Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2016 - X ZR 116/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning und Hoffmann, die Richterin Schuster und den Richter Dr. Deichfuß
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Der Beklagte war Inhaber des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 924 471 (Streitpatents), das am 9. Dezember 1998 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 15. Dezember 1997 angemeldet worden ist und einen Wärmespeicher betrifft. Das Patent wurde im Verlauf des Rechtsstreits auf die in Österreich ansässige T. GmbH übertragen. Die erteilte Fassung von Patentanspruch 1, auf den sich vier weitere Ansprüche zurückbeziehen, lautet: "Wärmespeicher (1) mit einem Behälter (2) zur temperaturgeschichteten Aufnahme eines Wärmeträgers und mit einem Ladekreis (6), der einen außerhalb des Behälters (2) vorgesehenen Wärmetauscher (7) zum Erwärmen des Wärmeträgers und eine sich zumindest über einen Teil der Behälterhöhe erstreckende, mit dem Behälter (2) in unterschiedlichen Höhen strömungsverbundene Steigleitung (8) für den erwärmten Wärmeträger umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die außerhalb des Behälters (2) verlaufende, über Verbindungsleitungen (9, 10, 11, 12) an den Behälter (2) angeschlossene Steigleitung (8) mit dem Wärmetauscher (7) einen selbstumlaufenden Ladekreis (6) bildet."
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- Die Klägerinnen haben das Streitpatent insgesamt angegriffen und geltend gemacht, sein Gegenstand sei nicht patentfähig. Der Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung und mit vier Hilfsanträgen in geänderter Fassung verteidigt.
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- Das Patentgericht hat das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Anspruch 1 die dem Hilfsantrag I entsprechende, nachstehend wiedergegebene Fassung erhielt und die Ansprüche 2 bis 5 auf diesen rückbezogen sind (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv): "Wärmespeicher (1) mit einem Behälter (2) zur temperaturgeschichteten Aufnahme eines Wärmeträgers und mit einem Ladekreis (6), der einen außerhalb des Behälters (2) vorgesehenen Wärmetauscher (7) zum Erwärmen des Wärmeträgers und einen sich zumindest über einen Teil der Behälterhöhe erstreckenden, mit dem Behälter (2) in unterschiedlichen Höhen strömungsverbundenen Steigleitung (8) für den erwärmten Wärmeträger umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die außerhalb des Behälters (2) verlaufende, über Verbindungsleitungen (9, 10, 11, 12) an den Behälter (2) angeschlossene Steigleitung (8) mit dem Wärmetauscher (7) einen selbstumlaufenden Ladekreis (6) bildet und wobei die Verbindungsleitung (11) an den Wärmetauscher (7) im Bereich von dessen Ringkanal (15) angeschlossen ist."
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- Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Nichtigkeitsklage. Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
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- I. Das Streitpatent betrifft einen Wärmespeicher. Ein solcher Wärmespeicher weist einen Behälter auf, in dem ein Wärmeträger, etwa Wasser, temperaturgeschichtet aufgenommen wird. Er umfasst ferner einen Ladekreis, der aus einem Wärmetauscher und einer Steigleitung besteht, die in unterschiedlichen Höhen mit dem Behälter strömungsverbunden ist.
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- 1. Zufolge der Streitpatentschrift sind solche Wärmespeicher im Stand der Technik bekannt. Dabei sei es wünschenswert, die Wärmeenergie von Wasser auf möglichst hohem Temperaturniveau zu speichern. Dies setze eine Schichtung des im Behälter gespeicherten Wassers nach seiner Temperatur voraus, die beim Laden des Speichers, also bei der Zuführung von Wasser über die Steigleitung, möglichst nicht beeinträchtigt werden solle. Um dieses Ziel ohne besonderen Steuerungsaufwand zu erreichen, sei es aus der europäischen Patentanmeldung 518 369 (NK6) bekannt, im Speicherbehälter eine Steigleitung vorzusehen, in der eine Ladeleitung eines Ladekreises münde. Hierbei werde dem Speicherbehälter Wasser im Bodenbereich entnommen, um es über einen Wärmetauscher aufzuwärmen und der Steigleitung zuzuführen. Je nach der Ladetemperatur des zugeführten Wassers steige dieses nach oben oder sinke nach unten und trete durch eine der auf verschiedenen Höhen angeordneten Öffnungen in die entsprechend temperierte Wasserschicht aus. Als nachteilig ist dabei nach der Beschreibung des Streitpatents u.a. anzusehen, dass die Steigleitung im Innern des Behälters angeordnet wird und isoliert werden muss.
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- 2. Das technische Problem besteht vor diesem Hintergrund darin, eine solche Vorrichtung so auszugestalten, dass mit geringem Aufwand eine effektive Ladung des Wärmespeichers entsprechend der Temperaturschichtung erreicht wird.
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- Gelöst wird diese Aufgabe durch eine Vorrichtung nach Patentanspruch 1, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (abweichende Merkmalsgliederung des Patentgerichts in eckigen Klammern): 1. Wärmespeicher (1) [1.1] mit 2. einem Behälter (2) zur temperaturgeschichteten Aufnahme eines Wärmeträgers [1.2] und 3. mit einem Ladekreis (6) [1.3], umfassend 3.1 einen außerhalb des Behälters (2) vorgesehenen Wärmetauscher (7) zum Erwärmen des Wärmeträgers, [1.4] 3.2 eine Steigleitung (8) für den erwärmten Wärmeträger, 3.2.1 die außerhalb des Behälters (2) verläuft, [1.6 teilweise] 3.2.2 die sich zumindest über einen Teil der Behälterhöhe erstreckt , [1.5 teilweise] 3.2.3 die mit dem Behälter (2) in unterschiedlichen Höhen strömungsverbunden ist, [1.5 Rest] 3.2.4 die über Verbindungsleitungen (9, 10, 11, 12) an den Behälter angeschlossen ist, [1.6 teilweise] 3.3 wobei die Steigleitung (8) mit dem Wärmetauscher (7) einen selbstumlaufenden Ladekreis (6) bildet. [1.6 Rest]
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- Ein Ausführungsbeispiel zeigt die nachstehend eingeblendete Figur 2 aus der Streitpatentschrift:
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- 3. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:
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- a) Die Steigleitung für den erwärmten Wärmeträger ist nach Merkmal 3.2.3 mit dem Behälter 2 in unterschiedlichen Höhen strömungsverbunden. Damit ist lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Wärmeträger von der Steigleitung in den Speicherbehälter strömen kann oder umgekehrt. Dass diese Strömungsverbindung über Verbindungsleitungen zwischen der Steigleitung und dem Behälter hergestellt ist, ergibt sich aus Merkmal 3.2.4.
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- b) Nach Merkmal 3.3 bilden die Steigleitung und der Wärmetauscher einen selbstumlaufenden Ladekreis. Die Bewegung des Wärmeträgers aus dem Speicher in die Steigleitung und umgekehrt wird danach nicht, wie bei einem Zwangsumlauf, durch äußere Einwirkung, etwa durch eine Pumpe bewirkt, sondern allein durch die Unterschiede zwischen der Temperatur des Wärmeträgers, der im Wärmetauscher erwärmt wird und der Schichttemperatur im Behälter (Thermosiphonprinzip).
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- c) Steigleitung und Wärmetauscher sind außerhalb des Behälters angeordnet (Merkmal 3.1 und 3.2.1). Sie müssen nicht durch gesonderte Vorrichtungselemente verwirklicht sein, vielmehr kann, wie Unteranspruch 2 sowie das Ausführungsbeispiel nach Figur 2 mit Abs. 7 und 9 der Beschreibung zeigen, der Wärmetauscher in der Steigleitung angeordnet sein. In Abhängigkeit von der Temperatur, auf die der Wärmeträger im Wärmetauscher erwärmt wird, wird das Wasser über eine der Verbindungsleitungen dem Behälter zugeführt.
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- II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:
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- Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei durch offenkundige Vorbenutzungshandlungen vorweggenommen und damit nicht neu.
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- Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat davon überzeugt, dass die S. & Co. KG vor dem Prioritätstag im Anwesen der Familie W. einen Wärmespeicher mit allen Merkmalen nach Anspruch 1 des Streitpatents installiert habe, der beliebigen Dritten ohne Geheimhaltungsverpflichtung zugänglich gewesen sei. Dem Funktionsschema gemäß Anlage NK22, dem technischen Bericht von Dr.-Ing. P. , entnehme der Fachmann alle Merkmale von Patentanspruch 1. Der Zeuge M. habe bekundet, dass bei der im Anwesen der Familie W. installierten Anlage hiervon nur insoweit abgewichen worden sei, als die installierte Anlage lediglich einen Anschluss im oberen Bereich des Speichers aufgewiesen habe. Aus seiner Aussage ergebe sich, dass der Zeuge über die erforderlichen technischen Voraussetzungen und Kenntnisse verfügt habe. Die Aussage des Zeugen M. sei auch unter Berücksichtigung dessen, dass die geschilderten Vorgänge weit zurücklägen, glaubhaft. Es bestünden daher keine Zweifel daran, dass bereits Anfang 1997 im Anwesen W. eine Wärmespeicheranlage installiert worden sei, die von sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 Gebrauch gemacht habe. Damit sei die patentgemäße Lehre einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich geworden. Die öffentliche Zugänglichkeit ergebe sich aus der Lebenserfahrung , weil es sich bei der Vorbenutzung um eine vorbehaltlose Lieferung an Dritten handele. Zudem habe der Zeuge M. bekundet, er gehe mit Sicherheit davon aus, dass der Bauherr W. die Anlage NK22 gesehen habe.
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- III. Die Berufung bleibt erfolglos. Das Patentgericht hat zu Recht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung nicht neu ist. Nach dem für die Überprüfung in der Berufungsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt gehört der im Anwesen der Familie W. installierte Wärmespeicher zum Stand der Technik.
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- 1. An die dafür maßgeblichen Feststellungen des Patentgerichts, wonach der Wärmespeicher, der vor dem Prioritätstag an die Familie W. vorbehaltlos geliefert und in deren Haus installiert wurde, sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung aufwies, ist der Senat gemäß § 117 PatG und § 529 ZPO gebunden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - X ZR 31/13, GRUR 2015, 768 - Coenzym Q10). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen begründen, zeigt die Berufung nicht auf.
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- Das Patentgericht hat die Aussagen des Zeugen M. sowie den Inhalt der vorgelegten Unterlagen eingehend und überzeugend gewürdigt. Es hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass der Zeitraum, auf den sich die Aussagen des Zeugen beziehen, weit zurückliegt, und näher erläutert, warum es seine Angaben gleichwohl als glaubhaft ansieht.
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- Die Rüge der Berufung, es sei völlig ungeklärt, wie die Anlage aussehe, die im Anwesen der Familie W. installiert wurde, ist unbegründet. Das Patentgerichthat seiner Feststellung, dass die bei Familie W. installierte Anlage alle patentgemäßen Merkmale aufwies, die Angaben des Zeugen zugrunde gelegt, wonach der Wärmespeicher, wie er bei Familie W. installiert wurde, von der in NK22 dargestellten Anlage lediglich insoweit abwich, als dort drei Verbindungsleitungen gezeigt sind, die oberhalb des Wärmetauschers von der Steigleitung zum Speicher führen, während die tatsächlich installierte Anlage im oberen Bereich nur einen Anschluss aufwies. Die in der Aussage des Zeugen erwähnten, als Anlage NK20.1 und NK20.2 vorgelegten Lichtbilder stehen damit in Einklang.
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- Der Einwand der Berufung, der in der Anlage NK22 enthaltenen Zeichnung sei nicht zu entnehmen, dass der Wärmespeicher zur temperaturgeschichteten Aufnahme eines Wärmeträgers diene, greift nicht durch. Im Text der NK22 wird erläutert, dass der Wärmespeicher der temperaturgeschichteten Aufnahme von Wasser dient. Das Patentgericht hat festgestellt, dass die von auf der Herbstmesse 1996 in Bozen ausgestellte Anlage sowie die in der Folge bei den Kunden R. , Mü. , Ma. und W. installierten Anlagen Behälter mit Temperaturschichtung und Schwerkraftbeladung umfassten und sich hierfür auch auf die Angaben des Zeugen gestützt. Auch insofern zeigt die Berufung keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das Patentgericht die Schilderung des Zeugen zugrunde legte, wie er zu der Erkenntnis kam, dass eine solche Anlage auch ohne Umwälzpumpe funktioniere, und in der Folge eine entsprechende Anlage auf der Messe ausstellte.
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- Entgegen der Darstellung der Berufung hat sich das Patentgericht auch damit auseinandergesetzt, dass der Zeuge den Vortrag der Klägerin, er habe die Anlage damals auf der Grundlage der als Anlage NK15 vorgelegten Zeichnung errichtet, nicht bestätigt hat. Wenn die Angaben des Geschäftsführers der Klägerin zu 2 und des Zeugen hierzu voneinander abweichen, musste das Patentgericht daraus nicht den Schluss ziehen, dass die Angaben des Zeugen, aus denen sich im Übrigen ein stimmiges Gesamtbild ergibt, unzutreffend sind.
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- Den Angaben des Zeugen ist, anders als die Berufung meint, nicht die Behauptung zu entnehmen, ihm habe zur Zeit der Herbstmesse in Bozen bereits die Skizze gemäß Anlage K41 vorgelegen. Deshalb ist es nicht erheblich, ob diese Skizze , wie die Berufung geltend macht, erst zu einem späteren Zeitpunkt gefertigt wurde.
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- 2. Die weitere Annahme des Patentgerichts, die Installation des Wärmespeichers im Haus der Familie W. begründe eine offenkundige Vorbenutzung, ist nicht zu beanstanden.
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- a) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Patentgerichts. Die Veräußerung eines Gegenstands, der die Lehre des Streitpatents vorwegnimmt, ohne Begründung einer Geheimhaltungspflicht führt für sich genommen noch nicht zur Offenkundigkeit. Es muss vielmehr darüber hinaus die nicht nur theoretische Möglichkeit eröffnet sein, dass beliebige Dritte und damit auch Fachkundige zuverlässige und ausreichende Kenntnis von der Erfindung erlangen (BGH, Urteil vom 25. November 1965 - Ia ZR 117/64, GRUR 1966, 484, 486 - Pfennigabsatz; Beschluss vom 5. März 1996 - X ZB 13/92, GRUR 1996, 747, 752 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtung; Urteil vom 15. Januar 2013 - X ZR 81/11, GRUR 2013, 367 Rn. 20 - Messelektronik für Coriolisdurchflussmesser). Dies kann unmittelbar dadurch geschehen, dass ein unbegrenzter Personenkreis die Vorbenutzungshandlung oder den vorbenutzten Gegenstand wahrnimmt oder wahrnehmen kann. Es kann aber auch genügen, dass einzelne Fachleute, die nicht zur Geheimhaltung verpflichtet sind, entsprechende Kenntnis erlangen. Schließlich kommt in Betracht, dass zwar nur einzelne Personen, die keine Fachleute sind, den vorbenutzten Gegenstand wahrnehmen, ohne zur Geheimhaltung verpflichtet zu sein, jedoch die Möglichkeit besteht, dass sie ihre Kenntnisse weitergeben. Insoweit bedarf es nicht der Feststellung, dass derjenige, der von der Vorbenutzungshandlung Kenntnis erlangt, sich tatsächlich näher mit der Erfindung beschäftigt und die dadurch erlangten Kenntnisse an Dritte weitergegeben hat, vielmehr genügt, dass bei objektiver Würdigung der Umstände des Falles nach der Lebenserfahrung wahrscheinlich ist, dass der Betreffende die Vorbenutzungshandlung zur Kenntnis nimmt, die in ihr verkörperte technische Lehre erkennt und versteht und an Dritte weitergibt.
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- Besteht die Benutzungshandlung - wie hier - darin, dass der betreffende Gegenstand an einen Dritten geliefert wird, kommt es darauf an, ob die Weiterverbreitung der von dem Empfänger der Lieferung erhaltenen Kenntnis an beliebige Dritte nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat. Die Antwort auf diese Frage hängt maßgeblich davon ab, ob für den Mitteilungsempfänger eine Pflicht zur Geheimhaltung bestand oder wenigstens nach der Lebenserfahrung anzunehmen war, dass er die Benutzungshandlung, etwa wegen eines eigenen geschäftlichen oder sonstigen Geheimhaltungsinteresses tatsächlich geheimhalten werde. Bei einer solchen Sachlage ist die Offenkundigkeit im Allgemeinen zu verneinen. Ist dagegen eine Geheimhaltungspflicht nicht vereinbart worden und eine Geheimhaltung auch sonst nicht zu erwarten, ist in der Regel davon auszugehen, dass mit der Lieferung die Kenntnis von der Erfindung der Öffentlichkeit preisgegeben und die jedenfalls nicht fernliegende Möglichkeit geschaffen worden ist, dass beliebige Dritte von ihr Kenntnis nehmen können (BGH, Beschluss vom 5. März 1996 - X ZB 13/92, GRUR 1996, 747, 752 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem).
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- b) Der Umstand, dass die Lieferung und Installation der Anlage an die Familie W. ohne Geheimhaltungspflicht erfolgte und eine Geheimhaltung auch sonst nicht zu erwarten war, legt nach der Lebenserfahrung nahe, dass damit die Kenntnis von der Erfindung der Öffentlichkeit preisgegeben und die jedenfalls nicht fernliegende Möglichkeit geschaffen wurde, dass beliebige Dritte von ihr Kenntnis erlangen konnten. Dem steht nicht entgegen, dass der Wärmespeicher in den Außenstehenden grundsätzlich nicht zugänglichen Räumen des von der Familie W. bewohnten Anwesens installiert wurde.
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- Der Aufbau und die Funktionsweise eines Wärmespeichers nach der Lehre des Streitpatents ist, entgegen der nicht näher begründeten Auffassung der Berufung , ohne Weiteres auch für nicht technisch Vorgebildete verständlich. Zudem wurde Herrn W. nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichtsder technische Bericht von Dr.-Ing. P. übergeben, in dem die Funktionsweise einer entsprechenden Anlage in allgemeinverständlicher Form dargestellt wird. Danach besteht die nicht fernliegende Möglichkeit, dass dieMitglieder der Familie W. oder Personen, die Zugang zu ihren Räumen haben, ihre Kenntnisse über den Wärmespeicher an Dritte weitergeben.
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- Zudem ist damit zu rechnen, dass fachkundige Dritte, etwa Handwerker, die mit der Wartung oder der Reparatur des Wärmespeichers oder sonstiger Teile der Hausinstallationen betraut werden, Zugang zu der Anlage haben und dadurch Kenntnis von Aufbau und Funktion des Wärmespeichers erlangen.
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- IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO. Meier-Beck Gröning Hoffmann Schuster Deichfuß
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 10.07.2014 - 2 Ni 12/12 (EP) -
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Annotations
Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des § 520 der Zivilprozessordnung der § 112.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.
(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)