Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08

published on 30/06/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08
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Landgericht Hamburg, 324 O 1172/07, 11/07/2008
Hanseatisches Oberlandesgericht, 7 U 71/08, 04/11/2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 340/08
vom
30. Juni 2009
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juni 2009 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Anhörungsrüge vom 19. Juni 2009 gegen den Senatsbeschluss vom 9. Juni 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Gehörsrüge ist nicht begründet.
2
Nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen jedoch nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - NJW 2005, 1432 f.). Artikel 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfGE 21, 191, 194; 70, 288, 294; st.Rspr.). Nach § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO kann das Revisionsgericht von einer Begründung des Beschlusses, mit dem es über die Nichtzulassungsbeschwer- de entscheidet, absehen, wenn diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Von dieser Möglichkeit hat der Senat im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht. Bei der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde hat er das mit der Anhörungsrüge der Klägerin als übergangen beanstandete Vorbringen in vollem Umfang geprüft, ihm aber keine Gründe für eine Zulassung der Revision entnehmen können.
3
Die Frage, ob ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen hartnäckiger schwerwiegender Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach dem Subsidiaritätsgrundsatz ausscheidet, wenn der in Anspruch Genommene in der Vergangenheit bereits unter Androhung von Ordnungsmitteln rechtskräftig verurteilt wurde, es generell zu unterlassen, Fotos des Betroffenen zu veröffentlichen und der Betroffene daher die Möglichkeit hat, im Falle von Bildrechtsverletzungen Ordnungsmittel gegen den Verletzer festsetzen zu lassen, ist über die bereits vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung nicht weiter klärungsbedürftig, sie ist auch nicht abstrakt klärungsfähig. Im Urteil vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70 - VersR 1971, 845 (Dreckschleuder) hat der Senat bereits darauf hingewiesen , dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob dem Betroffenen, dessen nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, gerechterweise eine Genugtuung in Geld zuzusprechen ist. Ob ein derart schwerer Eingriff in den Eigenwert der Persönlichkeit anzunehmen ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind besonders die Art sowie Schwere der zugefügten Beeinträchtigung und der Grad des Verschuldens, auch Anlass und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen , ob ein Unterlassungstitel erwirkt worden ist. Dass ein Unterlassungstitel geeignet sein kann, die Entscheidung für eine Geldentschädigung zu beeinflussen , entspricht allgemeiner Rechtsmeinung. Soweit die Klägerin meint, dass in der Literatur (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Aufl., Kap. 14, Rn. 125) diese Auffassung kritisiert worden sei, sieht der Senat keine Veranlassung, deshalb von seiner Auffassung abzurücken. Die von der Klägerin in Bezug genommene Fundstelle bezieht sich im Übrigen nur auf die Wortberichterstattung und nicht auf die unzulässige Bildveröffentlichung. Im Streitfall wird die Klägerin durch die Abbildungen in ihrem Recht am eigenen Bild nicht in schwerwiegender Weise betroffen. Sie ist auf den Fotos nur über die Abbildung ihrer Eltern und die dazugehörige Wortberichterstattung identifizierbar. Wegen der vorliegenden Bildveröffentlichungen wird sie deshalb bei anderer Gelegenheit kaum wieder erkannt werden. Für die Berichterstattung bestimmendes Thema war außerdem in keinem Fall die Person der Klägerin, sondern die Beziehung ihrer Eltern, die Auswirkungen des Scheiterns von deren Ehe auf die Familie und die beruflichen Dispositionen ihres Vaters. Dass Unterlassungstitel und damit zusammenhängende Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können, hat der Senat bereits im Urteil vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70 - aaO ausgeführt. Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsverletzung fehlt (Senat, BGHZ 128, 1, 12 f.). Zwar kann die Persönlichkeitsentfaltung von Kindern durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen, so dass der Bereich in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muss. Die Genugtuungsfunktion der Geldentschädigung würde indessen zu wirtschaftlich gesehen, würde sie erfordern , dass dem Betroffenen selbst die finanziellen Mittel zufließen. Im vorliegenden Fall kann auch durch das Ordnungsmittelverfahren hinreichend Genugtuung erlangt werden. Müller Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.07.2008 - 324 O 1172/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2008 - 7 U 71/08 -
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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Grobe Beleidigungen, die im persönlichen Umfeld und nicht in der Öffentlichkeit ausgesprochen werden, begründen zwar regelmäßig einen Unterlassungsanspruch, jedoch nicht zwingend einen Schmerzensgeldanspruch. So urteilte der
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published on 30/09/2015 00:00

Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 300.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.8.2010 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
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Annotations

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.