Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2012 - V ZR 145/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, welche nach der Gemeinschaftsordnung in drei Untergemeinschaften gegliedert ist. Am 25. August 2008 wurden auf einer Versammlung der Untergemeinschaft A, welcher der Kläger angehört, unter anderem die Jahresabrechnung der Untergemeinschaft für das Jahr 2007 (TOP 3) sowie die Entlastung von Verwaltungsbeirat und Verwalter (TOP 4 und 5) beschlossen. Mit seiner gegen die übrigen Mitglieder der Untergemeinschaft gerichteten Klage hat der Kläger diese Beschlüsse angefochten und zudem die Berichtigung des Versammlungsprotokolls begehrt. Das Amtsgericht hat den Beschluss über die Entlastung des Verwaltungsbeirats (TOP 4) für ungültig erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die teilweise Nichtigkeit des Beschlusses über die Jahresabrechnung (TOP 3) und die Nichtigkeit der Entlastung des Verwalters (TOP 5) festgestellt. Hinsichtlich der Protokollberichtigung und der übrigen Positionen der Jahresabrechnung (TOP 3) hat die Berufung keinen Erfolg gehabt. Mit der beschränkt auf die Frage der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung der Untergemeinschaft A für die Jahresrechnung 2007 und die Verwalterentlastung zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Feststellung, dass der Beschluss zu TOP 3 vollständig nichtig ist. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 2
- Das Berufungsgericht meint, die Klage sei, soweit die Beschlüsse nicht wegen fehlender Beschlusskompetenz, weil nicht allein die Untergemeinschaft A betreffend, nichtig seien, zutreffend gegen die übrigen Eigentümer dieser Untergemeinschaft gerichtet worden. Denn in diesem Rahmen weise die Gemeinschaftsordnung den Untergemeinschaften eine eigene Beschlusskompetenz zu. Dem entspreche es, dass der Beschluss zu TOP 3 auch nur von den Mitgliedern der Untergemeinschaft A gefasst worden sei.
II.
- 3
- 1. Die Revision richtet sich infolge der beschränkten Zulassung nur gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der Beschlussmängelklage betreffend TOP 3.
- 4
- 2. Sie bleibt ohne Erfolg, da die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden ist. Allerdings hätte sie bereits als unzulässig abgewiesen werden müssen , da sie entgegen § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht gegen sämtliche übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet worden ist.
- 5
- a) Der Senat hat, freilich nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden , dass eine Anfechtungsklage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ausnahmslos gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft als notwendige Streitgenossen zu richten ist, und zwar auch dann, wenn der Beschluss einer Untergemeinschaft angefochten wird (Urteil vom 11. November 2011 - V ZR 45/11, MDR 2012, 81). Für eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses, welche keinen von der Anfechtungsklage zu unterscheidenden Streitgegenstand betrifft (Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, NJW 2009, 3655 Rn. 5, 20 ff. mwN), gilt nichts anderes (vgl. Senat , Urteil vom 11. November 2011 - V ZR 45/11, MDR 2012, 81; s. auch Suilmann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 46 Rn. 17).
- 6
- b) Eine nur gegen einen Teil der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtete Klage ist in diesen Fällen unzulässig (s. nur Bärmann/ Pick, WEG, 19. Auflage, § 46 Rn. 2). Dies führt allerdings nicht zur Unzulässigkeit der ebenfalls nur gegen die übrigen Mitglieder der Untergemeinschaft A gerichteten Revision. Denn das Rechtsmittel ist gegen die Beklagten zu richten, zu deren Gunsten das anzufechtende Urteil ergangen ist. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenem, in welchem bei einer zunächst gegen alle notwendigen Streitgenossen gerichteten Klage ein Rechtsmittelverfahren nur gegen einen Teil der Streitgenossen durchgeführt wird. Dort führt die zugunsten der in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr beteiligten Streitgenossen eingetretene Rechtskraft der Entscheidung zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2011 - V ZR 45/11, aaO).
III.
- 7
- Der Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, da sich die Unzulässigkeit der Klage aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt. Aufgrund der weiterreichenden Rechtswirkungen einer Abweisung als unbegründet ist das Berufungsurteil mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 46/06, NJWRR 2008, 1484; Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738, 740; Urteil vom 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716). Eine Aufhebung und Zurückverweisung mit dem Ziel der Behebung des Zulässigkeitsmangels ist nicht geboten. Zwar wäre es denkbar, dass der Kläger nach einer Zurückverweisung die Klage auf die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft erweitert. Unabhängig davon, ob dies nach § 533 ZPO überhaupt zulässig wäre, so wäre insoweit - ausgehend von einer hier in erster Linie in Betracht kommenden Anfechtungsklage (vgl. nur BayObLG, OLGR 2004, 98) - die Monatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht gewahrt. Auch eine Wiedereinsetzung nach § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG, § 233 ZPO könnte nicht gewährt werden, da die Fristversäumnis auf einem dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhen würde (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2011 - V ZR 45/11, aaO).
IV.
- 8
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Abweisung der Klage als unzulässig statt als unbegründet ist kein Teilerfolg im Sinne dieser Vorschrift (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 97 Rn. 1).
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Hamburg-St. Georg, Entscheidung vom 15.06.2010 - 980C C 46/08 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.05.2011 - 318 S 171/10 -
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Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)