Bundesgerichtshof Urteil, 12. Sept. 2012 - IV ZR 28/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit eines Leistungsausschlusses im Rahmen eines Krankenversicherungsvertrages. Er unterhielt bei der Beklagten zunächst einen privaten Krankenversicherungsvertrag , der unter anderem für den Tarif "SB 2300" einen jährlichen Selbstbehalt von 2.300 € für ambulante Leistungen vorsah. Der monatliche Gesamtbeitrag für den Krankenversicherungsvertrag lag zuletzt bei 349,51 €. Am 25. März 2009 beantragte der Kläger einen Wechsel in den Tarif "ECONOMY" der Beklagten. Dieser sieht einen monatlichen Gesamtbeitrag von 163,92 € und verschiedene behandlungsbezogene Selbstbehalte, im Wesentlichen 10 € je Behandlungstag und Behandler, Arznei- und Verbandmittel bzw. sonstiger Leistungsinanspruchnahme vor. Dem Antrag war eine vom Kläger unter dem 25. April 2009 unterzeichnete "Erklärung zum Umtarifierungsantrag in den Tarif ECONOMY" beigefügt, in der es unter anderem heißt: "Bei einem Wechsel in andere Tarife kann der Versicherer einen Leistungsausschluss für Mehrleistungen verlangen, soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif (vgl. § 178 f. VVG, § 204 VVG neu). Der Wegfall einer Selbstbeteiligung stellt eine solche Mehrleistung dar. Ich bin damit einverstanden, dass für Josef H. bei der Umtarifierung in den Tarif ECONOMY ein Leistungsausschluss in Höhe von 2.300 € pro Kalenderjahr (dies entspricht der absoluten jährlichen Selbstbeteiligung des bisherigen Tarifs SB 2300) besteht. Mir ist bekannt, dass dieser Leistungsausschluss pro Kalenderjahr gilt und weiterhin bei den Leistungsposition(en), für die die bisherige absolute jährliche Selbstbeteiligung galt, angerechnet wird. Die tarifliche Erstattung des Tarifs ECONOMY wird um den betragsmäßigen Leistungsausschluss pro Kalenderjahr und pro Person gekürzt. …"
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- Der Kläger unterschrieb diese Erklärung mit dem Zusatz "Akzeptiert unter dem Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des doppelten Ansatzes eines Selbstbehaltes".
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- Das Amtsgericht hat der Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass im Rahmen des Versicherungsverhältnisses zwischen den Parteien im Tarif "ECONOMY" ein Leistungsausschluss in Form einer absoluten jährlichen Selbstbeteiligung in Höhe von 2.300 € pro Kalender- jahr unwirksam ist, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
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- Das Rechtsmittel hat Erfolg.
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- I. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte sei berechtigt, im Rahmen des Tarifwechsels den absoluten Selbstbehalt aus dem bisherigen Tarif als Leistungsausschluss in den Zieltarif zu übernehmen. Der Wegfall eines absoluten Selbstbehalts stelle eine Mehrleistung i.S. von § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG dar, weil die Verpflichtung des Versicherers zur Erstattung von Leistungen erweitert werde. Hierbei sei ein genereller Leistungsausschluss und nicht - wie es der Auffassung des Amtsgerichts entsprochen hat - nur ein Leistungsausschluss für bestimmte Krankheiten zulässig. Eine Umgehung des Gesetzeszwecks sei mit der Fortführung des bisherigen Selbstbehalts ohne Beschränkung auf bestimmte Erkrankungen nicht verbunden. Mit der Vorschrift des § 204 VVG solle Versicherungsnehmern der Wechsel in einen für sie günstigeren Tarif desselben Versicherers ermöglicht werden, ohne dass es zu einem Verlust ihrer im Laufe des Versicherungsverhältnisses erworbenen Rechte und Alterungsrückstellungen komme. Ein Recht auf eine Mehrleistung in Form des Wegfalls eines Selbstbehalts lasse sich hieraus jedoch nicht ableiten. Dementsprechend erfordere es auch der Gesetzeszweck nicht, dass der Versicherungsnehmer zusätzlich zu den günstigeren Konditionen des Zieltarifs unabhängig vom Versicherungsrisiko in den Genuss des Wegfalls des bisherigen Selbstbehalts komme. Zum Schutz des Versicherungsnehmers sei es jedoch geboten, dass das Verlangen eines Leistungsausschlusses in Form des bisherigen Selbstbehalts ein entsprechendes Versicherungsrisiko in der Person des Versicherten voraussetze. Dies sei bei dem Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fall. Aufgrund der Vielzahl und der Schwere der Erkrankungen und vorhandenen Diagnosen hätte die Beklagte den Kläger als Neukunden nicht versichert.
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- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwischen den Parteien ist im Rahmen des Tarifs "ECONOMY" kein Leistungsausschluss in Höhe von 2.300 € wirksam vereinbart worden.
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- 1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Tarifwechsel gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 VVG zu. Hiernach kann der Versicherungsnehmer bei einem bestehenden unbefristeten Versicherungsverhältnis vom Versicherer verlangen, dass dieser Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt. Mit diesem Tarifwechselrecht wird bezweckt, insbesondere älteren Versicherungsnehmern bei Schließung ihres Tarifs ("Herkunftstarif") die Möglichkeit zu eröffnen, eingetretene Kostensteigerungen durch einen Wechsel in einen anderen Tarif des Versicherers ("Zieltarif") zu vermeiden (BVerwG VersR 2010, 1345 Rn. 27; LG Hildesheim VersR 2010, 753, 754; MünchKomm-VVG/Boetius, § 204 Rn. 7, 16; Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG § 204 Rn. 1; HK-VVG/Marko, 2. Aufl. § 204 Rn. 1; Wandt, VersR 5. Aufl. Rn. 1356). Dieser Tarifwechselanspruch ist ein Optionsrecht des Versicherungsnehmers im Rahmen des den Versicherer treffenden Kontrahierungszwangs auf Inhaltsänderung des bestehenden Krankenversicherungsvertrages (BVerwG aaO Rn. 30; MünchKomm-VVG/Boetius aaO Rn. 13; Wandt aaO Rn. 1357). Die Voraussetzungen dieses Tarifwechselanspruchs sind gegeben. Insbesondere liegt ein gleichartiger Versicherungsschutz i.S. von § 12 der "Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung" (KalV) vor, da der Kläger bei der Beklagten sowohl im Herkunfts- als auch im Zieltarif Krankenversicherungsschutz für ambulante und stationäre Behandlung sowie für Zahnbehandlung und Zahnersatz erhält. Auf dieselbe Höhe der Prämie kommt es für die Gleichartigkeit demgegenüber nicht an (BVerwG VersR 2007, 1253 unter 2 b aa).
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- 2. Besteht ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf einen Tarifwechsel , so kann der Versicherer, soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VVG). Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Wegfall eines absoluten Selbstbehalts eine Mehrleistung im Sinne dieser Vorschrift darstellt (so auch LG Hildesheim VersR 2010, 753, 754; MünchKomm-VVG/Boetius aaO Rn. 211, 322 f.; ders. in Private Krankenversicherung § 204 Rn. 104; Looschelders/Pohlmann aaO Rn. 15). Durch die Reduzierung oder den Wegfall eines Selbstbehalts steigt der Leistungsaufwand des Versicherers. Er ist daher berechtigt, von seinen gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, zu denen auch der hier verlangte Leistungsausschluss zählt. Eine Abwendungsbe- fugnis steht dem Kläger nicht zu, da diese nur für den Fall einer Vereinbarung eines Risikozuschlags und einer Wartezeit seitens des Versicherers vorgesehen ist (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 3 VVG). Der Versicherer ist in diesem Zusammenhang befugt, einen generellen Leistungsausschluss in Form des bisherigen Selbstbehalts zu verlangen, und nicht darauf verwiesen, den Leistungsausschluss nur für bestimmte Krankheiten aufzunehmen, für die der Versicherungsnehmer nach dem Ergebnis einer erneuten Gesundheitsprüfung in dem Zieltarif nicht ohne Zuschlag bzw. gar nicht versicherbar wäre.
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- 3. Nicht hinreichend beachtet hat das Berufungsgericht demgegenüber , dass der Versicherer nach dem Gesetz für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss nur verlangen kann, wenn und soweit die Leistungen in dem Zieltarif höher oder umfassender sind als in dem Herkunftstarif. Der Leistungsausschluss ist auf die konkrete Form der Mehrleistung beschränkt (vgl. Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 204 Rn. 30). Hier war für den Kläger in dem bisherigen Krankenversicherungstarif für ambulante Leistungen eine absolute jährliche Selbstbeteiligung von 2.300 € vereinbart. Eine Zahlungspflicht der Beklagten bestand erst dann, wenn die erstattungsfähigen Leistungen oberhalb jener Grenze lagen. Weitere Abzüge oder Selbstbehalte für die über dem Sockelbetrag von 2.300 € liegenden Beträge sah der Tarif demgegenüber nicht vor. Der Tarif "ECONOMY" sieht zwar keinen absoluten jährlichen Selbstbehalt mehr vor. Er enthält aber für sämtliche Formen der ambulanten Heilbehandlung, insbesondere ärztliche Leistungen, Arznei- und Verbandmittel, Heil- und Hilfsmittel, Psychotherapie, Heilpraktiker etc. eine Selbstbeteiligung von 10 € je Behandlungstag und Behandler, Arznei - und Verbandmittel bzw. sonstiger Leistungsinanspruchnahme. Die jährliche Selbstbeteiligung in Höhe eines absoluten Betrages wurde er- setzt durch eine behandlungsabhängige Selbstbeteiligung. Eine Höhenbegrenzung sieht Buchstabe "F" der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Versicherung der Kosten ambulanter und stationärer Behandlungen sowie zahnärztlicher Leistungen nach dem Tarif "ECONOMY" lediglich dergestalt vor, dass der Tarif die geltenden Anforderungen an die Pflicht zur Versicherung nach § 193 Abs. 3 VVG erfüllt. Hiernach beträgt für Krankheitskostenversicherungsverträge, die der Versicherungspflicht unterliegen, die Selbstbeteiligung höchstens 5.000 € kalenderjährlich (§ 193 Abs. 3 Satz 1 VVG).
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- Auch wenn die Selbstbeteiligung in Form eines absoluten jährlichen Betrages sowie die behandlungsbezogene Selbstbeteiligung mit einem bestimmten Betrag pro in Anspruch genommener ärztlicher Leistung unterschiedlich ausgestaltet sind, stellen beide doch Formen der Selbstbeteiligung des Klägers an den angefallenen Kosten und den zu ersetzenden Versicherungsleistungen dar. Die Selbstbeteiligung des Klägers ist im Tarif "ECONOMY" daher nicht vollständig gegenüber der bisherigen jährlichen Selbstbeteiligung von 2.300 € entfallen, so dass in vollem Umfang eine Mehrleistung i.S. von § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VVG vorläge. Vielmehr kommt allenfalls eine teilweise Mehrleistung in Betracht, soweit die Summe der behandlungsbezogenen Selbstbeteiligungen pro Kalenderjahr nicht den Betrag von 2.300 € erreicht. Nur "soweit" sind die Leistungen in dem Zieltarif "ECONOMY" höher oder umfassender als in dem bisherigen Tarif des Klägers. Nur bezüglich dieser Mehrleistung kann die Beklagte daher einen Leistungsausschluss vereinbaren. Eine derartige Begrenzung enthält die vom Kläger unterzeichnete "Erklärung zum Umtarifierungsantrag in den Tarif ECONOMY" gerade nicht. Sie zielt vielmehr darauf ab, dass der Kläger bei der Inanspruchnahme ambulanter Leistungen zunächst den absoluten jährlichen Selbstbehalt von 2.300 € in Form eines Leistungsausschlusses zu erbringen hat, und die Beklagte bei darüber hinausgehenden Leistungen zusätzlich berechtigt ist, den behandlungsbezogenen Selbstbehalt in Abzug zu bringen. Ein derartiger doppelter Abzug beim Selbstbehalt, der zu einer Schlechterstellung des Klägers gegenüber anderen Versicherungsnehmern sowohl im Herkunfts- als auch im Zieltarif führt, ist unzulässig.
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- Dem steht nicht entgegen, dass der Wechsel in einen Zieltarif sowohl mit Mehr- als auch mit Minderleistungen verbunden sein kann und in einem solchen Fall die einzelnen Leistungsbereiche hinsichtlich der Mehr- und Minderleistung gesondert zu betrachten sind (vgl. MünchKomm-VVG/Boetius, § 204 Rn. 330-333; ders. in Private Krankenversicherung § 204 Rn. 106). Während Leistungsbereiche mit Minderleistungen nach § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 VVG zu beurteilen sind, gelten für Leistungsbereiche mit Mehrleistungen die Einschränkungen nach § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 und 3 VVG. Es findet kein umfassender Vergleich sämtlicher tariflicher Leistungen und Selbstbehalte des Herkunfts- und des Zieltarifs im Sinne einer Saldierung statt (so auch LG Hildesheim VersR 2010, 753). Vielmehr kommt es für die Frage, ob und inwieweit eine Mehrleistung vorliegt, allein auf den Vergleich der Selbstbeteiligungen in den beiden Tarifen an.
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- Nicht zulässig ist es allerdings, hinsichtlich der Position Selbstbeteiligung eine künstliche Aufspaltung in Mehr- und Minderleistungen im Herkunfts- sowie im Zieltarif des Inhalts vorzunehmen, dass der Wegfall der bisherigen absoluten jährlichen Selbstbeteiligung von 2.300 € isoliert als eine Mehrleistung i.S. von § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VVG angesehen wird, die erstmalige Einführung des behandlungsabhängigen Selbstbehalts im Zieltarif dagegen als allein am Maßstab des § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 VVG zu beurteilende Minderleistung. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die geringere monatliche Prämie im Tarif "ECONOMY" gegenüber dem Herkunftstarif des Klägers allein auf die Einführung der behandlungsabhängigen Selbstbeteiligung zurückzuführen wäre. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, die behandlungsbezogenen Eigenbeteiligungen stellten nur eine von mehreren Minderleistungen des Tarifs "ECONOMY" dar. Dessen günstiger Beitrag werde auch durch andere Leistungsbegrenzungen erreicht, z.B. durch die begrenzten Erstattungshöhen bei ärztlichen Leistungen und durch Leistungseinschränkungen bei Arzneimitteln und bei Psychotherapie. Ferner kommt ein günstiger Beitrag auch durch eine andere Struktur der im jeweiligen Tarif Versicherten in Betracht.
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- 4. Die Vereinbarung eines pauschalen Leistungsausschlusses in Höhe von 2.300 € im Zieltarif ist mithin neben dem zusätzlich vereinbarten behandlungsbezogenen Selbstbehalt unzulässig. Vielmehr muss die Beklagte, wenn sie von den verschiedenen ihr in § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VVG eingeräumten Rechten von der Befugnis zum Leistungsausschluss Gebrauch macht, sicherstellen, dass die behandlungs- bezogenen Selbstbeteiligungen aus dem Tarif "ECONOMY" auf den absoluten jährlichen Selbstbehalt von 2.300 € angerechnet werden, dieser also nur für den nicht ausgeschöpften Differenzbetrag zur Anwendung gelangt.
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 13.12.2010- 233 C 20697/10 -
LG München I, Entscheidung vom 12.01.2012- 6 S 742/11 -
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(1) Bei bestehendem Versicherungsverhältnis kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen, dass dieser
- 1.
Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt; soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, kann der Versicherer für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen; der Versicherungsnehmer kann die Vereinbarung eines Risikozuschlages und einer Wartezeit dadurch abwenden, dass er hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss vereinbart; bei einem Wechsel aus dem Basistarif in einen anderen Tarif kann der Versicherer auch den bei Vertragsschluss ermittelten Risikozuschlag verlangen; der Wechsel in den Basistarif des Versicherers unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung ist nur möglich, wenn - a)
die bestehende Krankheitskostenversicherung nach dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde oder - b)
der Versicherungsnehmer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, aber die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt und diese Rente beantragt hat oder ein Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen oder vergleichbaren Vorschriften bezieht oder hilfebedürftig nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ist oder - c)
die bestehende Krankheitskostenversicherung vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde und der Wechsel in den Basistarif vor dem 1. Juli 2009 beantragt wurde;
- 2.
bei einer Kündigung des Vertrags und dem gleichzeitigen Abschluss eines neuen Vertrags, der ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Krankenversicherungsschutz ersetzen kann, bei einem anderen Krankenversicherer - a)
die kalkulierte Alterungsrückstellung des Teils der Versicherung, dessen Leistungen dem Basistarif entsprechen, an den neuen Versicherer überträgt, sofern die gekündigte Krankheitskostenversicherung nach dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde; - b)
bei einem Abschluss eines Vertrags im Basistarif die kalkulierte Alterungsrückstellung des Teils der Versicherung, dessen Leistungen dem Basistarif entsprechen, an den neuen Versicherer überträgt, sofern die gekündigte Krankheitskostenversicherung vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde und die Kündigung vor dem 1. Juli 2009 erfolgte.
(2) Ist der Versicherungsnehmer auf Grund bestehender Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nach dem 15. März 2020 in den Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gewechselt und endet die Hilfebedürftigkeit des Versicherungsnehmers innerhalb von zwei Jahren nach dem Wechsel, kann er innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Hilfebedürftigkeit in Textform vom Versicherer verlangen, den Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortzusetzen, in dem der Versicherungsnehmer vor dem Wechsel in den Basistarif versichert war. Eintritt und Beendigung der Hilfebedürftigkeit hat der Versicherungsnehmer auf Verlangen des Versicherers durch geeignete Unterlagen nachzuweisen; die Bescheinigung des zuständigen Trägers nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch gilt als Nachweis. Beim Wechsel ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Basistarif stand; die im Basistarif erworbenen Rechte und Alterungsrückstellungen sind zu berücksichtigen. Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in dem Tarif, in dem der Versicherungsnehmer vor dem Wechsel in den Basistarif versichert war, gelten ab dem Tag der Fortsetzung des Vertrages in diesem Tarif. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Versicherungsnehmer, bei denen allein durch die Zahlung des Beitrags Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entstehen würde. Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 letzter Teilsatz gilt nicht.
(3) Im Falle der Kündigung des Vertrags zur privaten Pflege-Pflichtversicherung und dem gleichzeitigen Abschluss eines neuen Vertrags bei einem anderen Versicherer kann der Versicherungsnehmer vom bisherigen Versicherer verlangen, dass dieser die für ihn kalkulierte Alterungsrückstellung an den neuen Versicherer überträgt. Auf diesen Anspruch kann nicht verzichtet werden.
(4) Absatz 1 gilt nicht für befristete Versicherungsverhältnisse. Handelt es sich um eine Befristung nach § 196, besteht das Tarifwechselrecht nach Absatz 1 Nummer 1.
(5) Soweit die Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, haben die Versicherungsnehmer und die versicherte Person das Recht, einen gekündigten Versicherungsvertrag in Form einer Anwartschaftsversicherung fortzuführen.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.