Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 11. Mai 2017 - 2 BvR 30/15
Gericht
Tenor
-
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. November 2014 - III-4 Ws 363/14 - sowie der Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 6. August 2014 - III-1 StVK 54/13 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 des Grundgesetzes.
-
Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
-
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verletzung des Freiheitsrechts des Beschwerdeführers durch die Nichteinhaltung der Überprüfungsfrist des § 67e Abs. 2 StGB bei der Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.
-
I.
- 2
-
1. a) Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2005 wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Des Weiteren wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Seit dem 25. Dezember 2008 wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt.
- 3
-
b) Mit Beschluss vom 8. Juli 2011 lehnte das Landgericht Arnsberg die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers ab.
- 4
-
c) Mit Beschluss vom 27. März 2013 erteilte das Landgericht Arnsberg den Auftrag zur Begutachtung des Beschwerdeführers. Die Sachverständige erstattete ihr Gutachten unter dem 25. Juli 2013. Dieses ging am 1. August 2013 bei Gericht ein. Die vom Landgericht am 3. September auf den 23. Oktober 2013 terminierte Anhörung der Sachverständigen wurde wegen deren Verhinderung auf den 6. November 2013 verlegt.
- 5
-
d) Mit Beschluss vom 19. November 2013 forderte das Landgericht die Sachverständige auf, die Gefangenenpersonalakte des Beschwerdeführers auszuwerten, weitere Unterlagen anzufordern sowie mit einem Therapeuten des Beschwerdeführers Rücksprache zu halten. Am 4. April 2014 ging beim Landgericht die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 25. März 2014 ein. Am 31. Juli 2014 erfolgte die weitere mündliche Anhörung der Sachverständigen.
- 6
-
e) Mit angegriffenem Beschluss vom 6. August 2014 lehnte das Landgericht Arnsberg die Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung ab und führte aus, die lange Verfahrensdauer sei nicht auf Justizverschulden zurückzuführen, sondern der Dauer der Gutachtenerstellung und der Terminsfindung geschuldet.
- 7
-
f) Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers, mit der dieser die nicht rechtzeitige Beschlussfassung rügte, verwarf das Oberlandesgericht Hamm mit angegriffenem Beschluss vom 27. November 2014 "aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses" als unbegründet. Dabei wurde ergänzend auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 27. Oktober 2014 verwiesen, wonach die Verfahrensweise des Landgerichts erkennbar von dem Bestreben getragen gewesen sei, die Fortdauerentscheidung erst nach gründlicher richterlicher Sachaufklärung zu treffen.
- 8
-
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde greift der Beschwerdeführer die Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer und des Oberlandesgerichts an. Er rügt die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG und vertritt die Auffassung, die Überschreitung der Prüfungsfrist sei der verzögerten Behandlung durch das Landgericht geschuldet.
- 9
-
3. Die Fortdauer der Unterbringung wurde zwischenzeitlich erneut mit rechtskräftigen Beschlüssen des Landgerichts Arnsberg vom 10. April 2015 und vom 7. April 2016 angeordnet.
-
II.
- 10
-
1. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.
- 11
-
2. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde für aussichtsreich. Die Erwägungen des Oberlandesgerichts und die in Bezug genommenen Ausführungen des Landgerichts zur Überschreitung der Prüffrist des § 67e StGB seien lückenhaft und enthielten Wertungsfehler.
- 12
-
3. Dem Bundesverfassungsgericht hat das Vollstreckungsheft vorgelegen.
-
III.
- 13
-
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr statt. Nach den Maßstäben, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt sind, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet (§ 93b, § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
- 14
-
1. a) Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden. Zu diesen wichtigen Gründen gehören in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem Gebiet dienen vor allem dem Schutz der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 22, 180 <219>; 45, 187 <223>; 58, 208 <224 f.>). Zugleich haben die gesetzlichen Eingriffstatbestände jedoch auch eine freiheitsgewährleistende Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkung bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. November 2011 - 2 BvR 1665/10 -, juris, Rn. 10). Das gilt auch für die Unterbringung eines Straftäters in der Sicherungsverwahrung nach Maßgabe des § 66 StGB.
- 15
-
Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf das Gewicht des Freiheitsanspruchs des Untergebrachten für die Vollstreckung der Maßregel besondere Regelungen getroffen. So kann die Strafvollstreckungskammer die Aussetzungsreife der Maßregel jederzeit überprüfen; sie ist dazu seit der zum 1. Juni 2013 in Kraft getretenen Änderung des § 67e Abs. 2 StGB durch das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl I S. 2425) jeweils spätestens vor Ablauf eines Jahres verpflichtet (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. November 2011 - 2 BvR 1665/10 -, juris, Rn. 11). Vor diesem Zeitpunkt betrug die Überprüfungsfrist gemäß § 67e Abs. 2 StGB a.F. zwei Jahre.
- 16
-
Die Vorschriften über die regelmäßige Überprüfung der weiteren Vollstreckung der Sicherungsverwahrung dienen der Wahrung des Übermaßverbots bei der Beschränkung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGK 4, 176 <181>; 5, 67 <68>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Mai 2008 - 2 BvR 1615/07 -, juris, Rn. 17 und vom 22. November 2011 - 2 BvR 1334/10 -, juris, Rn. 16). Ihre Missachtung kann dieses Grundrecht verletzen, wenn es sich um eine nicht mehr vertretbare Fehlhaltung gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht handelt, die auf eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts schließen lässt (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 72, 105 <114 f.>; BVerfGK 4, 176 <181>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2011 - 2 BvR 1334/10 -, juris, Rn. 16; vom 30. März 2016 - 2 BvR 746/14 -, juris, Rn. 18 und vom 10. Oktober 2016 - 2 BvR 1103/16 -, juris, Rn. 15).
- 17
-
Zwar führt nicht jede Verzögerung des Geschäftsablaufs in Unterbringungssachen, die zu einer Überschreitung der einschlägigen Fristvorgaben führt, automatisch auch zu einer Grundrechtsverletzung, weil es zu solchen Verzögerungen auch bei sorgfältiger Führung des Verfahrens kommen kann (BVerfGK 4, 176 <181>). Es muss jedoch sichergestellt sein, dass der Geschäftsgang der Kammer in der Verantwortung des Vorsitzenden oder des Berichterstatters eine Fristenkontrolle vorsieht, die die Vorbereitung einer rechtzeitigen Entscheidung vor Ablauf der Jahresfrist sicherstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Betroffene in aller Regel persönlich anzuhören ist und dass auch für eine sachverständige Begutachtung ausreichend Zeit verbleiben muss, soweit die Kammer eine solche für erforderlich halten sollte. Die gesetzliche Entscheidungsfrist lässt dafür ausreichend Raum (vgl. BVerfGK 4, 176 <181>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2011 - 2 BvR 1334/10 -, juris, Rn. 16 und vom 29. November 2011 - 2 BvR 1665/10 -, juris, Rn. 12). Gründe für eine etwaige Fristüberschreitung sind zur verfahrensrechtlichen Absicherung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in der Fortdauerentscheidung darzulegen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2011 - 2 BvR 1334/10 -, juris, Rn. 16; vom 29. November 2011 - 2 BvR 1665/10 -, juris, Rn. 12; vom 30. März 2016 - 2 BvR 746/14 -, juris, Rn. 19 und vom 10. Oktober 2016 - 2 BvR 1103/16 -, juris, Rn. 16.).
- 18
-
b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen an Fortdauerentscheidungen werden die angegriffenen Beschlüsse nicht gerecht.
- 19
-
Die Entscheidung des Landgerichts über die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers ist nicht innerhalb der von § 67e Abs. 2 StGB vorgegebenen Überprüfungsfrist ergangen. Nach § 67e Abs. 2 StGB in der bis zum 31. Mai 2013 gültigen Fassung hätte die Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung spätestens nach zwei Jahren seit der letzten Fortdauerentscheidung vom 8. Juli 2011 erfolgen müssen. Somit endete selbst bei Außerachtlassung der mit dem Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl I S. 2425) einhergehenden Verkürzung der Überprüfungsfrist auf ein Jahr die Frist zur Überprüfung der Unterbringung des Beschwerdeführers spätestens am 8. Juli 2013. Stattdessen hat das Landgericht erst mehr als ein Jahr später, am 6. August 2014, die Fortdauer der Sicherungsverwahrung angeordnet, indem es eine Aussetzung zur Bewährung abgelehnt hat.
- 20
-
Die Gründe für diese Fristüberschreitung werden in den angegriffenen Beschlüssen nicht in einer Weise dargestellt, die eine sorgfältige Führung des Verfahrens mit dem Ziel rechtzeitiger Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung erkennen lassen. Das Landgericht begründet die "lange Verfahrensdauer" lediglich mit der Dauer der Gutachtenerstellung und der Terminsfindung. Die konkreten Umstände des vorliegenden Falles werden dabei aber nicht erörtert. Daher ist nicht erkennbar, ob die Überschreitung der Prüfungsfrist gemäß § 67e Abs. 2 StGB trotz sorgfältiger Führung des Verfahrens zustande kam oder ob sie auf einer Fehlhaltung gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht beruhte.
- 21
-
Insbesondere wird nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchem Grund trotz des zwischenzeitlichen Ablaufs der Überprüfungsfrist die mündliche Anhörung der Sachverständigen zunächst auf den 23. Oktober 2013 und damit knapp drei Monate nach Eingang des Gutachtens bei Gericht am 1. August 2013 terminiert wurde. Inwieweit die im angegriffenen Beschluss erwähnte Entpflichtung des damaligen Pflichtverteidigers des Beschwerdeführers hierzu beigetragen hat, erschließt sich nicht. Ebenso wenig erschließt sich, warum am 6. November 2013 zunächst eine mündliche Anhörung der Sachverständigen durchgeführt wurde, obwohl das Landgericht danach die Einholung eines Ergänzungsgutachtens anordnete, das unter anderem nach Durchsicht der Gefangenenpersonalakten des Beschwerdeführers erstellt werden sollte. Nicht ausgeführt wird außerdem, ob das Gericht durch Anleitung oder Kontrolle auf eine Verkürzung der Bearbeitungszeit des Sachverständigengutachtens hinwirkte, obwohl dies zumindest hinsichtlich des Ergänzungsgutachtens angesichts der erheblichen Überschreitung der Prüfungsfrist geboten gewesen wäre. Schließlich wird nicht dargelegt, warum die erneute mündliche Anhörung der Sachverständigen erst mehr als vier Monate nach Eingang der ergänzenden Stellungnahme bei Gericht stattfand. Der allgemein gehaltene Hinweis, es sei vergeblich versucht worden, mit dem Verteidiger des Untergebrachten einen zeitnahen Anhörungstermin abzustimmen, wobei dies dadurch erschwert worden sei, dass seitens des Beschwerdeführers kein Verzicht auf die Anhörung der Sachverständigen stattgefunden habe, genügt den der verfassungsrechtlichen Absicherung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG dienenden Darlegungspflichten nicht.
- 22
-
Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer verletzt daher das Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers. Das Oberlandesgericht hat die Grundrechtsverletzung durch die Strafvollstreckungskammer im Beschluss vom 27. November 2014 vertieft, indem es lediglich auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung verweist und ergänzend auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 27. Oktober 2014 Bezug nimmt. Soweit in dieser Stellungnahme auf die Notwendigkeit und die landgerichtliche Intention gründlicher richterlicher Sachaufklärung und zuverlässiger Wahrheitserforschung verwiesen wird, vermag dies die vorstehend dargestellten Verzögerungen des Überprüfungsverfahrens nicht zu rechtfertigen.
- 23
-
2. Es ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass die angegriffenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. November 2014 sowie des Landgerichts Arnsberg vom 6. August 2014 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG verletzen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm ist jedoch nicht aufzuheben, da er durch die Fortdauerentscheidungen des Landgerichts Arnsberg vom 10. April 2015 und vom 7. April 2016 mittlerweile prozessual überholt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2014 - 2 BvR 2774/12 -, juris, Rn. 51).
- 24
-
3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.
(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.
(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.
(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.
(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.
(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.
(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.
Die Kammer kann die Annahme der Verfassungsbeschwerde ablehnen oder die Verfassungsbeschwerde im Falle des § 93c zur Entscheidung annehmen. Im übrigen entscheidet der Senat über die Annahme.
(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.
(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.
(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.
(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.
(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.
(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.
(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.
(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.
(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.
(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.
(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.
(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.
(1) Die Vorschriften für die Revision in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses gelten entsprechend in folgenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht (Verfassungsgerichtshof, Staatsgerichtshof) eines Landes:
- 1.
Verfahren über die Verwirkung von Grundrechten, den Verlust des Stimmrechts, den Ausschluss von Wahlen und Abstimmungen, - 2.
Verfahren über die Verfassungswidrigkeit von Parteien, - 3.
Verfahren über Anklagen gegen den Bundespräsidenten, gegen ein Regierungsmitglied eines Landes oder gegen einen Abgeordneten oder Richter und - 4.
Verfahren über sonstige Gegenstände, die in einem dem Strafprozess ähnlichen Verfahren behandelt werden.
(2) In sonstigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht eines Landes gelten die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses entsprechend. Der Gegenstandswert ist unter Berücksichtigung der in § 14 Absatz 1 genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen; er beträgt mindestens 5 000 Euro.