Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2006 - VIII ZB 49/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung der Kläger in H. . Sie minderten die Miete unter Berufung auf Mängel der Mietwohnung.
- 2
- Zur Feststellung der behaupteten Mängel haben die Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Die Beklagten haben den gerichtlich bestellten Sachverständigen (im Folgenden: Streitverkündeter) aufgrund des Inhalts seines Gutachtens wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und ihm im Hinblick auf einen möglichen Regressanspruch aus § 839a BGB den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit beizutreten.
- 3
- Der Streitverkündete hat gegen die Zustellung der Streitverkündungsschrift beim Amtsgericht "Beschwerde" eingelegt mit dem Antrag, festzustellen, dass die Streitverkündung unzulässig ist und dass die Zustellung der Streitverkündungsschrift rechtswidrig erfolgt ist. Das Amtsgericht hat diese Anträge in dem inzwischen anhängig gewordenen Hauptverfahren, in dem die Kläger die Beklagten unter anderem auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch nehmen , mit Beschluss vom 28. März 2006 abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und die vom Streitverkündeten beantragten Feststellungen ausgesprochen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
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- Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
- 5
- 1. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass die von den Beklagten gegenüber dem Sachverständigen erklärte Streitverkündung unzulässig ist und dass die Zustellung der Streitverkündungsschrift rechtswidrig erfolgt ist. Die Streitverkündung gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen zur Vorbereitung von Haftungsansprüchen gegen diesen aus angeblich fehlerhafter , im selben Rechtsstreit erbrachter Gutachterleistungen ist, wie der Bundesgerichtshof nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, generell unzulässig; aus diesem Grund ist die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes als rechtsmissbräuchlich zu verweigern (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006 - VII ZB 16/06, NJW 2006, 3214 unter II 3 b und c; vgl. auch bereits BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 207/04, BauR 2006, 716 unter II 1; OLG Koblenz, BauR 2006, 144; OLG München, IBR 2006, 239; OLG Celle, BauR 2006, 140; Böckermann, MDR 2002, 1348, 1350 f.).
- 6
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht unter dem prozessualen Gesichtspunkt begründet, dass die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 28. März 2006, wie die Rechtsbeschwerde meint, nicht statthaft gewesen wäre. Eine etwaige Unstatthaftigkeit der sofortigen Beschwerde des Streitverkündeten könnte der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil in einem solchen Fall auch die Rechtsbeschwerde selbst nicht statthaft wäre; deren Zulassung durch das Beschwerdegericht würde daran nichts ändern, so dass die Rechtsbeschwerde nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen könnte (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2005 - II ZB 4/05, NJW-RR 2006, 286, unter III 1 und 2 m.w.Nachw.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten statthaft war.
- 7
- 3. Die sofortige Beschwerde des Streitverkündeten war entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht verfristet. Maßgebend für den Lauf der Rechtsmittelfrist ist nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, der Zeitpunkt der Zustellung der Streitverkündungsschrift, sondern der Zeitpunkt der Zustellung des vom Streitverkündeten angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts , mit dem die Feststellungsanträge des Streitverkündeten abgelehnt worden sind. Dass insoweit die Frist gewahrt worden ist, zieht auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel. Ball Wiechers Dr. Frellesen Hermanns Dr. Hessel
AG Hamburg-Barmbek, Entscheidung vom 28.03.2006 - 816 C 452/05 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 03.05.2006 - 311 T 19/06 -
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(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.
(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.
(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.
(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.
Zum Zwecke der Streitverkündung hat die Partei einen Schriftsatz einzureichen, in dem der Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugeben ist. Der Schriftsatz ist dem Dritten zuzustellen und dem Gegner des Streitverkünders in Abschrift mitzuteilen. Die Streitverkündung wird erst mit der Zustellung an den Dritten wirksam.
(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.
(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.