Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2017 - XI ZR 72/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres, Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterin Dr. Menges
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die allein am Revisionsverfahren beteiligte Beklagte zu 2 nach Widerruf auf Rückabwicklung zweier Darlehensverträge in Anspruch. Zusammen mit der am Revisionsverfahren nicht beteiligten Beklagten zu 1 beansprucht er von der Beklagten zu 2 außerdem noch die Leistung von Schadensersatz.
- 2
- Der Kläger war bei der Beklagten zu 1, einer Bank, bis zum 30. September 2004 als Vorstandsassistent tätig. Er beteiligte sich nach Erhalt einer Abfindung von 750.000 € vermittelt über einen Treuhänder am 28. September 2004 in Höhe von 310.000 € und am 29. September 2004 in Höhe von 400.000 € an der Medienfonds M. GmbH & Co. KG (künftig: Fondsgesellschaft).
- 3
- Einen Teil der Einlagen in Höhe von 186.000 € und 240.000 € finanzierte der Kläger aus eigenen Mitteln. In Höhe von 124.000 € und 160.000 € nahm er im Zuge einer obligatorischen teilweisen Anteilsfinanzierung Darlehen bei der Beklagten zu 2 auf. Den Zeichnungsunterlagen und Darlehensverträgen waren folgende Widerrufsbelehrungen beigefügt:
- 4
- Der Kläger erlangte aus den Beteiligungen Ausschüttungen in Höhe von 7.433,27 €.
- 5
- Am 29. Juli 2011 hat der Kläger zunächst allein gegen die Beklagte zu 1 eine Klage auf Leistung von Schadensersatz im Zusammenhang mit der Beteiligung an der hier streitgegenständlichen und an einer weiteren Fondsgesellschaft anhängig gemacht. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2012 hat er die Klage hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Fondsgesellschaft auf die Beklagte zu 2 erweitert und zugleich seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen gegenüber der Beklagten zu 2 widerrufen.
- 6
- Seiner Klage gegen die Beklagte zu 1 auf Leistung von Schadensersatz im Zusammenhang mit der Beteiligung an der weiteren Fondsgesellschaft hat das Landgericht teilweise entsprochen. Insoweit ist das landgerichtliche Urteil rechtskräftig. Im Übrigen hat das Landgericht die die hiesige Fondsgesellschaft betreffende Klage gegen die Beklagte zu 1 unter dem Gesichtspunkt der Beratungspflichtverletzung und der Prospekthaftung im weiteren Sinne sowie gegen die Beklagte zu 2 sowohl unter dem Gesichtspunkt des Widerrufs als auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung , Prospekthaftung und Delikt abgewiesen.
- 7
- Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht, das vom Zustandekommen verbundener Verträge ausgegangen ist, durch Teilurteil zurückgewiesen , "soweit sie auf einen Widerruf der Finanzierungsvereinbarungen des Klägers mit der Beklagten zu 2 für die Beteiligungen des Klägers an […] [der Fondsgesellschaft] gestützt" worden ist. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Mit der Revision verfolgt der Kläger gestützt auf den Widerruf das Ziel, die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch neben der Beklagten zu 1 zur Zahlung von 418.566,73 € nebst Zinsen "Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung" an der Fondsgesellschaft , hilfsweise "Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung" , zu verurteilen, festzustellen, dass die Beklagte zu 2 gegen den Kläger keine Ansprüche auf Zins und Tilgung aus den Darlehensverträgen hat, und festzustellen, dass sich die Beklagte zu 2 mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Rechte aus der Fondsbeteiligung seit dem 27. Januar 2011 in Verzug befindet.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision des Klägers hat Erfolg.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht (OLG München, WM 2016, 260 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt:
- 10
- Es sei zulässig und sachgerecht, über die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers vorab durch Teilurteil zu entscheiden. Gegen die "konsekutive Geltendmachung" von Ansprüchen aufgrund eines Rückgewährschuldverhältnisses und auf Schadensersatz bestünden keine Bedenken, zumal unterschiedliche Streitgegenstände in Rede stünden. Eine unzulässige alternative Klagehäufung liege nicht vor. Jedenfalls habe der Kläger die gebotene Bestimmung der Reihenfolge , in der er die prozessualen Ansprüche geltend machen wolle, in der Beru- fungsinstanz nachgeholt. Eine Gefahr widerstreitender Entscheidungen entstehe durch den Erlass eines Teilurteils nicht. Das Berufungsgericht werde das Verfahren erst dann fortsetzen, wenn das vorliegende Teilurteil in Rechtskraft erwachsen sei. Diesen Gestaltungsspielraum räume ihm die Zivilprozessordnung ein. Damit seien widersprechende Entscheidungen ausgeschlossen. Ansonsten hätte das Berufungsgericht den durch den Widerruf definierten Streitgegenstand abtrennen und das Restverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung hierüber wegen Vorgreiflichkeit aussetzen müssen. Darin hätte eine unnötige "Förmelei und Gebührenschinderei" gelegen.
- 11
- Der Widerruf des Klägers habe Wirkungen nicht mehr entfaltet, weil er zu spät erklärt worden sei. Zwar seien die Widerrufsbelehrungen der Beklagten zu 2 fehlerhaft gewesen, weil sie das Anlaufen der Widerrufsfrist mit dem Begriff "frühestens" umschrieben hätten. Die Beklagte zu 2 könne sich aber auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung berufen. Die Beklagte zu 2 sei nicht in einem die Gesetzlichkeitsfiktion tangierenden Ausmaß von dem Muster des Verordnungsgebers abgewichen. Dabei habe sich das Berufungsgericht im Hinblick auf den das Zivilverfahren beherrschenden Beibringungsgrundsatz bei seiner Überprüfung auf die Abweichungen zu beschränken, die der Kläger im Berufungsverfahren angeführt habe. Die Ergänzung der Überschrift "Widerrufsbelehrung" um den Zusatz "Nr. 2 zum Darlehensvertrag mit der H. bank AG" habe lediglich die Zuordnung erleichtert und sei unschädlich. Die Bezeichnung des Widerrufsadressaten als der "A. Beteiligungstreuhandgesellschaft mbH" und deren Beschreibung als "Bevollmächtigte der H. bank AG" gehe ebenfalls nicht über die vom Gesetzgeber tolerierten Abweichungen vom Muster hinaus.
- 12
- Es spiele somit keine Rolle mehr, dass der Kläger trotz eines Hinweises des Berufungsgerichts nicht schlüssig dargelegt habe, ob und inwieweit sich seine Berufungsanträge auch aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach Widerruf ergäben. Ebenfalls nicht mehr an komme es auf den seitens der Beklagten zu 2 erhobenen Einwand der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs, der allerdings "wohl" nicht durchgreife.
II.
- 13
- Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
- 14
- 1. Das Berufungsurteil unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil das Berufungsgericht ein unzulässiges Teilurteil erlassen hat.
- 15
- a) Allerdings kann es zulässig sein, einen Hauptantrag durch Teilurteil abzuweisen und die Entscheidung über den Hilfsantrag zurückzustellen (BGH, Urteile vom 1. April 1971 - VII ZR 297/69, BGHZ 56, 79, 80 f., vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90, WM 1992, 1031, 1032 f., vom 12. Mai 1995 - V ZR 34/94, WM 1995, 1540 f. und vom 8. Mai 2014 - VII ZR 199/13, WM 2014, 1647 Rn. 12). Der Kläger hat im Verhältnis zur Beklagten zu 2 zwei unterschiedliche Streitgegenstände zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht, die er in ein Eventualverhältnis gestellt hat.
- 16
- Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat, handelt es sich bei dem auf einen Widerruf gestützten Rückabwicklungsanspruch aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB und mit § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB in der zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 29. Juli 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) einerseits und dem mit einem oder mehreren Aufklärungsfehlern begründeten (vor-)vertraglichen Schadensersatzanspruch ande- rerseits materiell-rechtlich um unabhängig nebeneinander stehende Ansprüche (Senatsurteil vom 5. Juli 2016 - XI ZR 254/15, WM 2016, 1831 Rn. 21, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ). In prozessualer Hinsicht liegen unterschiedliche Streitgegenstände vor (Senatsurteil vom 5. Juli 2016 aaO Rn. 23 ff.). Diese Streitgegenstände konnten auch noch in der Rechtsmittelinstanz in ein Rangverhältnis gebracht werden (Senatsurteil vom 5. Juli 2016 aaO Rn. 25).
- 17
- b) Das Berufungsgericht hat indessen außer Acht gelassen, dass auch in Fällen der eventualen Klagehäufung ein Teilurteil nur ergehen darf, wenn mit der Entscheidung über den Hauptantrag der Entscheidung über den Hilfsantrag sachlich nicht vorgegriffen wird (BGH, Urteil vom 1. April 1971 - VII ZR 297/69, BGHZ 56, 79, 80 f.; Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13, WM 2014, 1409 Rn. 14). Denn durch Teilurteil darf nur entschieden werden, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Diese Gefahr besteht, wenn in einem Teilurteil über eine Frage erkannt wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Sie muss nicht notwendigerweise den Entscheidungstenor betreffen. Es reicht aus, wenn die Gefahr der widersprüchlichen Bewertung von Streitstoff entsteht, die als solche weder in Rechtskraft erwächst noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren bindet (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 30 Rn. 29; BGH, Urteile vom 28. November 2003 - V ZR 123/03, BGHZ 157, 133, 142 f., vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13 und vom 23. September 2015 - I ZR 78/14, WRP 2015, 1487 Rn. 26; BGH, Beschluss vom 20. März 2014 aaO).
- 18
- Diese Gefahr ist im Prozessrechtsverhältnis sowohl zur Beklagten zu 2 als auch zur Beklagten zu 1 gegeben. Im Rahmen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ist der Widerruf des Finanzierungsvertrags dahin zu berücksichtigen, dass der von dem geschädigten Anleger nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung herauszugebende Vorteil nicht mehr in der Gesellschaftsbeteiligung als solcher, sondern nur noch in den Rechten aus dieser Beteiligung besteht (Senatsurteil vom 5. Juli 2016 - XI ZR 254/16, WM 2016, 1831 Rn. 22 mwN).
- 19
- c) Der Erlass eines Teilurteils war nicht ausnahmsweise statthaft, weil das Berufungsgericht in Aussicht gestellt hat, "das Restverfahren erst dann fortzusetzen , wenn das vorliegende Teilurteil in Rechtskraft erwachsen ist". Schon die förmliche Aussetzung des Verfahrens oder die Anordnung des Ruhens des Verfahrens genügen nicht, um die sonst geltenden Beschränkungen für den Erlass eines Teilurteils außer Kraft zu setzen (BGH, Urteile vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 16 ff. und vom 23. September 2015 - I ZR 78/14, WRP 2015, 1487 Rn. 28 ff.; großzügiger noch BGH, Urteil vom 1. April 1971 - VII ZR 297/69, BGHZ 56, 79, 81). Erst recht gilt dies für eine prozessual unverbindliche "Absichtserklärung" des Berufungsgerichts, das Verfahren nicht weiter zu betreiben. Das vom Berufungsgericht zitierte Urteil des III. Zivilsenats vom 12. Februar 2015 (III ZR 141/14, BGHZ 204, 184 Rn. 33) betrifft das Zurückstellen der Entscheidung anderer Rechtsstreitigkeiten im Hinblick auf ein "Muster-" oder "Pilotverfahren", nicht eine Entscheidung durch Teilurteil, und ist auf den hiesigen Fall nicht übertragbar.
- 20
- 2. Außerdem hat das Berufungsgericht unzutreffend angenommen, der Kläger habe seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen nicht mehr widerrufen können, weil ihn die Beklagte zu 2 ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt habe.
- 21
- a) Keinen Rechtsfehler weist freilich die Annahme des Berufungsgerichts auf, dem Kläger habe ursprünglich ein Recht zum Widerruf seiner auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen nach § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 Abs. 1 und 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung, Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 38 Abs. 1 EGBGB zugestanden.
- 22
- b) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, die Beklagte zu 2 habe den Kläger mittels des Einschubs "frühestens" unzureichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist unterrichtet (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 18 und vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16, WM 2017, 1008 Rn. 11).
- 23
- c) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 könne sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der vom 1. September 2002 bis zum 7. Dezember 2004 geltenden Fassung (künftig: aF) berufen.
- 24
- aa) Unzutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, keine der vom Kläger vorgetragenen Abweichungen vom Belehrungsmuster führe zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion.
- 25
- Zwar entsprach die Ergänzung der Überschrift ihrer Qualität nach den vom Gesetzgeber selbst nach Art. 245 EGBGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung, § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) als zuträglich anerkannten Abweichungen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, und ließ damit die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 23).
- 26
- Anderes galt aber für die – an sich zulässige (BGH, Urteile vom 11. April 2002 - I ZR 306/99, WM 2002, 1352, 1353 und vom 25. Januar 2012 - VIII ZR 95/11, WM 2012, 561 Rn. 13) und nach § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF für sich unschädliche – Bezeichnung des Empfangsbevollmächtigten. Entgegen Gestaltungshinweis (3) der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF fehlte die - insoweit in Übereinstimmung mit den höherrangigen gesetzlichen Vorschriften geforderte - Angabe der ladungsfähigen Anschrift (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 24). Die Kombination der Ortsangabe mit einer Großkundenpostleitzahl anstelle der Angabe von Straße und Hausnummer nebst zugehöriger Postleitzahl ist zwar gesetzeskonform, entsprach aber der Vorgabe der BGB-Informationspflichten-Verordnung nicht.
- 27
- bb) Darüber hinaus unzutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz gebiete es, bei einem Vergleich der Widerrufsbelehrungen der Beklagten zu 2 mit dem Muster für die Widerrufsbelehrung nur solche Abweichungen heranzuziehen, die vom Kläger vorgetragen worden seien, und damit bei der (hier allerdings auch für sich fehlerhaften) Erkenntnis stehen zu bleiben, die Beklagte zu 2 habe bei Betrachtung ausschließlich der vom Kläger vorgetragenen Änderungen das Muster nur unmaßgeblich angepasst.
- 28
- Bei vorformulierten Widerrufsbelehrungen wie der von der Beklagten zu 2 verwandten handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. nur Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 22), die wie revisible Rechtsnormen zu behandeln sind (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - VII ZR 171/15, BGHZ 210, 206 Rn. 41). Ihre Übereinstimmung mit höherrangigem Recht - hier: mit dem Belehrungsmuster des Verordnungsgebers - ist eine Rechtsfrage und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen (Senatsurteile vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 38 und 40 und vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 25; a.A. Lechner, WM 2017, 689, 696; WuB 2017, 6, 7). Der Beibringungsgrundsatz gilt insoweit nicht.
- 29
- Bei dem gebotenen vollständigen Abgleich der Widerrufsbelehrungen mit dem Muster für die Widerrufsbelehrung hätte das Berufungsgericht eine (weitere ) Abweichung festgestellt, die die Grenzen des für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Unschädlichen überschritt. Die Beklagte zu 2 hat zwischen dem ersten und dem zweiten Satz unter der Überschrift "Widerrufsfolgen" den Passus eingefügt: "Bereits geleistete Einlagen werden binnen zwei (2) Wochen nach Zugang des Widerrufs zurücküberwiesen". Diese Passage findet sich weder im Text des Musters selbst noch in einem Gestaltungshinweis. Durch ihren Einschub griff die Beklagte zu 2 in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entsprach.
III.
- 30
- Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Matthias Menges
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 10.09.2014 - 3 O 16256/11 -
OLG München, Entscheidung vom 11.01.2016 - 19 U 3924/14 -
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Annotations
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.
(2) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auf Grund des § 495 Absatz 1 oder des § 514 Absatz 2 Satz 1 wirksam widerrufen, so ist er auch nicht mehr an diejenige Willenserklärung gebunden, die auf den Abschluss eines mit diesem Darlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtet ist.
(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag nach den Absätzen 1 oder 2 sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn der Darlehensgeber selbst dem Verbraucher das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
(4) Auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags sind unabhängig von der Vertriebsform § 355 Absatz 3 und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357c entsprechend anzuwenden. Ist der verbundene Vertrag ein Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, hat der Verbraucher abweichend von § 357a Absatz 3 unter den Voraussetzungen des § 356 Absatz 5 Nummer 2 Wertersatz für die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte zu leisten. Ist der verbundene Vertrag ein im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Ratenlieferungsvertrag, sind neben § 355 Absatz 3 auch die §§ 357 und 357a entsprechend anzuwenden; im Übrigen gelten für verbundene Ratenlieferungsverträge § 355 Absatz 3 und § 357d entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 sind jedoch Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Verbraucher ausgeschlossen. Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist.
(5) Die Absätze 2 und 4 sind nicht anzuwenden auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen.
Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.