zur Last gelegten Taten auch im Straf- und Disziplinarverfahren eingeräumt.

Hiernach steht bindend fest, dass der Beklagte zwischen dem 25. März 2010 und dem 1. Oktober 2010 in 15 Fällen Nachnahmepakete an die Empfänger ausgeliefert und den Nachnahmebetrag vereinnahmt hat, ohne sich deren Empfang bestätigen zu lassen, und dann pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus angegeben hat, die Sendung habe nicht zugestellt werden können, der Empfänger sei benachrichtigt. In 12 Fällen erfolgte die Abrechnung der Nachnahmebeträge Wochen später, wobei der Beklagte die gefälschte Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingab, in drei Fällen unterblieb eine Abrechnung der Nachnahmebeträge.

Aufgrund der Feststellungen des Strafgerichts hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft eine veruntreuende Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB), begangen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung die von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines von ihm nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestandes in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € verwendet hat, um den Fehlbetrag durch verspätete Abrechnung der Nachnahmebeträge sukzessive ersetzen zu können.

Es ist festzuhalten, dass die Absicht des Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen von Anfang an darauf gerichtet war, durch die verspätete Abrechnung der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge einen Kassenfehlbestand in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € zu ersetzen, den er zunächst aus eigenen Mitteln beglichen hat, die ihm jedoch dann für die Studiengebühren seines Sohnes gefehlt haben, so dass er zum Ausgleich seiner Privatkasse vorübergehend Nachnahmebeträge für eigene Zwecke vereinnahmt hat. Mit der Vereinnahmung der Nachnahmebeträge für eigene Zwecke hat er eine - vollendete - Unterschlagung begangen. Die Zueignung setzt voraus, dass der Täter die fremde Sache seinem Vermögen einverleibt. Eine Verfügung i.d.S. liegt hier vor, weil der Beklagte die Deckung eines Verlustes aus eigenem Vermögen vorgenommen und zu diesem Zweck - aus Mangel an ausreichenden Eigenmitteln - bis zu deren Beschaffung amtlich anvertraute Gelder verwendet hat. Dies setzt begrifflich die Absicht voraus, die fremden Gelder wirtschaftlich für sich zu verwenden und ihren Sachwert so in das eigene Vermögen zu überführen. Auf den Beweggrund kommt es dabei nicht entscheidend an. Maßgebend ist allein, dass der Beklagte sich zum Ausgleich seiner Privatkasse die fremden Gelder zueignete.

Mit der Übergabe des jeweiligen Nachnahmebetrags vom Empfänger der Sendung an den Beklagten gelangte das Geld in dessen dienstlichen Gewahrsam. Sodann trat aufgrund des Unterschlagungsvorsatzes des Beklagten der Eigentumsverlust bei der Klägerin ein, der der jeweilige Nachnahmebetrag zustand. Die Begleichung der Rechnung für die Nachnahmesendung schuldet der Empfänger nur dem Absender. Hieraus folgt, dass mit Zahlung durch den Empfänger an den Beklagten das Eigentum an dem Geld sofort und unmittelbar vom Empfänger auf die Klägerin überging, die das von ihm empfangene Geld - gegen ein entsprechendes Zustellungsentgelt - aufgrund des zwischen ihr und dem Absender bestehenden Nachnahmeauftrags an diesen weiterzuleiten hat. Eignet sich der Zusteller das von ihm empfangene Geld - wie hier - zu eigenen Zwecken an, verwirklicht er deshalb den Tatbestand der Unterschlagung in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines Kassenfehlbestandes verwendet hat, um sich so die Möglichkeit zu verschaffen, aus eigenen Mitteln den Fehlbetrag unbemerkt nach und nach zu ersetzen. Werden Geldbeträge öffentlicher Kassen von den Kassenführern unbefugt zum eigenen Nutzen verwandt, so liegt hierin auch dann eine (Amts-) Unterschlagung, wenn der Beamte hierbei mit dem Willen handelt, die ihn treffende Pflicht zum Ausgleich des Kassenfehlbestandes lediglich vorübergehend abzuwenden (vgl. BGH, U. v. 3.5.1956 - 3 StR 70/56 - BGHSt 9, 348).

Daher hat der Beklagte schon dadurch eine vollendete Unterschlagung begangen, dass er die von ihm bei der Zustellung empfangenen Nachnahmebeträge nicht - wie vorgeschrieben - ordnungsgemäß noch am selben bzw. am darauf folgenden Tag verbucht, sondern sie erst mehrere Wochen später tatsächlich abgerechnet hat. Ein Beamter, der zur Deckung eines Kassenfehlbestandes, für den er wirklich oder auch nur vermeintlich einzustehen hat (vgl. RG, U. v. 27.10.1930 - III 685/30 - RGSt 64, 414), Gelder seines Dienstherrn verwendet, deren Eingang er durch falsche oder durch Unterlassen der vorgeschriebenen Buchungen verschleiert, eignet sich diese auch dann zu, wenn er damit private Gelder ersetzt. Die Zueignung liegt in diesem Fall darin, dass durch die verspätete Buchung der Gelder der Anschein erweckt wird, als handle es sich nicht um neu vereinnahmte Beträge (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 17).

Auch die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen und die Klägerin daher nicht auf Dauer schädigen zu wollen, schließt die Zueignung nicht aus, da der Beklagte mit der eigennützigen Verwendung der Gelder sich diese zugeeignet hat (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 25); ein Eigentumsverlust, der nur durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten denkbar ist, oder ein Vermögensschaden (aufgrund eines Schadensersatzanspruchs des Absenders bzw. in Form entgangenen Gewinns oder eines Verzugsschadens der Klägerin) muss nicht eingetreten sein. Die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen, beseitigt auch nicht den Vorsatz rechtswidriger Zueignung, zumal wenn - wie hier - der Täter nicht in der Lage ist, den Fehlbetrag jederzeit aus Eigenmitteln zu ersetzen (BGH a. a. O. Rn. 27). Im Übrigen setzt die Zueignung keine Bereicherung bzw. eine entsprechende Absicht des Täters voraus.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beklagte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtliche Pflichten, die Gesetze zu beachten und das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen sowie sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. § 61 BBG), verstoßen. Die von ihm im Rahmen seiner Dienstausübung als Postzusteller verübten Unterschlagungen der Nachnahmebeträge und die damit verbundene Fälschung von Unterschriften der Empfänger stellen dabei ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen dar.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 12). Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

1. Die schwerste Pflichtverletzung stellt die Unterschlagung der Nachnahmebeträge dar. Hierdurch hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge hat (vgl. BVerwG, U. v. 10.1.2007 - 1 D 15/05 - juris Rn. 12). Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder auf gleichgestellte Werte zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder zugänglich sind (vgl. BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64/11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der - wie der Beklagte - von Postkunden eingezogene Nachnahmebeträge und Zustellentgelte - sei es auch nur vorübergehend - unberechtigt für private Zwecke nutzt, begeht ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden dienstlichen Pflichten. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten. Die Klägerin ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Beamten beim Umgang mit anvertrauten und eingezogenen Geldern angewiesen. Eine lückenlose Kontrolle ist nicht möglich und muss weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für den geordneten Ablauf des Postbetriebs unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, kann regelmäßig nicht Beamter bleiben (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 1.9.1999 - 1 D 26/98 - juris Rn. 23).

2. Von der disziplinaren Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher geprüft werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwerwiegenden Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 14 f.).

2.1 Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen vorliegend zu keiner anderen Bewertung der Dienstpflichtverletzung.

(1) Ein Zugriff auf lediglich geringwertige Güter liegt bei einer Unterschlagung von Nachnahmebeträgen in Höhe von insgesamt 2.777.39 € zweifellos nicht vor, da die Grenze der Geringwertigkeit bei ca. 50,- € anzusetzen ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 16) Zwar kann auch für ein Zugriffsdelikt bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung abzusehen (vgl. BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143/11 - juris Rn. 13; B. v. 26.3.2014 - 2 B 100/13 - juris Rn. 7), doch ist auch diese Grenze vorliegend bei weitem überschritten. Hinzu kommt, dass es sich auch nicht um ein lediglich einmaliges Fehlverhalten handelt.

(2) Der Beklagte befand sich 2010 auch nicht in einer ausweglosen wirtschaftlichen Notlage. Der Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich sowie auch zahlenmäßig begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2011 - 16b D 10.2447- juris Rn. 43). Der Beklagte befand sich zwar wegen der Scheidung von seiner Ehefrau und den aus der Ehezeit stammenden Schulden in Höhe von ca. 40.000,- € sowie aufgrund der Unterhaltszahlungen für seine Kinder in einer schwierigen finanziellen Lage und ist mit seinen Nettobezügen sowie seinen Einkünften aus einer genehmigten Nebentätigkeit auch gerade so über die Runden gekommen. Eine ausweglose existenzielle Notlage kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Beamte aufgrund seiner finanziellen Situation keine andere Möglichkeit als den Zugriff auf ihm dienstlich anvertraute Gelder oder Güter gesehen hat, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zeitweilig zu sichern. Hierfür sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben. Eine lediglich finanziell angespannte Lage reicht hierfür nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 48). Hinzu kommt, dass der Beklagte den Kassenfehlbestand nach eigenen Angaben vorübergehend mit seinem Geld ausgeglichen hat, mag er dadurch auch zunächst kein Geld für die Studiengebühren des Sohnes übrig gehabt haben. Gegen die Annahme einer Notlage spricht zudem, dass er nach der Entdeckung der Unterschlagungen ohne weiteres in der Lage war, 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen kurzfristig zu tilgen, weil er sich offenbar problemlos Geld von Dritten leihen konnte.

Jedenfalls befand sich der Beklagte nicht unverschuldet in einer finanziellen Notlage, indem er die vereinnahmten Nachnahmebeträge zur Verschleierung eines von ihm zu verantwortenden Kassenfehlbestands verwendete, sondern er hat sich vorwerfbar selbst in diese Situation gebracht. Der Beklagte wäre - unabhängig davon, ob sein Dienstherr hierfür nach § 75 BBG Schadensersatz von ihm hätte verlangen können - verpflichtet gewesen, den Fehlbestand zeitnah zu melden, anstatt diesen mit Geldern seines Dienstherrn auszugleichen, mag es ihm auch peinlich gewesen sein, dies seinem Vorgesetzten eingestehen zu müssen. Und selbst für den Fall, dass er hierfür hätte einstehen müssen, wäre es ihm zumutbar gewesen, eine Ratenzahlung zu beantragen, anstatt sich durch fortgesetzte kriminelle Handlungen unbefugt selbst einen Zahlungsspielraum zu verschaffen. Die Unterschlagungen geschahen deshalb nicht zwangsläufig, da der Beklagte andere Möglichkeiten gehabt hätte, den Kassenfehlbestand auszugleichen, als sich an den Nachnahmebeträgen zu vergreifen.

(3) Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, liegt nicht vor. Hiergegen spricht schon die Dauer und Häufigkeit der Unterschlagungen sowie das planmäßige Vorgehen. Der Beklagte hat die kassierten Nachnahmebeträge bei Ausübung seiner Tätigkeit, nämlich beim täglichen Umgang mit Postsendungen, unterschlagen. Die Entgegennahme von Nachnahmegeldern gehörte für ihn dabei zu den normalen dienstlichen Verrichtungen und begründete deshalb keine besondere (einmalige) Versuchungssituation (vgl. BVerwG, U. v. 21.6.2000 - 1 D 49/99 - juris Rn. 16).

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Taten in einem Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB begangen hat, bestehen nicht. Auch eine psychische Ausnahmesituation ist zu verneinen. Diese setzt eine seelische Zwangslage voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen solchen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Eine angespannte psychische Situation bzw. eine subjektiv als ausweglos empfundene Lage reicht nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Zwar stand der Beklagte angesichts des Kassenverlustes ersichtlich unter Druck. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine extreme existenzbedrohende Belastungssituation, in der er schockartigplanlos reagierte, sondern er ging planmäßig über mehrere Monate hinweg vor.

(5) Auch die nicht nach außen hin (z. B. durch Einlage von Fehlzetteln) manifestierte Absicht, sich die Gelder des Dienstherrn lediglich vorübergehend nutzbar zu machen und baldmöglichst zurückzuzahlen, führt nicht zu einer milderen Beurteilung. Ein Beamter ist nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.1997 - 1 D 60/96 - juris Rn. 26). Die Einlassung, dass der Beklagte mit der Aneignung der Beträge keine endgültige Schädigung beabsichtigte, reicht nicht aus, um von der Höchstmaßnahme absehen zu können, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt sind, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (vgl. BVerwG, U. v. 8.6.1983 - 1 D 112/82 - juris Rn. 13). Der Vertrauensverlust ergibt sich nicht aus dem etwaigen Schaden, sondern aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (vgl. BVerwG, U. v. 15.8.1989 - 1 D 61/88 - juris Rn. 26).

(6) Ein Absehen von der Höchstmaßnahme kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Beamte durch ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens oder Wiedergutmachung des Schadens jeweils vor drohender Entdeckung, ein Verhalten zeigt, das Anlass zur Prüfung gibt, ob ein endgültiger Vertrauensverlust zu verneinen ist (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.2002 - 1 D 29/01 - juris Rn. 22).

Vorliegend hat der Beklagte ein Fehlverhalten erst eingestanden, nachdem er von der Konzernsicherheit damit konfrontiert worden war, dass er Nachnahmebeträge verspätet bzw. nicht abgerechnet hatte. Auch hat er alle Taten erst im Strafverfahren eingeräumt, als ein Bestreiten ersichtlich aussichtslos gewesen wäre. Im Übrigen spricht ein Einräumen aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen nicht für einen von Einsicht und Reue getragenen Willen bei der Aufdeckung des Fehlverhaltens.

Auch hat der Beklagte die fehlenden Nachnahmebeträge vollständig und endgültig erst nach der Einleitung des Strafverfahrens und nicht etwa größtenteils schon vor Entdeckung der Taten ausgeglichen, indem er 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt hat. Bei den erneuten Unterschlagungen durch „Schieben“ der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge kann nicht von Schadenswiedergutmachung die Rede sein. Hierin liegt vielmehr eine fortgesetzte veruntreuende Unterschlagung in 15 Fällen, wie das Strafgericht zu Recht festgestellt hat.

Da die Zueignung der Nachnahmebeträge durch Unterlassen der ordnungsgemäßen Verbuchung vollendet war (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 11), kann offen bleiben, ob der Beklagte die verspätete Abrechnung von drei bis zu diesem Tag unentdeckt gebliebenen Nachnahmebeträgen am 10. November 2010 noch vor seiner Befragung durch die Konzernsicherheit gemacht hat. Hierin ist jedenfalls keine Schadenswiedergutmachung zu sehen, sondern nur der Versuch, diese Falschbuchungen zu vertuschen, die der Beklagte auch nicht von sich aus am 10. November 2010 gegenüber der Konzernsicherheit offenbart hat.

(7) Auch die Einlassung, er habe das Geld zum Ausgleich des Kassenfehlbestands verwendet, den er zunächst aus eigenen Mitteln ersetzt habe, kann den Beklagten nicht entlasten (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1990 - 1 D 74/89 - juris Rn. 37). Unabhängig davon, dass der Beklagte den entstandenen Verlust pflichtwidrig nicht gemeldet hat, obwohl er seinen Angaben nach davon ausgegangen ist, ihn ersetzen zu müssen, vermag der Hinweis auf den - im Verantwortungsbereich des Beklagten liegenden - Grund für die Unterschlagungen die von ihm begangene Dienstpflichtverletzung nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen, zumal dieser dabei eigennützig handelte.

(8) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem etwaigen Versäumnis des Dienstherrn, die Abrechnung der Nachnahmebeträge zeitnah zu kontrollieren. Denn es war in erster Linie die Aufgabe des Beklagten, diese ordnungsgemäß abzurechnen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt schwerer als die ggf. mangelhafte Kontrolle des Dienstherrn (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103).

2.2 Es liegen auch keine sonstigen entlastenden Umstände vor, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Der Beklagte verstand sich zwar nicht so gut mit seinem Vorgesetzten. Darüber hinaus befand sich er sich durch die Scheidung von seiner Ehefrau in einer schwierigen persönlichen Situation. Auch ist seine angespannte finanzielle Situation durch die Schulden und Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Überdies ist er weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet und zeigte in 25 Dienstjahren, in denen er sich nichts zuschulden hat kommen lassen, ein durchwegs positives Berufsbild und erbringt insgesamt voll zufriedenstellende Dienstleistungen. Er war auch im Straf- und Disziplinarverfahren geständig und hat sein Verhalten aufrichtig bedauert.

Diese bemessungsrelevanten entlastenden Umstände führen angesichts der gegen den Beklagten sprechenden Umstände jedoch weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Zulasten des Beklagten fällt insbesondere die Anzahl und Häufigkeit der von ihm begangenen Zugriffsdelikte (15 Unterschlagungen), der über sieben Monate andauernde Tatzeitraum sowie die Höhe der unterschlagenen Nachnahmebeträge (insgesamt 2.777,39 €) erschwerend ins Gewicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Beklagte hat im Lauf des siebenmonatigen Tatzeitraums jeweils 15 mal wieder einen neuen Entschluss gefasst, Nachnahmebeträge zu unterschlagen. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht nur 15 Nachnahmebeträge unterschlagen, sondern in 12 Fällen auch die Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingegeben, so dass er zusätzlich beweiserhebliche Daten gefälscht hat (§ 269 StGB). Dabei handelt es sich nicht um bloße Begleitdelikte oder Mittel zur Tatbegehung, die zwangsläufig mit der Unterschlagung der Nachnahmebeträge verbunden waren, um sie überhaupt später abrechnen zu können. Die Fälschung beweiserheblicher Daten geschah vielmehr, um die Unterschlagungen zu verdecken, und ist für sich gesehen disziplinarisch von hohem Gewicht, weil dadurch die Sicherheit des Postverkehrs beeinträchtigt wurde. Der Beklagte hat das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hat und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in eine ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass das erforderliche Vertrauen endgültig zerstört ist.

Anlass für eine insgesamt günstige Prognose besteht auch nicht unter dem Aspekt einer überwundenen negativen Lebensphase. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Dabei müssen die negativen Lebensumstände eine schwerwiegende Ausnahmesituation begründen (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 57). Abgesehen davon, dass die schwierige persönliche und finanzielle Lage des Beklagten nach Angaben seiner Bevollmächtigten andauert, so dass schon aus diesem Grund keine günstige Prognose vorliegt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 118), sind die dargelegten familiären und finanziellen Schwierigkeiten nicht von solchem Gewicht, dass sie die begangenen Zugriffsdelikte in einem deutlich milderen Licht erscheinen lassen, zumal sie nicht über das hinausgehen, was grundsätzlich jeden treffen kann.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

3. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig.

Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/03 - juris Rn. 49).

V.

Die Berufung des Beklagten war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 69 BDG, 132 VwGO, 191 Abs. 2 VwGO i. V. m.§ 127 BRRG nicht vorliegen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in E. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1976 mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker bei der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in E. Zum 1. Oktober 1979 trat er als Polizeiwachtmeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst ein. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1980 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und zum 1. Februar 1983 - nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (3,50) - zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1985 folgte die Ernennung zum Polizeimeister. Zum 7. Januar 1986 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und mit Wirkung vom 1. Februar 1988 zum Polizeiobermeister, mit Wirkung vom 1. April 1994 zum Polizeihauptmeister und mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 zum Polizeihauptmeister mit Amtszulage ernannt.

Im Jahr 2001 erkrankte der Beklagte an Krebs. Aufgrund der Folgewirkungen wurde ihm zunächst durch das Versorgungsamt München II die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX zuerkannt und ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt, der mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Oberpfalz, Versorgungsamt vom 10. Januar 2010 auf einen Grad von 40 reduziert wurde. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 28. September 2012 wurde der Beklagte gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Seit April 1998 bis zu seiner Suspendierung verrichtete der Beklagte Dienst als Wach- und Streifenbeamter bei der zum Polizeipräsidium Mittelfranken gehörenden Polizeiinspektion W./Bayern. Er ist verheiratet und Vater von zwei 1994 und 1996 geborenen Kindern. Er bezieht gekürzte monatliche Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage.

In seiner letzten periodischen Beurteilung 2008 erhielt der Beklagte 6 Punkte.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 27. September 2011 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) wurde der Beklagte wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je

[50],- Euro verurteilt.

Im Strafbefehl wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Am 11. Dezember 2010 wurde dem Geschädigten O. M. im Raum W. sein Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 entwendet. Es gelangte dann als Fundsache zur Polizeiinspektion W. Der Beklagte war als Polizeibeamter der Polizeiinspektion W. u. a. mit der Bearbeitung von Fahrraddiebstählen und Fahrradfunden befasst und dokumentierte am 12. Januar 2011 diesen Fahrradfund unter Angabe der o.g. Rahmennummer im Polizeisystem.

Das dem Geschädigten M. am 11. Dezember 2010 entwendete Fahrrad war zu diesem Zeitpunkt unter der Rahmennummer PLWUO354 zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem bei der Anzeigenerstattung ein Schriftstück des Fahrradhändlers vorgelegt wurde, auf dem diese Rahmennummer notiert war.

Die fahndungsmäßige Überprüfung des Fundrades durch den Beklagten ergab aufgrund der von ihm nicht zu verantwortenden Abweichung in einer Ziffer der Rahmennummer keine Übereinstimmung mit der bestehenden Sachfahndung. Es befand sich kein Asservatenzettel am Fahrrad.

Nachdem dem Beklagten damit nach ordnungsgemäßer Vorgangsbearbeitung formal eine Zuordnung nicht möglich gewesen war, wurde von ihm dokumentiert, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben. Dies erfolgte jedoch nicht. Eine Fundanzeige bzw. Übergabebestätigung liegt nicht vor. Der Beklagte nahm das Fahrrad nach Hause, um es seinem Sohn zum Geburtstag zu schenken. Mit seinem Wissen (und Wollen) wurde es am 13. Juni 2011 bei einer Internetauktion in eBay unter dem Account „85michl“, der seiner Ehefrau zugeordnet ist, zum Verkauf angeboten, da der Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte.

Das Fahrrad hatte einen Wert von mindestens 230,- Euro. Obwohl der Beklagte wusste, dass er verpflichtet gewesen wäre, das Rad wieder zurückzugeben, behielt er es für sich und verfügte darüber wie ein Eigentümer.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 22. Juni 2011 ordnete das Polizeipräsidium Mittelfranken gegenüber dem Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an, nachdem gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Mit Schreiben gleichen Datums des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf wegen Verstoßes gegen die Pflicht, die Gesetze einzuhalten und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren wurde vom Polizeipräsidium M. mit Schreiben vom 29. November 2011 übernommen und nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt. Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 20. März 2012 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben, von der der Beklagte mit Schreiben vom 27. April 2012 Gebrauch machte. Gleichzeitig beantragte er die Beteiligung der Personal- und Schwerbehindertenvertretung. Diese wurden mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 13. August 2012 beteiligt.

Mit Schreiben vom 29. August 2012 äußerte sich der Personalrat beim Polizeipräsidium Mittelfranken und erhob gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwände. Allerdings wurde mitgeteilt, dass eine disziplinarrechtliche Ahndung unterhalb der Höchstmaßnahme einstimmig für ausreichend erachtet werde, da nach Auffassung des Personalrats die entlastenden Faktoren nicht umfänglich in die Entscheidung miteinbezogen worden seien.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 4. April 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 25 Prozent seiner Dienstbezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten.

IV.

Am 7. Dezember 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür war der Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011, in dem gegen den Beklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je 50,- Euro verhängt worden war.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit lägen nicht vor und seien auch nicht vorgetragen. Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stelle grundsätzlich ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen dar und sei nach den Grundsätzen zu bewerten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten. Hier stehe regelmäßig die Höchstmaßnahme im Raum, Ausnahmen hiervon könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Vorliegend würde eine Reihe von Umständen für die Annahme sprechen, dass es sich um eine Kurzschlusstat des Beklagten handle, der sich sonst stets einwandfrei geführt habe. In dieser Hinsicht sei zunächst bedeutsam, dass es sich bei dem unterschlagenen Gegenstand um ein - zum Zeitpunkt der Tat einem bekannten Eigentümer nicht zuordenbares - Fundfahrrad gehandelt habe, das letztlich bei normalem weiteren Geschehensablauf im Rahmen einer Fundversteigerung mit voraussichtlich nicht dem wahren Wert entsprechenden Erlös versteigert worden wäre. Dieser Umstand sei aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar dazu geeignet gewesen, das Unrechtsbewusstsein des Beklagten im Sinne eines „Augenblickversagens“ zu mindern, auch wenn ihm bewusst gewesen sei, dass das Fahrrad nicht wertlos gewesen sei. Diese Einschätzung dränge sich umso mehr auf, weil es sich bei dem Beklagten nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck ganz offensichtlich um eine einfach strukturierte Persönlichkeit handle, die zudem erkennbar unter dem Einfluss der selbstbewussten Ehefrau stehe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lasse sich aus dem anschließenden Verhalten des Beklagten, insbesondere dem Versuch, das Fahrrad per ebay zu verkaufen, nicht zwingend schließen, dass er jedenfalls nachträglich die Unrechtmäßigkeit seiner Tat in vollem Umfang erkannt habe. Auch insoweit sei zugunsten des Beklagten beachtlich, dass er diesen Verkaufsversuch nicht selbst initiiert, sondern die diesbezüglichen Bemühungen seiner Ehefrau eher „erduldet“ habe. Diese Besonderheiten des Geschehensablaufs in Verbindung mit den Persönlichkeitsmängeln rechtfertigten es aus Sicht des Gerichts, im vorliegenden Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen kurzschlussartigen Versagens ausnahmsweise von der an sich verwirkten Höchstmaßnahme abzusehen. Aufgrund der gleichwohl verbleibenden Schwere der Verfehlung sei es jedoch nicht vertretbar, den Beklagten in seinem bisherigen Beförderungsamt zu belassen. Vielmehr sei er in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, und zwar in das Amt eines Polizeiobermeisters, zu versetzen. Diese Disziplinarmaßnahme, die sich im Rahmen der obergerichtlichen Rechtsprechung halte, sei nicht zuletzt wegen ihrer Außenwirkung geeignet, dem Beklagten und seiner Umgebung nachdrücklich vor Augen zu führen, wie schwer sein Dienstvergehen zu werten sei.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 7. März 2014, am 2. April 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht das ihm bei der Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme zustehende Entscheidungsermessen nicht fehlerfrei ausgeübt habe und das Dienstvergehen des Beamten zu seiner Entfernung aus dem Dienst führen müsse. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, sein weiterer Verbleib im Dienst sei nicht hinnehmbar. Vorliegend sei weder ein von der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund zu erkennen noch lägen in der Persönlichkeit des Beamten besondere Umstände vor, die bei prognostischer Gesamtwürdigung das Bestehen eines Restbestands an Vertrauen rechtfertigen würden. An einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation, in der der Beamte situationsbedingt versagt habe, fehle es vorliegend. Der Beklagte habe das Fahrrad während seiner Dienstzeit von seiner Dienststelle, an der sich regelmäßig noch weitere, vergleichbare Fundsachen befänden, an sich genommen und in seine Privatwohnung verbracht. Er habe damit bei der Ausübung einer ihm anvertrauten Tätigkeit, nämlich beim alltäglichen Umgang mit aufgefundenen Gegenständen, versagt. Es sei wesentlich erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter auch dienstlich mit der Sachbearbeitung von Fundgegenständen befasst gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehöre zur einmaligen Gelegenheitstat ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität. Auch hieran fehle es aufgrund der durchdachten Vorgehensweise des Beklagten. Das Fahrrad habe sich bereits ein halbes Jahr in polizeilicher Verwahrung befunden als der Beklagte es planvoll, überlegt und vorsätzlich an sich genommen habe, um es seinem Sohn zu schenken; überdies habe er auch noch einen Vermerk für die Akten angefertigt, aus dem sich ergebe, dass er das Fahrrad zum Fundamt gebracht habe. Ein einmaliges, von außen auf seine Willensbildung einwirkendes Ereignis, das ihn in die Versuchung hätte bringen können, sich an dem Fahrrad zu vergreifen, habe nicht vorgelegen. Solche Gründe seien auch nicht vorgetragen worden. Die Annahme einer Augenblickstat werde auch dadurch weitgehend entwertet, dass der Beklagte an seinem Entschluss, das Fahrrad zu behalten, festhielt, obwohl sein Sohn dieses nicht haben wollte. Er hätte dies auch zum Anlass nehmen können, seine Tat zu überdenken und das Fahrrad zurückzubringen.

Auch die weiteren, vom Verwaltungsgericht ausgeführten Bemessungsgesichtspunkte würden es nicht gebieten, von einer Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Dem Kläger erschließe es sich nicht, wie es zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen könne, dass das Fahrrad im Rahmen einer Fundversteigerung wahrscheinlich unter seinem Wert von 230,- Euro versteigert worden wäre. Hierbei sei anzunehmen, dass das Fahrrad auch in diesem Rahmen deutlich die von der Rechtsprechung angenommene Geringwertigkeitsgrenze von ca. 50,- Euro überschritten hätte, so dass der Wert des Fahrrads keinen Milderungsgrund in Form der Geringwertigkeit begründen könne. Im Übrigen würden Fundgegenstände in der Regel unter ihrem tatsächlichen Warenwert versteigert. Dies könne aber nicht regelmäßig zu einer generellen Minderung des Unrechtsbewusstseins bei Unterschlagung von Fundsachen führen. Eine Fundunterschlagung durch einen in diesem Aufgabenfeld tätigen Polizeibeamten sei geeignet, das Ansehen des Beamten und der Beamtenschaft in ganz erheblichem Maße zu beeinträchtigen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Unrechtmäßigkeit seiner Tat eventuell nicht in vollem Umfang erkannt, ihm sei zugute zu halten, dass er unter dem Einfluss seiner selbstbewussten Ehefrau stünde, die das Fahrrad bei eBay eingestellt habe, könnten ebenfalls ein Abrücken von der Höchstmaßnahme nicht rechtfertigen. Im Hinblick auf seinen Status und seine dienstliche Befassung mit Fundgegenständen sei dem Beklagten sehr wohl bewusst gewesen, was er getan habe, als er das Fahrrad mit nach Hause genommen habe. Eine diesbezügliche Einwirkung der Ehefrau sei nicht erkennbar und könne deshalb nicht mildernd beim Entschluss des Beklagten hinsichtlich der Aneignung des Fahrrads berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die wahrheitswidrige Dokumentation in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt im Schriftsatz vom 13. Mai 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Abgabe des Rads an den Bauhof habe sich der Beklagte in einer Versuchungssituation befunden, hierbei sei es entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat gekommen.

Zum Zeitpunkt der Mitnahme des Fahrrads sei der Beklagte der festen Überzeugung gewesen, es handle sich hierbei um einen derelinquierten Gegenstand, dessen (ehemaliger) Eigentümer bzw. Besitzer angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraums offensichtlich kein Interesse mehr an einer Wiedererlangung habe. Den Wert habe er aufgrund der dargelegten Gegebenheiten als gering eingeschätzt. Eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert habe er nicht gehabt. Dies belege auch die Tatsache, dass die Ehefrau des Beklagten das Fahrrad ohne Mindestgebot bei Ebay eingestellt habe. Nach eigener Aussage habe sie mit einem Erlös von maximal 40,-bis 50,- Euro gerechnet.

Es treffe auch nicht zu, dass eine Gelegenheitstat nur dann vorliege, wenn sie insgesamt ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität aufweise. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe es der Annahme der Spontanität eines Tatentschlusses nämlich nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt werde. Eine Milderung komme auch dann in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe und wenn die die Versuchung auslösende Situation geeignet sei, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontanität und Unüberlegtheit herbeizuführen. Angesichts des Fahrrads, das offenbar von niemandem vermisst worden sei, habe eine solche besondere Versuchungssituation bestanden. Im entscheidenden Augenblick habe der Beamte buchstäblich keine klaren Vorstellungen über die rechtlichen Folgen seiner Tat gehabt, die seiner Persönlichkeit fremd sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er stets ein untadeliges Verhalten an den Tag gelegt. Auch bei der Entgegennahme von Bargeld im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit sei die Abrechnung des Beklagten immer unverzüglich, korrekt und ohne Auffälligkeiten erfolgt. Dies würde auch von seinen Dienstvorgesetzten so bestätigt werden. Selbstverständlich könne nicht jede Unterschlagung eines Fundgegenstandes zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen, den vorliegenden Fall zeichneten aber sowohl im objektiven als auch im subjektiven Bereich Besonderheiten aus, die ihn von einer „normalen“ Fundunterschlagung abweichen ließen. Zu berücksichtigen sei hier sowohl das einem Eigentümer nicht zuordenbare Fahrrad, der lang verstrichene Zeitraum seit dem Auffinden und der Irrtum des Beklagten über den tatsächlichen Wert.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Ansbach, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auf die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) des Beklagten in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts .. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) sind zwar nicht bindend (Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG), der Senat kann sie dennoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte entgegen seiner Dokumentation in der Vorgangsverwaltung ein bei der Polizei als Fundfahrrad verwahrtes - und tatsächlich als gestohlen gemeldetes - Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 nicht für die anschließende Verwertung zum Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. verbracht hat. Stattdessen nahm der Beklagte das Fahrrad mit nach Hause, um es seinem Sohn zum Gebrauch zu überlassen. Da sein Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte, wurde es von der Ehefrau des Beklagten mit seinem Wissen und Wollen bei einer Internetauktion in eBay zum Verkauf angeboten. Dort erzielte es einen Verkaufserlös von 229,- Euro. Der Beklagte hat sich deshalb einer Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB strafbar gemacht.

III.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. §§ 246, 133 Abs. 1 StGB) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat damit ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Anhaltspunkte, die die Schuldhaftigkeit seines Handelns ausschließen könnte, wurden im Verfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren hat.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U.v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U.v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B.v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U.v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris; BayVGH, U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094 - juris Rn. 89).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat (BVerwG, U.v.8.4.2003 - 1 D 27/02; U.v.23.2.2012 - 2 B 143/11 - jeweils in juris).

Die Zueignung des Fundfahrrads durch den Beklagten ist somit disziplinarisch nach den Grundsätzen zu werten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten (BVerwG, U.v.17.3.1976 - 1 D 7.76; U.v. 21.7.1977 - 1 D 90.76; U.v. 13.10.1978 - 1 D 67.77; U.v. 28.11.1990 - 1 D 19.90; U.v. 27.1.1999 -1 D 10.98 - jeweils in juris). Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stellt grundsätzlich ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar (BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris). Der Beklagte war dienstlich mit der Bearbeitung von Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst. Die rechtwidrige Zueignung des Fahrrads erfolgte, als er dieses nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dem Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. zur weiteren Verwertung zuführen sollte. Ein Beamter, der sich amtlich anvertrautes oder zugängliches Gut zueignet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und die für die Ausübung seines Amtes erforderliche Achtung regelmäßig so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

1. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

1.1 Der Senat geht nicht vom Vorliegen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat aus. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann sich der Beklagte nicht auf den anerkannten Milderungsgrund des Handelns in einer besonderen Versuchungssituation berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19).

Hiergegen spricht zum einen, dass der Umgang mit Fundfahrrädern zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen (anders BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O., in dem in der Entgegennahme von Fundsachen eine besondere Versuchungssituation für einen sonst mit dieser Aufgabe nicht betrauten Beamten gesehen wurde). Zum anderen begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Bei der vom Beklagten geschilderten häuslichen Auseinandersetzung mit dem Sohn am Vorabend der Tat ging es im Kern gerade darum, dass der Sohn kein neues Fahrrad haben wollte, sondern sein altes Rad noch als ausreichend erachtete. Insoweit kann auch dieser Umstand - abgesehen vom zeitlichen Abstand zwischen der häuslichen Auseinandersetzung und der Tat von mehreren Stunden (vgl. Sächs.OVG, U.v. 17.8.2009 - D 6 A 655/08) - eine besondere Versuchungssituation bzw. eine sog. „Augenblickstat“ nicht rechtfertigen.

1.2 Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Wert des unterschlagenen Gegenstands die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13 - jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris).

Für die Ermittlung des Werts ist grundsätzlich auf den objektiv - generalisierenden Verkehrswert zum Tatzeitpunkt abzustellen (s. Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 29. Auflage 2014, § 248a Rn. 7), das heißt subjektiv- spezielle Begebenheiten beim Geschädigten haben ebenso außer Betracht zu bleiben wie hypothetisch wertmindernde Kausalverläufe. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes kann es deshalb nicht darauf ankommen, ob das Fahrrad nach dem Vorbringen des Beklagten bei der angedachten Verwertung über den Bauhof (Wertstoffhof) höchstens 50,- Euro erzielt hätte. Abgesehen davon, dass diese Einschätzung sich als rein spekulativ darstellt, ist vielmehr im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswerts der tatsächlich auf dem Markt über eine Versteigerung bei ebay erzielte Erlös in Höhe von 229,- Euro in den Blick zu nehmen. Allerdings kann hier im Hinblick auf die besondere, von vielen Zufälligkeiten abhängige Versteigerungssituation im Internet (Zeitpunkt des Verssteigerungsendes, Zahl der Interessenten, Anzahl der gleichwertigen, auf ebay eingestellten Fahrräder) bei der Festlegung des tatsächlichen Verkehrswertes durchaus ein Ab- oder Zuschlag von mindestens 10 - 15 Prozent des tatsächlich erzielten Verkaufserlöses in Betracht kommen, so dass der Senat vorliegend von einem Mindestverkehrswert von knapp unter 200,-. Euro ausgeht.

Das Vorbringen des Beklagten, er habe keine Vorstellung vom wahren Wert des unterschlagenen Fahrrads gehabt, vielmehr sei er von einem geringen Wert ausgegangen, da die Räder auf dem Bauhof in der Regel für 20,- bis 30,- Euro verkauft würden, vermag den Senat angesichts des guten Zustandes des damals vier Jahre alten Fahrrads mit einem Anschaffungspreis von 559,- Euro, den die in den Akten befindlichen Fotos durchaus erkennen lassen, nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum dienstlich ausschließlich mit Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst war und deshalb im Hinblick auf die Einschätzung des Werts von Fahrrädern gewisse Kenntnisse entwickelt haben dürfte. Selbst wenn sich der Beklagte jedoch über die Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads geirrt haben sollte, entfaltet dieser Irrtum als Irrtum über die Verfolgbarkeit der Tat - zumindest im Hinblick auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit - keine Wirkung (s. Fischer, Kommentar zum StGB, 62. Auflage 2015, § 248 a, Rn. 6).

1.3. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ oder das „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ bestehen nicht. Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

2. Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B.v. 26.3.20014 a. a. O. Rn. 7; U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - jeweils in juris).

Vorliegend ist von einem einmaligen Zugriffsdelikt des Beklagten auszugehen. Eine Überprüfung des ebay-Accounts ergab, dass keine weiteren Fahrräder vom Beklagten oder seiner Ehefrau versteigert wurden. Der Verkehrswert des Fahrrads kann mit knapp unter 200,- Euro angenommen werden (s. o. unter IV 1.3). Umstände von erheblichem Gewicht, die den Beklagten belasten würden, sind nicht ersichtlich. Einen solchen sieht der Senat auch nicht in der wahrheitswidrigen Dokumentation über den Verbleib des Fahrrads in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, da sich abschließend - auch nach Vortrag des Klägers - nicht mehr klären lässt, ob diese vor oder nach seinem Tatentschluss erfolgte. Ebenso wenig ist dem Beklagten ein zusätzlicher Vorwurf dafür zu machen, dass er das Fahrrad nach Ablehnung durch den Sohn nicht zurückgebracht hat. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten, ihm sei aus Ärger über die Ablehnung des Sohnes egal gewesen, was mit dem Fahrrad geschehe und er habe die Frage seiner Ehefrau, ob sie das Rad bei ebay verkaufen könne, deshalb bejaht, sind zumindest nachvollziehbar. Einen über die eigentliche Unterschlagung hinausgehenden Unrechtsgehalt vermag der Senat in diesem Verhalten nicht zu sehen.

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Zurückstufung angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild des Beamten führen noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Zwar erweisen sich die letzten Beurteilungen des Beklagten mit zweimal 6 Punkten (2005 und 2008), als eher unterdurchschnittlich und sein Persönlichkeitsbild (zuletzt vom 9.4.2013) deutet auf eine mangelbehaftete Sachbearbeitung hin. Diese sind aber - ebenso wie die teilweise hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit - auch vor dem Hintergrund der schweren Erkrankung des Beklagten im Jahr 2001 zu sehen. Zudem wurden seine zuletzt gezeigten Leistungen trotz qualitativer Mängel als ansteigend bewertet (s. Schreiben der Polizeiinspektion W. vom 9.4.2013). Vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass durch das einmalige Zugriffsdelikt kein Schaden beim Dienstherrn entstanden ist und der Beklagte nicht in irgendeiner Form sonst strafrechtlich oder disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Die vorliegenden Entlastungsgründe waren in der Gesamtschau deshalb geeignet, den gegebenen Vertrauensverlust abzumildern. Der Senat geht insofern davon aus, dass der Beklagte künftig seine Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels und der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 69 BDG, § 41 Berliner Disziplinargesetz - DiszG - liegen nicht vor.

2

1. Gegen den beklagten Polizeikommissar wurde mit Strafbefehl wegen Verwahrungs- und Verstrickungsbruchs sowie wegen Diebstahls mit Waffen eine Freiheitsstrafe von elf Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im sachgleichen Disziplinarklageverfahren wird ihm vorgeworfen, während seiner Dienstausübung aus einem sichergestellten Fahrzeug ein Mobiltelefon und eine Digitalkamera entwendet zu haben, um sie für sich zu behalten und zu gebrauchen. Das Verwaltungsgericht hat ihn aus dem Dienst entfernt, seine hiergegen erhobene Berufung ist erfolglos geblieben.

3

2. Die Beschwerde rügt einen Verfahrensmangel in Gestalt der Verletzung des Anspruchs des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, § 3 DiszG), da das Berufungsgericht den Kern seines Vorbringens, seine Tat sei eine "Kurzschlussreaktion", verkannt habe.

4

Im Einzelnen macht die Beschwerde geltend, der Beklagte habe vorgetragen, dass es sich nicht um eine normale Festnahme gehandelt habe, sondern er aufgeregt und emotional beeindruckt von der kriminellen Energie der Autodiebesbande gewesen sei. Es sei trotz einer 13-jährigen Zivildiensterfahrung die beste Festnahme seiner gesamten Laufbahn mit einer Schadensverhinderung von bis zu 2 bis 3 Mio. € gewesen. Soweit daher das Oberverwaltungsgericht davon ausgehe, bei dem Vorfall handele es sich um einen alltäglichen Einsatz und um eine alltägliche Ermittlungstätigkeit, treffe dies nicht zu.

5

Dies verkennt die Ausführungen des Berufungsgerichts, denn das Gericht führt weiter aus:

"Selbst wenn dem Beklagten zugestanden wird, dass es sich auch wegen der wirtschaftlichen Dimension des Falles nicht um einen ganz gewöhnlichen alltäglichen Einsatz handelte und er unter dem Eindruck des Ermittlungs- und Festnahmeerfolges gestanden haben mag, kann ihn dieser Umstand nicht entlasten."

6

Damit hat das Berufungsgericht durchaus den entsprechenden Vortrag des Beklagten zur Kenntnis genommen. Es hat ihm lediglich nicht die vom Beklagten gewünschte entlastende Bedeutung beigemessen. In der Sache macht die Beschwerde eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung geltend. Abgesehen davon, dass mit Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung in aller Regel ein materiellrechtlicher Mangel bezeichnet wird und nur ausnahmsweise ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bezeichnet werden kann, legt die Beschwerde nicht einmal ansatzweise dar, dass die Voraussetzungen für einen solchen Verfahrensmangel vorliegen könnten. Eine verfahrensfehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist nur dann gegeben, wenn die Vorinstanz im Rahmen der Tatsachenwürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Hierzu trägt die Beschwerde nichts vor, sondern setzt lediglich der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts eine davon abweichende eigene Würdigung entgegen.

7

Deshalb sind auch die weiteren Ausführungen der Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht verneine fehlerhaft eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat, nicht geeignet, einen Verfahrensfehler etwa in Gestalt der Verletzung des rechtlichen Gehörs oder der vollständigen Erfassung des Sachverhalts darzulegen. Auch hier setzt die Beschwerde abermals nur ihre eigene Wertung gegen diejenige des Berufungsgerichts.

8

3. Mit der Grundsatzrüge macht der Beklagte geltend, dass es unverhältnismäßig sei, bei Zugriffsdelikten die Schwelle der Geringfügigkeit mit der üblichen Bagatellgrenze anzunehmen, während bei Betrugsdelikten erst bei einem Schaden von 5 000 € die Regelmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst gesehen werde. Die Disziplinarmaßnahme müsse mit dem verfassungsrechtlichen Schuldprinzip vereinbar sein und im Vergleich der Disziplinarmaßnahmen bei Zugriffsdelikten und Betrugsdelikten verhältnismäßig. Bei verfassungskonformer Bewertung sei bei beiden Deliktsgruppen ein einheitlicher Schwellenwert anzusetzen und eine Abgrenzung der Schwere der Schuld ausschließlich nach den Einzelfallumständen zu bilden.

9

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 69 BDG, § 41 DiszG), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr; vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist. So verhält es sich hier.

10

Die Beschwerde geht offenbar von den strafrechtlichen, nicht aber von den disziplinarrechtlichen Begriffen aus, nach denen sich innerdienstliche Zugriffsdelikte und innerdienstliche Betrugsdelikte sowohl in ihrem äußeren Erscheinungsbild als auch hinsichtlich des mit ihnen verbundenen Vertrauensverlustes so grundsätzlich voneinander unterscheiden, dass eine wertmäßig gleich hohe Bagatellgrenze dem Verhältnismäßigkeits- und dem Schuldprinzip gerade nicht ausreichend Rechnung tragen würde.

11

Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z.B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Ein Zugriffsdelikt liegt vielmehr dann vor, wenn der Beamte dienstlich anvertraute Gelder und Güter veruntreut hat, wozu auch die Gebührenüberhebung, die Fundunterschlagung und der sogenannte Kollegendiebstahl zählen. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (stRspr; vgl. Urteil vom 8. April 2003 - BVerwG 1 D 27.02 - juris Rn. 16). Ein Beamter, der sich bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergreift, die seinem Gewahrsam unterliegen, zerstört damit in aller Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit, wenn die Beträge insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich überschreiten. Denn die Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Geldern und Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3, vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - § 65 bdg nr. 2> und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Rn. 21 § 70 bdg nr. 3>).

12

Demgegenüber geht es beim innerdienstlichen Betrug zwar um Gelder oder gleichgestellte Werte des Dienstherrn, diese sind dem Beamten jedoch nicht dienstlich anvertraut oder sonst dienstlich zugänglich. Betrügerisches Verhalten zum Nachteil des Dienstherrn kann in vielfältigen Erscheinungsformen auftreten und sowohl durch Handeln als auch durch Unterlassen begangen werden. Die Variationsbreite, in der Pflichtverletzungen dieser Art denkbar sind, erfordert die Würdigung der jeweiligen besonderen Einzelfallumstände. Deshalb ist bei innerdienstlichen Betrugsfällen gerade keine Bagatellschwelle angenommen worden, sondern der Beamte ist nur dann in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, ohne dass ihnen Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung den Schluss nicht rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, steht (Urteile vom 28. November 2000 - BVerwG 1 D 56.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23, vom 26. September 2001 - BVerwG 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18 und vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris; Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - § 58 bdg nr. 1> und vom 10. September 2010 - BVerwG 2 B 97.09 - juris Rn. 8). Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (Beschluss vom 10. September 2010 a.a.O. Rn. 8 m.w.N.). Liegen andere Erschwerungsgründe als ein den Betrag von 5 000 € übersteigender Gesamtschaden vor, kann es auch deutlich unterhalb eines solchen Schadens zur Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme kommen. Diese Rechtsprechung ist Ausdruck dessen, dass Betrug zu Lasten des Dienstherrn grundsätzlich ein geringeres disziplinarisches Gewicht hat als der Zugriff des Beamten auf ihm amtlich anvertrautes oder dienstlich zugängliches Geld oder Gut (vgl. Urteile vom 24. Januar 2001 - BVerwG 1 D 57.99 - juris Rn. 11 und vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 26.99 - juris Rn. 15, jeweils m.w.N).

Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf dem gerügten Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 VwGO). Dagegen liegt die von der Beklagten gerügte Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte, eine bei der DB Personenverkehr GmbH am Fahrkartenschalter eingesetzte Bundesbahnobersekretärin, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, nachdem sie das Verwaltungsgericht erstinstanzlich in das Amt einer Bundesbahnsekretärin zurückgestuft hatte. Dem liegt die Feststellung zugrunde, dass die Beklagte von einem Kunden, der mehrere Fahrkarten gekauft hatte, einen überhöhten Gesamtpreis unter Einbeziehung einer nicht gekauften Fahrkarte zum Preis von 182 € vereinnahmt, später diesen Fahrkartenkauf storniert und den überzahlten Betrag für private Zwecke verwendet hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen, weil das Fehlverhalten der Beklagten einer Unterschlagung amtlich anvertrauten Geldes (sog. Zugriffsdelikt) gleichstehe und weder ein anerkannter Milderungsgrund noch sonstige mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorlägen.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte geltend, die Gleichstellung des Fehlverhaltens mit einem Zugriffsdelikt stehe in Widerspruch zu dem Urteil vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - (Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24). Die Bemessungsgrundsätze des Oberverwaltungsgericht ließen sich nicht mit den Vorgaben des Urteils vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) vereinbaren. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht den bemessungsrelevanten Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Es habe trotz eindeutiger Anhaltspunkte für das Vorliegen einer seelischen Störung der Beklagten versäumt zu prüfen, ob zum Tatzeitpunkt eine erhebliche Verminderung ihrer Schuldfähigkeit anzunehmen sei. Auch den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.

4

Die gerügte Divergenz zu den genannten Urteilen liegt nicht vor, weil das Berufungsurteil nicht auf einen Rechtssatz gestützt ist, der von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne eines prinzipiellen Auffassungsunterschieds abweicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Dies gilt sowohl für die Einordnung des Dienstvergehens der Beklagten als Zugriffsdelikt als auch für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme.

5

Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts begeht ein Beamter ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind, und damit den wertmäßigen Bestand der Kasse unmittelbar vermindert. Dagegen liegt bei einem buchungsmäßigen Ausgleich von Soll und Haben keine Verminderung des Bestands der dienstlichen Kasse und damit kein Zugriffsdelikt vor. Ein derartiger Ausgleich setzt voraus, dass der Beamte offenlegt, etwa durch die Einlage eines Auszahlungsscheins in die Kasse, dass er Geld entnommen hat (stRspr; vgl. Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 a.a.O. S. 10). Daraus folgt, dass ein Ausgleich des Kassenbestandes nicht schon dann vorliegt, wenn der Beamte die von ihm geführte Kasse aufgrund von Manipulationen scheinbar "buchungstechnisch stimmig" abschließt.

6

Einem Zugriffsdelikt steht gleich, wenn der Beamte einem Kunden überhöhte Gebühren in Rechnung stellt, um sich den Differenzbetrag privat anzueignen. Hierin liegt ein Zugriff auf Geld des Dienstherrn, weil der vom Kunden verlangte überhöhte Betrag mit der Übergabe des Geldes an den Beamten in dessen dienstlichen Gewahrsam gelangt. Der vorangehende Betrug zum Nachteil des Kunden schließt die disziplinarrechtliche Einordnung als Zugriffsdelikt nicht aus (stRspr; vgl. Urteil vom 21. Juli 1998 a.a.O. Rn. 18).

7

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht nicht abgewichen; vielmehr hat es sie dem Berufungsurteil zugrunde gelegt. Es hat das Fehlverhalten der Beklagten einem Zugriffsdelikt gleichgestellt, weil die Beklagte den Geldbetrag, der der Schalterkasse und damit der Bahn durch den Betrug an einem Kunden zugeflossen war, später der Kasse entzog und für eigene Zwecke verwandte. Dadurch hat sie eine wertmäßige Verminderung des Kassenbestandes herbeigeführt. Indem die Beklagte den Kaufpreis einer nicht gekauften Fahrkarte zum Schein verbuchte und später stornierte, führte sie keinen buchungsmäßigen Ausgleich der Schalterkasse herbei. Vielmehr versuchte sie die spätere Verminderung des Kassenbestandes zu verdecken.

8

Auch eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 20. Oktober 2005 (a.a.O.) ist nicht gegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat den vom Senat entwickelten Maßstäben für die disziplinarrechtliche Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nicht prinzipiell widersprochen, sondern sie im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt.

9

Dagegen hat die Aufklärungsrüge der Beklagten Erfolg. Die Sachaufklärung des Oberverwaltungsgerichts trägt den Anforderungen, die sich aus den gesetzlichen Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergeben, nicht vollständig Rechnung.

10

Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 S. 3 f.; vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Vorgaben des materiellen Rechts. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn das Gericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - NVwZ-RR 2011, 986 Rn. 25 ).

11

Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend ausgelegt, dass die Schwere des Dienstvergehens, die nach Satz 2 des § 13 Abs. 1 BDG Richtschnur für die Maßnahmebemessung ist, bei sog. Zugriffsdelikten und diesen gleichstehenden Verfehlungen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig rechtfertigt, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Davon muss aber abgesehen werden, wenn ein anerkannter Milderungsgrund oder stattdessen mildernde (entlastende) Umstände gegeben sind, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines Milderungsgrundes vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. bzw. Rn. 27 f. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f.).

12

Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16).

13

Nach dieser Rechtsprechung kann die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann unangemessen sein, wenn sich der Beamte nicht auf einen anerkannten Milderungsgrund, sondern auf sonstige mildernde Umstände berufen kann. Solche Umstände dürfen nicht allein deshalb außer Betracht bleiben, weil sie zur Erfüllung eines anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. So sind beispielsweise ein Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder die Offenbarung des Fehlverhaltens nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des jeweiligen Milderungsgrundes nicht erfüllt sind ("unverschuldete existenzielle wirtschaftliche Notlage"; "Offenbarung ohne Furcht vor Entdeckung"). Vielmehr muss das Tatsachengericht weiter entscheiden, ob die bemessungsrelevanten mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 23 und vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 € ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.

14

Die rechtsfehlerfreie Anwendung dieser Bemessungsgrundsätze setzt voraus, dass die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erschöpfend aufgeklärt werden. Das Tatsachengericht muss klären, ob tatsächliche Umstände, die als bemessungsrelevant in Betracht kommen, vorliegen, wenn der Sachverhalt hinreichenden Anlass bietet. Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 27).

15

Diese Bemessungsgrundsätze hat das Oberverwaltungsgericht auf den vorliegenden Fall angewandt. Seine Würdigung, nach den tatsächlichen Feststellungen läge kein anerkannter Milderungsgrund vor, hat die Beklagte nicht angegriffen. Sie rügt jedoch zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht bemessungsrelevante mildernde Umstände nicht aufgeklärt und von vornherein als unbeachtlich eingestuft hat, obwohl hierzu Anlass bestanden hat:

16

Dies gilt zum einen für den Vortrag der Beklagten, sie sei durch einen finanziellen Engpass zur Tat veranlasst worden. Diesem Umstand ist das Oberverwaltungsgericht nicht weiter nachgegangen, weil es ihm mit der Begründung, es liege jedenfalls keine unverschuldete existenzielle Notlage vor, von vornherein die bemessungsrelevante Bedeutung abgesprochen hat. Es gilt zum anderen für die von der Beklagten geschilderte schwierige private Lebenssituation. Diese hat das Oberverwaltungsgericht nicht für bemessungsrelevant gehalten, weil es keinen inhaltlichen Zusammenhang zu der Tat gesehen hat.

17

Diese Verkürzung der Sachaufklärung lässt sich nicht damit vereinbaren, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG entsprechend dem Zweck der Disziplinarbefugnis die Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit der Beklagten geboten ist. Die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG erforderliche prognostische Gesamtwürdigung muss auf der Grundlage der gesamten Persönlichkeitsstruktur der Beklagten getroffen werden. Daher muss ein finanzieller Engpass auch dann berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der existenziellen wirtschaftlichen Notlage nicht erfüllt sind. Auch entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass mildernd zu berücksichtigen ist, wenn das Dienstvergehen Folge einer negativen Lebensphase ist, die der Beamte inzwischen überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219; vom 10. November 1987 - BVerwG 1 D 24.87 - juris; vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851 und vom 23. November 1999 - BVerwG 1 D 5.99 -; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>, insoweit nicht in Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 abgedruckt).

18

Dagegen teilt der Senat nicht die Auffassung der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe Anlass gehabt, an der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu zweifeln. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass nach der maßgebenden Sachlage im Berufungsverfahren konkrete Anhaltspunkte für eine Störung der Beklagten im Sinne von §§ 20, 21 StGB vorgelegen haben (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 31 f.). Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in E. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1976 mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker bei der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in E. Zum 1. Oktober 1979 trat er als Polizeiwachtmeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst ein. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1980 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und zum 1. Februar 1983 - nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (3,50) - zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1985 folgte die Ernennung zum Polizeimeister. Zum 7. Januar 1986 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und mit Wirkung vom 1. Februar 1988 zum Polizeiobermeister, mit Wirkung vom 1. April 1994 zum Polizeihauptmeister und mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 zum Polizeihauptmeister mit Amtszulage ernannt.

Im Jahr 2001 erkrankte der Beklagte an Krebs. Aufgrund der Folgewirkungen wurde ihm zunächst durch das Versorgungsamt München II die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX zuerkannt und ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt, der mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Oberpfalz, Versorgungsamt vom 10. Januar 2010 auf einen Grad von 40 reduziert wurde. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 28. September 2012 wurde der Beklagte gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Seit April 1998 bis zu seiner Suspendierung verrichtete der Beklagte Dienst als Wach- und Streifenbeamter bei der zum Polizeipräsidium Mittelfranken gehörenden Polizeiinspektion W./Bayern. Er ist verheiratet und Vater von zwei 1994 und 1996 geborenen Kindern. Er bezieht gekürzte monatliche Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage.

In seiner letzten periodischen Beurteilung 2008 erhielt der Beklagte 6 Punkte.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 27. September 2011 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) wurde der Beklagte wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je

[50],- Euro verurteilt.

Im Strafbefehl wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Am 11. Dezember 2010 wurde dem Geschädigten O. M. im Raum W. sein Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 entwendet. Es gelangte dann als Fundsache zur Polizeiinspektion W. Der Beklagte war als Polizeibeamter der Polizeiinspektion W. u. a. mit der Bearbeitung von Fahrraddiebstählen und Fahrradfunden befasst und dokumentierte am 12. Januar 2011 diesen Fahrradfund unter Angabe der o.g. Rahmennummer im Polizeisystem.

Das dem Geschädigten M. am 11. Dezember 2010 entwendete Fahrrad war zu diesem Zeitpunkt unter der Rahmennummer PLWUO354 zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem bei der Anzeigenerstattung ein Schriftstück des Fahrradhändlers vorgelegt wurde, auf dem diese Rahmennummer notiert war.

Die fahndungsmäßige Überprüfung des Fundrades durch den Beklagten ergab aufgrund der von ihm nicht zu verantwortenden Abweichung in einer Ziffer der Rahmennummer keine Übereinstimmung mit der bestehenden Sachfahndung. Es befand sich kein Asservatenzettel am Fahrrad.

Nachdem dem Beklagten damit nach ordnungsgemäßer Vorgangsbearbeitung formal eine Zuordnung nicht möglich gewesen war, wurde von ihm dokumentiert, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben. Dies erfolgte jedoch nicht. Eine Fundanzeige bzw. Übergabebestätigung liegt nicht vor. Der Beklagte nahm das Fahrrad nach Hause, um es seinem Sohn zum Geburtstag zu schenken. Mit seinem Wissen (und Wollen) wurde es am 13. Juni 2011 bei einer Internetauktion in eBay unter dem Account „85michl“, der seiner Ehefrau zugeordnet ist, zum Verkauf angeboten, da der Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte.

Das Fahrrad hatte einen Wert von mindestens 230,- Euro. Obwohl der Beklagte wusste, dass er verpflichtet gewesen wäre, das Rad wieder zurückzugeben, behielt er es für sich und verfügte darüber wie ein Eigentümer.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 22. Juni 2011 ordnete das Polizeipräsidium Mittelfranken gegenüber dem Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an, nachdem gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Mit Schreiben gleichen Datums des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf wegen Verstoßes gegen die Pflicht, die Gesetze einzuhalten und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren wurde vom Polizeipräsidium M. mit Schreiben vom 29. November 2011 übernommen und nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt. Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 20. März 2012 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben, von der der Beklagte mit Schreiben vom 27. April 2012 Gebrauch machte. Gleichzeitig beantragte er die Beteiligung der Personal- und Schwerbehindertenvertretung. Diese wurden mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 13. August 2012 beteiligt.

Mit Schreiben vom 29. August 2012 äußerte sich der Personalrat beim Polizeipräsidium Mittelfranken und erhob gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwände. Allerdings wurde mitgeteilt, dass eine disziplinarrechtliche Ahndung unterhalb der Höchstmaßnahme einstimmig für ausreichend erachtet werde, da nach Auffassung des Personalrats die entlastenden Faktoren nicht umfänglich in die Entscheidung miteinbezogen worden seien.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 4. April 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 25 Prozent seiner Dienstbezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten.

IV.

Am 7. Dezember 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür war der Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011, in dem gegen den Beklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je 50,- Euro verhängt worden war.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit lägen nicht vor und seien auch nicht vorgetragen. Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stelle grundsätzlich ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen dar und sei nach den Grundsätzen zu bewerten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten. Hier stehe regelmäßig die Höchstmaßnahme im Raum, Ausnahmen hiervon könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Vorliegend würde eine Reihe von Umständen für die Annahme sprechen, dass es sich um eine Kurzschlusstat des Beklagten handle, der sich sonst stets einwandfrei geführt habe. In dieser Hinsicht sei zunächst bedeutsam, dass es sich bei dem unterschlagenen Gegenstand um ein - zum Zeitpunkt der Tat einem bekannten Eigentümer nicht zuordenbares - Fundfahrrad gehandelt habe, das letztlich bei normalem weiteren Geschehensablauf im Rahmen einer Fundversteigerung mit voraussichtlich nicht dem wahren Wert entsprechenden Erlös versteigert worden wäre. Dieser Umstand sei aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar dazu geeignet gewesen, das Unrechtsbewusstsein des Beklagten im Sinne eines „Augenblickversagens“ zu mindern, auch wenn ihm bewusst gewesen sei, dass das Fahrrad nicht wertlos gewesen sei. Diese Einschätzung dränge sich umso mehr auf, weil es sich bei dem Beklagten nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck ganz offensichtlich um eine einfach strukturierte Persönlichkeit handle, die zudem erkennbar unter dem Einfluss der selbstbewussten Ehefrau stehe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lasse sich aus dem anschließenden Verhalten des Beklagten, insbesondere dem Versuch, das Fahrrad per ebay zu verkaufen, nicht zwingend schließen, dass er jedenfalls nachträglich die Unrechtmäßigkeit seiner Tat in vollem Umfang erkannt habe. Auch insoweit sei zugunsten des Beklagten beachtlich, dass er diesen Verkaufsversuch nicht selbst initiiert, sondern die diesbezüglichen Bemühungen seiner Ehefrau eher „erduldet“ habe. Diese Besonderheiten des Geschehensablaufs in Verbindung mit den Persönlichkeitsmängeln rechtfertigten es aus Sicht des Gerichts, im vorliegenden Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen kurzschlussartigen Versagens ausnahmsweise von der an sich verwirkten Höchstmaßnahme abzusehen. Aufgrund der gleichwohl verbleibenden Schwere der Verfehlung sei es jedoch nicht vertretbar, den Beklagten in seinem bisherigen Beförderungsamt zu belassen. Vielmehr sei er in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, und zwar in das Amt eines Polizeiobermeisters, zu versetzen. Diese Disziplinarmaßnahme, die sich im Rahmen der obergerichtlichen Rechtsprechung halte, sei nicht zuletzt wegen ihrer Außenwirkung geeignet, dem Beklagten und seiner Umgebung nachdrücklich vor Augen zu führen, wie schwer sein Dienstvergehen zu werten sei.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 7. März 2014, am 2. April 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht das ihm bei der Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme zustehende Entscheidungsermessen nicht fehlerfrei ausgeübt habe und das Dienstvergehen des Beamten zu seiner Entfernung aus dem Dienst führen müsse. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, sein weiterer Verbleib im Dienst sei nicht hinnehmbar. Vorliegend sei weder ein von der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund zu erkennen noch lägen in der Persönlichkeit des Beamten besondere Umstände vor, die bei prognostischer Gesamtwürdigung das Bestehen eines Restbestands an Vertrauen rechtfertigen würden. An einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation, in der der Beamte situationsbedingt versagt habe, fehle es vorliegend. Der Beklagte habe das Fahrrad während seiner Dienstzeit von seiner Dienststelle, an der sich regelmäßig noch weitere, vergleichbare Fundsachen befänden, an sich genommen und in seine Privatwohnung verbracht. Er habe damit bei der Ausübung einer ihm anvertrauten Tätigkeit, nämlich beim alltäglichen Umgang mit aufgefundenen Gegenständen, versagt. Es sei wesentlich erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter auch dienstlich mit der Sachbearbeitung von Fundgegenständen befasst gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehöre zur einmaligen Gelegenheitstat ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität. Auch hieran fehle es aufgrund der durchdachten Vorgehensweise des Beklagten. Das Fahrrad habe sich bereits ein halbes Jahr in polizeilicher Verwahrung befunden als der Beklagte es planvoll, überlegt und vorsätzlich an sich genommen habe, um es seinem Sohn zu schenken; überdies habe er auch noch einen Vermerk für die Akten angefertigt, aus dem sich ergebe, dass er das Fahrrad zum Fundamt gebracht habe. Ein einmaliges, von außen auf seine Willensbildung einwirkendes Ereignis, das ihn in die Versuchung hätte bringen können, sich an dem Fahrrad zu vergreifen, habe nicht vorgelegen. Solche Gründe seien auch nicht vorgetragen worden. Die Annahme einer Augenblickstat werde auch dadurch weitgehend entwertet, dass der Beklagte an seinem Entschluss, das Fahrrad zu behalten, festhielt, obwohl sein Sohn dieses nicht haben wollte. Er hätte dies auch zum Anlass nehmen können, seine Tat zu überdenken und das Fahrrad zurückzubringen.

Auch die weiteren, vom Verwaltungsgericht ausgeführten Bemessungsgesichtspunkte würden es nicht gebieten, von einer Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Dem Kläger erschließe es sich nicht, wie es zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen könne, dass das Fahrrad im Rahmen einer Fundversteigerung wahrscheinlich unter seinem Wert von 230,- Euro versteigert worden wäre. Hierbei sei anzunehmen, dass das Fahrrad auch in diesem Rahmen deutlich die von der Rechtsprechung angenommene Geringwertigkeitsgrenze von ca. 50,- Euro überschritten hätte, so dass der Wert des Fahrrads keinen Milderungsgrund in Form der Geringwertigkeit begründen könne. Im Übrigen würden Fundgegenstände in der Regel unter ihrem tatsächlichen Warenwert versteigert. Dies könne aber nicht regelmäßig zu einer generellen Minderung des Unrechtsbewusstseins bei Unterschlagung von Fundsachen führen. Eine Fundunterschlagung durch einen in diesem Aufgabenfeld tätigen Polizeibeamten sei geeignet, das Ansehen des Beamten und der Beamtenschaft in ganz erheblichem Maße zu beeinträchtigen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Unrechtmäßigkeit seiner Tat eventuell nicht in vollem Umfang erkannt, ihm sei zugute zu halten, dass er unter dem Einfluss seiner selbstbewussten Ehefrau stünde, die das Fahrrad bei eBay eingestellt habe, könnten ebenfalls ein Abrücken von der Höchstmaßnahme nicht rechtfertigen. Im Hinblick auf seinen Status und seine dienstliche Befassung mit Fundgegenständen sei dem Beklagten sehr wohl bewusst gewesen, was er getan habe, als er das Fahrrad mit nach Hause genommen habe. Eine diesbezügliche Einwirkung der Ehefrau sei nicht erkennbar und könne deshalb nicht mildernd beim Entschluss des Beklagten hinsichtlich der Aneignung des Fahrrads berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die wahrheitswidrige Dokumentation in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt im Schriftsatz vom 13. Mai 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Abgabe des Rads an den Bauhof habe sich der Beklagte in einer Versuchungssituation befunden, hierbei sei es entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat gekommen.

Zum Zeitpunkt der Mitnahme des Fahrrads sei der Beklagte der festen Überzeugung gewesen, es handle sich hierbei um einen derelinquierten Gegenstand, dessen (ehemaliger) Eigentümer bzw. Besitzer angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraums offensichtlich kein Interesse mehr an einer Wiedererlangung habe. Den Wert habe er aufgrund der dargelegten Gegebenheiten als gering eingeschätzt. Eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert habe er nicht gehabt. Dies belege auch die Tatsache, dass die Ehefrau des Beklagten das Fahrrad ohne Mindestgebot bei Ebay eingestellt habe. Nach eigener Aussage habe sie mit einem Erlös von maximal 40,-bis 50,- Euro gerechnet.

Es treffe auch nicht zu, dass eine Gelegenheitstat nur dann vorliege, wenn sie insgesamt ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität aufweise. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe es der Annahme der Spontanität eines Tatentschlusses nämlich nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt werde. Eine Milderung komme auch dann in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe und wenn die die Versuchung auslösende Situation geeignet sei, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontanität und Unüberlegtheit herbeizuführen. Angesichts des Fahrrads, das offenbar von niemandem vermisst worden sei, habe eine solche besondere Versuchungssituation bestanden. Im entscheidenden Augenblick habe der Beamte buchstäblich keine klaren Vorstellungen über die rechtlichen Folgen seiner Tat gehabt, die seiner Persönlichkeit fremd sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er stets ein untadeliges Verhalten an den Tag gelegt. Auch bei der Entgegennahme von Bargeld im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit sei die Abrechnung des Beklagten immer unverzüglich, korrekt und ohne Auffälligkeiten erfolgt. Dies würde auch von seinen Dienstvorgesetzten so bestätigt werden. Selbstverständlich könne nicht jede Unterschlagung eines Fundgegenstandes zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen, den vorliegenden Fall zeichneten aber sowohl im objektiven als auch im subjektiven Bereich Besonderheiten aus, die ihn von einer „normalen“ Fundunterschlagung abweichen ließen. Zu berücksichtigen sei hier sowohl das einem Eigentümer nicht zuordenbare Fahrrad, der lang verstrichene Zeitraum seit dem Auffinden und der Irrtum des Beklagten über den tatsächlichen Wert.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Ansbach, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auf die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) des Beklagten in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts .. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) sind zwar nicht bindend (Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG), der Senat kann sie dennoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte entgegen seiner Dokumentation in der Vorgangsverwaltung ein bei der Polizei als Fundfahrrad verwahrtes - und tatsächlich als gestohlen gemeldetes - Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 nicht für die anschließende Verwertung zum Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. verbracht hat. Stattdessen nahm der Beklagte das Fahrrad mit nach Hause, um es seinem Sohn zum Gebrauch zu überlassen. Da sein Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte, wurde es von der Ehefrau des Beklagten mit seinem Wissen und Wollen bei einer Internetauktion in eBay zum Verkauf angeboten. Dort erzielte es einen Verkaufserlös von 229,- Euro. Der Beklagte hat sich deshalb einer Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB strafbar gemacht.

III.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. §§ 246, 133 Abs. 1 StGB) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat damit ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Anhaltspunkte, die die Schuldhaftigkeit seines Handelns ausschließen könnte, wurden im Verfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren hat.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U.v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U.v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B.v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U.v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris; BayVGH, U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094 - juris Rn. 89).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat (BVerwG, U.v.8.4.2003 - 1 D 27/02; U.v.23.2.2012 - 2 B 143/11 - jeweils in juris).

Die Zueignung des Fundfahrrads durch den Beklagten ist somit disziplinarisch nach den Grundsätzen zu werten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten (BVerwG, U.v.17.3.1976 - 1 D 7.76; U.v. 21.7.1977 - 1 D 90.76; U.v. 13.10.1978 - 1 D 67.77; U.v. 28.11.1990 - 1 D 19.90; U.v. 27.1.1999 -1 D 10.98 - jeweils in juris). Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stellt grundsätzlich ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar (BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris). Der Beklagte war dienstlich mit der Bearbeitung von Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst. Die rechtwidrige Zueignung des Fahrrads erfolgte, als er dieses nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dem Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. zur weiteren Verwertung zuführen sollte. Ein Beamter, der sich amtlich anvertrautes oder zugängliches Gut zueignet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und die für die Ausübung seines Amtes erforderliche Achtung regelmäßig so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

1. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

1.1 Der Senat geht nicht vom Vorliegen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat aus. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann sich der Beklagte nicht auf den anerkannten Milderungsgrund des Handelns in einer besonderen Versuchungssituation berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19).

Hiergegen spricht zum einen, dass der Umgang mit Fundfahrrädern zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen (anders BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O., in dem in der Entgegennahme von Fundsachen eine besondere Versuchungssituation für einen sonst mit dieser Aufgabe nicht betrauten Beamten gesehen wurde). Zum anderen begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Bei der vom Beklagten geschilderten häuslichen Auseinandersetzung mit dem Sohn am Vorabend der Tat ging es im Kern gerade darum, dass der Sohn kein neues Fahrrad haben wollte, sondern sein altes Rad noch als ausreichend erachtete. Insoweit kann auch dieser Umstand - abgesehen vom zeitlichen Abstand zwischen der häuslichen Auseinandersetzung und der Tat von mehreren Stunden (vgl. Sächs.OVG, U.v. 17.8.2009 - D 6 A 655/08) - eine besondere Versuchungssituation bzw. eine sog. „Augenblickstat“ nicht rechtfertigen.

1.2 Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Wert des unterschlagenen Gegenstands die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13 - jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris).

Für die Ermittlung des Werts ist grundsätzlich auf den objektiv - generalisierenden Verkehrswert zum Tatzeitpunkt abzustellen (s. Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 29. Auflage 2014, § 248a Rn. 7), das heißt subjektiv- spezielle Begebenheiten beim Geschädigten haben ebenso außer Betracht zu bleiben wie hypothetisch wertmindernde Kausalverläufe. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes kann es deshalb nicht darauf ankommen, ob das Fahrrad nach dem Vorbringen des Beklagten bei der angedachten Verwertung über den Bauhof (Wertstoffhof) höchstens 50,- Euro erzielt hätte. Abgesehen davon, dass diese Einschätzung sich als rein spekulativ darstellt, ist vielmehr im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswerts der tatsächlich auf dem Markt über eine Versteigerung bei ebay erzielte Erlös in Höhe von 229,- Euro in den Blick zu nehmen. Allerdings kann hier im Hinblick auf die besondere, von vielen Zufälligkeiten abhängige Versteigerungssituation im Internet (Zeitpunkt des Verssteigerungsendes, Zahl der Interessenten, Anzahl der gleichwertigen, auf ebay eingestellten Fahrräder) bei der Festlegung des tatsächlichen Verkehrswertes durchaus ein Ab- oder Zuschlag von mindestens 10 - 15 Prozent des tatsächlich erzielten Verkaufserlöses in Betracht kommen, so dass der Senat vorliegend von einem Mindestverkehrswert von knapp unter 200,-. Euro ausgeht.

Das Vorbringen des Beklagten, er habe keine Vorstellung vom wahren Wert des unterschlagenen Fahrrads gehabt, vielmehr sei er von einem geringen Wert ausgegangen, da die Räder auf dem Bauhof in der Regel für 20,- bis 30,- Euro verkauft würden, vermag den Senat angesichts des guten Zustandes des damals vier Jahre alten Fahrrads mit einem Anschaffungspreis von 559,- Euro, den die in den Akten befindlichen Fotos durchaus erkennen lassen, nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum dienstlich ausschließlich mit Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst war und deshalb im Hinblick auf die Einschätzung des Werts von Fahrrädern gewisse Kenntnisse entwickelt haben dürfte. Selbst wenn sich der Beklagte jedoch über die Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads geirrt haben sollte, entfaltet dieser Irrtum als Irrtum über die Verfolgbarkeit der Tat - zumindest im Hinblick auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit - keine Wirkung (s. Fischer, Kommentar zum StGB, 62. Auflage 2015, § 248 a, Rn. 6).

1.3. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ oder das „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ bestehen nicht. Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

2. Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B.v. 26.3.20014 a. a. O. Rn. 7; U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - jeweils in juris).

Vorliegend ist von einem einmaligen Zugriffsdelikt des Beklagten auszugehen. Eine Überprüfung des ebay-Accounts ergab, dass keine weiteren Fahrräder vom Beklagten oder seiner Ehefrau versteigert wurden. Der Verkehrswert des Fahrrads kann mit knapp unter 200,- Euro angenommen werden (s. o. unter IV 1.3). Umstände von erheblichem Gewicht, die den Beklagten belasten würden, sind nicht ersichtlich. Einen solchen sieht der Senat auch nicht in der wahrheitswidrigen Dokumentation über den Verbleib des Fahrrads in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, da sich abschließend - auch nach Vortrag des Klägers - nicht mehr klären lässt, ob diese vor oder nach seinem Tatentschluss erfolgte. Ebenso wenig ist dem Beklagten ein zusätzlicher Vorwurf dafür zu machen, dass er das Fahrrad nach Ablehnung durch den Sohn nicht zurückgebracht hat. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten, ihm sei aus Ärger über die Ablehnung des Sohnes egal gewesen, was mit dem Fahrrad geschehe und er habe die Frage seiner Ehefrau, ob sie das Rad bei ebay verkaufen könne, deshalb bejaht, sind zumindest nachvollziehbar. Einen über die eigentliche Unterschlagung hinausgehenden Unrechtsgehalt vermag der Senat in diesem Verhalten nicht zu sehen.

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Zurückstufung angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild des Beamten führen noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Zwar erweisen sich die letzten Beurteilungen des Beklagten mit zweimal 6 Punkten (2005 und 2008), als eher unterdurchschnittlich und sein Persönlichkeitsbild (zuletzt vom 9.4.2013) deutet auf eine mangelbehaftete Sachbearbeitung hin. Diese sind aber - ebenso wie die teilweise hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit - auch vor dem Hintergrund der schweren Erkrankung des Beklagten im Jahr 2001 zu sehen. Zudem wurden seine zuletzt gezeigten Leistungen trotz qualitativer Mängel als ansteigend bewertet (s. Schreiben der Polizeiinspektion W. vom 9.4.2013). Vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass durch das einmalige Zugriffsdelikt kein Schaden beim Dienstherrn entstanden ist und der Beklagte nicht in irgendeiner Form sonst strafrechtlich oder disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Die vorliegenden Entlastungsgründe waren in der Gesamtschau deshalb geeignet, den gegebenen Vertrauensverlust abzumildern. Der Senat geht insofern davon aus, dass der Beklagte künftig seine Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte wurde nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule am 1. September 1986 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft im Postdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Am 23. Juli 1988 wurde er zum Postoberschaffner z.A. ernannt und am 19. November 1990 zum Posthauptschaffner befördert. Am 1. Dezember 1995 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er war bis 26. Januar 2011 als Zusteller beim Zustellstützpunkt P. eingesetzt. Zu seinen Dienstaufgaben gehörte u. a. die Zustellung von Nachnahmesendungen. Seine dienstlichen Leistungen waren insgesamt „voll zufriedenstellend“.

Der Beklagte ist geschieden und hat drei 1989, 1991 und 1995 geborene Kinder. Er erhält ungekürzte Bezüge aus BesGr A 4. Er ist verschuldet, seine finanzielle Lage ist angespannt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit dem 28. Juni 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 (Az.: 1 Ds 4 Js 33857/10) wurde der Beklagte wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt. Den nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Gründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde, hinsichtlich derer auf die Anklage vom 11. Januar 2011 verwiesen wurde:

„In den nachfolgend aufgeführten Fällen lieferte der Angeschuldigte im Zeitraum vom 25.03.2010 bis 01.10.2010 als Postzusteller der Deutschen Post AG Nachnahmepakete im Bereich E. aus. In 12 Fällen lieferte der Angeschuldigte an den jeweiligen Adressaten die Sendung aus, kassierte die Nachnahmezahlung ein, vermerkte dann jedoch pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus, die Sendung habe nicht zugestellt werden können und der Empfänger sei benachrichtigt worden. Eine tatsächliche Abrechnung des jeweiligen Nachnahmebetrags erfolgte erst Wochen später. Bei dieser verspäteten Abrechnung fälschte er in allen 12 Fällen die Unterschrift der Nachnahmeempfänger. In 3 weiteren Fällen unterblieb eine spätere Abrechnung.

Im Einzelnen handelt es sich bei den nachträglich abgerechneten Sendungen um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

Abrechnungstag

H.,

...

...

235,00

25.03.2010

07.06.2010

H.,

...

...

116,36

01.04.2010

04.05.2010

J.,

...

...

123,58

04.05.2010

03.07.2010

A.,

...

...

119,68

05.05.2010

03.07.2010

D.,

...

...

139,00

07.05.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

53,66

04.06.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

462,48

29.06.2010

02.08.2010

W.,

...

...

319,90

30/31.07.2010

20.08.2010

P.,

...

...

334,00

20.08.2010

30.09.2010

W.,

...

...

156,90

23.09.2010

10.11.2010

B.r,

...

...

159,43

30.09.2010

10.11.2010

W.,

...

...

55,50

01.10.2010

10.11.2010

Insgesamt wurden somit 2.275,49 € verspätet abgerechnet.

Bei den nicht abgerechneten Nachnameaufträgen handelt es sich um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

D.,

...

...

75,65

17.05.2010

H.,

...

...

354,28

31.07.2010

D.,

...

...

71,97

28.09.2010

Insgesamt wurden somit 501,90 € nicht abgerechnet.“

Der Beklagte hat den Sachverhalt im Strafverfahren eingeräumt und im April 2011 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt. Als Grund für seine Taten gab er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestand in Höhe von 600,- € an, den er mit seinem eigenen Geld ausgeglichen habe.

III.

Im Rahmen von Ermittlungen der Konzernsicherheit der Klägerin wurde der Beklagte am 10. November 2010 zu dem Verdacht, Nachnahmebeträge in neun Fällen erst verspätet sowie in zwei Fällen nicht abgerechnet zu haben, befragt. Er räumte die Vorwürfe ein und erklärte, im Frühjahr 2010 mit dem „Schieben“ von eingezogenen Nachnahmebeträgen begonnen zu haben, da er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Minderbetrag von ca. 400,- € in der Kasse gehabt habe. Er habe 400,- € von seinem Geld genommen und durch das verspätete Abrechnen der Nachnahmebeträge seine Privatkasse wieder aufgefüllt. Die nicht abgerechneten Nachnahmebeträge habe er sobald wie möglich abrechnen wollen. Im Dezember 2010 wurde bekannt, dass der Beklagte in drei weiteren Fällen Nachnahmebeträge verspätet sowie in einem weiteren Fall Nachnahmebeträge nicht abgerechnet hatte.

Am 15. November 2010 wurde gegenüber dem Beklagten mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG ausgesprochen.

Mit Verfügung vom 3. Dezember 2010 wurde gegen den Beklagten aufgrund der Vorwürfe ein Disziplinarverfahren nach § 17 BDG eingeleitet. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 wurde der Beklagte gemäß § 20 BDG über seine Rechte belehrt.

Mit Verfügung vom 24. Januar 2011 wurde der Beklagte nach § 38 BDG ab dem 26. Januar 2011 vorläufig des Dienstes enthoben; von einer Kürzung der Dienstbezüge wurde aufgrund der finanziellen Lage des Beklagten abgesehen.

Mit Verfügung vom 14. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 22 BDG wegen des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt und am 17. August 2011 nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens fortgeführt.

Die Bevollmächtigten des Beklagten nahmen mit Schreiben vom 22. September 2011 zu den strafrechtlich geahndeten Vorwürfen Stellung.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 erhielt der Beklagte nach § 30 BDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Mit Schreiben vom 2. Januar 2012 wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Betriebsrats nach § 78 BPersVG belehrt.

IV.

Am 6. Februar 2012 erhob die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 1. März 2013, ihm zugestellt am 7. März 2013, aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren. Der Beklagte habe die ihm zur Last gelegten Unterschlagungen zur Überzeugung des Gerichts begangen. Er habe die Taten vollumfänglich eingeräumt, im Übrigen sei das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 bindend. Der Beklagte habe damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Er habe sein Amt nicht uneigennützig verwaltet, sei der Achtung und dem Vertrauen, das sein Beruf erfordere, nicht gerecht geworden und habe sich nicht an die Gesetze gehalten. Als Postbediensteter sei er zu größtmöglicher Korrektheit und Ehrlichkeit gegenüber seinem Dienstherrn und den Kunden der Klägerin verpflichtet. Damit sei es unvereinbar, Geld durch die Ansichnahme der Summe bzw. durch die verspätete Auszahlung an die Kunden zu unterschlagen. Ein solches Verhalten sei nach den Maßstäben eines Zugriffsdelikts zu beurteilen. Der Beklagte habe vorsätzlich amtlich anvertrautes und zugängliches Geld mit dem Ziel der privaten Nutzung an sich genommen und damit schuldhaft gehandelt. Dies sei mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden, da der von ihm veruntreute Betrag die Schwelle der Geringwertigkeit von 50,- € übersteige. Diese Indizwirkung sei nicht durch Milderungsgründe entfallen. Die Voraussetzungen des Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage lägen nicht vor, da der Beklagte nicht dargetan habe, sich in einer existenzbedrohenden Notlage befunden zu haben. Die Darlehens- und Unterhaltsverpflichtungen sowie der selbst verschuldete Verlust von 400,- € in seiner Kasse im Frühjahr 2010 könnten angesichts seiner Einkommensverhältnisse keine existenzielle Notlage begründen. Auch sei er nach der Entdeckung der Unterschlagungen in der Lage gewesen, den Schaden kurzfristig zu tilgen, was ebenfalls der Annahme einer derartigen Notlage widerspreche. Er habe auch nicht von selbst von seinem Tun abgelassen, sondern sei von der Konzernsicherheit überführt worden. Erschwerend trete hinzu, dass nicht nur ein einmaliges Fehlverhalten vorliege, sondern dass der Beklagte mehrfach auf ihm anvertrautes dienstliches Geld zugegriffen habe. Zu diesem Zweck sei er auch bereit gewesen, Unterschriften auf elektronischen Dokumenten zu fälschen.

Hiergegen richtet sich die am 3. April 2013 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser beantragt,

das Urteil vom 1. März 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Das Verwaltungsgericht habe die für den Beklagten sprechenden Milderungsgründe nicht ausreichend berücksichtigt. Er habe die Taten gestanden und Schuldeinsicht gezeigt. Er habe das Geld nicht für sich behalten wollen, sondern beabsichtigt, die Nachnahmebeträge zurückzuzahlen. Er habe den Schaden wieder gut gemacht und die Geldbeträge vollumfänglich an die Klägerin zurückgezahlt, größtenteils bereits vor Entdeckung der Taten. Er habe aufgrund einer ausweglosen finanziellen Notlage gehandelt. Er habe einen Kassenfehlbetrag von ca. 400,- bis 600,- € mit eigenem Geld ausgeglichen, damals aber nicht das Geld dafür gehabt. Dadurch habe er die Studiengebühren für seinen Sohn nicht bezahlen können. Er sei geschieden und habe drei unterhaltspflichtige Kinder und habe monatlich mehr Geld ausgegeben, als er eingenommen habe, obwohl er nur seine geringsten Bedürfnisse gedeckt habe. In dieser Situation habe er z. T. kassierte Beträge nicht am gleichen Tag abgerechnet. Um diese nach ein oder zwei Wochen bezahlen zu können, habe er weitere Beträge einbehalten und versucht, diese zu bezahlen. Dabei habe er zwangsläufig selbst im Handscanner unterschreiben müssen, um die Beträge später überhaupt abrechnen zu können. Er sei bisher strafrechtlich in keiner Weise in Erscheinung getreten. Auch sein Berufsbild in 25 Dienstjahren sei sehr positiv. Bei dem Dienstvergehen handle es sich um ein lediglich vorübergehendes Fehlverhalten, so dass von einer positiven Prognose auszugehen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 29. Juli 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen. Dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat, steht aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils vom 28. Juni 2011, das gemäß § 65 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für das Berufungsgericht Bindungswirkung entfaltet, fest. Anhaltspunkte dafür, dass das Strafurteil vom 28. Juni 2011 offensichtliche Unrichtigkeiten i. S. v. § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG enthält, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen hat der Beklagte die ihm zur Last gelegten Taten auch im Straf- und Disziplinarverfahren eingeräumt.

Hiernach steht bindend fest, dass der Beklagte zwischen dem 25. März 2010 und dem 1. Oktober 2010 in 15 Fällen Nachnahmepakete an die Empfänger ausgeliefert und den Nachnahmebetrag vereinnahmt hat, ohne sich deren Empfang bestätigen zu lassen, und dann pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus angegeben hat, die Sendung habe nicht zugestellt werden können, der Empfänger sei benachrichtigt. In 12 Fällen erfolgte die Abrechnung der Nachnahmebeträge Wochen später, wobei der Beklagte die gefälschte Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingab, in drei Fällen unterblieb eine Abrechnung der Nachnahmebeträge.

Aufgrund der Feststellungen des Strafgerichts hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft eine veruntreuende Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB), begangen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung die von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines von ihm nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestandes in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € verwendet hat, um den Fehlbetrag durch verspätete Abrechnung der Nachnahmebeträge sukzessive ersetzen zu können.

Es ist festzuhalten, dass die Absicht des Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen von Anfang an darauf gerichtet war, durch die verspätete Abrechnung der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge einen Kassenfehlbestand in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € zu ersetzen, den er zunächst aus eigenen Mitteln beglichen hat, die ihm jedoch dann für die Studiengebühren seines Sohnes gefehlt haben, so dass er zum Ausgleich seiner Privatkasse vorübergehend Nachnahmebeträge für eigene Zwecke vereinnahmt hat. Mit der Vereinnahmung der Nachnahmebeträge für eigene Zwecke hat er eine - vollendete - Unterschlagung begangen. Die Zueignung setzt voraus, dass der Täter die fremde Sache seinem Vermögen einverleibt. Eine Verfügung i.d.S. liegt hier vor, weil der Beklagte die Deckung eines Verlustes aus eigenem Vermögen vorgenommen und zu diesem Zweck - aus Mangel an ausreichenden Eigenmitteln - bis zu deren Beschaffung amtlich anvertraute Gelder verwendet hat. Dies setzt begrifflich die Absicht voraus, die fremden Gelder wirtschaftlich für sich zu verwenden und ihren Sachwert so in das eigene Vermögen zu überführen. Auf den Beweggrund kommt es dabei nicht entscheidend an. Maßgebend ist allein, dass der Beklagte sich zum Ausgleich seiner Privatkasse die fremden Gelder zueignete.

Mit der Übergabe des jeweiligen Nachnahmebetrags vom Empfänger der Sendung an den Beklagten gelangte das Geld in dessen dienstlichen Gewahrsam. Sodann trat aufgrund des Unterschlagungsvorsatzes des Beklagten der Eigentumsverlust bei der Klägerin ein, der der jeweilige Nachnahmebetrag zustand. Die Begleichung der Rechnung für die Nachnahmesendung schuldet der Empfänger nur dem Absender. Hieraus folgt, dass mit Zahlung durch den Empfänger an den Beklagten das Eigentum an dem Geld sofort und unmittelbar vom Empfänger auf die Klägerin überging, die das von ihm empfangene Geld - gegen ein entsprechendes Zustellungsentgelt - aufgrund des zwischen ihr und dem Absender bestehenden Nachnahmeauftrags an diesen weiterzuleiten hat. Eignet sich der Zusteller das von ihm empfangene Geld - wie hier - zu eigenen Zwecken an, verwirklicht er deshalb den Tatbestand der Unterschlagung in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines Kassenfehlbestandes verwendet hat, um sich so die Möglichkeit zu verschaffen, aus eigenen Mitteln den Fehlbetrag unbemerkt nach und nach zu ersetzen. Werden Geldbeträge öffentlicher Kassen von den Kassenführern unbefugt zum eigenen Nutzen verwandt, so liegt hierin auch dann eine (Amts-) Unterschlagung, wenn der Beamte hierbei mit dem Willen handelt, die ihn treffende Pflicht zum Ausgleich des Kassenfehlbestandes lediglich vorübergehend abzuwenden (vgl. BGH, U. v. 3.5.1956 - 3 StR 70/56 - BGHSt 9, 348).

Daher hat der Beklagte schon dadurch eine vollendete Unterschlagung begangen, dass er die von ihm bei der Zustellung empfangenen Nachnahmebeträge nicht - wie vorgeschrieben - ordnungsgemäß noch am selben bzw. am darauf folgenden Tag verbucht, sondern sie erst mehrere Wochen später tatsächlich abgerechnet hat. Ein Beamter, der zur Deckung eines Kassenfehlbestandes, für den er wirklich oder auch nur vermeintlich einzustehen hat (vgl. RG, U. v. 27.10.1930 - III 685/30 - RGSt 64, 414), Gelder seines Dienstherrn verwendet, deren Eingang er durch falsche oder durch Unterlassen der vorgeschriebenen Buchungen verschleiert, eignet sich diese auch dann zu, wenn er damit private Gelder ersetzt. Die Zueignung liegt in diesem Fall darin, dass durch die verspätete Buchung der Gelder der Anschein erweckt wird, als handle es sich nicht um neu vereinnahmte Beträge (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 17).

Auch die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen und die Klägerin daher nicht auf Dauer schädigen zu wollen, schließt die Zueignung nicht aus, da der Beklagte mit der eigennützigen Verwendung der Gelder sich diese zugeeignet hat (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 25); ein Eigentumsverlust, der nur durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten denkbar ist, oder ein Vermögensschaden (aufgrund eines Schadensersatzanspruchs des Absenders bzw. in Form entgangenen Gewinns oder eines Verzugsschadens der Klägerin) muss nicht eingetreten sein. Die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen, beseitigt auch nicht den Vorsatz rechtswidriger Zueignung, zumal wenn - wie hier - der Täter nicht in der Lage ist, den Fehlbetrag jederzeit aus Eigenmitteln zu ersetzen (BGH a. a. O. Rn. 27). Im Übrigen setzt die Zueignung keine Bereicherung bzw. eine entsprechende Absicht des Täters voraus.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beklagte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtliche Pflichten, die Gesetze zu beachten und das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen sowie sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. § 61 BBG), verstoßen. Die von ihm im Rahmen seiner Dienstausübung als Postzusteller verübten Unterschlagungen der Nachnahmebeträge und die damit verbundene Fälschung von Unterschriften der Empfänger stellen dabei ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen dar.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 12). Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

1. Die schwerste Pflichtverletzung stellt die Unterschlagung der Nachnahmebeträge dar. Hierdurch hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge hat (vgl. BVerwG, U. v. 10.1.2007 - 1 D 15/05 - juris Rn. 12). Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder auf gleichgestellte Werte zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder zugänglich sind (vgl. BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64/11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der - wie der Beklagte - von Postkunden eingezogene Nachnahmebeträge und Zustellentgelte - sei es auch nur vorübergehend - unberechtigt für private Zwecke nutzt, begeht ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden dienstlichen Pflichten. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten. Die Klägerin ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Beamten beim Umgang mit anvertrauten und eingezogenen Geldern angewiesen. Eine lückenlose Kontrolle ist nicht möglich und muss weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für den geordneten Ablauf des Postbetriebs unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, kann regelmäßig nicht Beamter bleiben (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 1.9.1999 - 1 D 26/98 - juris Rn. 23).

2. Von der disziplinaren Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher geprüft werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwerwiegenden Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 14 f.).

2.1 Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen vorliegend zu keiner anderen Bewertung der Dienstpflichtverletzung.

(1) Ein Zugriff auf lediglich geringwertige Güter liegt bei einer Unterschlagung von Nachnahmebeträgen in Höhe von insgesamt 2.777.39 € zweifellos nicht vor, da die Grenze der Geringwertigkeit bei ca. 50,- € anzusetzen ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 16) Zwar kann auch für ein Zugriffsdelikt bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung abzusehen (vgl. BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143/11 - juris Rn. 13; B. v. 26.3.2014 - 2 B 100/13 - juris Rn. 7), doch ist auch diese Grenze vorliegend bei weitem überschritten. Hinzu kommt, dass es sich auch nicht um ein lediglich einmaliges Fehlverhalten handelt.

(2) Der Beklagte befand sich 2010 auch nicht in einer ausweglosen wirtschaftlichen Notlage. Der Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich sowie auch zahlenmäßig begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2011 - 16b D 10.2447- juris Rn. 43). Der Beklagte befand sich zwar wegen der Scheidung von seiner Ehefrau und den aus der Ehezeit stammenden Schulden in Höhe von ca. 40.000,- € sowie aufgrund der Unterhaltszahlungen für seine Kinder in einer schwierigen finanziellen Lage und ist mit seinen Nettobezügen sowie seinen Einkünften aus einer genehmigten Nebentätigkeit auch gerade so über die Runden gekommen. Eine ausweglose existenzielle Notlage kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Beamte aufgrund seiner finanziellen Situation keine andere Möglichkeit als den Zugriff auf ihm dienstlich anvertraute Gelder oder Güter gesehen hat, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zeitweilig zu sichern. Hierfür sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben. Eine lediglich finanziell angespannte Lage reicht hierfür nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 48). Hinzu kommt, dass der Beklagte den Kassenfehlbestand nach eigenen Angaben vorübergehend mit seinem Geld ausgeglichen hat, mag er dadurch auch zunächst kein Geld für die Studiengebühren des Sohnes übrig gehabt haben. Gegen die Annahme einer Notlage spricht zudem, dass er nach der Entdeckung der Unterschlagungen ohne weiteres in der Lage war, 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen kurzfristig zu tilgen, weil er sich offenbar problemlos Geld von Dritten leihen konnte.

Jedenfalls befand sich der Beklagte nicht unverschuldet in einer finanziellen Notlage, indem er die vereinnahmten Nachnahmebeträge zur Verschleierung eines von ihm zu verantwortenden Kassenfehlbestands verwendete, sondern er hat sich vorwerfbar selbst in diese Situation gebracht. Der Beklagte wäre - unabhängig davon, ob sein Dienstherr hierfür nach § 75 BBG Schadensersatz von ihm hätte verlangen können - verpflichtet gewesen, den Fehlbestand zeitnah zu melden, anstatt diesen mit Geldern seines Dienstherrn auszugleichen, mag es ihm auch peinlich gewesen sein, dies seinem Vorgesetzten eingestehen zu müssen. Und selbst für den Fall, dass er hierfür hätte einstehen müssen, wäre es ihm zumutbar gewesen, eine Ratenzahlung zu beantragen, anstatt sich durch fortgesetzte kriminelle Handlungen unbefugt selbst einen Zahlungsspielraum zu verschaffen. Die Unterschlagungen geschahen deshalb nicht zwangsläufig, da der Beklagte andere Möglichkeiten gehabt hätte, den Kassenfehlbestand auszugleichen, als sich an den Nachnahmebeträgen zu vergreifen.

(3) Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, liegt nicht vor. Hiergegen spricht schon die Dauer und Häufigkeit der Unterschlagungen sowie das planmäßige Vorgehen. Der Beklagte hat die kassierten Nachnahmebeträge bei Ausübung seiner Tätigkeit, nämlich beim täglichen Umgang mit Postsendungen, unterschlagen. Die Entgegennahme von Nachnahmegeldern gehörte für ihn dabei zu den normalen dienstlichen Verrichtungen und begründete deshalb keine besondere (einmalige) Versuchungssituation (vgl. BVerwG, U. v. 21.6.2000 - 1 D 49/99 - juris Rn. 16).

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Taten in einem Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB begangen hat, bestehen nicht. Auch eine psychische Ausnahmesituation ist zu verneinen. Diese setzt eine seelische Zwangslage voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen solchen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Eine angespannte psychische Situation bzw. eine subjektiv als ausweglos empfundene Lage reicht nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Zwar stand der Beklagte angesichts des Kassenverlustes ersichtlich unter Druck. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine extreme existenzbedrohende Belastungssituation, in der er schockartigplanlos reagierte, sondern er ging planmäßig über mehrere Monate hinweg vor.

(5) Auch die nicht nach außen hin (z. B. durch Einlage von Fehlzetteln) manifestierte Absicht, sich die Gelder des Dienstherrn lediglich vorübergehend nutzbar zu machen und baldmöglichst zurückzuzahlen, führt nicht zu einer milderen Beurteilung. Ein Beamter ist nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.1997 - 1 D 60/96 - juris Rn. 26). Die Einlassung, dass der Beklagte mit der Aneignung der Beträge keine endgültige Schädigung beabsichtigte, reicht nicht aus, um von der Höchstmaßnahme absehen zu können, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt sind, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (vgl. BVerwG, U. v. 8.6.1983 - 1 D 112/82 - juris Rn. 13). Der Vertrauensverlust ergibt sich nicht aus dem etwaigen Schaden, sondern aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (vgl. BVerwG, U. v. 15.8.1989 - 1 D 61/88 - juris Rn. 26).

(6) Ein Absehen von der Höchstmaßnahme kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Beamte durch ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens oder Wiedergutmachung des Schadens jeweils vor drohender Entdeckung, ein Verhalten zeigt, das Anlass zur Prüfung gibt, ob ein endgültiger Vertrauensverlust zu verneinen ist (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.2002 - 1 D 29/01 - juris Rn. 22).

Vorliegend hat der Beklagte ein Fehlverhalten erst eingestanden, nachdem er von der Konzernsicherheit damit konfrontiert worden war, dass er Nachnahmebeträge verspätet bzw. nicht abgerechnet hatte. Auch hat er alle Taten erst im Strafverfahren eingeräumt, als ein Bestreiten ersichtlich aussichtslos gewesen wäre. Im Übrigen spricht ein Einräumen aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen nicht für einen von Einsicht und Reue getragenen Willen bei der Aufdeckung des Fehlverhaltens.

Auch hat der Beklagte die fehlenden Nachnahmebeträge vollständig und endgültig erst nach der Einleitung des Strafverfahrens und nicht etwa größtenteils schon vor Entdeckung der Taten ausgeglichen, indem er 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt hat. Bei den erneuten Unterschlagungen durch „Schieben“ der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge kann nicht von Schadenswiedergutmachung die Rede sein. Hierin liegt vielmehr eine fortgesetzte veruntreuende Unterschlagung in 15 Fällen, wie das Strafgericht zu Recht festgestellt hat.

Da die Zueignung der Nachnahmebeträge durch Unterlassen der ordnungsgemäßen Verbuchung vollendet war (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 11), kann offen bleiben, ob der Beklagte die verspätete Abrechnung von drei bis zu diesem Tag unentdeckt gebliebenen Nachnahmebeträgen am 10. November 2010 noch vor seiner Befragung durch die Konzernsicherheit gemacht hat. Hierin ist jedenfalls keine Schadenswiedergutmachung zu sehen, sondern nur der Versuch, diese Falschbuchungen zu vertuschen, die der Beklagte auch nicht von sich aus am 10. November 2010 gegenüber der Konzernsicherheit offenbart hat.

(7) Auch die Einlassung, er habe das Geld zum Ausgleich des Kassenfehlbestands verwendet, den er zunächst aus eigenen Mitteln ersetzt habe, kann den Beklagten nicht entlasten (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1990 - 1 D 74/89 - juris Rn. 37). Unabhängig davon, dass der Beklagte den entstandenen Verlust pflichtwidrig nicht gemeldet hat, obwohl er seinen Angaben nach davon ausgegangen ist, ihn ersetzen zu müssen, vermag der Hinweis auf den - im Verantwortungsbereich des Beklagten liegenden - Grund für die Unterschlagungen die von ihm begangene Dienstpflichtverletzung nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen, zumal dieser dabei eigennützig handelte.

(8) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem etwaigen Versäumnis des Dienstherrn, die Abrechnung der Nachnahmebeträge zeitnah zu kontrollieren. Denn es war in erster Linie die Aufgabe des Beklagten, diese ordnungsgemäß abzurechnen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt schwerer als die ggf. mangelhafte Kontrolle des Dienstherrn (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103).

2.2 Es liegen auch keine sonstigen entlastenden Umstände vor, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Der Beklagte verstand sich zwar nicht so gut mit seinem Vorgesetzten. Darüber hinaus befand sich er sich durch die Scheidung von seiner Ehefrau in einer schwierigen persönlichen Situation. Auch ist seine angespannte finanzielle Situation durch die Schulden und Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Überdies ist er weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet und zeigte in 25 Dienstjahren, in denen er sich nichts zuschulden hat kommen lassen, ein durchwegs positives Berufsbild und erbringt insgesamt voll zufriedenstellende Dienstleistungen. Er war auch im Straf- und Disziplinarverfahren geständig und hat sein Verhalten aufrichtig bedauert.

Diese bemessungsrelevanten entlastenden Umstände führen angesichts der gegen den Beklagten sprechenden Umstände jedoch weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Zulasten des Beklagten fällt insbesondere die Anzahl und Häufigkeit der von ihm begangenen Zugriffsdelikte (15 Unterschlagungen), der über sieben Monate andauernde Tatzeitraum sowie die Höhe der unterschlagenen Nachnahmebeträge (insgesamt 2.777,39 €) erschwerend ins Gewicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Beklagte hat im Lauf des siebenmonatigen Tatzeitraums jeweils 15 mal wieder einen neuen Entschluss gefasst, Nachnahmebeträge zu unterschlagen. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht nur 15 Nachnahmebeträge unterschlagen, sondern in 12 Fällen auch die Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingegeben, so dass er zusätzlich beweiserhebliche Daten gefälscht hat (§ 269 StGB). Dabei handelt es sich nicht um bloße Begleitdelikte oder Mittel zur Tatbegehung, die zwangsläufig mit der Unterschlagung der Nachnahmebeträge verbunden waren, um sie überhaupt später abrechnen zu können. Die Fälschung beweiserheblicher Daten geschah vielmehr, um die Unterschlagungen zu verdecken, und ist für sich gesehen disziplinarisch von hohem Gewicht, weil dadurch die Sicherheit des Postverkehrs beeinträchtigt wurde. Der Beklagte hat das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hat und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in eine ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass das erforderliche Vertrauen endgültig zerstört ist.

Anlass für eine insgesamt günstige Prognose besteht auch nicht unter dem Aspekt einer überwundenen negativen Lebensphase. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Dabei müssen die negativen Lebensumstände eine schwerwiegende Ausnahmesituation begründen (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 57). Abgesehen davon, dass die schwierige persönliche und finanzielle Lage des Beklagten nach Angaben seiner Bevollmächtigten andauert, so dass schon aus diesem Grund keine günstige Prognose vorliegt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 118), sind die dargelegten familiären und finanziellen Schwierigkeiten nicht von solchem Gewicht, dass sie die begangenen Zugriffsdelikte in einem deutlich milderen Licht erscheinen lassen, zumal sie nicht über das hinausgehen, was grundsätzlich jeden treffen kann.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

3. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig.

Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/03 - juris Rn. 49).

V.

Die Berufung des Beklagten war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 69 BDG, 132 VwGO, 191 Abs. 2 VwGO i. V. m.§ 127 BRRG nicht vorliegen.

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.

2

Der Beklagte steht im Amt eines Oberverwaltungsrats (Besoldungsgruppe A 13) im Dienst der klagenden Gemeinde. Diese hat nach Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO im März 2006 Disziplinarklage mit den Vorwürfen erhoben, der Beklagte habe 1998 und 1999 zwei Mobilfunkkarten sowie 2003 zwei hochwertige Mobiltelefone, die Mobilfunkunternehmen der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, an sich genommen und bis zur Entdeckung im Jahr 2006 privat genutzt. Den jeweiligen Kaufpreis und die laufenden Telefonkosten habe der Beklagte aus eigenen Mitteln bezahlt, wobei er die der Klägerin gewährten Sonderkonditionen in Anspruch genommen habe.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Vorwürfe für erwiesen erachtet und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Diese Maßnahme sei bereits deshalb geboten, weil der Beklagte die in das Eigentum der Klägerin übergegangenen Mobiltelefone unterschlagen habe (sog. Zugriffsdelikte). Es lägen keine entlastenden Umstände vor, die eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses rechtfertigen könnten. Die Grenze der Geringfügigkeit sei selbst dann deutlich überschritten, wenn als Marktwert nur die Hälfte der unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers für den Verkauf der neuen Geräte angesetzt werde. Auch sei erschwerend zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte durch die unberechtigte Nutzung der Mobilfunkkarten zu Lasten der Klägerin einen Vermögensvorteil von rund 1 500 € verschafft habe. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Beklagte drei Grundsatzrügen erhoben.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des hier nach § 67 Satz 1 LDG NRW anwendbaren § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die vom Beklagten mit der Grundsatzrüge aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, nicht erfüllt:

5

Die erste Frage, ob der Milderungsgrund der Geringwertigkeit bei Zugriffsdelikten auch bei mehrmaligem Fehlverhalten bei einer Wertgrenze von insgesamt 200 € liegen kann, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist.

6

Danach stellt die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) das maßgebende Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme dar. Der Zugriff eines Beamten auf dienstlich anvertraute oder zugängliche Geldbeträge oder Gegenstände in der Absicht, sich diese anzueignen, stellt einen gravierenden Pflichtenverstoß dar, der aufgrund seiner Schwere die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert. Die Indizwirkung entfällt, wenn der Wert der unterschlagenen oder veruntreuten Gegenstände die Schwelle der Geringfügigkeit nicht deutlich übersteigt (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 15). Die Schwelle, die deutlich überschritten werden muss, um die Indizwirkung auszulösen, liegt gegenwärtig bei 50 € (Urteile vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <310 f.> und vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 22. September 2006 - BVerwG 2 B 52.06 - DÖD 2007, 187).

7

Die Indizwirkung entfällt auch, wenn ein anderer anerkannter Milderungsgrund, z.B. freiwillige Offenbarung des Pflichtenverstoßes, eingreift, wobei zugunsten des Beamten der Grundsatz „in dubio pro reo" Anwendung findet. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. entlastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten" und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung zu entkräften. Jedenfalls bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden kommt in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis absehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichen Gewicht hinzukommen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 15 und Beschluss vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 B 143.11 - juris Rn. 13). Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes insgesamt 200 € nicht erreicht. (Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O.).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze zum Bedeutungsgehalt des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und auf den festgestellten Sachverhalt angewandt. Ausgehend von seiner Würdigung, dass die Geringfügigkeitsgrenze deutlich überschritten ist und kein anderer anerkannter Milderungsgrund eingreift, hat es die belastenden Umstände in Bezug zu den entlastenden Umständen gesetzt. Die Würdigung, die entlastenden Umstände reichten in ihrer Gesamtheit nicht aus, um die Indizwirkung zu entkräften und von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, hält sich innerhalb des Rahmens, den die Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW den Tatsachengerichten für das Ergebnis der Gesamtabwägung belassen. Das Oberverwaltungsgericht hat insbesondere die jahrelange unberechtigte Benutzung zweier Mobilfunkkarten, die ihrerseits eine Dienstpflichtverletzung von erheblichem Gewicht darstellt, zu Recht als belastende Umstände von einigem Gewicht berücksichtigt.

9

Die zweite Frage, ob sich die Schwelle der Geringwertigkeit auch bei solchen Gegenständen nach dem objektiven Marktwert bemisst, die erheblichen Preis-und Wertschwankungen unterliegen oder wie Mobiltelefone als preisgünstige Zugabe beim Abschluss von Mobilfunkverträgen veräußert werden, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil kein Revisionsverfahren durchgeführt werden muss, um sie zu beantworten.

10

Der Wert von Gegenständen, die gehandelt werden, kann regelmäßig nur nach deren Marktwert bemessen werden. Die daran anknüpfende Frage, auf welche Weise dieser Wert ermittelt wird, kann in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil es sich nicht um eine Frage der Auslegung revisiblen Rechts handelt. Die Bestimmung des Marktwerts eines Gegenstandes gehört zur Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts, die der rechtlichen Würdigung vorgelagert ist. Daher können die Verfahrensbeteiligten die Methoden der Wertbestimmung in der Revisionsinstanz nur mit Verfahrensrügen in Frage stellen. In Betracht kommt insbesondere die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung nach § 57 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW, § 86 Abs. 1 VwGO verletzt.

11

Eine derartige Aufklärungsrüge kann der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Mit den Einwendungen des Beklagten gegen die Wertbestimmung von Mobiltelefonen aufgrund der Preisempfehlungen der Hersteller hat sich das Oberverwaltungsgericht auseinandergesetzt. Es hat dargelegt, dass die Mobiltelefone, die der Beklagte an sich genommen hat, zur maßgebenden Zeit der Tatbegehung neu auf dem Markt und daher preisstabil waren. Dem Vortrag, Mobiltelefone würden überwiegend aus Anlass des Abschlusses eines Mobilfunkvertrags mit erheblichen Preisnachlässen abgegeben, hat das Oberverwaltungsgericht Rechnung getragen, indem es als Marktwert nur jeweils die Hälfte der Preisempfehlungen der Hersteller zugrunde gelegt hat.

12

Die dritte Frage nach der Bedeutung einer unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere durch das Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - (BVerwGE 146, 98), geklärt ist.

13

Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 50).

14

Dementsprechend hat der Gesetzgeber davon abgesehen, einen inhaltlichen Bezug zwischen der überlangen Dauer eines Verfahrens und den geltend gemachten materiellrechtlichen Positionen herzustellen. Er hat die Verfahrensbeteiligten auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG (in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 ) verwiesen. Diese Vorschriften finden nach § 173 Satz 2 VwGO, § 3 LDG NRW auch für Disziplinarverfahren Anwendung (Urteil vom 28. Februar 2012 a.a.O. Rn. 51).

15

Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung, hier nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 53).

16

Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens der Aberkennung des Ruhegehalts nicht entgegen, wenn der Beamte während seiner Dienstzeit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verwirkt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12 - NVwZ 2013, 788).

17

Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden, wenn das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis wegen der mit dem Verfahren verbundenen Belastungen gemindert ist (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 54).

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühren betragsgenau festgelegt ist (§ 75 Satz 1 LDG NRW, Nr. 62 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu diesem Gesetz).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte wurde nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule am 1. September 1986 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft im Postdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Am 23. Juli 1988 wurde er zum Postoberschaffner z.A. ernannt und am 19. November 1990 zum Posthauptschaffner befördert. Am 1. Dezember 1995 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er war bis 26. Januar 2011 als Zusteller beim Zustellstützpunkt P. eingesetzt. Zu seinen Dienstaufgaben gehörte u. a. die Zustellung von Nachnahmesendungen. Seine dienstlichen Leistungen waren insgesamt „voll zufriedenstellend“.

Der Beklagte ist geschieden und hat drei 1989, 1991 und 1995 geborene Kinder. Er erhält ungekürzte Bezüge aus BesGr A 4. Er ist verschuldet, seine finanzielle Lage ist angespannt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit dem 28. Juni 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 (Az.: 1 Ds 4 Js 33857/10) wurde der Beklagte wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt. Den nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Gründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde, hinsichtlich derer auf die Anklage vom 11. Januar 2011 verwiesen wurde:

„In den nachfolgend aufgeführten Fällen lieferte der Angeschuldigte im Zeitraum vom 25.03.2010 bis 01.10.2010 als Postzusteller der Deutschen Post AG Nachnahmepakete im Bereich E. aus. In 12 Fällen lieferte der Angeschuldigte an den jeweiligen Adressaten die Sendung aus, kassierte die Nachnahmezahlung ein, vermerkte dann jedoch pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus, die Sendung habe nicht zugestellt werden können und der Empfänger sei benachrichtigt worden. Eine tatsächliche Abrechnung des jeweiligen Nachnahmebetrags erfolgte erst Wochen später. Bei dieser verspäteten Abrechnung fälschte er in allen 12 Fällen die Unterschrift der Nachnahmeempfänger. In 3 weiteren Fällen unterblieb eine spätere Abrechnung.

Im Einzelnen handelt es sich bei den nachträglich abgerechneten Sendungen um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

Abrechnungstag

H.,

...

...

235,00

25.03.2010

07.06.2010

H.,

...

...

116,36

01.04.2010

04.05.2010

J.,

...

...

123,58

04.05.2010

03.07.2010

A.,

...

...

119,68

05.05.2010

03.07.2010

D.,

...

...

139,00

07.05.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

53,66

04.06.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

462,48

29.06.2010

02.08.2010

W.,

...

...

319,90

30/31.07.2010

20.08.2010

P.,

...

...

334,00

20.08.2010

30.09.2010

W.,

...

...

156,90

23.09.2010

10.11.2010

B.r,

...

...

159,43

30.09.2010

10.11.2010

W.,

...

...

55,50

01.10.2010

10.11.2010

Insgesamt wurden somit 2.275,49 € verspätet abgerechnet.

Bei den nicht abgerechneten Nachnameaufträgen handelt es sich um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

D.,

...

...

75,65

17.05.2010

H.,

...

...

354,28

31.07.2010

D.,

...

...

71,97

28.09.2010

Insgesamt wurden somit 501,90 € nicht abgerechnet.“

Der Beklagte hat den Sachverhalt im Strafverfahren eingeräumt und im April 2011 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt. Als Grund für seine Taten gab er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestand in Höhe von 600,- € an, den er mit seinem eigenen Geld ausgeglichen habe.

III.

Im Rahmen von Ermittlungen der Konzernsicherheit der Klägerin wurde der Beklagte am 10. November 2010 zu dem Verdacht, Nachnahmebeträge in neun Fällen erst verspätet sowie in zwei Fällen nicht abgerechnet zu haben, befragt. Er räumte die Vorwürfe ein und erklärte, im Frühjahr 2010 mit dem „Schieben“ von eingezogenen Nachnahmebeträgen begonnen zu haben, da er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Minderbetrag von ca. 400,- € in der Kasse gehabt habe. Er habe 400,- € von seinem Geld genommen und durch das verspätete Abrechnen der Nachnahmebeträge seine Privatkasse wieder aufgefüllt. Die nicht abgerechneten Nachnahmebeträge habe er sobald wie möglich abrechnen wollen. Im Dezember 2010 wurde bekannt, dass der Beklagte in drei weiteren Fällen Nachnahmebeträge verspätet sowie in einem weiteren Fall Nachnahmebeträge nicht abgerechnet hatte.

Am 15. November 2010 wurde gegenüber dem Beklagten mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG ausgesprochen.

Mit Verfügung vom 3. Dezember 2010 wurde gegen den Beklagten aufgrund der Vorwürfe ein Disziplinarverfahren nach § 17 BDG eingeleitet. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 wurde der Beklagte gemäß § 20 BDG über seine Rechte belehrt.

Mit Verfügung vom 24. Januar 2011 wurde der Beklagte nach § 38 BDG ab dem 26. Januar 2011 vorläufig des Dienstes enthoben; von einer Kürzung der Dienstbezüge wurde aufgrund der finanziellen Lage des Beklagten abgesehen.

Mit Verfügung vom 14. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 22 BDG wegen des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt und am 17. August 2011 nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens fortgeführt.

Die Bevollmächtigten des Beklagten nahmen mit Schreiben vom 22. September 2011 zu den strafrechtlich geahndeten Vorwürfen Stellung.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 erhielt der Beklagte nach § 30 BDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Mit Schreiben vom 2. Januar 2012 wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Betriebsrats nach § 78 BPersVG belehrt.

IV.

Am 6. Februar 2012 erhob die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 1. März 2013, ihm zugestellt am 7. März 2013, aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren. Der Beklagte habe die ihm zur Last gelegten Unterschlagungen zur Überzeugung des Gerichts begangen. Er habe die Taten vollumfänglich eingeräumt, im Übrigen sei das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 bindend. Der Beklagte habe damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Er habe sein Amt nicht uneigennützig verwaltet, sei der Achtung und dem Vertrauen, das sein Beruf erfordere, nicht gerecht geworden und habe sich nicht an die Gesetze gehalten. Als Postbediensteter sei er zu größtmöglicher Korrektheit und Ehrlichkeit gegenüber seinem Dienstherrn und den Kunden der Klägerin verpflichtet. Damit sei es unvereinbar, Geld durch die Ansichnahme der Summe bzw. durch die verspätete Auszahlung an die Kunden zu unterschlagen. Ein solches Verhalten sei nach den Maßstäben eines Zugriffsdelikts zu beurteilen. Der Beklagte habe vorsätzlich amtlich anvertrautes und zugängliches Geld mit dem Ziel der privaten Nutzung an sich genommen und damit schuldhaft gehandelt. Dies sei mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden, da der von ihm veruntreute Betrag die Schwelle der Geringwertigkeit von 50,- € übersteige. Diese Indizwirkung sei nicht durch Milderungsgründe entfallen. Die Voraussetzungen des Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage lägen nicht vor, da der Beklagte nicht dargetan habe, sich in einer existenzbedrohenden Notlage befunden zu haben. Die Darlehens- und Unterhaltsverpflichtungen sowie der selbst verschuldete Verlust von 400,- € in seiner Kasse im Frühjahr 2010 könnten angesichts seiner Einkommensverhältnisse keine existenzielle Notlage begründen. Auch sei er nach der Entdeckung der Unterschlagungen in der Lage gewesen, den Schaden kurzfristig zu tilgen, was ebenfalls der Annahme einer derartigen Notlage widerspreche. Er habe auch nicht von selbst von seinem Tun abgelassen, sondern sei von der Konzernsicherheit überführt worden. Erschwerend trete hinzu, dass nicht nur ein einmaliges Fehlverhalten vorliege, sondern dass der Beklagte mehrfach auf ihm anvertrautes dienstliches Geld zugegriffen habe. Zu diesem Zweck sei er auch bereit gewesen, Unterschriften auf elektronischen Dokumenten zu fälschen.

Hiergegen richtet sich die am 3. April 2013 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser beantragt,

das Urteil vom 1. März 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Das Verwaltungsgericht habe die für den Beklagten sprechenden Milderungsgründe nicht ausreichend berücksichtigt. Er habe die Taten gestanden und Schuldeinsicht gezeigt. Er habe das Geld nicht für sich behalten wollen, sondern beabsichtigt, die Nachnahmebeträge zurückzuzahlen. Er habe den Schaden wieder gut gemacht und die Geldbeträge vollumfänglich an die Klägerin zurückgezahlt, größtenteils bereits vor Entdeckung der Taten. Er habe aufgrund einer ausweglosen finanziellen Notlage gehandelt. Er habe einen Kassenfehlbetrag von ca. 400,- bis 600,- € mit eigenem Geld ausgeglichen, damals aber nicht das Geld dafür gehabt. Dadurch habe er die Studiengebühren für seinen Sohn nicht bezahlen können. Er sei geschieden und habe drei unterhaltspflichtige Kinder und habe monatlich mehr Geld ausgegeben, als er eingenommen habe, obwohl er nur seine geringsten Bedürfnisse gedeckt habe. In dieser Situation habe er z. T. kassierte Beträge nicht am gleichen Tag abgerechnet. Um diese nach ein oder zwei Wochen bezahlen zu können, habe er weitere Beträge einbehalten und versucht, diese zu bezahlen. Dabei habe er zwangsläufig selbst im Handscanner unterschreiben müssen, um die Beträge später überhaupt abrechnen zu können. Er sei bisher strafrechtlich in keiner Weise in Erscheinung getreten. Auch sein Berufsbild in 25 Dienstjahren sei sehr positiv. Bei dem Dienstvergehen handle es sich um ein lediglich vorübergehendes Fehlverhalten, so dass von einer positiven Prognose auszugehen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 29. Juli 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen. Dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat, steht aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils vom 28. Juni 2011, das gemäß § 65 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für das Berufungsgericht Bindungswirkung entfaltet, fest. Anhaltspunkte dafür, dass das Strafurteil vom 28. Juni 2011 offensichtliche Unrichtigkeiten i. S. v. § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG enthält, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen hat der Beklagte die ihm zur Last gelegten Taten auch im Straf- und Disziplinarverfahren eingeräumt.

Hiernach steht bindend fest, dass der Beklagte zwischen dem 25. März 2010 und dem 1. Oktober 2010 in 15 Fällen Nachnahmepakete an die Empfänger ausgeliefert und den Nachnahmebetrag vereinnahmt hat, ohne sich deren Empfang bestätigen zu lassen, und dann pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus angegeben hat, die Sendung habe nicht zugestellt werden können, der Empfänger sei benachrichtigt. In 12 Fällen erfolgte die Abrechnung der Nachnahmebeträge Wochen später, wobei der Beklagte die gefälschte Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingab, in drei Fällen unterblieb eine Abrechnung der Nachnahmebeträge.

Aufgrund der Feststellungen des Strafgerichts hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft eine veruntreuende Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB), begangen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung die von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines von ihm nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestandes in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € verwendet hat, um den Fehlbetrag durch verspätete Abrechnung der Nachnahmebeträge sukzessive ersetzen zu können.

Es ist festzuhalten, dass die Absicht des Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen von Anfang an darauf gerichtet war, durch die verspätete Abrechnung der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge einen Kassenfehlbestand in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € zu ersetzen, den er zunächst aus eigenen Mitteln beglichen hat, die ihm jedoch dann für die Studiengebühren seines Sohnes gefehlt haben, so dass er zum Ausgleich seiner Privatkasse vorübergehend Nachnahmebeträge für eigene Zwecke vereinnahmt hat. Mit der Vereinnahmung der Nachnahmebeträge für eigene Zwecke hat er eine - vollendete - Unterschlagung begangen. Die Zueignung setzt voraus, dass der Täter die fremde Sache seinem Vermögen einverleibt. Eine Verfügung i.d.S. liegt hier vor, weil der Beklagte die Deckung eines Verlustes aus eigenem Vermögen vorgenommen und zu diesem Zweck - aus Mangel an ausreichenden Eigenmitteln - bis zu deren Beschaffung amtlich anvertraute Gelder verwendet hat. Dies setzt begrifflich die Absicht voraus, die fremden Gelder wirtschaftlich für sich zu verwenden und ihren Sachwert so in das eigene Vermögen zu überführen. Auf den Beweggrund kommt es dabei nicht entscheidend an. Maßgebend ist allein, dass der Beklagte sich zum Ausgleich seiner Privatkasse die fremden Gelder zueignete.

Mit der Übergabe des jeweiligen Nachnahmebetrags vom Empfänger der Sendung an den Beklagten gelangte das Geld in dessen dienstlichen Gewahrsam. Sodann trat aufgrund des Unterschlagungsvorsatzes des Beklagten der Eigentumsverlust bei der Klägerin ein, der der jeweilige Nachnahmebetrag zustand. Die Begleichung der Rechnung für die Nachnahmesendung schuldet der Empfänger nur dem Absender. Hieraus folgt, dass mit Zahlung durch den Empfänger an den Beklagten das Eigentum an dem Geld sofort und unmittelbar vom Empfänger auf die Klägerin überging, die das von ihm empfangene Geld - gegen ein entsprechendes Zustellungsentgelt - aufgrund des zwischen ihr und dem Absender bestehenden Nachnahmeauftrags an diesen weiterzuleiten hat. Eignet sich der Zusteller das von ihm empfangene Geld - wie hier - zu eigenen Zwecken an, verwirklicht er deshalb den Tatbestand der Unterschlagung in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines Kassenfehlbestandes verwendet hat, um sich so die Möglichkeit zu verschaffen, aus eigenen Mitteln den Fehlbetrag unbemerkt nach und nach zu ersetzen. Werden Geldbeträge öffentlicher Kassen von den Kassenführern unbefugt zum eigenen Nutzen verwandt, so liegt hierin auch dann eine (Amts-) Unterschlagung, wenn der Beamte hierbei mit dem Willen handelt, die ihn treffende Pflicht zum Ausgleich des Kassenfehlbestandes lediglich vorübergehend abzuwenden (vgl. BGH, U. v. 3.5.1956 - 3 StR 70/56 - BGHSt 9, 348).

Daher hat der Beklagte schon dadurch eine vollendete Unterschlagung begangen, dass er die von ihm bei der Zustellung empfangenen Nachnahmebeträge nicht - wie vorgeschrieben - ordnungsgemäß noch am selben bzw. am darauf folgenden Tag verbucht, sondern sie erst mehrere Wochen später tatsächlich abgerechnet hat. Ein Beamter, der zur Deckung eines Kassenfehlbestandes, für den er wirklich oder auch nur vermeintlich einzustehen hat (vgl. RG, U. v. 27.10.1930 - III 685/30 - RGSt 64, 414), Gelder seines Dienstherrn verwendet, deren Eingang er durch falsche oder durch Unterlassen der vorgeschriebenen Buchungen verschleiert, eignet sich diese auch dann zu, wenn er damit private Gelder ersetzt. Die Zueignung liegt in diesem Fall darin, dass durch die verspätete Buchung der Gelder der Anschein erweckt wird, als handle es sich nicht um neu vereinnahmte Beträge (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 17).

Auch die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen und die Klägerin daher nicht auf Dauer schädigen zu wollen, schließt die Zueignung nicht aus, da der Beklagte mit der eigennützigen Verwendung der Gelder sich diese zugeeignet hat (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 25); ein Eigentumsverlust, der nur durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten denkbar ist, oder ein Vermögensschaden (aufgrund eines Schadensersatzanspruchs des Absenders bzw. in Form entgangenen Gewinns oder eines Verzugsschadens der Klägerin) muss nicht eingetreten sein. Die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen, beseitigt auch nicht den Vorsatz rechtswidriger Zueignung, zumal wenn - wie hier - der Täter nicht in der Lage ist, den Fehlbetrag jederzeit aus Eigenmitteln zu ersetzen (BGH a. a. O. Rn. 27). Im Übrigen setzt die Zueignung keine Bereicherung bzw. eine entsprechende Absicht des Täters voraus.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beklagte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtliche Pflichten, die Gesetze zu beachten und das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen sowie sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. § 61 BBG), verstoßen. Die von ihm im Rahmen seiner Dienstausübung als Postzusteller verübten Unterschlagungen der Nachnahmebeträge und die damit verbundene Fälschung von Unterschriften der Empfänger stellen dabei ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen dar.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 12). Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

1. Die schwerste Pflichtverletzung stellt die Unterschlagung der Nachnahmebeträge dar. Hierdurch hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge hat (vgl. BVerwG, U. v. 10.1.2007 - 1 D 15/05 - juris Rn. 12). Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder auf gleichgestellte Werte zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder zugänglich sind (vgl. BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64/11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der - wie der Beklagte - von Postkunden eingezogene Nachnahmebeträge und Zustellentgelte - sei es auch nur vorübergehend - unberechtigt für private Zwecke nutzt, begeht ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden dienstlichen Pflichten. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten. Die Klägerin ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Beamten beim Umgang mit anvertrauten und eingezogenen Geldern angewiesen. Eine lückenlose Kontrolle ist nicht möglich und muss weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für den geordneten Ablauf des Postbetriebs unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, kann regelmäßig nicht Beamter bleiben (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 1.9.1999 - 1 D 26/98 - juris Rn. 23).

2. Von der disziplinaren Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher geprüft werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwerwiegenden Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 14 f.).

2.1 Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen vorliegend zu keiner anderen Bewertung der Dienstpflichtverletzung.

(1) Ein Zugriff auf lediglich geringwertige Güter liegt bei einer Unterschlagung von Nachnahmebeträgen in Höhe von insgesamt 2.777.39 € zweifellos nicht vor, da die Grenze der Geringwertigkeit bei ca. 50,- € anzusetzen ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 16) Zwar kann auch für ein Zugriffsdelikt bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung abzusehen (vgl. BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143/11 - juris Rn. 13; B. v. 26.3.2014 - 2 B 100/13 - juris Rn. 7), doch ist auch diese Grenze vorliegend bei weitem überschritten. Hinzu kommt, dass es sich auch nicht um ein lediglich einmaliges Fehlverhalten handelt.

(2) Der Beklagte befand sich 2010 auch nicht in einer ausweglosen wirtschaftlichen Notlage. Der Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich sowie auch zahlenmäßig begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2011 - 16b D 10.2447- juris Rn. 43). Der Beklagte befand sich zwar wegen der Scheidung von seiner Ehefrau und den aus der Ehezeit stammenden Schulden in Höhe von ca. 40.000,- € sowie aufgrund der Unterhaltszahlungen für seine Kinder in einer schwierigen finanziellen Lage und ist mit seinen Nettobezügen sowie seinen Einkünften aus einer genehmigten Nebentätigkeit auch gerade so über die Runden gekommen. Eine ausweglose existenzielle Notlage kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Beamte aufgrund seiner finanziellen Situation keine andere Möglichkeit als den Zugriff auf ihm dienstlich anvertraute Gelder oder Güter gesehen hat, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zeitweilig zu sichern. Hierfür sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben. Eine lediglich finanziell angespannte Lage reicht hierfür nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 48). Hinzu kommt, dass der Beklagte den Kassenfehlbestand nach eigenen Angaben vorübergehend mit seinem Geld ausgeglichen hat, mag er dadurch auch zunächst kein Geld für die Studiengebühren des Sohnes übrig gehabt haben. Gegen die Annahme einer Notlage spricht zudem, dass er nach der Entdeckung der Unterschlagungen ohne weiteres in der Lage war, 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen kurzfristig zu tilgen, weil er sich offenbar problemlos Geld von Dritten leihen konnte.

Jedenfalls befand sich der Beklagte nicht unverschuldet in einer finanziellen Notlage, indem er die vereinnahmten Nachnahmebeträge zur Verschleierung eines von ihm zu verantwortenden Kassenfehlbestands verwendete, sondern er hat sich vorwerfbar selbst in diese Situation gebracht. Der Beklagte wäre - unabhängig davon, ob sein Dienstherr hierfür nach § 75 BBG Schadensersatz von ihm hätte verlangen können - verpflichtet gewesen, den Fehlbestand zeitnah zu melden, anstatt diesen mit Geldern seines Dienstherrn auszugleichen, mag es ihm auch peinlich gewesen sein, dies seinem Vorgesetzten eingestehen zu müssen. Und selbst für den Fall, dass er hierfür hätte einstehen müssen, wäre es ihm zumutbar gewesen, eine Ratenzahlung zu beantragen, anstatt sich durch fortgesetzte kriminelle Handlungen unbefugt selbst einen Zahlungsspielraum zu verschaffen. Die Unterschlagungen geschahen deshalb nicht zwangsläufig, da der Beklagte andere Möglichkeiten gehabt hätte, den Kassenfehlbestand auszugleichen, als sich an den Nachnahmebeträgen zu vergreifen.

(3) Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, liegt nicht vor. Hiergegen spricht schon die Dauer und Häufigkeit der Unterschlagungen sowie das planmäßige Vorgehen. Der Beklagte hat die kassierten Nachnahmebeträge bei Ausübung seiner Tätigkeit, nämlich beim täglichen Umgang mit Postsendungen, unterschlagen. Die Entgegennahme von Nachnahmegeldern gehörte für ihn dabei zu den normalen dienstlichen Verrichtungen und begründete deshalb keine besondere (einmalige) Versuchungssituation (vgl. BVerwG, U. v. 21.6.2000 - 1 D 49/99 - juris Rn. 16).

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Taten in einem Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB begangen hat, bestehen nicht. Auch eine psychische Ausnahmesituation ist zu verneinen. Diese setzt eine seelische Zwangslage voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen solchen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Eine angespannte psychische Situation bzw. eine subjektiv als ausweglos empfundene Lage reicht nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Zwar stand der Beklagte angesichts des Kassenverlustes ersichtlich unter Druck. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine extreme existenzbedrohende Belastungssituation, in der er schockartigplanlos reagierte, sondern er ging planmäßig über mehrere Monate hinweg vor.

(5) Auch die nicht nach außen hin (z. B. durch Einlage von Fehlzetteln) manifestierte Absicht, sich die Gelder des Dienstherrn lediglich vorübergehend nutzbar zu machen und baldmöglichst zurückzuzahlen, führt nicht zu einer milderen Beurteilung. Ein Beamter ist nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.1997 - 1 D 60/96 - juris Rn. 26). Die Einlassung, dass der Beklagte mit der Aneignung der Beträge keine endgültige Schädigung beabsichtigte, reicht nicht aus, um von der Höchstmaßnahme absehen zu können, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt sind, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (vgl. BVerwG, U. v. 8.6.1983 - 1 D 112/82 - juris Rn. 13). Der Vertrauensverlust ergibt sich nicht aus dem etwaigen Schaden, sondern aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (vgl. BVerwG, U. v. 15.8.1989 - 1 D 61/88 - juris Rn. 26).

(6) Ein Absehen von der Höchstmaßnahme kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Beamte durch ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens oder Wiedergutmachung des Schadens jeweils vor drohender Entdeckung, ein Verhalten zeigt, das Anlass zur Prüfung gibt, ob ein endgültiger Vertrauensverlust zu verneinen ist (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.2002 - 1 D 29/01 - juris Rn. 22).

Vorliegend hat der Beklagte ein Fehlverhalten erst eingestanden, nachdem er von der Konzernsicherheit damit konfrontiert worden war, dass er Nachnahmebeträge verspätet bzw. nicht abgerechnet hatte. Auch hat er alle Taten erst im Strafverfahren eingeräumt, als ein Bestreiten ersichtlich aussichtslos gewesen wäre. Im Übrigen spricht ein Einräumen aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen nicht für einen von Einsicht und Reue getragenen Willen bei der Aufdeckung des Fehlverhaltens.

Auch hat der Beklagte die fehlenden Nachnahmebeträge vollständig und endgültig erst nach der Einleitung des Strafverfahrens und nicht etwa größtenteils schon vor Entdeckung der Taten ausgeglichen, indem er 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt hat. Bei den erneuten Unterschlagungen durch „Schieben“ der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge kann nicht von Schadenswiedergutmachung die Rede sein. Hierin liegt vielmehr eine fortgesetzte veruntreuende Unterschlagung in 15 Fällen, wie das Strafgericht zu Recht festgestellt hat.

Da die Zueignung der Nachnahmebeträge durch Unterlassen der ordnungsgemäßen Verbuchung vollendet war (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 11), kann offen bleiben, ob der Beklagte die verspätete Abrechnung von drei bis zu diesem Tag unentdeckt gebliebenen Nachnahmebeträgen am 10. November 2010 noch vor seiner Befragung durch die Konzernsicherheit gemacht hat. Hierin ist jedenfalls keine Schadenswiedergutmachung zu sehen, sondern nur der Versuch, diese Falschbuchungen zu vertuschen, die der Beklagte auch nicht von sich aus am 10. November 2010 gegenüber der Konzernsicherheit offenbart hat.

(7) Auch die Einlassung, er habe das Geld zum Ausgleich des Kassenfehlbestands verwendet, den er zunächst aus eigenen Mitteln ersetzt habe, kann den Beklagten nicht entlasten (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1990 - 1 D 74/89 - juris Rn. 37). Unabhängig davon, dass der Beklagte den entstandenen Verlust pflichtwidrig nicht gemeldet hat, obwohl er seinen Angaben nach davon ausgegangen ist, ihn ersetzen zu müssen, vermag der Hinweis auf den - im Verantwortungsbereich des Beklagten liegenden - Grund für die Unterschlagungen die von ihm begangene Dienstpflichtverletzung nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen, zumal dieser dabei eigennützig handelte.

(8) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem etwaigen Versäumnis des Dienstherrn, die Abrechnung der Nachnahmebeträge zeitnah zu kontrollieren. Denn es war in erster Linie die Aufgabe des Beklagten, diese ordnungsgemäß abzurechnen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt schwerer als die ggf. mangelhafte Kontrolle des Dienstherrn (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103).

2.2 Es liegen auch keine sonstigen entlastenden Umstände vor, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Der Beklagte verstand sich zwar nicht so gut mit seinem Vorgesetzten. Darüber hinaus befand sich er sich durch die Scheidung von seiner Ehefrau in einer schwierigen persönlichen Situation. Auch ist seine angespannte finanzielle Situation durch die Schulden und Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Überdies ist er weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet und zeigte in 25 Dienstjahren, in denen er sich nichts zuschulden hat kommen lassen, ein durchwegs positives Berufsbild und erbringt insgesamt voll zufriedenstellende Dienstleistungen. Er war auch im Straf- und Disziplinarverfahren geständig und hat sein Verhalten aufrichtig bedauert.

Diese bemessungsrelevanten entlastenden Umstände führen angesichts der gegen den Beklagten sprechenden Umstände jedoch weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Zulasten des Beklagten fällt insbesondere die Anzahl und Häufigkeit der von ihm begangenen Zugriffsdelikte (15 Unterschlagungen), der über sieben Monate andauernde Tatzeitraum sowie die Höhe der unterschlagenen Nachnahmebeträge (insgesamt 2.777,39 €) erschwerend ins Gewicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Beklagte hat im Lauf des siebenmonatigen Tatzeitraums jeweils 15 mal wieder einen neuen Entschluss gefasst, Nachnahmebeträge zu unterschlagen. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht nur 15 Nachnahmebeträge unterschlagen, sondern in 12 Fällen auch die Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingegeben, so dass er zusätzlich beweiserhebliche Daten gefälscht hat (§ 269 StGB). Dabei handelt es sich nicht um bloße Begleitdelikte oder Mittel zur Tatbegehung, die zwangsläufig mit der Unterschlagung der Nachnahmebeträge verbunden waren, um sie überhaupt später abrechnen zu können. Die Fälschung beweiserheblicher Daten geschah vielmehr, um die Unterschlagungen zu verdecken, und ist für sich gesehen disziplinarisch von hohem Gewicht, weil dadurch die Sicherheit des Postverkehrs beeinträchtigt wurde. Der Beklagte hat das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hat und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in eine ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass das erforderliche Vertrauen endgültig zerstört ist.

Anlass für eine insgesamt günstige Prognose besteht auch nicht unter dem Aspekt einer überwundenen negativen Lebensphase. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Dabei müssen die negativen Lebensumstände eine schwerwiegende Ausnahmesituation begründen (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 57). Abgesehen davon, dass die schwierige persönliche und finanzielle Lage des Beklagten nach Angaben seiner Bevollmächtigten andauert, so dass schon aus diesem Grund keine günstige Prognose vorliegt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 118), sind die dargelegten familiären und finanziellen Schwierigkeiten nicht von solchem Gewicht, dass sie die begangenen Zugriffsdelikte in einem deutlich milderen Licht erscheinen lassen, zumal sie nicht über das hinausgehen, was grundsätzlich jeden treffen kann.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

3. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig.

Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/03 - juris Rn. 49).

V.

Die Berufung des Beklagten war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 69 BDG, 132 VwGO, 191 Abs. 2 VwGO i. V. m.§ 127 BRRG nicht vorliegen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Tenor

I.

In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Mai 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 1956 geborene Beklagte wurde 1971 als Postjungbote bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Zum 1. März 1974 wurde er zum Postschaffner zur Anstellung ernannt, am 14. Dezember 1995 zum Postbetriebsassistenten (BesGr. A 5) befördert und zum 1. Juli 2008 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 6 vz eingewiesen. Zuletzt war der Beklagte als Paketzusteller in der Zustellbasis L. eingesetzt.

Der Beamte ist verheiratet und hat zwei Kinder, geb. 1980 und 1984. Zuletzt verfügte er über Nettodienstbezüge in Höhe von ca. 2.300 €. Der Beamte ist - mit Ausnahme des vorliegend vorgeworfenen Sachverhalts - weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten. Bei der letzten Leistungsbeurteilung im Jahr 2010 erhielt der Beklagte 9 Punkte (übertrifft die Anforderungen). Im Jahr 2009 erhielt er eine Gütezulage und seit Einführung der Leistungszulagen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 jeweils eine Leistungszulage.

II.

Mit seit 12. Februar 2013 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 24. Januar 2013 (Az. 2 Cs 4 Js 35719/12) wurde gegen den Beklagten wegen des Vorwurfs, er habe als Paketzusteller bei der Zustellbasis L. am 23. November 2012 widerrechtlich ein Postpäckchen geöffnet, den darin enthaltenen Briefumschlag entwendet und eine Glückwunschkarte sowie Bargeld in Höhe von 50 € an sich genommen, wegen versuchten Diebstahls gemäß §§ 242 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 50 € verhängt.

Grundlage des Strafbefehls sowie des streitgegenständlichen Disziplinarverfahrens ist folgender Sachverhalt:

Aufgrund einer Reklamation eines Kunden wegen Inhaltsschmälerung eines Päckchens wurden von der Konzernsicherheit der Klägerin Ermittlungen aufgenommen. Um den Täter zu überführen, wurde ein Fangpäckchen gefertigt und in den Sendungsstrom eingeschleust. Am 22. November 2012 präparierte die Security einen Geldschein zu 20 € und drei Geldscheine zu 10 € mit einem Fangstoffmittel und protokollierte die Seriennummern der Geldscheine. Diese wurden in eine Glückwunschkarte und diese in einem pinkfarbenen Briefumschlag eingelegt. Anschließend wurde der Briefumschlag zusammen mit einem in Geschenkpapier eingewickelten Buch in ein Päckchen gelegt. Am Tag vor dem Dienstantritt des Beklagten am 23. November 2012 wurde das Fangpäckchen gegen 5.15 Uhr in einen Rollbehälter eingelegt, in dem sich die Sendungen für einen den Beklagten zustehenden Zustellbezirk befanden. Aus diesem Rollbehälter entnehmen die Zusteller die jeweils für ihren Bereich bestimmten Sendungen. Die Fangbriefsendung wurde um 6.40 Uhr aus dem Zustellfahrzeug des Beklagten entnommen und anschließend vom Securitymitarbeiter überprüft. Hierbei wurde festgestellt, dass das Päckchen auf der rechten Seite geöffnet war und der Briefumschlag mit der Glückwunschkarte und den innenliegenden Gelscheinen fehlte. Bei der Vernehmung durch Polizeibeamte gab der Beklagte die Inhaltsschmälerung des Päckchens sofort zu und entnahm aus seinem privaten Rucksack den aufgerissenen Briefumschlag sowie vier Geldscheine im Wert von 50 €. Auch zeigten sich bei der Überprüfung der Hände des Beklagten die für den verwendeten Fangstoff typischen Spuren an dessen Daumen und Finger. Gegenüber der Konzernsicherheit sowie auch in den strafrechtlichen Ermittlungen bestritt der Beklagte, dass er in weiteren Fällen Bargeld aus von ihm geöffneten Sendungen entwendet habe.

III.

Am 5. Dezember 2012 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Beamte wurde mit Bescheid vom 23. Januar 2013 vorläufig des Dienstes enthoben. Von seinen Dienstbezügen werden 20% einbehalten.

Der Beklagte ließ sich im Rahmen des Disziplinarverfahrens dahingehend ein, dass er sich sein Verhalten selbst nicht erklären könne. Er habe sich während seiner Dienstzeit von 41 Jahren bisher nichts zu Schulden kommen lassen. In den vergangenen Jahren habe er jeweils eine Leistungszulage der zweitbesten Stufe erhalten. Außerdem sei gegen ihn nur wegen versuchten Diebstahls eine Geldstrafe verhängt worden. Dabei habe es sich um eine einmalige, kurzschlussartige und persönlichkeitsfremde Tat gehandelt. Es seien lediglich 50 € entzogen worden. Der Beklagte habe seine alleinerziehende Tochter finanziell, psychisch und physisch unterstützt, auch sei er durch das erhöhte Sendungsaufkommen vor Weihnachten stark belastet gewesen. Am Morgen des Tattages habe er vergessen, seine sämtlichen Medikamente einzunehmen. Er habe sich schwindlig gefühlt.

Am 19. Dezember 2013 erhob die Niederlassung Brief F... Klage beim Verwaltungsgericht, mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 wurde der Beklagte in ein Amt der Besoldungsgruppe A 5 zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Grundsätzlich sei bei den Zugriffsdelikten aufgrund der Schwere dieser Dienstvergehen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, Ausnahmen könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Der entwendete Betrag in Höhe von 50 € bewege sich im Bereich der „Bagatellgrenze“ und übersteige die Grenze der Geringwertigkeit nicht. Bei der Auslegung und Überführung eines Täters durch einen Fangbrief sei die Bestimmung einer Bagatellgrenze schwierig, weil die Höhe des entwendeten Betrags letztlich vom Inhalt des Fangbriefs abhänge und somit vom Dienstherrn bzw. des von ihm beauftragten Sicherheitsdienstes vorgegeben werde. Andererseits spiele bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens auch der angerichtete Schaden eine maßgebliche Rolle. Maßgeblich sei das Ergebnis einer Gesamtwürdigung. Gegen den Beklagten sprächen die Umstände der Tat. Der Beklagte sei planvoll vorgegangen und habe mit der Öffnung des Päckchens und des Briefs das Postgeheimnis verletzt. Von einer unverschuldeten, ausweglosen Notlage könne nicht ausgegangen werden. Auch eine unbedachte einmalige Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation könne nicht bejaht werden. Der Beklagte habe bewusst auf eine Sendung zugegriffen, bei der durch die Adressierung „an das Geburtstagskind“ die Wahrscheinlichkeit von Bargeld als Inhalt hoch gewesen sei. Der Beklagte habe erst nach der Überführung ein Geständnis abgelegt und das entwendete Bargeld zurückgegeben. Dass die Schuldfähigkeit des Beamten ausgeschlossen oder eingeschränkt gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Gleichwohl sprächen überwiegende Milderungsgründe zugunsten des Beklagten: Er habe sich in den 41 Jahren seines Dienstverhältnisses weder inner- noch außerdienstlich irgendetwas zu Schulden kommen lassen. Für ihn spreche seine gute Führung und Dienstauffassung, welche ihm im Dienstzeugnis der Niederlassung F... vom 26. Februar 2013 bescheinigt worden sei. Danach habe der Beklagte seine Aufgaben zur vollen Zufriedenheit seines Dienstherrn erledigt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen sei vorbildlich gewesen. Gegenüber den Kunden sei er stets zuvorkommend aufgetreten. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten habe er sich auch gezielt für die wirtschaftlichen Interessen seines Dienstherrn eingesetzt und bei größeren Firmen dafür geworben, dass diese ihre Pakete nicht mehr über die Konkurrenz, sondern bei der Deutschen Post AG anlieferten. Die besonderen Leistungen des Beklagten hätten sich auch darin niedergeschlagen, dass er im Jahr 2009 eine Gütezulage und seit Einführung der Leistungszulagen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für das Vorjahr jeweils die Leistungszulage der zweitbesten Stufe erhalten habe. Diese Umstände wiesen den Beklagten als einen über die Jahre engagierten Postbeamten aus, der seinen Beruf mit großem Pflichtgefühl und Einsatz ausgeübt habe. Angesichts der geringen Höhe des Schadens und des lediglich einmaligen Zugriffs auf fremdes Geld halte die Kammer die Maßnahme der Zurückstufung des Beklagten in ein Amt der BesGr. A 5 für erforderlich, aber auch ausreichend.

Die Klägerin hat hiergegen am 10. Juni 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens komme nur die mit der Disziplinarklage beantragte Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Disziplinarmaß in Betracht. Der Beklagte habe ein vorsätzliches Dienstvergehen in Form des Zugriffsdelikts begangen. Wer als Zusteller ihm anvertraute oder dienstlich zugängliche Sendungen unberechtigt öffne und aus eigennützigen Gründen das darin enthaltene Bargeld entwende, störe das ihn mit dem Dienstherrn verbindende Vertrauensverhältnis nachhaltig. Die Klägerin sei auf die Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter im Umgang mit anvertrauten Postsendungen in vollem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Bediensteten nicht möglich sei. Wer sich als Postzusteller über die leicht verständliche Pflicht der gewissenhaften Behandlung und Weiterleitung der Postsendungen hinwegsetze, versage im Kernbereich seiner Tätigkeit. Durch das Öffnen der Frachtsendung habe der Beklagte zusätzlich das Postgeheimnis verletzt, was auch für sich alleine gesehen eine Kernpflichtverletzung darstelle und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertige. Die Beachtung des Postgeheimnisses zähle zu den unabdingbaren Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Betriebs. Mit seiner Handlungsweise habe er einen vorsätzlichen Treuebruch im Kernbereich seiner Dienstpflichten begangen. Dies erfordere im Interesse der Reinhaltung des Berufsbeamtentums grundsätzlich die Verhängung der Höchstmaßnahme. Bei Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder sei auch nach der neueren Rechtsprechung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessen Disziplinarmaßnahme. Diese von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung könne allerdings entfallen, wenn gewichtige und im Einzelfall durchgreifende Entlastungsgründe vorlägen. Die Voraussetzungen für die in der Rechtsprechung entwickelten „klassischen Milderungsgründe“ lägen hier nicht vor. Das Verwaltungsgericht meine, die Tat des Beklagten bewege sich jedenfalls im weiteren Bereich der Bagatellgrenze und führe nicht zwangsläufig zur Entfernung aus dem Dienst. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne sich der Beklagte nicht auf den geringen Wert des entwendeten Bargelds als rechtfertigenden Grund für das Absehen von der Höchstmaßnahme berufen. Zwar überschreite der aus der Postsendung entwendete Betrag den von der Rechtsprechung als Bagatellgrenze angesehen Betrag von 50 € nicht. Gerade wenn die Überführung eines Täters Probleme bereite und nur mit einer Videoüberwachung oder der Einschleusung von Fangbriefen möglich sei, hätte es sonst auch die Betriebssicherung in der Hand, durch Einschleusen großer oder kleiner Geldscheine die Wertgrenze zu über- oder unterschreiten. Die Höhe des veruntreuten Geldes könne in derartigen Fällen nicht entscheidend sein. Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Milderungsgrundes sei jedoch, dass der Beklagte durch sein Dienstvergehen nicht weitere wichtige öffentliche oder private Schutzgüter verletze. Hier habe der Beklagte durch das Öffnen und die Beraubung einer Postsendung das grundrechtlich geschützte Rechtsgut des Post- und Fernmeldegeheimnisses verletzt und sich damit zusätzlich erheblich belastet. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass er in unmittelbarer Nähe eines anerkannten Milderungsgrundes gehandelt hätte. Es seien keine so gewichtigen Umstände zu erkennen, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der Beklagte noch als Postbeamter tragbar sei. Dass der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei, werde von einem Beamten erwartet. Auch eine gute Beurteilung seiner dienstlichen Leistungen sei für sich genommen kein Milderungsgrund. Die vom Verwaltungsgericht genannten überwiegenden Milderungsgründe hätten nicht das Gewicht, dass eine positive Prognoseentscheidung zugunsten des Beklagten getroffen werden müsste oder könnte. Das Dienstvergehen habe zu einer völligen Zerstörung des Vertrauens des Klägerin und der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beklagten geführt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt dazu, dass unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 10 BDG erkannt wird.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 24. Januar 2013 (Az.: 2 Cs 4 Js 35719/12) sind zwar nicht bindend, der Senat kann sie dennoch gemäß § 65 Abs. 1, § 57 Abs. 2 BDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte am 22. November 2012 widerrechtlich ein Postpäckchen geöffnet hat, den darin enthaltenen Briefumschlag entwendet und eine Glückwunschkarte sowie Bargeld in Höhe von 50 € an sich genommen hat, um das Geld für sich zu behalten.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als schweres innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Durch das festgestellte und von dem Beklagten eingeräumte Verhalten hat er vorsätzlich gegen die Dienstpflichten verstoßen, sein Amt uneigennützig zu verwalten und innerhalb des Dienstes dem Vertrauen gerecht zu werden, den sein Beruf erfordert, § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBG.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

1. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 -; BayVGH, U.v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 jeweils juris).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 20).

2. Durch den Diebstahl hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die disziplinare Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung zur Folge hat. Das Schwergewicht des dem Beklagten zur Last fallenden Dienstvergehens ist aber nicht allein in der Briefberaubung (Zugriffsdelikt) zu sehen, sondern mindestens gleichgewichtig in der darin mitenthaltenen Verletzung des Postgeheimnisses (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34).

a. Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder unterliegenden Waren (hier Pakete) zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt auch nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 16; B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der ihm amtlich anvertraute oder dienstlich zugängliche Postsendungen öffnet und daraus Geld entwendet, die seinem Gewahrsam unterliegen, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört in der Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 12), denn die öffentliche Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss deshalb grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11; U.v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 - juris; U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris).

Dies gilt auch für sog. Fang- und Prüfbriefe, die vom betrieblichen Sicherheitsdienst in den Postverlauf eingeschleust worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1981 - 1 D 23/80 - juris).

Allerdings ist der Diebstahl trotz der Mitnahme des fremden Geldes nicht vollendet, da es sich um eine Diebsfalle handelte. Wegnahme im Sinn des § 242 StGB setzt den Bruch fremden Gewahrsams, d. h. die gegen den Willen des Berechtigten erfolgende Aufhebung des Gewahrsams voraus. Bei einer Diebesfalle, d. h. dem Bereitstellen einer Sache in der Absicht, eine Person zur Wegnahme zu veranlassen, um sie zu überführen, liegt kein vollendeter, sondern nur ein versuchter Diebstahl vor, weil der Berechtigte in die Wegnahme einwilligt (vgl. Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 242 Rn. 41). Auch die versuchte Straftat stellt eine vollendete Dienstpflichtverletzung dar. Denn die Pflicht zur Loyalität zur Rechtsordnung untersagt die Begehung von Straftaten jeder Art und nicht nur die Begehung von vollendeten Straftaten, so dass schon der Versuch einer Straftat sämtliche Merkmale der Dienstpflichtverletzung verwirklicht (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2013 - 2 WD 29.11 - juris Rn. 49; BayVGH, U.v. 3.2.2009 - 16a D 07.1304 - juris).

b. Mit dem Öffnen des Postpäckchens und der Ansichnahme des Briefumschlags mit dem Geld hat der Beklagte jedoch nicht nur einen versuchten Diebstahl, sondern zusätzlich auch das Postgeheimnis verletzt. Die Verletzung des Postgeheimnisses stellt als solches, d. h. auch ohne Brief- bzw. Paketberaubung, ein schweres Dienstvergehen dar, da von einem Postbeamten erwartet werden muss, dass er dieses grundrechtlich durch Art. 10 GG und einfachrechtlich durch § 39 PostG und § 206 StGB geschützte Rechtsgut achtet und mit besonderer Sorgfalt respektiert (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25.06 - juris Rn. 34). In der schuldhaften Verletzung des Postgeheimnisses durch Postbedienstete liegt deshalb ein Dienstvergehen, das für sich allein schon geeignet ist, die Grundlage des Beamtenverhältnisses zu zerstören. Dies gilt verstärkt dann, wenn das Postgeheimnis - wie hier - mit dem Ziel verletzt wird, Zugang zu aneignungsfähigen Inhalten, z. B. Bargeld, zu erlangen.

Ausgangspunkt der Erwägungen für die Zumessung der Disziplinarmaßnahme ist damit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG).

3. Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt, wenn zugunsten des Beklagten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beklagte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Dabei sind auch die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung) in den Blick zu nehmen. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen.

Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Tathandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 41; U.v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 90).

Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

a. Dem Gesichtspunkt der Geringwertigkeit des entwendeten Betrags kommt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Zwar enthielt der vom Beamten geöffnete Fangbrief lediglich 50 €. Auch kann davon ausgegangen werden, dass der Beklagte in dem Postpäckchen, gerichtet „an das Geburtstagskind“, nur einen Betrag in allenfalls dieser Größenordnung erwartete. Der Wert lag damit unter der Grenze der Geringwertigkeit, die in der Regel bei 50 € oder bei einem einmaligen Fehlverhalten mit 200 € auch höher anzusetzen ist. Voraussetzung für die Anwendung des Milderungsgrundes ist jedoch, dass der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist und dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Schutzgüter verletzt werden (BVerwG U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 4.6.2014 - 16a D 10.2005 - juris Rn. 69). Damit wird der Milderungsgrund der Geringwertigkeit des entwendeten Gutes entkräftet, weil gleichzeitig das Postgeheimnis verletzt wurde und der Beklagte sich nicht nur über fremde Eigentumsrechte, sondern auch über die Vertraulichkeit des Inhalts von Postsendungen hinwegsetzte (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34; U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris 21).

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Berücksichtigung der Geringwertigkeit bei der Einschleusung eines „Fangbriefes oder -paktes“ in den Postverlauf zur Folge hätte, dass die Behörde es bei der Planung eines solchen „Diebesfalle“, der zumeist bereits festgestellte Verluste von Postsendungen und ein vager Tatverdacht vorausgehen, in der Hand hätte, je nach Höhe des eingelegten Geldbetrags die Wertgrenze zur Geringwertigkeit zu über- oder unterschreiten (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2003 - 1 D 27/02 - juris Rn. 21). Soweit das Bundesverwaltungsgericht bei der Entnahme von Geld aus Briefen die Höhe des entwendeten Geldes in den Blick nahm, stand das im Zusammenhang mit der vom damaligen Beklagten als rechtsgrundsätzlich bedeutsam angesehenen Frage, ob eine schwere depressive Erkrankung unterhalb der Schwelle einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht zumindest bei Zugriffsdelikten unterhalb eines Schadensbetrags von 200 € einen einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbaren Umstand bilden kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.6.2013 - 2 B 50/12 - ZBR 2013, 351 - juris Rn. 4), was jedoch verneint wurde.

b. Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und die dienstlichen Leistungen des Beklagten ändern nichts daran, von der Höchstmaßnahme abzusehen. Der Beamte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Zu seinen Gunsten spricht seine langjährige und beanstandungsfreie Dienstausübung als Postbeamter, sowie der Umstand, dass er in der Vergangenheit Leistungszulagen erhalten hatte und seinen dienstlichen Pflichten beanstandungsfrei nachgekommen ist. Besondere Milderungsgründe können daraus angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht entnommen werden. Angesichts der Schwere des von ihm begangenen Dienstvergehens, aufgrund dessen sich der Beklagte als Paketzusteller untragbar gemacht hat, können weder die guten dienstlichen Leistungen des Beklagten noch sein überdurchschnittliches berufliches Engagement und die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte (BayVGH, U.v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 25). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 27).

c. Auch der weitere bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19). Hiergegen spricht, dass der Umgang mit Paketen, die gelegentlich auch Bargeld enthalten, zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen. Darüber hinaus musste der Beklagte das Paket zunächst öffnen, um dann nach Geld zu suchen (BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58).

d. Aber auch die Voraussetzungen für die Annahme des Milderungsgrundes einer besonderen psychischen Ausnahmesituation, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten des Beamten nicht mehr erwartet werden kann, liegen hier nicht vor. Die starke Belastung durch das erhöhte Sendungsaufkommen vor Weihnachten bzw. durch die Unterstützung seiner Tochter kann als richtig unterstellt werden. Diese vom Beklagten vorgetragenen Beschwernisse sind auch von der Klägerin nicht bestritten worden. Dafür, dass diese Situation derart außerordentlich belastend für den Beklagten gewesen wäre, dass von ihm ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden könnte, ist jedoch nicht Konkretes vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.

e. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB gehandelt hätte, liegen nicht vor. Der bloße Hinweis, der Beklagte habe vergessen, seine Medikamente einzunehmen und ihm sei schwindlig gewesen, bietet keine Anhaltspunkte, dass der Beklagte bei der Tatbegehung schuldunfähig wegen seelischer Störungen im Sinne des § 20 StGB gewesen wäre bzw. für die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Der Beklagte hat auch nicht ausdrücklich behauptet, er habe die Zugriffshandlung im Zustand der Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen. Ärztliche Stellungnahmen, die dazu verwertbare Aussagen enthalten, wurden nicht beigebracht. Damit bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert gewesen wäre, so dass der Senat dem nicht im Rahmen der Amtsermittlung nachgehen musste (vgl. BVerwG, B.v. 7.11.2014 - 2 B 45/14 - BayVBl 2015, 423 - juris Rn. 16). Auch bleibt festzuhalten, dass im Disziplinarrecht die von den Verwaltungsgerichten vorzunehmende Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten abhängt. Aufgrund dessen kann sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 - NVwZ-RR 2007, 695 ff. - juris; BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 55). Dafür spricht hier nichts.

f. Das Geständnis des Beklagten führt nicht zu einer milderen Beurteilung, da es nicht freiwillig vor drohender Entdeckung, sondern erst nach Aufdeckung der Paketberaubung durch die Betriebssicherheit der Klägerin und im anschließenden Strafverfahren erfolgte.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U.v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - ZBR 2004, 256 - juris Rn. 49).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG).

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - LDG NRW - i.V.m. § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf dem vom Beklagten geltend gemachten Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO beruhen kann. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden, ob eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen ist. Die darüber hinaus erhobenen Grundsatz- und Divergenzrügen dagegen sind nicht begründet.

2

1. Der Beklagte steht als Justizoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10) im Dienst des klagenden Landes und war zuletzt in der IT-Abteilung der ... beschäftigt. Er ist durch rechtskräftiges Strafurteil wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils war ihm im März 2006 ein eingezogenes Notebook zur dienstlichen Verwahrung übergeben worden, das er in seine Privatwohnung verbrachte und durch ein altes und defektes Notebook austauschte, das sich ebenfalls in seinem Dienstzimmer befand. Nachdem die Staatsanwaltschaft ... um Aushändigung des ihr zugewiesenen Notebooks ersuchte, fertigte der Beklagte Vermerke, nach denen sich das Notebook als defekt herausgestellt habe und der Staatsanwaltschaft deshalb ein anderes Gerät zugewiesen worden sei.

3

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die hiergegen gerichtete Berufung blieb erfolglos. Der Beklagte habe ein innerdienstliches Zugriffsdelikt begangen, das im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe. Ein klassischer Milderungsgrund liege nicht vor; auch unabhängig hiervon seien keine durchgreifenden Entlastungsmomente erkennbar, die das Verhalten des Beklagten in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten.

4

2. Die Divergenzrüge (§ 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greift nicht durch.

5

a) Der Beklagte macht geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Divergenz zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 -. Das Oberverwaltungsgericht habe den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht beachtet, dass es der Annahme der Spontaneität eines Tatentschlusses nicht entgegenstehe, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt worden sei. Diese Divergenzrüge führt nicht zur Zulassung der Revision. Zwar ist das Oberverwaltungsgericht von den Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts zur erforderlichen "Spontaneität" einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation abgewichen; hierauf beruht das Urteil aber nicht.

6

Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu bestimmen. Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" erfordert dabei eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten entspricht oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - § 13 bdg nr. 4> juris Rn. 13; Beschluss vom 28. Juni 2010 - BVerwG 2 B 84.09 - juris Rn. 14). Ausnahmesituationen, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann, müssen daher berücksichtigt werden (Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - § 70 bdg nr. 3> juris Rn. 22). Eine entsprechende Milderung kommt in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt hat (Urteil vom 4. Juli 2000 - BVerwG 1 D 33.99 - juris Rn. 16). Die die Versuchung auslösende Situation muss geeignet sein, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontaneität und Unüberlegtheit herbeizuführen (Urteile vom 1. Februar 1995 - BVerwG 1 D 65.93 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 3 S. 9, vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 D 12.97 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 16 S. 49 f., vom 15. September 1999 - BVerwG 1 D 38.98 - Buchholz § 54 Satz 2 BBG Nr. 20 S. 1 f., vom 27. September 2000 - BVerwG 1 D 24.98 - juris Rn. 18, vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - juris Rn. 19 und vom 6. Juni 2003 - BVerwG 1 D 30.02 - juris Rn. 21).

7

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht es der Annahme der Spontaneität eines Tatentschlusses aber nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt wird (Urteile vom 8. August 1995 - BVerwG 1 D 41.93 - juris Rn. 28, vom 24. Februar 1999 - BVerwG 1 D 31.98 - juris Rn. 20, vom 15. September 1999 a.a.O. = juris Rn. 21 und vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 - S. 8). Hiervon weicht der vom Oberverwaltungsgericht aufgestellte Rechtssatz ab, auf ein Augenblicksversagen könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, da er die Tat sehr überlegt und planvoll ausgeführt habe.

8

Auf dieser Abweichung kann das Berufungsurteil indes nicht beruhen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation vielmehr im Ergebnis zutreffend und selbständig tragend deshalb verneint, weil die erforderliche Versuchungssituation nach seinen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen nicht vorgelegen hat.

9

Zwar war der Beklagte bei seiner bisherigen gewöhnlichen dienstlichen Tätigkeit nicht mit der gegenständlichen Verwahrung von eingezogenen Notebooks betraut; dieser Umstand ging vielmehr auf die besonderen Arbeitsumstände der durch einen Streik bedingten Personalknappheit im Tatzeitpunkt zurück. Jedoch stellt die körperliche Übergabe eines Notebooks zur Prüfung und Verwahrung für einen dienstlich mit der Verwendung verfallener oder eingezogener Gegenstände für Zwecke der Justizverwaltung befassten Beamten keine psychische Ausnahmesituation dar, in der ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann (Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - § 70 bdg nr. 3> juris Rn. 22). Dies gilt auch dann, wenn der Beamte bislang nicht mit einer derartigen "Gelegenheit" konfrontiert worden ist.

10

b) Der Beklagte meint unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 -, die besondere Versuchungssituation ergebe sich aus einer psychischen Vorbelastung, die sich zu einer seelischen Zwangslage verdichtet und in der Übersprungshandlung ihren Ausdruck gefunden habe.

11

In der benannten Entscheidung hat der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts ausgesprochen, dass eine besondere Versuchungssituation auch dann angenommen werden kann, wenn sich eine psychische Vorbelastung eines Beamten zum Zeitpunkt des Dienstvergehens zu einer seelischen Zwangslage verdichtet, die vor dem Hintergrund der obwaltenden äußeren Umstände eine besondere Versuchungssituation begründet und in der spontan ausgeführten Tat ihren Ausdruck findet. Eine derartige Konstellation hat das Gericht für einen alkoholkranken Beamten in der besonderen Versuchungssituation des Rosenmontagsgeschehens und des sich heftig steigernden Verlangens nach Alkohol sowie des daraus wiederum resultierenden "plötzlich auftretenden Geldbedarfs" angenommen. Die Annahme eines entsprechenden Milderungsgrundes setzt aber voraus, dass die seelische Zwangslage, die die besondere Versuchungssituation begründet, in der spontan ausgeführten Tat ihren Ausdruck findet (Urteile vom 15. September 1999 - BVerwG 1 D 38.98 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 20 S. 2 = juris Rn. 23 und vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 - S. 9).

12

Hiervon ist das Oberverwaltungsgericht aber nicht ausgegangen. Aus seinen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen ergibt sich, dass sich der Beklagte zwar in einer familiär bedingten Belastungssituation, nicht aber in einer seelischen Zwangslage befunden hat. Damit greift der Beklagte die fallbezogene Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht an, die zur Verneinung dieses Milderungsgrundes geführt hat. Dies ist nicht geeignet, eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dazulegen (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2013 - BVerwG 2 B 63.12 - juris Rn. 18 m.w.N.).

13

c) Entsprechendes gilt für die behauptete Divergenz zum Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258>). Das Oberverwaltungsgericht stellt nicht in Abrede, dass eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung voraussetzt, dass die die sich aus § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden und zitiert den in der Beschwerde aufgezeigten Rechtssatz sogar wörtlich (UA S. 22 ). Die Rüge des Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe nachfolgend wesentliche Umstände nicht angemessen gewertet, zeigt daher keine unterschiedliche Auffassung zur Auslegung von Rechtssätzen auf, sondern behauptet lediglich eine unzutreffende Rechtsanwendung der Grundsätze auf den Einzelfall. Dies genügt den Anforderungen an die Darlegung einer Divergenzrüge nicht.

14

3. Die Revision ist auch nicht zur Klärung grundsätzlich bedeutsamer Rechtsfragen zuzulassen (§ 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

15

a) Die von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob eine besondere Versuchungssituation vorliegt, wenn ein Beamter erstmalig unmittelbar mit der gegenständlichen Verwaltung von Gegenständen im dienstlichen Gewahrsam betraut worden ist und deshalb die Möglichkeit des tatsächlichen Zugriffs besteht, ist nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat die besondere Versuchungssituation unabhängig hiervon wegen der besonderen Einzelfallumstände verneint.

16

Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist das Notebook durch den Justizhelfer S. entgegengenommen und auf das Dienstzimmer des Beklagten verbracht worden, sodass der Verbleib des Gerätes und die Verwahrung durch den Beklagten eindeutig zuordenbar waren. Auch wenn die Entgegennahme sichergestellter Notebooks nicht zu den üblichen Dienstobliegenheiten des Beklagten gehörte, war hiermit durch die Individualisierbarkeit des Empfängers objektiv keine besondere Versuchungssituation im Hinblick auf das nachfolgend begangene Zugriffsdelikt entstanden. Unabhängig von der allgemein aufgeworfenen Rechtsfrage hat das Oberverwaltungsgericht daher angesichts der im konkreten Einzelfall bestehenden Besonderheit der klaren Rückverfolgbarkeit der Aushändigung des Notebooks an den Beklagten das Vorliegen einer Versuchungssituation verneint. Das Vorliegen der Umstände einer besonderen Versuchungssituation im Einzelfall ist einer Grundsatzrüge aber nicht zugänglich.

17

b) Entsprechendes gilt für die weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine - vom Berufungsgericht als "klassischer" Milderungsgrund untersuchte - negative Lebensphase bei einer Person vorliegt, die unter Jahre lang andauerndem Schlafmangel von maximal zwei bis drei Stunden täglich, ständiger Sorge um die kranken Kinder, Überbelastung bei der Arbeit und einer zumindest mittelgradigen Depression leidet. Auch diese Frage ist - unabhängig davon, dass sie in der bezeichneten Fassung nicht den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts entspricht - anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

18

4. Die Beschwerde hat allerdings Erfolg, soweit sie rügt, dass das Oberverwaltungsgericht gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen hat, weil es den festgestellten Sachverhalt seiner Würdigung nicht vollständig zugrunde gelegt hat.

19

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt auch die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (Urteile vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f. und vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <208 f.> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 26 ff.; Beschlüsse vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 12).

20

Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil nicht. Zwar hat das Berufungsgericht im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mehrere von ihm als "klassisch" bezeichnete Milderungsgründe in der gebotenen Begründungstiefe geprüft und dabei auch die familiäre Belastungssituation des Beklagten gewürdigt. Anders verhält es sich aber bei der abschließend (UA ab S. 48 oben) behandelten Frage, ob unter dem Gesichtspunkt eines so genannten nicht anerkannten Milderungsgrundes eine andere Disziplinarmaßnahme angemessen wäre, weil der Beklagte zum Tatzeitpunkt unter einer extremen familiären Belastungssituation stand.

21

Unter der Geltung der Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG (= § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW) ist es nicht mehr möglich, die in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten und "anerkannten" Milderungsgründe als abschließenden Kanon der bei Zugriffsdelikten allein beachtlichen Entlastungsgründe anzusehen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <262> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 29, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 ff. sowie - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 31 f. § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>). Vielmehr dürfen entlastende Gesichtspunkte nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie für das Vorliegen eines solchen Milderungsgrundes ohne Bedeutung sind oder nicht ausreichen, um dessen Voraussetzungen - im Zusammenwirken mit anderen Umständen - zu erfüllen. Die Verwaltungsgerichte müssen bei der Gesamtwürdigung dafür offen sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht für die Maßnahmebemessung zukommen kann, wenn sie zur Erfüllung eines so genannten anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. Auch solche Umstände dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in Bezug zur Schwere des Dienstvergehens gesetzt werden (Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - Rn. 25 und 32 ). Sie dürfen nicht in einer nicht nachvollziehbaren Weise "abgetan" werden. Diese materiell-rechtliche Pflicht hat auch verfahrensrechtliche Bedeutung. Die Verwaltungsgerichte verstoßen gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wenn der im Streitfall festgestellte Sachverhalt bei der Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte als mildernder Umstand auf einzelne Sachverhaltsmomente reduziert und damit verkürzt wird.

22

So liegt es hier. Zwar gibt das Berufungsgericht die höchstrichterlichen Rechtssätze zur Bedeutung und Erheblichkeit von entlastenden Umständen, die den anerkannten Milderungsgründen vergleichbar sind, aber deren Gewicht nicht erreichen, zutreffend wieder (UA S. 48 f.). Gleichwohl ist die Behandlung dieses Gesichtspunkts - verfahrensrechtlich - defizitär, weil das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt, wie er sich als Ergebnis der von ihm durchgeführten umfänglichen Beweisaufnahme darstellt, nicht in seiner Gesamtheit berücksichtigt, sondern ihn auf einzelne Sachverhaltsmomente reduziert und damit verkürzt hat, und zwar in einer Weise, die sowohl in der Begründung als auch der Sache nach nicht mehr nachvollziehbar ist.

23

Im strafgerichtlichen wie im gesamten disziplinarrechtlichen Verfahren war es ein wesentlicher, wenn nicht gar der zentrale Punkt der Rechtsverteidigung des Beklagten, dass seine Tat unter dem Einfluss einer außergewöhnlichen familiären Belastungssituation gestanden habe und dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme - sei es im Rahmen der anerkannten Milderungsgründe, sei es als ein sonstiger mildernder Umstand - zu berücksichtigen sei. Auch in der Beweisaufnahme des Berufungsgerichts ging es - neben der Frage des Werts des Notebooks - vornehmlich um diese Frage. Die Ehefrau des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2012 ausführlich und anschaulich die familiäre Belastungssituation des Beklagten dargestellt, die maßgeblich durch die (verschiedenen) physischen Krankheiten und psychischen Auffälligkeiten seiner drei Kinder, seiner Ehefrau und des Beklagten selbst gekennzeichnet war. Die sachverständige Zeugin Dipl.-Psychologin ... hat in der mündlichen Verhandlung vom 6. September 2012 ebenso ausführlich diese Belastungssituation bestätigt und fachlich bewertet. Das Berufungsgericht hat die in diesen Aussagen bekundeten Tatsachen als festgestellt behandelt und sie in den Entscheidungsgründen an mehreren Stellen - jeweils bei der Behandlung der von ihm als "klassisch" bezeichneten Milderungsgründe (UA S. 27 bis 48 oben) - als solche konkret benannt und im Detail gewürdigt (vgl. UA S. 37 f., 39 f., 44 f., 47 mit den dortigen Ausführungen zu den Erkrankungen der Kinder, zur fehlenden Entlastung durch die Ehefrau, zum Schlafmangel und zur Übermüdung des Beklagten, zur Medikamenteneinnahme und zur Inanspruchnahme sozialpsychologischer Hilfe an mehreren Tagen pro Woche).

24

Angesichts dieses umfänglichen Tatsachenstoffs ist es nicht nachvollziehbar, wenn das Berufungsurteil sodann bei der Frage des Vorliegens sonstiger entlastender Umstände die familiäre Situation des Beklagten als nebensächlich und geringfügig zurückstellt, indem es die "Krankheiten der Kinder, der Ehefrau und bei ihm sowie der behauptete Schlafentzug des Beklagten" als bloße "sicherlich belastende Umstände" abtut, weil es "keine Seltenheit" sei, "dass Eltern mit Krankheiten ihrer Kinder und geringeren Schlafanteilen umgehen" müssten (UA S. 52). Entsprechend hat es (schon zuvor in anderem Zusammenhang) die familiäre Situation als "ersichtlich nichts Ungewöhnliches" bezeichnet (UA S. 37). Das Berufungsgericht reduziert dadurch die in den genannten Aussagen plastisch beschriebene außergewöhnliche familiäre Belastungssituation des Beklagten auf den "Normalfall" von Eltern, die hin und wieder wegen einer Erkrankung eines Kindes auch Schlafeinbußen hinnehmen müssen. Damit wird der Inhalt der Aussagen der Ehefrau und der sachverständigen Zeugin deutlich verkürzt. So hatte beispielsweise die Ehefrau des Beklagten bekundet (Protokoll vom 19. Dezember 2012 S. 4) und das Berufungsgericht selbst in anderem Zusammenhang als Tatsache festgestellt (UA S. 37), dass im Zeitraum 2005 bis Ende 2006 eine sozialpsychologische Helferin "ein paar Mal in der Woche" zu der Familie nach Hause kam, um die Familie in kinder- und jugendpsychiatrischer Hinsicht zu betreuen. Wenn eine solche Familiensituation im Berufungsurteil als "keine Seltenheit" und als "nichts Ungewöhnliches" abgetan wird, ist dies sowohl in der Begründung wie auch der Sache nach nicht nachvollziehbar. Dadurch hat das Berufungsgericht - im hier interessierenden entscheidungserheblichen Punkt - den festgestellten Tatsachenstoff zur familiären Belastungssituation des Beklagten nicht vollständig und zutreffend erfasst und damit nicht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens im Sinne von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entschieden.

25

Dadurch, dass die familiäre Belastungssituation des Beklagten auf einen "nicht ungewöhnlichen" Normalfall reduziert wurde, kann auch nicht festgestellt werden, ob sich die darin liegende (materiell-rechtliche) Fehlgewichtung mit Blick auf andere belastende Umstände, namentlich in Bezug auf die Schwere des Dienstvergehens, auf die Bemessungsentscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis ausgewirkt hat. Hinzu kommt, dass die erwähnte Diplom-Psychologin den Beklagten in dieser Situation als nicht mehr voll steuerungsfähig bezeichnet hat (Protokoll vom 6. September 2012 S. 7 unten) und auch das Berufungsgericht im Anschluss an die genannte sachverständige Zeugin und den Sachverständigen Dr. med. ... selbst davon ausgegangen ist, dass die Tat persönlichkeitsfremd war. Von daher liegen - neben der außergewöhnlichen familiären Belastungssituation - noch weitere beachtliche Aspekte vor, die im Rahmen der Gesamtbetrachtung sämtlicher sonstiger entlastender Umstände in Betracht zu ziehen sind. Für das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO reicht aber schon die Möglichkeit aus, dass die Entscheidung auf ihm beruhen "kann". Dies führt zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO.

26

5. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht darauf bedacht sein müssen, dass es im Rahmen der Gesamtbetrachtung sämtlicher be- und entlastender Umstände dieselbe unverkürzte Tatsachengrundlage zugrunde legt, wie bei den von ihm gewürdigten "klassischen" Milderungsgründen.

27

a) Wie im Berufungsurteil im Ansatz zutreffend dargestellt, hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf spezielle Deliktstypen bezogene, teilweise aber auch allgemeingültige gewichtige "Milderungsgründe" entwickelt und "anerkannt" (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 6). Diesen anerkannten Milderungsgründen ist als gemeinsames Kennzeichen eigen, dass sie regelmäßig zu einer Disziplinarmaßnahme führen, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn es liegen gegenläufige, belastende Umstände vor (vgl. Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils Rn. 37 ff., zuletzt Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - Rn. 26 , für den Milderungsgrund der tätigen Reue durch Offenbarung des Fehlverhaltens oder durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung).

28

Eine solche regelmäßige Herabsetzung der an sich indizierten Disziplinarmaßnahme hat der Senat bislang nicht für alle vom Berufungsgericht als "klassische" Milderungsgründe bezeichneten Umstände angenommen, die es im Rahmen seines Prüfprogramms betrachtet hat (ab UA S. 25 ff.). Diese Regelhaftigkeit hat der Senat namentlich bislang nicht für die vom Berufungsgericht geprüften Gesichtspunkte des Vorliegens einer negativen Lebensphase (UA S. 36), der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage (UA S. 40) und der Vernachlässigung der Dienstaufsicht (UA S. 42) angenommen; diese drei Gesichtspunkte sind vielmehr als mildernde Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung gemäß § 13 BDG - ohne die beschriebene Regelhaftigkeit - in den Blick zu nehmen.

29

b) Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats und des 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts kann der mildernde Umstand einer negativen Lebensphase während des Tatzeitraums je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220 f.>, vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>; Urteile vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17 Rn. 39 und zuletzt vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - NVwZ 2013, 1087 Rn. 40 f.). Zwar liegt die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Lebensumstände darstellt (vgl. Urteil vom 27. Januar 2011 a.a.O. Rn. 39). Dies bedeutet aber nicht, dass eine schwierige Lebensphase während der Tatzeit in anderen Fällen generell außer Betracht zu bleiben hat (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40 f.). Die Verwaltungsgerichte verfehlen die ihnen zugewiesene Aufgabe einer umfassenden Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände des jeweiligen Einzelfalles, hier der Berücksichtigung der besonders belastenden Familiensituation des Beklagten, wenn sie die Sachverhalte und Fallkonstellationen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie Tatbestandsmerkmale einer Norm anwenden, unter die es zu subsumieren gelte, und bei deren Nichtvorliegen eine Berücksichtigung des jeweiligen mildernden Umstandes ausgeschlossen sei.

30

Diese Prüfung wird das Berufungsgericht im Streitfall unter Beachtung der vorstehenden Hinweise erneut anzustellen haben.

Tenor

I.

In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Mai 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 1956 geborene Beklagte wurde 1971 als Postjungbote bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Zum 1. März 1974 wurde er zum Postschaffner zur Anstellung ernannt, am 14. Dezember 1995 zum Postbetriebsassistenten (BesGr. A 5) befördert und zum 1. Juli 2008 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 6 vz eingewiesen. Zuletzt war der Beklagte als Paketzusteller in der Zustellbasis L. eingesetzt.

Der Beamte ist verheiratet und hat zwei Kinder, geb. 1980 und 1984. Zuletzt verfügte er über Nettodienstbezüge in Höhe von ca. 2.300 €. Der Beamte ist - mit Ausnahme des vorliegend vorgeworfenen Sachverhalts - weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten. Bei der letzten Leistungsbeurteilung im Jahr 2010 erhielt der Beklagte 9 Punkte (übertrifft die Anforderungen). Im Jahr 2009 erhielt er eine Gütezulage und seit Einführung der Leistungszulagen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 jeweils eine Leistungszulage.

II.

Mit seit 12. Februar 2013 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 24. Januar 2013 (Az. 2 Cs 4 Js 35719/12) wurde gegen den Beklagten wegen des Vorwurfs, er habe als Paketzusteller bei der Zustellbasis L. am 23. November 2012 widerrechtlich ein Postpäckchen geöffnet, den darin enthaltenen Briefumschlag entwendet und eine Glückwunschkarte sowie Bargeld in Höhe von 50 € an sich genommen, wegen versuchten Diebstahls gemäß §§ 242 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 50 € verhängt.

Grundlage des Strafbefehls sowie des streitgegenständlichen Disziplinarverfahrens ist folgender Sachverhalt:

Aufgrund einer Reklamation eines Kunden wegen Inhaltsschmälerung eines Päckchens wurden von der Konzernsicherheit der Klägerin Ermittlungen aufgenommen. Um den Täter zu überführen, wurde ein Fangpäckchen gefertigt und in den Sendungsstrom eingeschleust. Am 22. November 2012 präparierte die Security einen Geldschein zu 20 € und drei Geldscheine zu 10 € mit einem Fangstoffmittel und protokollierte die Seriennummern der Geldscheine. Diese wurden in eine Glückwunschkarte und diese in einem pinkfarbenen Briefumschlag eingelegt. Anschließend wurde der Briefumschlag zusammen mit einem in Geschenkpapier eingewickelten Buch in ein Päckchen gelegt. Am Tag vor dem Dienstantritt des Beklagten am 23. November 2012 wurde das Fangpäckchen gegen 5.15 Uhr in einen Rollbehälter eingelegt, in dem sich die Sendungen für einen den Beklagten zustehenden Zustellbezirk befanden. Aus diesem Rollbehälter entnehmen die Zusteller die jeweils für ihren Bereich bestimmten Sendungen. Die Fangbriefsendung wurde um 6.40 Uhr aus dem Zustellfahrzeug des Beklagten entnommen und anschließend vom Securitymitarbeiter überprüft. Hierbei wurde festgestellt, dass das Päckchen auf der rechten Seite geöffnet war und der Briefumschlag mit der Glückwunschkarte und den innenliegenden Gelscheinen fehlte. Bei der Vernehmung durch Polizeibeamte gab der Beklagte die Inhaltsschmälerung des Päckchens sofort zu und entnahm aus seinem privaten Rucksack den aufgerissenen Briefumschlag sowie vier Geldscheine im Wert von 50 €. Auch zeigten sich bei der Überprüfung der Hände des Beklagten die für den verwendeten Fangstoff typischen Spuren an dessen Daumen und Finger. Gegenüber der Konzernsicherheit sowie auch in den strafrechtlichen Ermittlungen bestritt der Beklagte, dass er in weiteren Fällen Bargeld aus von ihm geöffneten Sendungen entwendet habe.

III.

Am 5. Dezember 2012 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Beamte wurde mit Bescheid vom 23. Januar 2013 vorläufig des Dienstes enthoben. Von seinen Dienstbezügen werden 20% einbehalten.

Der Beklagte ließ sich im Rahmen des Disziplinarverfahrens dahingehend ein, dass er sich sein Verhalten selbst nicht erklären könne. Er habe sich während seiner Dienstzeit von 41 Jahren bisher nichts zu Schulden kommen lassen. In den vergangenen Jahren habe er jeweils eine Leistungszulage der zweitbesten Stufe erhalten. Außerdem sei gegen ihn nur wegen versuchten Diebstahls eine Geldstrafe verhängt worden. Dabei habe es sich um eine einmalige, kurzschlussartige und persönlichkeitsfremde Tat gehandelt. Es seien lediglich 50 € entzogen worden. Der Beklagte habe seine alleinerziehende Tochter finanziell, psychisch und physisch unterstützt, auch sei er durch das erhöhte Sendungsaufkommen vor Weihnachten stark belastet gewesen. Am Morgen des Tattages habe er vergessen, seine sämtlichen Medikamente einzunehmen. Er habe sich schwindlig gefühlt.

Am 19. Dezember 2013 erhob die Niederlassung Brief F... Klage beim Verwaltungsgericht, mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 wurde der Beklagte in ein Amt der Besoldungsgruppe A 5 zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Grundsätzlich sei bei den Zugriffsdelikten aufgrund der Schwere dieser Dienstvergehen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, Ausnahmen könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Der entwendete Betrag in Höhe von 50 € bewege sich im Bereich der „Bagatellgrenze“ und übersteige die Grenze der Geringwertigkeit nicht. Bei der Auslegung und Überführung eines Täters durch einen Fangbrief sei die Bestimmung einer Bagatellgrenze schwierig, weil die Höhe des entwendeten Betrags letztlich vom Inhalt des Fangbriefs abhänge und somit vom Dienstherrn bzw. des von ihm beauftragten Sicherheitsdienstes vorgegeben werde. Andererseits spiele bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens auch der angerichtete Schaden eine maßgebliche Rolle. Maßgeblich sei das Ergebnis einer Gesamtwürdigung. Gegen den Beklagten sprächen die Umstände der Tat. Der Beklagte sei planvoll vorgegangen und habe mit der Öffnung des Päckchens und des Briefs das Postgeheimnis verletzt. Von einer unverschuldeten, ausweglosen Notlage könne nicht ausgegangen werden. Auch eine unbedachte einmalige Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation könne nicht bejaht werden. Der Beklagte habe bewusst auf eine Sendung zugegriffen, bei der durch die Adressierung „an das Geburtstagskind“ die Wahrscheinlichkeit von Bargeld als Inhalt hoch gewesen sei. Der Beklagte habe erst nach der Überführung ein Geständnis abgelegt und das entwendete Bargeld zurückgegeben. Dass die Schuldfähigkeit des Beamten ausgeschlossen oder eingeschränkt gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Gleichwohl sprächen überwiegende Milderungsgründe zugunsten des Beklagten: Er habe sich in den 41 Jahren seines Dienstverhältnisses weder inner- noch außerdienstlich irgendetwas zu Schulden kommen lassen. Für ihn spreche seine gute Führung und Dienstauffassung, welche ihm im Dienstzeugnis der Niederlassung F... vom 26. Februar 2013 bescheinigt worden sei. Danach habe der Beklagte seine Aufgaben zur vollen Zufriedenheit seines Dienstherrn erledigt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen sei vorbildlich gewesen. Gegenüber den Kunden sei er stets zuvorkommend aufgetreten. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten habe er sich auch gezielt für die wirtschaftlichen Interessen seines Dienstherrn eingesetzt und bei größeren Firmen dafür geworben, dass diese ihre Pakete nicht mehr über die Konkurrenz, sondern bei der Deutschen Post AG anlieferten. Die besonderen Leistungen des Beklagten hätten sich auch darin niedergeschlagen, dass er im Jahr 2009 eine Gütezulage und seit Einführung der Leistungszulagen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für das Vorjahr jeweils die Leistungszulage der zweitbesten Stufe erhalten habe. Diese Umstände wiesen den Beklagten als einen über die Jahre engagierten Postbeamten aus, der seinen Beruf mit großem Pflichtgefühl und Einsatz ausgeübt habe. Angesichts der geringen Höhe des Schadens und des lediglich einmaligen Zugriffs auf fremdes Geld halte die Kammer die Maßnahme der Zurückstufung des Beklagten in ein Amt der BesGr. A 5 für erforderlich, aber auch ausreichend.

Die Klägerin hat hiergegen am 10. Juni 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens komme nur die mit der Disziplinarklage beantragte Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Disziplinarmaß in Betracht. Der Beklagte habe ein vorsätzliches Dienstvergehen in Form des Zugriffsdelikts begangen. Wer als Zusteller ihm anvertraute oder dienstlich zugängliche Sendungen unberechtigt öffne und aus eigennützigen Gründen das darin enthaltene Bargeld entwende, störe das ihn mit dem Dienstherrn verbindende Vertrauensverhältnis nachhaltig. Die Klägerin sei auf die Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter im Umgang mit anvertrauten Postsendungen in vollem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Bediensteten nicht möglich sei. Wer sich als Postzusteller über die leicht verständliche Pflicht der gewissenhaften Behandlung und Weiterleitung der Postsendungen hinwegsetze, versage im Kernbereich seiner Tätigkeit. Durch das Öffnen der Frachtsendung habe der Beklagte zusätzlich das Postgeheimnis verletzt, was auch für sich alleine gesehen eine Kernpflichtverletzung darstelle und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertige. Die Beachtung des Postgeheimnisses zähle zu den unabdingbaren Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Betriebs. Mit seiner Handlungsweise habe er einen vorsätzlichen Treuebruch im Kernbereich seiner Dienstpflichten begangen. Dies erfordere im Interesse der Reinhaltung des Berufsbeamtentums grundsätzlich die Verhängung der Höchstmaßnahme. Bei Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder sei auch nach der neueren Rechtsprechung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessen Disziplinarmaßnahme. Diese von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung könne allerdings entfallen, wenn gewichtige und im Einzelfall durchgreifende Entlastungsgründe vorlägen. Die Voraussetzungen für die in der Rechtsprechung entwickelten „klassischen Milderungsgründe“ lägen hier nicht vor. Das Verwaltungsgericht meine, die Tat des Beklagten bewege sich jedenfalls im weiteren Bereich der Bagatellgrenze und führe nicht zwangsläufig zur Entfernung aus dem Dienst. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne sich der Beklagte nicht auf den geringen Wert des entwendeten Bargelds als rechtfertigenden Grund für das Absehen von der Höchstmaßnahme berufen. Zwar überschreite der aus der Postsendung entwendete Betrag den von der Rechtsprechung als Bagatellgrenze angesehen Betrag von 50 € nicht. Gerade wenn die Überführung eines Täters Probleme bereite und nur mit einer Videoüberwachung oder der Einschleusung von Fangbriefen möglich sei, hätte es sonst auch die Betriebssicherung in der Hand, durch Einschleusen großer oder kleiner Geldscheine die Wertgrenze zu über- oder unterschreiten. Die Höhe des veruntreuten Geldes könne in derartigen Fällen nicht entscheidend sein. Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Milderungsgrundes sei jedoch, dass der Beklagte durch sein Dienstvergehen nicht weitere wichtige öffentliche oder private Schutzgüter verletze. Hier habe der Beklagte durch das Öffnen und die Beraubung einer Postsendung das grundrechtlich geschützte Rechtsgut des Post- und Fernmeldegeheimnisses verletzt und sich damit zusätzlich erheblich belastet. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass er in unmittelbarer Nähe eines anerkannten Milderungsgrundes gehandelt hätte. Es seien keine so gewichtigen Umstände zu erkennen, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der Beklagte noch als Postbeamter tragbar sei. Dass der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei, werde von einem Beamten erwartet. Auch eine gute Beurteilung seiner dienstlichen Leistungen sei für sich genommen kein Milderungsgrund. Die vom Verwaltungsgericht genannten überwiegenden Milderungsgründe hätten nicht das Gewicht, dass eine positive Prognoseentscheidung zugunsten des Beklagten getroffen werden müsste oder könnte. Das Dienstvergehen habe zu einer völligen Zerstörung des Vertrauens des Klägerin und der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beklagten geführt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt dazu, dass unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 10 BDG erkannt wird.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 24. Januar 2013 (Az.: 2 Cs 4 Js 35719/12) sind zwar nicht bindend, der Senat kann sie dennoch gemäß § 65 Abs. 1, § 57 Abs. 2 BDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte am 22. November 2012 widerrechtlich ein Postpäckchen geöffnet hat, den darin enthaltenen Briefumschlag entwendet und eine Glückwunschkarte sowie Bargeld in Höhe von 50 € an sich genommen hat, um das Geld für sich zu behalten.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als schweres innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Durch das festgestellte und von dem Beklagten eingeräumte Verhalten hat er vorsätzlich gegen die Dienstpflichten verstoßen, sein Amt uneigennützig zu verwalten und innerhalb des Dienstes dem Vertrauen gerecht zu werden, den sein Beruf erfordert, § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBG.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

1. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 -; BayVGH, U.v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 jeweils juris).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 20).

2. Durch den Diebstahl hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die disziplinare Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung zur Folge hat. Das Schwergewicht des dem Beklagten zur Last fallenden Dienstvergehens ist aber nicht allein in der Briefberaubung (Zugriffsdelikt) zu sehen, sondern mindestens gleichgewichtig in der darin mitenthaltenen Verletzung des Postgeheimnisses (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34).

a. Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder unterliegenden Waren (hier Pakete) zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt auch nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 16; B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der ihm amtlich anvertraute oder dienstlich zugängliche Postsendungen öffnet und daraus Geld entwendet, die seinem Gewahrsam unterliegen, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört in der Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 12), denn die öffentliche Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss deshalb grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11; U.v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 - juris; U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris).

Dies gilt auch für sog. Fang- und Prüfbriefe, die vom betrieblichen Sicherheitsdienst in den Postverlauf eingeschleust worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1981 - 1 D 23/80 - juris).

Allerdings ist der Diebstahl trotz der Mitnahme des fremden Geldes nicht vollendet, da es sich um eine Diebsfalle handelte. Wegnahme im Sinn des § 242 StGB setzt den Bruch fremden Gewahrsams, d. h. die gegen den Willen des Berechtigten erfolgende Aufhebung des Gewahrsams voraus. Bei einer Diebesfalle, d. h. dem Bereitstellen einer Sache in der Absicht, eine Person zur Wegnahme zu veranlassen, um sie zu überführen, liegt kein vollendeter, sondern nur ein versuchter Diebstahl vor, weil der Berechtigte in die Wegnahme einwilligt (vgl. Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 242 Rn. 41). Auch die versuchte Straftat stellt eine vollendete Dienstpflichtverletzung dar. Denn die Pflicht zur Loyalität zur Rechtsordnung untersagt die Begehung von Straftaten jeder Art und nicht nur die Begehung von vollendeten Straftaten, so dass schon der Versuch einer Straftat sämtliche Merkmale der Dienstpflichtverletzung verwirklicht (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2013 - 2 WD 29.11 - juris Rn. 49; BayVGH, U.v. 3.2.2009 - 16a D 07.1304 - juris).

b. Mit dem Öffnen des Postpäckchens und der Ansichnahme des Briefumschlags mit dem Geld hat der Beklagte jedoch nicht nur einen versuchten Diebstahl, sondern zusätzlich auch das Postgeheimnis verletzt. Die Verletzung des Postgeheimnisses stellt als solches, d. h. auch ohne Brief- bzw. Paketberaubung, ein schweres Dienstvergehen dar, da von einem Postbeamten erwartet werden muss, dass er dieses grundrechtlich durch Art. 10 GG und einfachrechtlich durch § 39 PostG und § 206 StGB geschützte Rechtsgut achtet und mit besonderer Sorgfalt respektiert (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25.06 - juris Rn. 34). In der schuldhaften Verletzung des Postgeheimnisses durch Postbedienstete liegt deshalb ein Dienstvergehen, das für sich allein schon geeignet ist, die Grundlage des Beamtenverhältnisses zu zerstören. Dies gilt verstärkt dann, wenn das Postgeheimnis - wie hier - mit dem Ziel verletzt wird, Zugang zu aneignungsfähigen Inhalten, z. B. Bargeld, zu erlangen.

Ausgangspunkt der Erwägungen für die Zumessung der Disziplinarmaßnahme ist damit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG).

3. Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt, wenn zugunsten des Beklagten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beklagte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Dabei sind auch die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung) in den Blick zu nehmen. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen.

Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Tathandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 41; U.v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 90).

Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

a. Dem Gesichtspunkt der Geringwertigkeit des entwendeten Betrags kommt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Zwar enthielt der vom Beamten geöffnete Fangbrief lediglich 50 €. Auch kann davon ausgegangen werden, dass der Beklagte in dem Postpäckchen, gerichtet „an das Geburtstagskind“, nur einen Betrag in allenfalls dieser Größenordnung erwartete. Der Wert lag damit unter der Grenze der Geringwertigkeit, die in der Regel bei 50 € oder bei einem einmaligen Fehlverhalten mit 200 € auch höher anzusetzen ist. Voraussetzung für die Anwendung des Milderungsgrundes ist jedoch, dass der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist und dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Schutzgüter verletzt werden (BVerwG U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 4.6.2014 - 16a D 10.2005 - juris Rn. 69). Damit wird der Milderungsgrund der Geringwertigkeit des entwendeten Gutes entkräftet, weil gleichzeitig das Postgeheimnis verletzt wurde und der Beklagte sich nicht nur über fremde Eigentumsrechte, sondern auch über die Vertraulichkeit des Inhalts von Postsendungen hinwegsetzte (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34; U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris 21).

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Berücksichtigung der Geringwertigkeit bei der Einschleusung eines „Fangbriefes oder -paktes“ in den Postverlauf zur Folge hätte, dass die Behörde es bei der Planung eines solchen „Diebesfalle“, der zumeist bereits festgestellte Verluste von Postsendungen und ein vager Tatverdacht vorausgehen, in der Hand hätte, je nach Höhe des eingelegten Geldbetrags die Wertgrenze zur Geringwertigkeit zu über- oder unterschreiten (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2003 - 1 D 27/02 - juris Rn. 21). Soweit das Bundesverwaltungsgericht bei der Entnahme von Geld aus Briefen die Höhe des entwendeten Geldes in den Blick nahm, stand das im Zusammenhang mit der vom damaligen Beklagten als rechtsgrundsätzlich bedeutsam angesehenen Frage, ob eine schwere depressive Erkrankung unterhalb der Schwelle einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht zumindest bei Zugriffsdelikten unterhalb eines Schadensbetrags von 200 € einen einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbaren Umstand bilden kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.6.2013 - 2 B 50/12 - ZBR 2013, 351 - juris Rn. 4), was jedoch verneint wurde.

b. Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und die dienstlichen Leistungen des Beklagten ändern nichts daran, von der Höchstmaßnahme abzusehen. Der Beamte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Zu seinen Gunsten spricht seine langjährige und beanstandungsfreie Dienstausübung als Postbeamter, sowie der Umstand, dass er in der Vergangenheit Leistungszulagen erhalten hatte und seinen dienstlichen Pflichten beanstandungsfrei nachgekommen ist. Besondere Milderungsgründe können daraus angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht entnommen werden. Angesichts der Schwere des von ihm begangenen Dienstvergehens, aufgrund dessen sich der Beklagte als Paketzusteller untragbar gemacht hat, können weder die guten dienstlichen Leistungen des Beklagten noch sein überdurchschnittliches berufliches Engagement und die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte (BayVGH, U.v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 25). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 27).

c. Auch der weitere bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19). Hiergegen spricht, dass der Umgang mit Paketen, die gelegentlich auch Bargeld enthalten, zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen. Darüber hinaus musste der Beklagte das Paket zunächst öffnen, um dann nach Geld zu suchen (BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58).

d. Aber auch die Voraussetzungen für die Annahme des Milderungsgrundes einer besonderen psychischen Ausnahmesituation, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten des Beamten nicht mehr erwartet werden kann, liegen hier nicht vor. Die starke Belastung durch das erhöhte Sendungsaufkommen vor Weihnachten bzw. durch die Unterstützung seiner Tochter kann als richtig unterstellt werden. Diese vom Beklagten vorgetragenen Beschwernisse sind auch von der Klägerin nicht bestritten worden. Dafür, dass diese Situation derart außerordentlich belastend für den Beklagten gewesen wäre, dass von ihm ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden könnte, ist jedoch nicht Konkretes vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.

e. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB gehandelt hätte, liegen nicht vor. Der bloße Hinweis, der Beklagte habe vergessen, seine Medikamente einzunehmen und ihm sei schwindlig gewesen, bietet keine Anhaltspunkte, dass der Beklagte bei der Tatbegehung schuldunfähig wegen seelischer Störungen im Sinne des § 20 StGB gewesen wäre bzw. für die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Der Beklagte hat auch nicht ausdrücklich behauptet, er habe die Zugriffshandlung im Zustand der Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen. Ärztliche Stellungnahmen, die dazu verwertbare Aussagen enthalten, wurden nicht beigebracht. Damit bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert gewesen wäre, so dass der Senat dem nicht im Rahmen der Amtsermittlung nachgehen musste (vgl. BVerwG, B.v. 7.11.2014 - 2 B 45/14 - BayVBl 2015, 423 - juris Rn. 16). Auch bleibt festzuhalten, dass im Disziplinarrecht die von den Verwaltungsgerichten vorzunehmende Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten abhängt. Aufgrund dessen kann sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 - NVwZ-RR 2007, 695 ff. - juris; BayVGH, U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 55). Dafür spricht hier nichts.

f. Das Geständnis des Beklagten führt nicht zu einer milderen Beurteilung, da es nicht freiwillig vor drohender Entdeckung, sondern erst nach Aufdeckung der Paketberaubung durch die Betriebssicherheit der Klägerin und im anschließenden Strafverfahren erfolgte.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U.v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - ZBR 2004, 256 - juris Rn. 49).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG).

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

4

Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

10

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

11

Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

12

Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

13

Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

14

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

17

Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.

2

Der Beklagte steht im Amt eines Oberverwaltungsrats (Besoldungsgruppe A 13) im Dienst der klagenden Gemeinde. Diese hat nach Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO im März 2006 Disziplinarklage mit den Vorwürfen erhoben, der Beklagte habe 1998 und 1999 zwei Mobilfunkkarten sowie 2003 zwei hochwertige Mobiltelefone, die Mobilfunkunternehmen der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, an sich genommen und bis zur Entdeckung im Jahr 2006 privat genutzt. Den jeweiligen Kaufpreis und die laufenden Telefonkosten habe der Beklagte aus eigenen Mitteln bezahlt, wobei er die der Klägerin gewährten Sonderkonditionen in Anspruch genommen habe.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Vorwürfe für erwiesen erachtet und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Diese Maßnahme sei bereits deshalb geboten, weil der Beklagte die in das Eigentum der Klägerin übergegangenen Mobiltelefone unterschlagen habe (sog. Zugriffsdelikte). Es lägen keine entlastenden Umstände vor, die eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses rechtfertigen könnten. Die Grenze der Geringfügigkeit sei selbst dann deutlich überschritten, wenn als Marktwert nur die Hälfte der unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers für den Verkauf der neuen Geräte angesetzt werde. Auch sei erschwerend zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte durch die unberechtigte Nutzung der Mobilfunkkarten zu Lasten der Klägerin einen Vermögensvorteil von rund 1 500 € verschafft habe. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Beklagte drei Grundsatzrügen erhoben.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des hier nach § 67 Satz 1 LDG NRW anwendbaren § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die vom Beklagten mit der Grundsatzrüge aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, nicht erfüllt:

5

Die erste Frage, ob der Milderungsgrund der Geringwertigkeit bei Zugriffsdelikten auch bei mehrmaligem Fehlverhalten bei einer Wertgrenze von insgesamt 200 € liegen kann, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist.

6

Danach stellt die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) das maßgebende Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme dar. Der Zugriff eines Beamten auf dienstlich anvertraute oder zugängliche Geldbeträge oder Gegenstände in der Absicht, sich diese anzueignen, stellt einen gravierenden Pflichtenverstoß dar, der aufgrund seiner Schwere die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert. Die Indizwirkung entfällt, wenn der Wert der unterschlagenen oder veruntreuten Gegenstände die Schwelle der Geringfügigkeit nicht deutlich übersteigt (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 15). Die Schwelle, die deutlich überschritten werden muss, um die Indizwirkung auszulösen, liegt gegenwärtig bei 50 € (Urteile vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <310 f.> und vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 22. September 2006 - BVerwG 2 B 52.06 - DÖD 2007, 187).

7

Die Indizwirkung entfällt auch, wenn ein anderer anerkannter Milderungsgrund, z.B. freiwillige Offenbarung des Pflichtenverstoßes, eingreift, wobei zugunsten des Beamten der Grundsatz „in dubio pro reo" Anwendung findet. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. entlastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten" und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung zu entkräften. Jedenfalls bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden kommt in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis absehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichen Gewicht hinzukommen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 15 und Beschluss vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 B 143.11 - juris Rn. 13). Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes insgesamt 200 € nicht erreicht. (Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O.).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze zum Bedeutungsgehalt des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und auf den festgestellten Sachverhalt angewandt. Ausgehend von seiner Würdigung, dass die Geringfügigkeitsgrenze deutlich überschritten ist und kein anderer anerkannter Milderungsgrund eingreift, hat es die belastenden Umstände in Bezug zu den entlastenden Umständen gesetzt. Die Würdigung, die entlastenden Umstände reichten in ihrer Gesamtheit nicht aus, um die Indizwirkung zu entkräften und von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, hält sich innerhalb des Rahmens, den die Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW den Tatsachengerichten für das Ergebnis der Gesamtabwägung belassen. Das Oberverwaltungsgericht hat insbesondere die jahrelange unberechtigte Benutzung zweier Mobilfunkkarten, die ihrerseits eine Dienstpflichtverletzung von erheblichem Gewicht darstellt, zu Recht als belastende Umstände von einigem Gewicht berücksichtigt.

9

Die zweite Frage, ob sich die Schwelle der Geringwertigkeit auch bei solchen Gegenständen nach dem objektiven Marktwert bemisst, die erheblichen Preis-und Wertschwankungen unterliegen oder wie Mobiltelefone als preisgünstige Zugabe beim Abschluss von Mobilfunkverträgen veräußert werden, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil kein Revisionsverfahren durchgeführt werden muss, um sie zu beantworten.

10

Der Wert von Gegenständen, die gehandelt werden, kann regelmäßig nur nach deren Marktwert bemessen werden. Die daran anknüpfende Frage, auf welche Weise dieser Wert ermittelt wird, kann in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil es sich nicht um eine Frage der Auslegung revisiblen Rechts handelt. Die Bestimmung des Marktwerts eines Gegenstandes gehört zur Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts, die der rechtlichen Würdigung vorgelagert ist. Daher können die Verfahrensbeteiligten die Methoden der Wertbestimmung in der Revisionsinstanz nur mit Verfahrensrügen in Frage stellen. In Betracht kommt insbesondere die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung nach § 57 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW, § 86 Abs. 1 VwGO verletzt.

11

Eine derartige Aufklärungsrüge kann der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Mit den Einwendungen des Beklagten gegen die Wertbestimmung von Mobiltelefonen aufgrund der Preisempfehlungen der Hersteller hat sich das Oberverwaltungsgericht auseinandergesetzt. Es hat dargelegt, dass die Mobiltelefone, die der Beklagte an sich genommen hat, zur maßgebenden Zeit der Tatbegehung neu auf dem Markt und daher preisstabil waren. Dem Vortrag, Mobiltelefone würden überwiegend aus Anlass des Abschlusses eines Mobilfunkvertrags mit erheblichen Preisnachlässen abgegeben, hat das Oberverwaltungsgericht Rechnung getragen, indem es als Marktwert nur jeweils die Hälfte der Preisempfehlungen der Hersteller zugrunde gelegt hat.

12

Die dritte Frage nach der Bedeutung einer unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere durch das Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - (BVerwGE 146, 98), geklärt ist.

13

Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 50).

14

Dementsprechend hat der Gesetzgeber davon abgesehen, einen inhaltlichen Bezug zwischen der überlangen Dauer eines Verfahrens und den geltend gemachten materiellrechtlichen Positionen herzustellen. Er hat die Verfahrensbeteiligten auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG (in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 ) verwiesen. Diese Vorschriften finden nach § 173 Satz 2 VwGO, § 3 LDG NRW auch für Disziplinarverfahren Anwendung (Urteil vom 28. Februar 2012 a.a.O. Rn. 51).

15

Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung, hier nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 53).

16

Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens der Aberkennung des Ruhegehalts nicht entgegen, wenn der Beamte während seiner Dienstzeit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verwirkt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12 - NVwZ 2013, 788).

17

Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden, wenn das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis wegen der mit dem Verfahren verbundenen Belastungen gemindert ist (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 54).

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühren betragsgenau festgelegt ist (§ 75 Satz 1 LDG NRW, Nr. 62 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu diesem Gesetz).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.