Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juni 2011 - I ZR 80/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Die Klägerin hat - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Branchenbuch und/oder Branchenverzeichnis die Farbe "Gelb" zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie aus dem nachfolgend eingeblendeten Aussendungsformular (Seite 1) vom 17. Mai 2006 ersichtlich: (Es folgt die im landgerichtlichen Urteil ersichtliche Einblendung des Angebotsschreibens ); II. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Branchenbuch und/oder Branchenverzeichnis die Farbe "Gelb" zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie aus der eingeblendeten Webpage www. .de ersichtlich: (Es folgt die aus dem landgerichtlichen Urteil ersichtliche Einblendung der Internetseite); III. … IV. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd damit zu werben, dass "M. " ca. 45% mehr Einträge als "G. " aufweise, insbesondere, wenn dies geschieht wie in der Aussendung 17. Mai 2006 (Seite 1) wie nachfolgend eingeblendet: (Es folgt die aus dem landgerichtlichen Urteil ersichtliche Einblendung des Angebotsschreibens); V. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Ziffern I bis IV ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, anzudrohen; VI. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziffern I bis IV bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird; hilfsweise: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die durch die vorstehend Ziffern I bis IV genannten Handlungen erlangte ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben; VII. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unverzüglich unter Vorlage geeigneter Belege Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffern I bis IV bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Zugriffszahl sowie Dauer der Einstellung in das Internet , ferner Auskunft zu erteilen über sämtliche Aufwendungen für die Präsentation und Bewerbung des in Ziffern II und III bezeichneten Internetauftritts , jeweils aufgegliedert nach Kalendervierteljahren und den Kostenfaktoren im Einzelnen, sowie schließlich zu verurteilen, unter Vorlage entsprechender Rechnungen und Zahlungsbelege Auskunft über die mit dem in Ziffern II und III bezeichneten Internetauftritt erzielten Umsätze sowie über den durch die Bewerbung erzielten Gewinn unter Aufgliederung der Kostenfaktoren im Einzelnen zu erteilen.
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- Das Landgericht hat der Klage mit den Anträgen zu I, II und IV und den darauf bezogenen Anträgen zu V bis VII stattgegeben. Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.
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- Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat die Revision beschränkt auf die Verurteilung nach den Klageanträgen zu I und II und den darauf bezogenen Klageanträgen zu V bis VII zugelassen. In diesem Umfang hat die Beklagte mit der Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf alle in dem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche verzichtet. In dem daraufhin ergangenen Verzichtsurteil vom 3. Februar 2011 hat der Senat die Klage mit den Klageanträgen zu I und II und den darauf bezogenen Klageanträgen zu V bis VII abgewiesen und über die Kosten sämtlicher Instanzen neu entschieden.
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- Die Beklagte ist der Ansicht, der Verzicht der Klägerin erfasse auch die mit dem Klageantrag zu IV und den hierauf rückbezogenen Klageanträgen zu V bis VII geltend gemachten Ansprüche. Das habe in dem Verzichtsurteil zum Ausdruck kommen müssen.
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- Die Beklagte beantragt, das Verzichtsurteil vom 3. Februar 2011 zu ändern, die Klage insgesamt abzuweisen und der Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe:
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- Der Antrag auf Urteilsergänzung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 321 ZPO). In der Sache hat er keinen Erfolg.
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- I. Die Ergänzung eines Urteils nach § 321 ZPO kommt nur in Betracht, wenn das Urteil versehentlich lückenhaft ist, nicht dagegen, wenn ein prozessualer Anspruch (Streitgegenstand) bewusst nicht beschieden worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2005 - V ZR 230/04, NJW 2006, 1351 Rn. 9; Urteil vom 20. September 2009 - I ZR 171/04, GRUR 2008, 443 Rn. 28 = WRP 2008, 666 - Saugeinlagen).
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- II. Nach diesen Maßstäben sind der Klageantrag zu IV und die hierauf bezogenen Klageanträge zu V bis VII im Verzichtsurteil des Senats nicht im Sinne von § 321 ZPO übergangen. Der Senat hat bewusst davonabgesehen, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es die landgerichtliche Verurteilung der Beklagten nach diesen Klageanträgen bestätigt hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen. Der Klageverzicht erfasste nur die Klageanträge zu I und II und die hierauf bezogenen Klageanträge zu V bis VII.
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- Der Verzicht nach § 306 ZPO ist ebenso wie das Anerkenntnis nach § 307 ZPO (vgl. dazu BGH, Urteil vom 5. April 1989 - IVb ZR 26/88, BGHZ 107, 142, 147) Prozesshandlung. Als Prozesshandlung bezieht er sich nur auf diejenigen (prozessualen) Ansprüche, die (noch) rechtshängig sind. Dazu zählen der Klageantrag zu IV und die hierauf bezogenen Klageanträge zu V bis VII nicht, weil der Senat die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Beklagten insoweit zurückgewiesen hat.
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- Eine Anpassung der Kostenentscheidung in dem von der Beklagten beantragten Sinn scheidet ebenfalls aus. Die Kostenentscheidung richtet sich nach dem Umfang des Obsiegens und Unterliegens der Parteien im Prozess (§ 92 Abs. 1 ZPO). Auf die Frage, ob die Verzichtserklärung der Klägerin über § 306 ZPO hinaus weitergehende materiell-rechtliche Wirkungen hat, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.
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- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.10.2007 - 416 O 354/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2009 - 5 U 203/07 -
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Verzichtet der Kläger bei der mündlichen Verhandlung auf den geltend gemachten Anspruch, so ist er auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abzuweisen, wenn der Beklagte die Abweisung beantragt.
(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.
Verzichtet der Kläger bei der mündlichen Verhandlung auf den geltend gemachten Anspruch, so ist er auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abzuweisen, wenn der Beklagte die Abweisung beantragt.
(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.
Verzichtet der Kläger bei der mündlichen Verhandlung auf den geltend gemachten Anspruch, so ist er auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abzuweisen, wenn der Beklagte die Abweisung beantragt.
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
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die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Verzichtet der Kläger bei der mündlichen Verhandlung auf den geltend gemachten Anspruch, so ist er auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abzuweisen, wenn der Beklagte die Abweisung beantragt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.