Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Okt. 2005 - II ZB 4/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Geschäftswert: 150.000,00 €
Gründe:
- 1
- I. Mit ihrer Vollstreckungsgegenklage wenden sich die Kläger gegen ein rechtskräftiges Grundurteil des Oberlandesgerichts Hamm und gegen ein mit der Berufung angefochtenes, im anschließenden Betragsverfahren ergangenes Urteil des Landgerichts Bielefeld, durch das sie zur Zahlung von 908.054,38 € Zug um Zug gegen Übertragung einer Kommanditbeteiligung verurteilt worden sind. Auf Antrag der Kläger hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Zahlungsurteil vorläufig eingestellt. Diesen Beschluss hat das Oberlandesgericht auf die sofortige Beschwerde des Beklagten aufgehoben. Dagegen richtet sich die - von dem Oberlandesgericht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Kläger.
- 2
- II. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, die seit jeher umstrittene Frage, ob ein Einstellungsbeschluss mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden könne, sei durch die Entscheidung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2004 (XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14 = NJW 2004, 2224) nicht sachgerecht gelöst worden. Der in dieser Entscheidung angenommene Ausschluss eines Rechtsmittels gegen eine nach § 769 ZPO erlassene Anordnung finde in der ZPO keine Grundlage. Die von ihm danach für zulässig erachtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht für begründet gehalten.
- 3
- III. Die Rechtsbeschwerde der Kläger ist unzulässig.
- 4
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder das Berufungsgericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (BGH, Beschl. v. 21. April 2004 aaO m.w.Nachw.). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war (BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02, NJW 2004. 1112 m.w.Nachw.).
- 5
- 2. Der auf § 769 ZPO beruhende Beschluss des Landgerichts über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unanfechtbar. Das hat der XII. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 21. April 2004 (aaO) - anders als das Beschwerdegericht für richtig hält - unter Einbeziehung sämtlicher relevanter Gesichtspunkte eingehend und überzeugend begründet. Das Beschwerdegericht war danach mangels Eröffnung der Beschwerdeinstanz nicht befugt, die von dem Prozessgericht erlassene einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aufzuheben. Aus dieser auch für die Rechtsbeschwerde geltenden Erwägung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels ist dem Rechtsbeschwerdegericht die Aufhebung der - rechtlich verfehlten - Entscheidung des Berufungsgerichts verwehrt.
Gehrlein Caliebe
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 30.12.2004 - 2 O 451/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.02.2005 - 27 W 7/05 -
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Annotations
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.
(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.
(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.
(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.
(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.
(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.
(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.