Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2001 - XII ZR 199/98
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin hat, nachdem die Parteien den ursprünglich geltend gemachten Räumungsanspruch übereinstimmend für erledigt erklärt haben, Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache geltend gemacht. Das Landgericht hat festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstehe, daß sie die vermietete Fläche nicht am 1. Juni 1997, sondern erst am 16. Juli 1997 herausgegeben habe. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Klä-gerin hat Anschlußberufung eingelegt, mit der sie die Klage erweitert und neben der weiterverfolgten Feststellungsklage eine Leistungsklage erhoben hat mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie als Mindestschaden 300.802,33 DM zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat durch Teilurteil vom 27. Mai 1998 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen und sich die Entscheidung über den Zahlungsantrag vorbehalten. Durch Schlußurteil vom 14. April 1999 hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 261.061,79 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen und die Anschlußberufung der Klägerin im übrigen zurückgewiesen. Außerdem hat es über die Kosten der ersten und zweiten Instanz entschieden. Die Beklagte hat sowohl gegen das Teilurteil (Az.: XII ZR 199/98) als auch gegen das Schlußurteil (Az.: XII ZR 128/99) Revision eingelegt. Der Senat hat durch Beschluß vom 16. August 2000 die beiden Revisionsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden und angeordnet, daß die Entscheidung in der Sache XII ZR 199/98 ergehen soll. Die Beklagte hat die Revision gegen das Schlußurteil zurückgenommen und verfolgt nur noch die Revision gegen das Teilurteil weiter, mit der sie erreichen will, daß die Klage insoweit abgewiesen wird. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wegen des Feststellungsanspruchs die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen.
Entscheidungsgründe:
Die Rechtsmittel der Beklagten führen zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils des Oberlandesgerichts Dresden und zur Abänderung des Urteils des Landgerichts Dresden sowie zur Abweisung der Klage. Eine Erledigungserklärung der Klägerin ist grundsätzlich auch dann zu beachten, wenn sie erst im Revisionsverfahren abgegeben wird (BGHZ 106, 359, 368). Hält die Beklagte - wie im vorliegenden Fall - gegenüber der einseitigen Erledigungserklärung der Klägerin den Antrag auf Klageabweisung aufrecht , hat das Gericht darüber zu entscheiden, ob Erledigung der Hauptsache eingetreten ist. Ist das nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen (BGHZ 91, 126, 127). Im vorliegenden Fall ist keine Erledigung der Hauptsache eingetreten. Erledigung der Hauptsache tritt ein, wenn durch ein erledigendes Ereignis - eine Tatsache - eine zuvor zulässige und begründete Klage gegenstandslos wird (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 22. Aufl. § 91 a Rdn. 3 m.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Die Klägerin meint, als erledigendes Ereignis in diesem Sinne sei die Erhebung der Leistungsklage in der Berufungsinstanz anzusehen. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Kläger einer positiven Feststellungsklage kann zu einer deckungsgleichen Leistungsklage übergehen , er kann aber auch im Wege der Klageerweiterung eine Leistungsklage erheben und die Feststellungsklage daneben weiterverfolgen. Das gilt unabhängig davon, ob die weiterverfolgte Feststellungsklage neben der Leistungsklage zulässig bleibt. Um eine Erledigung der Hauptsache handelt es sich in beiden Fällen nicht.Geht der Kläger von der positiven Feststellungsklage zu einer dekkungsgleichen Leistungsklage über, ohne die Feststellungsklage weiterzuverfolgen , handelt es sich um eine ohne weiteres zulässige Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1992 - VI ZR 118/91 - NJW 1992, 2296 m.N.). Es ist dann nur noch über die Leistungsklage zu entscheiden. Für eine Erledigungserklärung ist kein Raum. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin - auch noch in der Revisionsinstanz - unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie die Feststellungsklage neben der Leistungsklage weiterverfolgen wolle. Sie hat sich vorbehalten , über den in der Leistungsklage bezifferten Schaden hinaus weitere Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Es war somit nach wie vor darüber zu entscheiden, ob dem Feststellungsbegehren in der beantragten Form stattgegeben werden konnte. Der Feststellungsantrag war nicht gegenstandslos geworden. Nachdem die Klägerin in der Berufungsinstanz eine Leistungsklage erhoben hat, konnte bezüglich der Feststellungsklage schon deshalb keine Erledigung der Hauptsache mehr eintreten, weil die Feststellungsklage jedenfalls von diesem Zeitpunkt an unzulässig war. Sie war unzulässig, weil für sie das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse fehlte. Es kann offenbleiben, ob das Feststellungsinteresse in der ersten Instanz gegeben war, oder ob die Klägerin schon damals Leistungsklage hätte erheben müssen. Jedenfalls ist das Feststellungsinteresse in der zweiten Instanz entfallen , als die Klägerin neben der weiterverfolgten Feststellungsklage Leistungsklage erhoben hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1989 - IX ZR 234/88 - MDR 1990, 540 = BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteres-
se 15). Die Klägerin hat nicht dargelegt, daß sie mit einem den bezifferten Zahlungsantrag übersteigenden Schaden rechnen müsse. Daß heute kein Feststellungsinteresse mehr besteht, ergibt sich im übrigen zwingend daraus, daß das Oberlandesgericht in dem inzwischen rechtskräftig gewordenen Schlußurteil die Leistungsklage zum Teil abgewiesen hat. Damit steht rechtskräftig fest, daß der Klägerin über den zugesprochenen Betrag hinaus ein weiterer Schadensersatzanspruch nicht zusteht. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten und nicht erforderlich sind, kann der Senat selbst abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Blumenröhr Krohn Gerber Weber-Monecke Fuchs
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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.