Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - XII ZB 685/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Guhling
beschlossen:
Gründe:
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- Die Rechtsbeschwerde, mit der der Beteiligte (im Folgenden: Betreuer) für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2011 die Festsetzung einer Betreuervergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 44 € statt der vom Beschwerdegericht zuerkannten 27 € erstrebt, ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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- 1. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der vom Betreuer im Jahr 1989 an der Juristischen Hochschule Potsdam erworbene Studienabschluss als Diplomjurist der DDR sowie sein 1991 erfolgreich abgeschlossenes Umschulungsstudium mit dem erreichten Fachabschluss auf dem Gebiet Unternehmensführung /Management rechtfertigten gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG den höchsten Stundensatz von 44 €.
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- Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschluss vom 25. März 2015 - XII ZB 558/14 - BtPrax 2015, 155 mwN).
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- Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts stand, wonach - unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats, der eine frühere Beschwerdeentscheidung in dieser Sache aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen hat (Senatsbeschluss vom 10. April 2013 - XII ZB 349/12 - FamRZ 2013, 1029 Rn. 12 ff.) - die Ausbildung des Betreuers zum Diplomjurist der DDR zwar ein Hochschulstudium darstellt, der Betreuer hierdurch jedoch keine für die Betreuung nutzbaren Fachkenntnisse erworben hat, und das Umschulungsstudium sowie die Fortbildungsmaßnahmen des Betreuers einem Hochschulstudium nicht vergleichbar sind.
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- Nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG ist ein erhöhter Stundensatz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist. Davon ist auszugehen, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet ist und dadurch das erworbene betreuungsrelevante Wissen über ein Grundwissen deutlich hinausgeht (Senatsbeschluss vom 25. März 2015 - XII ZB 558/14 - BtPrax 2015, 155 mwN). Bei der Würdigung darf nicht auf die Bezeichnung des Berufs oder der Ausbildung abgestellt werden , sondern es ist jeweils im Einzelfall die konkrete Ausbildung des Betreuers zu bewerten (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 123/14 - FamRZ 2015, 1794 Rn. 5).
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- Das Beschwerdegericht hat hierzu festgestellt, dass das Studium an der Juristischen Hochschule Potsdam im Wesentlichen aus den Rechtsfächern Staatsrecht, Strafrecht, Strafverfahrensrecht und Völkerrecht sowie weiterhin aus den Fächern Marxistisch-Leninistische Philosophie, Politische Ökonomie, Wissenschaftlicher Sozialismus, Staats- und Rechtsgeschichte, System der Rechtspflege der DDR, Staatsrecht bürgerlicher Staaten, Außen- und Rechtspolitik bürgerlicher Staaten, Kriminalistik sowie pädagogische und psychologische Grundfragen der staatlichen Leitung bestanden habe, die nicht der Vermittlung von Fachkenntnissen gedient hätten, die dem Betreuer seine Tätigkeit erleichterten; eine Ausbildung im Fachbereich Psychologie sei nicht dem Kernbereich des Studiums zuzuordnen.
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- Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde die fehlende Berücksichtigung der Inhalte des Umschulungsstudiums durch das Beschwerdegericht. Das Umschulungsstudium stellt eine Zusatzausbildung zum abgeschlossenen Hochschulstudium dar, die gesondert zu betrachten ist; eine Gesamtschau aller Ausbildungen ist gerade nicht vorzunehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. April 2013 - XII ZB 349/12 - FamRZ 2013, 1029 Rn. 19 mwN). Soweit die Rechtsbeschwerde auf die im Studium erworbenen Fähigkeiten wie methodisches Denken und schnelle Einarbeitung in andere Fachgebiete abstellt, handelt es sich um Grundfertigkeiten, die nicht den Kernbereich des Studiums betreffen, sondern gleichsam am Rande der Ausbildung erworben werden (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juli2015 - XII ZB 123/14 - FamRZ 2015, 1794 Rn. 5). Entgegen der Ansicht der Rechts- beschwerde stellt das Beschwerdegericht auch zu Recht darauf ab, dass gerade Zivilrecht nicht unterrichtet wurde und Verwaltungsrecht nicht Bestandteil der Abschlussprüfung war, also untergeordnete Bedeutung hatte. Vor allem in diesen Rechtsbereichen erfolgt aber ein wesentlicher Teil der Tätigkeit des Betreuers , während Fragen des Staats- und Völkerrechts nicht und des Strafrechts nur im Ausnahmefall für die Betreuung nützlich sind.
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- Ebenfalls ohne Rechtsfehler stellt das Beschwerdegericht - wie vom Senat schon bei der Überprüfung der ersten Beschwerdeentscheidung gebilligt (Senatsbeschluss vom 10. April 2013 - XII ZB 349/12 - FamRZ 2013, 1029 Rn. 19) - fest, dass weder das Umschulungsstudium noch die übrigen Fortbildungen des Betreuers für sich genommen nach Art und Umfang einem Hochschulstudium entsprechen.
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- 2. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Weber-Monecke Klinkhammer Günter Guhling
AG Aue, Entscheidung vom 19.01.2012 - 2 XVII 43/11 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 14.10.2013 - 3 T 106/12 -
Annotations
(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.
(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.
(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung
- 1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind; - 2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.