Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2015 - VII ZR 78/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Bezahlung von Abbruch-, Fuhr- und Entsorgungsarbeiten in Anspruch. Die Beklagte hat sich unter anderem mit der hilfsweisen Aufrechnung mit einem angeblichen Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung ihres Hofpflasters durch den Kläger in Höhe von 12.200,40 € verteidigt.
- 2
- Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 48.181,46 € nebst Zinsen verurteilt. Die genannte Hilfsaufrechnung hat es nicht für durchgreifend erachtet. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die Klageabweisung erreichen möchte.
II.
- 3
- Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat teilweise Erfolg.
- 4
- 1. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, soweit das Berufungsgericht die Hilfsaufrechnung wegen des angeblichen Schadensersatzanspruchs in Bezug auf das beschädigte Hofpflaster nicht für durchgreifend erachtet hat.
- 5
- Das Berufungsgericht hat diesen Gegenanspruch für unbegründet gehalten. Die Behauptung der Beklagten, dass der Kläger bei den von ihm durchgeführten Abbrucharbeiten ohne die erforderlichen Vorkehrungen mit schweren Baumaschinen vorgegangen sei und deshalb der mit Ketten versehene schwere Raupenbagger des Klägers wegen der fehlenden Bodenschutzplatten das Pflaster der Beklagten beschädigt habe, sei nicht bewiesen. Den von der Beklagten hierzu in der Berufungsbegründungsschrift benannten Zeugen E. H. hat es nicht vernommen, weil der Zeuge in seiner Vernehmung vor dem Landgericht den Vortrag der Beklagten nicht bestätigt habe; zu Recht habe das Erstgericht einen Anspruch der Beklagten für nicht bewiesen erachtet. Eine erneute Zeugeneinvernahme zur besseren Aufklärung des Sachverhalts sei unzulässig.
- 6
- Diese Beurteilung des Berufungsgerichts ist fehlerhaft. Es hätte dem Beweisangebot der Beklagten nachgehen müssen. Es trifft nicht zu, dass das Landgericht die entsprechende Behauptung der Beklagten nicht für bewiesen gehalten hat. Das Landgericht hat vielmehr den erstinstanzlichen Vortrag zu den Beschädigungen im Hof für nicht ausreichend substantiiert erachtet. Eine Beweisaufnahme hat zu dieser Frage deshalb nicht stattgefunden. Der Zeuge ist zu diesem Thema nicht vernommen worden.
- 7
- Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - VII ZR 2/11, BauR 2012, 1822 Rn. 14 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn der Tatrichter dieses Vorbringen zwar zur Kenntnis genommen hat, das Unterlassen der danach gebotenen Beweisaufnahme aber im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03, NJW-RR 2007, 500 Rn. 9 m.w.N.).
- 8
- So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Beweisantritt der Beklagten darauf gerichtet war, ihre Behauptung (erstmals) zu beweisen, nicht dagegen, die Richtigkeit erstinstanzlicher Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Frage zu stellen.
- 9
- 2. Der Verstoß ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Erhebung des angebotenen Beweises durch Vernehmung des Zeugen E. H. hinsichtlich dieser Hilfsaufrechnung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
III.
- 10
- Im Übrigen wird von einer Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 30.03.2012 - 21 O 925/11 -
OLG München, Entscheidung vom 20.03.2013 - 13 U 1667/12 Bau -
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Annotations
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.