Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2017 - VII ZR 36/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt, § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.
I.
- 2
- Der klagende Architekt hat von der Beklagten restliches Architektenhonorar in Höhe von 17.850 € sowie die Erstattung von 6.548,77 € verlangt, welche er für eine Bauleistungsversicherung aufgewendet haben will. Die auf Zahlung von 23.606,27 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat das Landgericht zunächst durch Versäumnisurteil abgewiesen, auf den klägerischen Einspruch hat es der Klage in Höhe von 17.850 € nebst Zinsen stattgegeben und im Übrigen das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger seinen Anspruch wegen der Aufwendungen für die Bauleistungsversicherung auf 1.428 € reduziert, die Klage im Übrigen um Ansprüche in Höhe von 85.202,32 € erweitert.
- 3
- Das Berufungsgericht, welches den Streitwert auf 104.480,32 € (Beru- fung des Klägers: 86.630,32 €, Berufung der Beklagten: 17.850 €) festgesetzt hat, hat die Beklagte verurteilt, neben dem vom Landgericht zugesprochenen Betrag von 17.850 € dem Kläger weitere 1.428 € zu zahlen. Die weitergehende Berufung des Klägers sowie die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
- 4
- Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie möchte nach Zulassung ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen, soweit sie zur Zahlung von mehr als 1.428 € nebst Zinsen verurteilt wurde.
II.
- 5
- Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht statthaft , weil der Beschwerdewert 20.000 € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.
- 6
- 1. Die Beklagte will sich mit der Revision nur gegen den Architektenhonoraranspruch in zugesprochener Höhe wenden. Der rechtskraftfähige Inhalt des Berufungsurteils beschwert die Beklagte insoweit mit 17.850 €.
- 7
- 2. Das Verteidigungsvorbringen der Beklagten führt nicht zu einem höheren Beschwerdewert. Die Beklagte, die Mängel am Bauwerk reklamiert, hat sich - erfolglos - hilfsweise wegen nicht fachgerechter Bauaufsicht und Bauplanung auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.
- 8
- a) Das ohne Erfolg geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht erhöht die Beschwer nicht, weil der Beklagten dadurch keine Ansprüche rechtskräftig aberkannt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Januar 2004 - X ZR 167/02, NJW-RR 2004, 714, juris Rn. 7; vom 1. Dezember 2004 - IV ZR 1/04, NJW-RR 2005, 367, 368, juris Rn. 6; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 zum Stichwort "Zug-um-Zug-Leistungen").
- 9
- b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde sind die vom Berufungsgericht thematisierten Gegenforderungen trotz seiner Ausführungen zur Aufrechnung nicht Beschwer erhöhend zu berücksichtigen.
- 10
- Eine beklagte Partei ist in Höhe des Betrags hilfsweise zur Aufrechnung gestellter Gegenforderungen beschwert, wenn das Berufungsgericht das Bestehen der Gegenforderungen verneint und im Falle der Rechtskraft des Berufungsurteils das Nichtbestehen der Gegenforderungen nach § 322 Abs. 2 ZPO rechtskräftig festgestellt wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Februar 1994 - VII ZR 209/93, BauR 1994, 403, 404, juris Rn. 4; vom 26. September 1991 - VII ZR 125/91, BauR 1992, 113, 114, juris Rn. 6).
- 11
- Das Berufungsgericht behandelt das Verteidigungsvorbringen zwar als Hilfsaufrechnung, es hat aber keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die - unbezifferten - Gegenforderungen getroffen, § 322 Abs. 2 ZPO.
- 12
- Das Berufungsgericht hat den Vortrag zu den Gegenansprüchen als nicht hinreichend konkretisiert und der Höhe nach als unzureichend angesehen.
- 13
- c) Der Beschwer sind nicht 17.850 € wegen des Vorbringens der Beklagten zur vermeintlichen Überzahlung des Klägers hinzuzurechnen.
- 14
- Im Falle der Rechtskraft würde der Beklagten ein etwaiger Rückforderungsanspruch wegen Überzahlung nach § 322 Abs. 2 ZPO nicht rechtskräftig aberkannt werden, weshalb sich die Beschwer nicht erhöht. Das Berufungsgericht hat keine Entscheidung über einen hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Rückforderungsanspruch getroffen. Es hat den Vortrag der Beklagten zur behaupteten Überzahlung ausschließlich als Erfüllungseinwand (§ 362 Abs. 1 BGB) ausgelegt und abschlägig beschieden.
III.
- 15
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Hagen, Entscheidung vom 07.07.2015 - 9 O 395/12 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 17.01.2017 - I-21 U 138/15 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)