Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2018 - XII ZB 370/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene wendet sich gegen die durch Zeitablauf erledigte Genehmigung seiner geschlossenen Unterbringung.
- 2
- Für den an einer psychischen Erkrankung leidenden Betroffenen ist seit dem Jahr 2016 eine Betreuung - unter anderem mit dem Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung und der Gesundheitssorge - eingerichtet. Sein Betreuer hat am 9. Mai 2017 die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung des Betroffenen in einer psychiatrischen Klinik beantragt. Das Amtsgericht hat Rechtsanwalt B. zum berufsmäßigen Verfahrenspfleger bestellt und anschließend nach Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie nach Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 27. Juni 2017 die Unterbringung des Betroffenen für die Dauer von zehn Wochen ab Zuführung, längstens bis zum 30. September 2017 genehmigt.
- 3
- Gegen diesen Beschluss hat Rechtsanwalt B. mit Schriftsatz vom 30. Juni 2017 Beschwerde "im Namen des Betroffenen" eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde nach erneuter Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 7. Juli 2017 zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Betroffene die Feststellung, dass er durch die vorinstanzlichen Entscheidungen in seinen Rechten verletzt worden ist.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit ergibt sich auch im Fall der - hier vorliegenden - Erledigung der Unterbringungsmaßnahme aus § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom 21. September 2016 - XII ZB 57/16 - FamRZ 2016, 2092 Rn. 5 mwN). Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen folgt für das Verfahren der Rechtsbeschwerde daraus, dass seine Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 - FamRZ 2015, 249 Rn. 4 mwN). Die Rechtsbeschwerde hat aber keinen Erfolg, weil bereits die vom Verfahrenspfleger "im Namen des Betroffenen" eingelegte Erstbeschwerde unzulässig gewesen ist.
- 5
- 1. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Unterbringungssache soll die Wahrung der Belange des Betroffenen in dem Verfahren gewährleisten. Der Verfahrenspfleger hat daher in erster Linie die Pflicht, dem Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Geltung zu verschaffen; außerdem hat er den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Betreuten zu erkunden und in das Verfahren einzubringen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Februar 2017 - XII ZB 341/16 - FamRZ 2017, 923 Rn. 17). Anders als der Betreuer in dem jeweiligen Aufgabenkreis ist er jedoch nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2015 - XII ZB 48/14 - FamRZ 2015, 918 Rn. 6 und vom 14. August 2013 - XII ZB 270/13 - juris Rn. 4 mwN). Daraus folgt, dass eine vom Verfahrenspfleger ausdrücklich im Namen des Betroffenen vorgenommene Verfahrenshandlung unzulässig und der Verfahrenspfleger insbesondere zur Einlegung der Beschwerde im Namen der Betroffenen nicht befugt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - XII ZB 460/16 - FamRZ 2017, 1069 Rn. 4).
- 6
- Etwas anderes ist nur dann möglich, wenn sich der Verfahrenspfleger nicht auf sein Amt, sondern ausdrücklich darauf beruft, vom Betroffenen mit der Einlegung einer Beschwerde beauftragt worden zu sein. In diesen Fällen muss sich aus der Beschwerdeschrift aber hinreichend deutlich ergeben, dass der Verfahrenspfleger - mit der Folge der Aufhebung seiner Bestellung (vgl. § 317 Abs. 4 FamFG) - seine bisherige Rolle im Verfahren aufgeben und als Verfahrensbevollmächtigter für den Betroffenen handeln will (vgl. Keidel/Budde FamFG 19. Aufl. § 276 Rn. 27).
- 7
- 2. Gemessen daran war die von dem Verfahrenspfleger im Namen des Betroffenen eingelegte Beschwerde unzulässig. In der Beschwerdeschrift beruft sich Rechtsanwalt B. ausdrücklich nur auf ein Handeln "im Namen" und nicht auf ein Handeln "im Namen und im Auftrag" des Betroffenen. Auch im Übrigen lässt die Beschwerdeschrift vom 30. Juni 2017 nicht hinreichend deutlich erkennen , dass Rechtsanwalt B. mit der Anbringung der Beschwerde aufgrund eines ihm erteilten Auftrags als (anwaltlicher) Verfahrensbevollmächtigter für den Betroffenen tätig werden will. Dies verdeutlicht auch der Schriftsatz von Rechtsanwalt B. vom gleichen Tag, in dem er als Verfahrenspfleger zur Notwendigkeit der geschlossenen Unterbringung Stellung nimmt und diese ausdrücklich befürwortet.
- 8
- Das in der Beschwerdeschrift ausdrücklich als "Beschwerde des Betroffenen" bezeichnete Rechtsmittel lässt sich auch nicht in eine Beschwerde im eigenen Namen des Verfahrenspflegers umdeuten.
Vorinstanzen:
AG Dresden, Entscheidung vom 27.06.2017 - 405 XVII 1024/16 -
LG Dresden, Entscheidung vom 07.07.2017 - 2 T 588/17 -
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(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers stets erforderlich.
(2) Bestellt das Gericht dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger, ist dies in der Entscheidung, durch die eine Unterbringungsmaßnahme genehmigt oder angeordnet wird, zu begründen.
(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.
(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.
(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.
(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.
(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.
(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers stets erforderlich.
(2) Bestellt das Gericht dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger, ist dies in der Entscheidung, durch die eine Unterbringungsmaßnahme genehmigt oder angeordnet wird, zu begründen.
(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.
(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.
(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.
(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.
(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.
(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.