Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2016 - II ZR 124/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2016 durch den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Strohn als Vorsitzenden, die Richterin Caliebe und die Richter Wöstmann, Born und Sunder
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 6. Dezember 2002 an der A. AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte, eine GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmaleinlage in Höhe von 5.000 € zuzüglich eines Agios; beide Beträge hat er in vollem Umfang eingezahlt.
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- Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen: "§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters … 2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt: dem Einlagekonto dem Gewinn- und Verlustkonto sowie dem Privatkonto. Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkon- to des Gesellschafters. … 3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn - und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters. 4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht. 5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht. § 6 Gesellschaftsbeschlüsse … 3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung …
g) die Auflösung der Gesellschaft … so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. … § 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert) 1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrags. 2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrags geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet , die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen /Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen. § 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) 1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung. … § 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft 1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt: …
d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe
e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen , welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen , wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen ) zurückfordern."
- 3
- In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 1.041,67 €.
- 4
- Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3 g) GV erforderliche Mehrheit, die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren". Per 31. Dezember 2009 wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlustbeteiligung, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo in Höhe von 1.952,99 € auf, von dem die Klägerin den darin enthaltenen Ausschüttungsbetrag von 1.041,67 € gemäß § 16 Nr. 1 d) GV mit der Klage geltend macht.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihren Zahlungsanspruch nebst Zinsen, nicht jedoch den Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision der Klägerin hat im Umfang der Anfechtung Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abänderung des Urteils des Amtsgerichts zur Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 1.041,67 € nebst Zinsen.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Die Klägerin könne die Rückzahlung der Ausschüttungen nicht aufgrund des Gesellschaftsvertrags verlangen. Der Anspruch könne nicht auf § 3 Nr. 1 GV gestützt werden, denn der Beklagte habe die von ihm gezeichnete Einmaleinlage vollständig geleistet. Dass die gewinnunabhängigen Auszahlungen nach § 11 GV die erbrachte Einlage wieder verringert hätten, sei dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Ein Rückzahlungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 9 Nr. 2 GV. Während § 9 Nr. 1 GV den Anteil des Gesellschafters behandele, den dieser im Fall seines Ausscheidens oder der Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalte, regele § 9 Nr. 2 GV die Pflicht zur Rückgewähr von Auszahlungen nur des ausscheidenden Gesellschafters. Die beschlossene Liquidation der atypisch stillen Gesellschaft sei kein Ausscheiden in diesem Sinne. § 16 Nr. 1 d) GV berechtige ebenfalls nicht zur Zurückforderung der Ausschüttungen. In dieser Bestimmung gehe es um den Fall des "vertragsgemäßen Austritts" von Gesellschaftern, der hier nicht vorliege.
- 9
- Auch das dispositive Gesetzesrecht begründe kein Rückforderungsrecht. Mangels Rückstands mit der Einlage ergebe sich der Anspruch nicht aus § 232 Abs. 2 HGB. Auch § 236 Abs. 2 HGB sei nicht einschlägig; die Vorschrift sei nur auf die Insolvenz des Geschäftsinhabers anzuwenden; zudem sei die Einlage nicht "rückständig" im Gesetzessinne.
- 10
- Der Rückzahlungsanspruch lasse sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung begründen. Da es sich hier um den Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft handele, sei dieser objektiv auszulegen. Nachschuss- und Verlustausgleichpflichten müssten hinreichend klar formuliert sein; Zweifel bei der Auslegung gingen zu Lasten des Verwenders. Dem Gesellschaftsvertrag lasse sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit eine Rückzahlungspflicht hinsichtlich der Ausschüttungen im Falle der Liquidation der atypisch stillen Gesellschaft entnehmen.
- 11
- II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte ist gemäß § 9 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV zur Rückzahlung der gemäß § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 1.041,67 € verpflichtet.
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- 1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.
- 13
- Im Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 7, 14) hat der Senat insoweit ausgeführt: "… Die stille Gesellschaft ist durch den Beschluss der Gesellschafter vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 im Sinne des § 16 Nr. 1 GV beendet worden. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern nach § 16 Nr. 1 Satz 1 GV ein Abfindungsguthaben zu, dessen Berechnung sich nach einem in § 16 und § 9 GV näher geregelten Auseinandersetzungs- wert bestimmt. … … Die den stillen Gesellschaftern im Innenverhältnis wie Kommanditisten eingeräumten Rechte sind, soweit sie nach der Auflösung der stillen Gesellschaft nicht überhaupt entfallen sind, jedenfalls auf die Durchsetzung ihrer sich aufgrund der Auflösung der Gesellschaft ergebenden Ansprüche beschränkt. Hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung an dem Unternehmen sind die stillen Gesellschafter nach Maßgabe von § 16 i.V.m. § 9 GV abzufinden."
- 14
- In den Beschlüssen vom 3. Februar 2015 (II ZR 52/14, II ZR 54/14, II ZR 77/14, II ZII ZR 93/14, II ZII ZR 103/14, jeweils juris Rn. 16) heißt es insoweit: "Hinsichtlich der Rückzahlungspflicht im Rahmen der Auseinan- dersetzung der atypischen stillen Gesellschaft oder des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Buchst. d (wortgleich mit: § 16 Nr. 1 Buchst. d), siehe LG Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2013 - 328 O 370/11, juris Rn. 24 - Vorinstanz zu II ZR 52/14) des im Prospekt abgedruckten Gesell- schaftsvertrags, dass eine Rückzahlungspflicht an die Gesellschaft dann besteht, wenn die Entnahmen und Verlustanteile die Einlagesumme und Gewinnanteile und das ermittelte Abfindungsgutha- ben übersteigen und eine Verrechnung nicht zur Deckung des ne- gativen Kapitalkontos ausreicht. …"
- 15
- 2. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auslegung der Regelungen in §§ 9, 16 GV abzuweichen.
- 16
- a) § 16 GV verweist ausweislich seiner Überschrift sowie der Formulierung in Nr. 1 Satz 2 für jede Form der Beendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft auf § 9 GV sowie die "nachstehenden Buchstaben a) bis d)" als Maßstab für die Berechnung des Abfindungsguthabens der stillen Gesellschafter. Beendet wird die atypisch mehrgliedrige stille Gesellschaft (jedenfalls) durch den Beschluss der Gesellschafter, diese aufzulösen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 9 ff.). Hingegen wird die stille Gesellschaft durch den vertragsgemäßen Austritt eines Gesellschafters, wie aus § 15 Nr. 1 Abs. 4 GV folgt, nicht aufgelöst, sondern sie wird in diesem Fall fortgesetzt. Dies rechtfertigt es, in § 9 GV in Verbindung mit § 16 Nr. 1 d) GV ausdrücklich klarzustellen, dass die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen - auch - bei einem Austritt besteht.
- 17
- b) Die Regelung in § 16 Nr. 1 d) GV betreffend die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen trägt dem Umstand Rechnung, dass die stillen Gesellschafter bei der hier vorliegenden vertraglichen Konstruktion das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens des Geschäftsinhabers tragen.
- 18
- Angesichts des Verhältnisses des vom Geschäftsherrn eingelegten Kapitals von 500.000 € zur Höhe der stillen Einlagen in Höhe von 150 Mio. € und des Umstands, dass die stillen Gesellschafter einem Kommanditisten vergleichbare Mitwirkungsrechte haben, die ihnen weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Kommanditgesellschaft einräumen (§ 1 Nr. 2 und 4, § 6 Nr. 2 und 3 GV), haben die Einlagen der stillen Gesellschafter Eigenkapitalcharakter (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Dezember 1984 - II ZR 36/84, ZIP 1985, 347). Die stillen Gesellschafter treten gemäß § 10 Nr. 6 GV (u.a.) mit ihren Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurück. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers stehen ihre Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einem Gesellschafterdarlehen im Nachrang gleich (BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 24). Auszahlungen an sie können im Falle der Insolvenz des Geschäftsherrn anfechtbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 27; Haas/Vogel, NZI 2012, 875, 877; Mylich, WM 2013, 1010, 1013 f.).
- 19
- Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft regelt § 16 Nr. 1 d) GV diese umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden des Geschäftsinhabers, soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen , die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. § 16 Nr. 1 d) GV stellt klar, dass diese Pflicht - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - jeden stillen Gesellschafter trifft, der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalten hat - unabhängig davon, ob die Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des Gesellschafters, seiner Ausschließung oder auf der Auflösung der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweist § 9 GV für jede Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Einzelheiten der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner Bezeichnung das "Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft" regelt.
- 20
- c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass diese Auslegung der §§ 9, 16 Nr. 1 d) GV dem Verständnis einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern entspricht, die sich an der Klägerin bzw. vergleichbaren Gesellschaften beteiligt haben. Diese haben ihre, dem Senat aus den bei ihm anhängigen Verfahren bekannten Prospekthaftungsansprüche u.a. darauf gestützt, dass sie über die sich nach ihrem Verständnis aus § 9 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV (bzw. wortgleichen Regelungen) ergebende Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden seien.
- 21
- III. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass das Kapitalkonto des Beklagten am 31. Dezember 2009 einen negativen Saldo von 1.952,99 € ausgewiesen hat, dass dieser Betrag das (negative) Abfindungsguthaben des Be- klagten darstellt und in diesem Betrag im Umfang von 1.041,67 € an den Be- klagten erfolgte Auszahlungen enthalten sind. Danach sind die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht des Beklagten nach § 16 Nr. 1 d), § 9 Nr. 2 GV - mit Ausnahme der vom Berufungsgericht rechtsfehlerhaft verneinten Anwendbarkeit auf den hier vorliegenden Fall des Ausscheidens infolge Beendigung der Gesellschaft - erfüllt.
- 22
- Die Revisionserwiderung hat hinsichtlich der ordnungsgemäßen Berechnung des negativen Kapitalkontos und des (negativen) Auseinandersetzungsguthabens keine durchgreifenden Gegenrügen erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung auf das Fehlen einer Liquidationsbilanz hingewiesen hat, ist dies rechtlich unerheblich. Mangels Liquidation der mehrgliedrig atypisch stillen Gesellschaft bedarf es zur Berechnung des Abfindungsguthabens des einzelnen stillen Gesellschafters keiner Liquidationsbilanz, vielmehr ist das Abfindungsguthaben nach § 16 Nr. 1 g) GV durch einen von der Klägerin zu be- stellenden Wirtschaftsprüfer zu ermitteln. Dass die Berechnung des der Klage zugrunde liegenden Abfindungsguthabens nicht gemäß § 16 Nr. 1 g) GV erfolgt sei, wird von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht.
Born Sunder
Vorinstanzen:
AG Euskirchen, Entscheidung vom 06.11.2014 - 33 C 105/14 -
LG Bonn, Entscheidung vom 09.04.2015 - 6 S 223/14 -
BESCHLUSS
II ZR 124/15
vom
20. Dezember 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:201216BIIZR124.15.0
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2016 durch den
Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Caliebe und die Richter Wöstmann, Born
und Sunder
beschlossen:
Das Urteil vom 20. September 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit
gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im Tatbestand, Seite 2,
Randnummer 1, wie folgt berichtigt:
„Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom
6. Dezember 2002 an der A. AG, deren Rechtsnachfolgerin
die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist.“
Strohn Caliebe Wöstmann
Born Sunder
ECLI:DE:BGH:2016:201216BIIZR124.15.0
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Annotations
(1) Am Schluß jedes Geschäftsjahrs wird der Gewinn und Verlust berechnet und der auf den stillen Gesellschafter fallende Gewinn ihm ausbezahlt.
(2) Der stille Gesellschafter nimmt an dem Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Er ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, solange seine Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung des Verlustes verwendet.
(3) Der Gewinn, welcher von dem stillen Gesellschafter nicht erhoben wird, vermehrt dessen Einlage nicht, sofern nicht ein anderes vereinbart ist.
(1) Wird über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der stille Gesellschafter wegen der Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn fallenden Anteils am Verlust übersteigt, seine Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen.
(2) Ist die Einlage rückständig, so hat sie der stille Gesellschafter bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen.
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.