Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Dez. 2017 - VII ZR 217/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Dezember 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin und die Beklagte haben am 27. September 2007 einen notariellen Erwerbsvertrag mit Errichtung einer Hotel- und Gewerbeanlage mit vier Gewerbeeinheiten auf dem Grundstück F.-Allee in B. geschlossen. Die Klägerin verlangt mit der Klage einen Kostenvorschuss für den Austausch von Kondensatoren in 140 Klimaanlagen der Hotelzimmer in Höhe von 8.000 € und für den Austausch von Akkumulatoren in den Sicherheitsleuchten in Höhe von 1.659 €.
- 2
- Sie macht für den Austausch von Lüftungsmotoren in 56 Klimaanlagen die Erstattung von Ersatzvornahmekosten in Höhe von 21.347,23 € geltend und verlangt die Beseitigung von Feuchtigkeitserscheinungen in den Räumen des Fitnesscenters im 1. Obergeschoss im Bereich des Durchgangs zum Hotel und in den Lagerräumen eines Supermarkts im Erdgeschoss.
- 3
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie nach Zulassung der Revision ihre Klageansprüche weiterverfolgen will.
II.
- 4
- Die Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO in dem im Tenor bezeichneten Umfang zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
- 5
- 1. Das Berufungsgericht hat - soweit hier von Bedeutung - ausgeführt, der Vortrag der Klägerin, die Klimaanlagen würden in sämtlichen Zimmern keine ausreichende Lüftungs- und Kühlleistung erbringen und regelmäßig ausfallen , sei unsubstantiiert. Sie habe nicht vorgetragen, auf welche Weise der angebliche Ausfall einzelner Klimaanlagen habe behoben werden können. Dass die Klimaanlagen in sämtlichen Zimmern dauerhaft ausfielen und eine Klimatisierung nicht mehr möglich sei, behaupte die Klägerin nicht.
- 6
- Soweit der Privatgutachter an 8 von 15 begutachteten Kondensatoren des Herstellers A. Mängel an der Metallfolie der Kondensatoren festgestellt habe , begründe dies keinen Anspruch der Klägerin, in sämtlichen Zimmern die Kondensatoren auszutauschen. Sie habe nicht vorgetragen, dass sich in sämtlichen Klimaanlagen die Kondensatoren des Herstellers A. befänden und es sich bei den von dem Privatgutachter festgestellten Mängeln um einen Systemfehler handele.
- 7
- Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den festgestellten Mängeln an den Kondensatoren um einen betriebsbedingten Verschleiß handele, für den die Beklagte nicht einzustehen habe. Die Kondensatoren seien auf 10.000 Betriebsstunden ausgelegt, seit der Abnahme seien bereits 39.000 Betriebsstunden vergangen.
- 8
- 2. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts beruht in dem im Tenor bezeichneten Umfang auf einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG.
- 9
- a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unter- lassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. November 2016 - VII ZR 23/14, ZfBR 2017, 146 Rn. 10; vom 20. Mai 2015 - VII ZR 78/13, BauR 2015, 1528 Rn. 7; vom 22. August 2012 - VII ZR 2/11, BauR 2012, 1822 Rn. 14 m.w.N.). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - VII ZR 160/12, NZBau 2014, 221 Rn. 12).
- 10
- b) Die Beschwerde beanstandet zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin habe die Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Vorschussanspruches nicht hinreichend dargelegt.
- 11
- aa) Die Klägerin hat mit Schriftsätzen vom 17. Oktober 2013, 11. November 2013 und 21. Juli 2015 unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Mangel einer fehlenden oder nicht ausreichenden Kühl- und Heizleistung der Klimageräte in 84 im Einzelnen nach Nummern bezeichneten Hotelzimmern vorhanden sei. Sie hat weiter dargelegt, aus welchen Hotelzimmern sie bereits 56 Klimageräte wegen des Austausches des Lüftungsmotors entfernt habe. Auch bei diesen im Keller gelagerten Klimageräten bestehe der von dem Privatgutachter P. festgestellte Systemfehler. Der Privatgutachter P. habe bei 14 von 15 untersuchten Motoren Mängel an den Kondensatoren festgestellt.
- 12
- bb) Damit hat die Klägerin Mangelerscheinungen der nicht ausreichenden Lüftungs- und Kühlleistung in den Klimaanlagen sämtlicher Hotelzimmer ausreichend beschrieben. Dem steht nicht entgegen, dass der Privatgutachter P. lediglich stichprobenartig 15 Klimaanlagen überprüft hat. Nachdem der Privatgutachter bei 14 von 15 untersuchten Klimageräten einen Systemmangel festgestellt hat, ist das Vorbringen der Klägerin, sämtliche Klimaanlagen aller Hotelzimmer seien von dem Systemmangel betroffen, schlüssig.
- 13
- Für ihren Vortrag hat die Klägerin Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Deshalb war das Berufungsgericht verpflichtet , dem Beweisantrag nachzugehen, durch Sachverständigengutachten den behaupteten Mangel der Werkleistung festzustellen.
- 14
- cc) Im Übrigen kann das Vorbringen der Klägerin nicht deshalb als unschlüssig angesehen werden, weil sie nicht zu den Mangelursachen vorgetragen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Besteller den Anforderungen an ein hinreichend bestimmtes Mangelbeseitigungsverlangen wie auch an eine schlüssige Darlegung eines Mangels im Prozess , wenn er die Erscheinungen, die er auf vertragswidrige Abweichungen zurückführt , hinlänglich deutlich beschreibt. Er ist nicht gehalten, die Mangelursachen im Einzelnen zu bezeichnen (sogenannte Symptomtheorie, st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 24. August 2016 - VII ZR 41/14, BauR 2017, 106 Rn. 22 m.w.N. = NZBau 2016, 746; Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 192/98, BauR 2001, 630, juris Rn. 8 = NZBau 2001, 195).
- 15
- c) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin und Durchführung der gegebenenfalls erforderlichen Beweiserhebung zu einer anderen Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auf Kostenvorschuss gelangt wäre.
- 16
- 3. Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.05.2014 - 100 O 49/13 -
KG Berlin, Entscheidung vom 01.09.2015 - 7 U 95/14 -
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Annotations
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.