Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2014 - IV ZR 1/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 79% und der Beklagte 21%. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, ein liechtensteinischer Lebensversicherer, fordert von dem Beklagten Zahlung aus zwei Kostenausgleichsvereinbarungen. Dieser hat widerklagend Rückzahlung der von ihm auf diese geleisteten Teilzahlungen sowie Auszahlung des Rückkaufswerts der Versicherung geltend gemacht.
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- Der Beklagte stellte am 28. Juni 2011 einen "Antrag auf Fondsgebundene Rentenversicherung" sowie einen gesonderten "Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung". Zu letzterem heißt es im Abschnitt "Tilgungsplan" : "Die Tilgung der Abschluss- und Einrichtungskosten erfolgt separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen. Die Fälligkeit der Teilzahlungen richtet sich nach § 2 der Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung."
- 3
- sowie "Wichtig: Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grundsätzlich nicht zur Beendigung dieser Kostenausgleichsvereinbarung. Die Kosten sind auch im Falle einer Beitragsfreistellung oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu bezahlen."
- 4
- Unmittelbar über der Unterschrift zur Kostenausgleichsvereinbarung findet sich der fettgedruckte Hinweis: "Mir ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen kann."
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- Die Höhe der Abschluss- und Einrichtungskosten bei 60 monatlichen Raten zu je 52,50 € ist mit insgesamt 3.150 € angegeben. Eine Verzinsung ist nicht vorgesehen. Die monatliche Prämie für die Versicherung in Höhe von 150 € wurde für die Dauer von 60 Monaten um den monatlich auf die Kostenausgleichsvereinbarung zu zahlenden Betrag reduziert.
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- Am 18. November 2011 beantragte der Beklagte, die Beiträge zu erhöhen, und schloss mit der Klägerin eine weitere Kostenausgleichsvereinbarung , die mit der ersten identische Regelungen zur separaten Zahlung und fehlenden Kündbarkeit enthält. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung hatte der Beklagte weitere Abschluss- und Einrichtungskosten von 2.797,20 € in 60 monatlichen Teilraten von 46,62 € - ebenfalls ohne Verzinsung - zu zahlen.
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- Die dem Vertrag zugrunde liegenden "Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung (KAV)" der Klägerin bestimmen unter anderem : "§ 1 Gegenstand der Kostenausgleichsvereinbarung (…) (2) Das Zustandekommen des vorliegenden Vertrages zur Kostenausgleichsvereinbarung ist abhängig vom Zustandekommen des genannten Versicherungsvertrages. (3) Die Auflösung des einmal zustande gekommenen Versicherungsvertrages führt dagegen - ausser bei einem Widerruf - nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung. … § 5 Vertragsbeendigung … (2) Eine Kündigung der Kostenausgleichsvereinbarung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich und führt dazu, dass die Gesamtsumme der noch nicht getilgten Abschluss- und Einrichtungskosten sofort fällig wird. (3) Die Auflösung des einmal zustande gekommenen Versicherungsvertrages führt dagegen - ausser bei einem Widerruf - nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung. …"
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- Der Beklagte zahlte in der Zeit von August 2011 bis Juli 2012 die monatliche Rate von 52,50 € auf die erste Kostenausgleichsvereinbarung sowie von Dezember 2011 bis Juli 2012 die monatliche Rate von 46,62 € auf die zweite Kostenausgleichsvereinbarung. Ab August 2012 stellte er die Zahlungen ein. Insgesamt leistete er Zahlungen von 1.002,96 € (12 x 52,50 € sowie 8 x 46,62 €). Mit Schreiben vom 29. August 2012 kündigte der Beklagte seine Rentenversicherung mit der Kostenausgleichsvereinbarung mit sofortiger Wirkung. Die Klägerin bestätigte den Eingang der Kündigung zum 4. September 2012. Sie berechnet ihre Ansprüche wie folgt: Abschluss- und Einrichtungskosten für die Versicherung 3.150,00 € zuzügl. Abschluss- und Einrichtungskosten für die Beitragserhöhung 2.797,20 € abzügl. Rückkaufswert 1.324,09 € abzügl. Teilzahlungen 1.002,96 € gesamt 3.620,15 €
- 9
- Gerichtlich geltend gemacht hat sie einen Betrag von 3.284,55 € nebst Zinsen. Der Beklagte hat Widerklage in Höhe von 2.327,05 € erhoben. Diese Forderung setzt sich aus den gezahlten Beträgen auf die Kostenausgleichsvereinbarungen von 1.002,96 € sowie aus dem Rückkaufswert von 1.324,09 € zusammen.
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- Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 3.284,55 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit dem 28. Dezember 2012 sowie vorprozessuale Anwaltskosten von 302,10 € zu zahlen. Die Widerklage hat es abgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt er, das Urteil des Landgerichts teilweise aufzuheben, das Urteil des Amtsgerichts teilweise abzuändern, die Klage abzuweisen sowie die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 1.324,09 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Entscheidungsgründe:
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- Die Revision ist überwiegend begründet.
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- I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist eine gesonderte Kostenausgleichsvereinbarung zulässig und wirksam. Insbesondere verstoße sie nicht gegen § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG und stelle keine unzulässige Umgehung dar. Ferner genügten die geschlossenen Vereinbarungen den Anforderungen an das Vorliegen eines gesonderten Vertragsschlusses sowie hinreichender Transparenz. Die Kostenausgleichsvereinbarungen verstießen ferner nicht gegen §§ 307 ff. BGB. Insbesondere stelle der Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit des Versicherungsnehmers keine unangemessene Benachteiligung dar. Der Beklagte habe die Kostenausgleichsvereinbarungen auch nicht wirksam widerrufen können. Sowohl der Widerruf in der Klageerwiderung als auch die möglicherweise als W iderruf auszulegende Kündigung mit Schreiben vom 29. August 2012 sei nicht fristgerecht erfolgt. Die Widerrufsbelehrungen genügten den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG. Daher sei die Widerklage unbegründet.
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- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 14
- 1. Wie der Senat bereits in seinen - vergleichbare Sachverhalte betreffenden - Urteilen vom 12. März 2014 entschieden und im Einzelnen begründet hat, verstoßen die Kostenausgleichsvereinbarungen nicht gegen § 169 Abs. 5 Satz 2, § 171 Satz 1 VVG (IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 14-22; IV ZR 255/13, juris Rn. 12-20). Auch eine Unwirksamkeit wegen fehlender Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Dem Versicherungsnehmer wird unmissverständlich vor Augen geführt, dass er die Kostenausgleichsvereinbarungen nicht kündigen kann und nur der Widerruf seiner Vertragserklärungen zu deren Beendigung führt, nicht dagegen eine Kündigung des Versicherungsvertrages oder der Kostenausgleichsvereinbarungen selbst (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13 aaO Rn. 23-25).
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- 2. Dem Beklagten stand allerdings das Recht zu, die Kostenausgleichsvereinbarungen zu kündigen, da die vertraglich festgelegte Unab- hängigkeit der Kostenausgleichsvereinbarung von einer Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückliche Ausschluss des Kündigungsrechts in der vorgedruckten Formulierung im Antragsformular wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sind (Senatsurteil vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 26-35; IV ZR 255/14, juris Rn. 21-30).
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- Hieran hält der Senat auch in Anbetracht des weiteren Vorbringens der Klägerin fest. Die unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers liegt gerade darin begründet, dass sein Kündigungsrecht für die Kostenausgleichsvereinbarung für den Fall der Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages ausgeschlossen werden soll. Wie im Fall eines Versicherungsnehmers zu entscheiden wäre, der - anders als in sämtlichen bisher dem Senat vorliegenden Fallgestaltungen - nicht ratierlich, sondern in einem Betrag sofort bei Vertragsschluss zahlt, muss hier nicht entschieden werden. Die Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses führt dazu, dass dem Versicherer nach erklärter Kündigung keine Zahlungsansprüche aus der Kostenausgleichsvereinbarung für die Zukunft mehr zustehen, nicht dagegen zur sofortigen Fälligkeit sämtlicher Abschluss- und Einrichtungskosten.
von 1.324,09 € folgt hieraus, dass die Klage abzuweisen und die Klägerin auf die Widerklage unter Abweisung des weitergehenden Klagantrags zu verurteilen ist, an den Beklagten 1.125,85 € nebst Zinsen zu zahlen.
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- Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 14.08.2013 - 113 C 95/13 -
LG Bonn, Entscheidung vom 17.12.2013 - 8 S 214/13 -
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(1) Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen.
(2) Der Rückkaufswert ist nur insoweit zu zahlen, als dieser die Leistung bei einem Versicherungsfall zum Zeitpunkt der Kündigung nicht übersteigt. Der danach nicht gezahlte Teil des Rückkaufswertes ist für eine prämienfreie Versicherung zu verwenden. Im Fall des Rücktrittes oder der Anfechtung ist der volle Rückkaufswert zu zahlen.
(3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichtsrechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. Der Rückkaufswert und das Ausmaß, in dem er garantiert ist, sind dem Versicherungsnehmer vor Abgabe von dessen Vertragserklärung mitzuteilen; das Nähere regelt die Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 2. Hat der Versicherer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, kann er für die Berechnung des Rückkaufswertes an Stelle des Deckungskapitals den in diesem Staat vergleichbaren anderen Bezugswert zu Grunde legen.
(4) Bei fondsgebundenen Versicherungen und anderen Versicherungen, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen, ist der Rückkaufswert nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung zu berechnen, soweit nicht der Versicherer eine bestimmte Leistung garantiert; im Übrigen gilt Absatz 3. Die Grundsätze der Berechnung sind im Vertrag anzugeben.
(5) Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten ist unwirksam.
(6) Der Versicherer kann den nach Absatz 3 berechneten Betrag angemessen herabsetzen, soweit dies erforderlich ist, um eine Gefährdung der Belange der Versicherungsnehmer, insbesondere durch eine Gefährdung der dauernden Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Verpflichtungen, auszuschließen. Die Herabsetzung ist jeweils auf ein Jahr befristet.
(7) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer zusätzlich zu dem nach den Absätzen 3 bis 6 berechneten Betrag die diesem bereits zugeteilten Überschussanteile, soweit sie nicht bereits in dem Betrag nach den Absätzen 3 bis 6 enthalten sind, sowie den nach den jeweiligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Fall der Kündigung vorgesehenen Schlussüberschussanteil zu zahlen; § 153 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.
Von § 152 Abs. 1 und 2 und den §§ 153 bis 155, 157, 158, 161 und 163 bis 170 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers, der versicherten Person oder des Eintrittsberechtigten abgewichen werden. Für das Verlangen des Versicherungsnehmers auf Umwandlung nach § 165 und für seine Kündigung nach § 168 kann die Schrift- oder die Textform vereinbart werden.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
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mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
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die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.