Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 22. Jan. 2018 - 1 BvR 2616/17
Gericht
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags, ein paritätisches Wechselmodell zu begründen.
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1. Der Beschwerdeführer und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens haben ein gemeinsames, im Jahre 2009 geborenes Kind. Sie waren nicht verheiratet, sind aber aufgrund einer Sorgeerklärung Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge. Seit der Trennung der Eltern lebt das gemeinsame Kind im Haushalt der Mutter.
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2. Mit Beschluss vom 30. September 2016 übertrug das Amtsgericht unter anderem das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter. Dabei wies es die Anträge des Beschwerdeführers zurück, mit denen er die Begründung eines paritätischen Wechselmodells anstrebte.
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Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 ab, soweit er sein Begehren weiterverfolgte, auch gegen den Willen der Kindesmutter ein paritätisches Wechselmodell zu begründen. Maßstab der Prüfung sei § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Ein paritätisches Wechselmodell trage hier weniger zur Verwirklichung des Kindeswohls bei als eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragsgegnerin. Zur erfolgreichen Durchführung des Wechselmodells fehle es an den erforderlichen Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten der Eltern.
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3. Der Beschwerdeführer macht mit seiner Verfassungsbeschwerde geltend, in seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, seinem Anspruch auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 und 2 GG und dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verletzt zu sein, weil die aktuelle Gesetzeslage und deren Anwendung durch die Gerichte ein paritätisches Wechselmodell nicht als Regelfall für die gemeinsame Erziehung und Pflege eines Kindes durch getrennt lebende Elternteile vorsehen. Insoweit sei eine völkerrechtskonforme Auslegung der als verletzt gerügten Grundrechte geboten. Diese Auslegung müsse sich insbesondere an dem völkerrechtlichen Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (UN-Kinderrechtskonvention) orientieren, aus der folge, dass ein paritätisches Wechselmodell das Regelbetreuungsmodell bei getrennt lebenden Eltern sein müsse.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, weil nicht erkennbar ist, dass der Beschwerdeführer durch ein verfassungswidriges Gesetz oder durch verfassungswidrige Rechtsanwendung in seinen Grundrechten verletzt sein könnte.
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1. Insbesondere folgt aus Art. 6 Abs. 2 GG nicht, dass der Gesetzgeber den Gerichten für die Zuordnung von Rechten und Pflichten getrennt lebender Eltern eine paritätische Betreuung als Regel vorgeben und eine abweichende gerichtliche Regelung als Ausnahme ausgestalten müsste (so bereits BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Juni 2015 - 1 BvR 486/14 -, Rn. 12, www.bverfg.de). Dass der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich festgestellt hat, dass ein paritätisches Wechselmodell in Gestalt einer Umgangsregelung je nach den Umständen des Einzelfalls - vor allem nach Maßgabe des Kindeswohls - auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2017 - XII ZB 601/15 -, Rn. 24 ff., juris), steht hierzu nicht im Widerspruch (vgl. bereits BVerfG, a.a.O., Rn. 21). Dass der Gesetzgeber eine paritätische Betreuung als Regel vorsehen müsste, folgt auch nicht aus einer völkerrechtskonformen Auslegung des Grundgesetzes im Lichte der UN-Kinderrechtskonvention (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 18).
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2. Auch beruht die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht auf einer grundsätzlichen Verkennung des Elternrechts des Beschwerdeführers. Auslegung und Anwendung des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB durch das Gericht tragen den berührten Grundrechten der Eltern und des gemeinsamen Kindes Rechnung. Das Gericht lehnt die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells ab, weil das Verhältnis zwischen den Eltern hoch strittig sei und nicht die für die Begründung eines solchen Wechselmodells erforderlichen Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten erkennen lasse. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 22).
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.
(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,
- a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt, - b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.
(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.
(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.