Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2017 - V ZB 40/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf
beschlossen:
Es wird festgestellt, dass der Betroffene durch die vorgenannten Beschlüsse insoweit in seinen Rechten verletzt worden ist, als Sicherungshaft bis zum 17. Februar 2016 und nach dem 12. März 2016 angeordnet worden ist.
Von den gerichtlichen Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Betroffene 25 %. Die Dolmetscherkosten und die übrigen Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Saale-Holzland-Kreis trägt 75 % der außergerichtlichen Kosten aller Instanzen des Betroffenen. Im Übrigen trägt dieser sie selbst.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene, ein indischer Staatsbürger, reiste am 30. Oktober 2003 in das Bundesgebiet ein und stellte am 30. Dezember 2005 einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 17. Januar 2006 wies das zuständige Bundesamt den Antrag als offensichtlich unbegründet zurück, forderte den Betroffenen auf, das Bundesgebiet innerhalb einer Woche seit Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung die Abschiebung an. Eine gegen diesen Bescheid gerichtete Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Meiningen mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 10. Mai 2006 zurück. Der Betroffene tauchte unter und wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Er meldete sich unter verschiedenen Aliasnamen bei deutschen Behörden und wurde seit 2008 auch mehrfach wegen Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz und wegen Vermögensdelikten erkennungsdienstlich behandelt.
- 2
- Am 4. November 2014 reiste er bei Konstanz in das Bundesgebiet ein und wies dazu einen indischen Reisepass vor, in welchem ein französisches Schengenvisum eingeklebt war. Eine Prüfung ergab, dass der Reisepass echt, das Visum aber gefälscht war. Der Pass wurde von den Bundespolizeibehörden sichergestellt und verwahrt.
- 3
- Am 24. August 2015 wurde der Betroffene von den französischen Polizeibehörden festgenommen, als er versuchte, bei Kehl mit einem entwendeten Pass nach Frankreich auszureisen. Die französischen Polizeibehörden schoben ihn nach Deutschland zurück. Die deutschen Polizeibehörden gaben dem Betroffenen auf, sich alsbald bei der beteiligten Behörde zu melden. Das tat der Betroffene nicht. Er wurde vielmehr am 18. Dezember 2015 in Essen festge- nommen und durch die örtliche Ausländerbehörde am 21. Dezember 2015 entlassen , wiederum mit der Auflage, sich umgehend bei der beteiligten Behörde zu melden. Als sich der Betroffene dort am 6. Januar 2016 vorstellte, wurde er festgenommen.
- 4
- Die beteiligte Behörde hat am gleichen Tag bei dem Amtsgericht Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen nach Indien beantragt und zwar zunächst Haft bis zum 8. Februar 2016 und in der mündlichen Anhörung des Betroffenen Haft für drei Monate. Auf den geänderten Antrag hin hat das Amtsgericht am 6. Januar 2016 gegen den Betroffenen Sicherungshaft bis zum 5. April 2016 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der Betroffene die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten Haft erreichen.
II.
- 5
- Das Landgericht hält die angeordnete Haft für rechtmäßig. Die Haftgründe nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1, 2 u. 5 AufenthG lägen vor. Der Betroffene sei am 4. November 2014 ohne Aufenthaltserlaubnis in das Bundesgebiet wieder eingereist. Er habe die Behörden unter Verwendung von Aliasnamen über seine Identität getäuscht und sie auch nicht über den Wechsel seines Aufenthalts unterrichtet. Die beteiligte Behörde habe die Abschiebung mit der gebotenen Beschleunigung betrieben. Der mit dem Fall befasste Mitarbeiter der beteiligten Behörde sei am Tag der Anhörung mit der Erkenntnis überrascht worden, dass auch die in den echten indischen Reisepass eingestempelte Verlängerung bis zum 6. September 2025 gefälscht und dieser Pass tatsächlich mit dem 7. September 2010 ausgelaufen sei. Als Folge dessen habe sie sich um Passersatzpapiere bemühen müssen und auch bemüht. Dass die dafür erforderlichen Anträge bei dem zuständigen Wartburgkreis erst am 13. Januar 2016 eingegangen seien, sei nicht zu beanstanden. Der Antrag habe auch nicht als be- sonders dringlich gekennzeichnet werden müssen, da das auf die Tätigkeit der ausländischen Behörden keinen Einfluss habe. Es bestünden auch keine Anzeichen dafür, dass die Abschiebung nicht innerhalb von drei Monaten gelingen werde. Nach den Erkenntnissen der zuständigen Mitarbeiterin würden in einem Fall wie dem des Betroffenen eineinhalb bis zwei Monate für die Beschaffung der Passersatzpapiere benötigt.
III.
- 6
- Diese Erwägungen halten zum größten Teil einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die gegen den Betroffenen angeordnete Haft war zum überwiegenden Teil rechtswidrig.
- 7
- 1. Die Haftanordnung des Amtsgerichts war rechtswidrig, weil es an einem zulässigen Haftantrag der beteiligten Behörde fehlt.
- 8
- a) Sicherungshaft darf nur angeordnet werden, wenn der Haftantrag den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG genügt. Denn ein diesen Anforderungen nicht entsprechender Haftantrag versetzt weder den Richter noch den Betroffenen in die Lage, die Rechtmäßigkeit des Haftantrags zu prüfen (Senat, Beschlüsse vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 15 und vom 20. Oktober 2016 - V ZB 167/14, NVwZ 2017, 733 [Ls.] = juris Rn. 6 f.). In dem Haftantrag muss nach § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG unter anderem die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung dargelegt werden. Die Darlegung darf knapp gehalten sein, muss aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, FGPrax 2011, 317 f. Rn. 9). Sie muss auf den konkreten Fall zugeschnitten sein; Leerformeln und Textbausteine genügen nicht (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - V ZB 311/10, FGPrax 2012, 82 Rn. 13).
- 9
- b) Diesen Anforderungen entsprach der Haftantrag der beteiligten Behörde nicht.
- 10
- aa) Die von dem Amtsgericht ausgesprochene Haft von drei Monaten gegen den Betroffenen hat die Behörde erst in dessen mündlicher Anhörung durch den Haftrichter beantragt. Ausweislich des über die Anhörung erstellten Protokolls hatte sie diesen Antrag nur damit begründet, dass „derzeit unklar (sei), ob die Ausreisedokumente rechtzeitig beigebracht werden können“. Welche Erkenntnisse sie zur Änderung ihres ursprünglich nur auf die Anordnung von Sicherungshaft für die Dauer eines Monats gerichteten Antrags bewogen haben und aus welchen konkreten Gründen sie jetzt eine Sicherungshaft von drei Monaten für erforderlich hielt, hat die Behörde nach dem Inhalt des Protokolls und nach den Feststellungen in der Haftanordnung des Amtsgerichts nicht ausgeführt. Ihre allgemein gehaltenen Ausführungen sind, für sich genommen, vor dem Hintergrund, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG; Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, FGPrax 2012, 225 Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 67/13, juris Rn. 9), unzureichend (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. Oktober 2016 - V ZB 8/15, juris Rn. 7, vom 31. März 2017 - V ZB 74/17, juris Rn. 2 und vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, juris Rn. 14).
- 11
- bb) Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Ausführungen der beteiligten Behörde in ihrem ursprünglichen Haftantrag hinzunimmt. In diesem Antrag hatte sie die Anordnung von Sicherungshaft zur Abschiebung des Betroffenen nach Indien bis zum 8. Februar 2016 beantragt, diese Haftdauer aber mit Ausführungen begründet, die ersichtlich keinen Bezug zum vorliegenden Fall haben. Sie beziehen sich infolge einer Verwechslung auf den Fall eines türkischen Betroffenen namens Y. in einem anderen Abschiebungshaftverfahren. Die beteiligte Behörde stellt auf die Verhältnisse bei der Abschiebung in die Türkei ab und geht zudem davon aus, dass der echte Pass des Betroffenen ausgelaufen sei, wohingegen der Pass des Betroffenen S. , um den es im vorliegenden Fall geht, nach der dem Antrag beigefügten Kopie noch bis zum 6. September 2025 gültig war. Diese Angaben genügen als Darlegungen der erforderlichen Dauer der Haft im Fall des Betroffenen S. nicht. Die Zulässigkeit des Haftantrags stellt es zwar nicht in Frage, wenn er sachliche Fehler enthält (Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - V ZB 167/14, NVwZ 2017, 733 [Ls.] = juris Rn. 7). Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich die - wenn auch fehlerhaften - Ausführungen auf den Fall des Betroffenen beziehen.
- 12
- 2. Die Aufrechterhaltung der angeordneten Haft durch das Beschwerdegericht ist auch nur für den Zeitraum vom 18. Februar 2016 bis zum 11. März 2016 gerechtfertigt. Für den hierüber hinausgehenden Zeitpunkt hätte die Haft dagegen aufgehoben werden müssen.
- 13
- a) Der Haftantrag der beteiligten Behörde ist, was - für die Zukunft - möglich ist (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 23), durch ergänzenden Vortrag der Behörde und entsprechende Feststellungen des Beschwerdegerichts mit Wirkung vom 18. Februar 2016 geheilt worden.
- 14
- Diese Heilung ist allerdings noch nicht durch das ergänzende Schreiben der beteiligten Behörde vom 17. Februar 2016 an das Beschwerdegericht eingetreten. Darin hat diese nämlich nur erläutert, dass ihr Vertreter auf der Fahrt zum Anhörungstermin von der Mitteilung überrascht worden sei, dass auch der zweite Verlängerungsstempel in dem ansonsten echten Reisepass des Betroffenen manipuliert worden und deshalb davon auszugehen sei, dass dieser Pass mit dem 6. September 2010 ausgelaufen sei. Eine konkrete Erläuterung, in welchem Zeitraum die nun erforderlichen Passersatzpapiere für den Betroffenen bei den indischen Behörden zu erlangen sind, enthält diese Stellung- nahme jedoch nicht. Die Heilung des Antragsmangels ist aber durch die von dem Beschwerdegericht eingeholte ergänzende Auskunft der beteiligten Behörde vom 18. Februar 2016, die am gleichen Tag erfolgte erneute Anhörung des Betroffenen und die hierauf gestützte Feststellung des Beschwerdegerichts geheilt worden, dass in Fällen wie dem des Betroffenen mit einer Bearbeitungszeit für die Beschaffung der Passersatzpapiere von eineinhalb bis zwei Monaten zu rechnen sei.
- 15
- b) Für die Zeit vom 18. Februar bis zum 11. März 2016 ist die Anordnung der Fortdauer der Haft nicht zu beanstanden.
- 16
- aa) Der Betroffene ist, was er nicht in Zweifel zieht, vollziehbar ausreisepflichtig. Die von der beteiligten Behörde geltend gemachten Haftgründe nach § 62 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 und 5 AufenthG liegen vor. Aufgrund der Angaben der beteiligten Behörde und des Umstands, dass der Pass des Betroffenen bis auf das gefälschte Visum und die manipulierte Verlängerung echt ist, ist die Feststellung des Beschwerdegerichts nicht zu beanstanden, dass die Beschaffung der Ersatzpapiere eineinhalb bis zwei Monaten dauert.
- 17
- bb) Entgegen der Ansicht des Betroffenen musste sich das Beschwerdegericht bei seiner Prognose nicht mit der Frage einer Befristung des unbefristeten Einreiseverbots befassen, das die Ausweisungsverfügung vom 17. Januar 2006 ausgelöst hat.
- 18
- (1) Richtig ist der Ausgangspunkt des Betroffenen. Nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG (vom 16. Dezember 2008, ABl. EG Nr. L 348 S. 98 - sog. Rückführungsrichtlinie) darf ein Einreiseverbot im Regelfall nicht länger als 5 Jahre dauern. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gilt diese Regel auch für Einreiseverbote aufgrund von Verfügungen , die - wie die genannte Ausweisungsverfügung gegen den Betroffenen - vor dem Ablauf der Frist zur Umsetzung der genannten Vorschrift der Richtlinie am 24. Dezember 2010 erlassen worden sind. Auch ist danach die Befristung nicht nur auf Antrag, sondern von Amts wegen vorzunehmen (EuGH, Urteil vom 19. September 2013, Filev und Osmani, C-297/12, EU:C:2013:569 Rn. 34, 45). Die Entscheidung muss so frühzeitig ergehen, dass der Betroffene noch in Deutschland Rechtsschutz hiergegen organisieren kann (Nachweise bei Senat, Beschluss vom 16. September 2015 - V ZB 194/14, FGPrax 2016, 33 Rn. 5).
- 19
- (2) Das bedeutet aber weder, dass Abschiebungshaft nur angeordnet werden dürfte, wenn ein unbefristetes Einreiseverbot aus einer altrechtlichen Ausweisung oder Abschiebung befristet worden ist, noch, dass der Haftrichter in jedem Fall zu prüfen hätte, ob die beteiligten Behörden ihren geschilderten ausländerrechtlichen Pflichten nachkommen. Das ist in erster Linie Aufgabe der Aufsichtsbehörden und, wenn der Betroffene um Rechtsschutz nachsucht, Aufgabe der Verwaltungsgerichte. Im Abschiebungshaftverfahren ist dagegen nur zu prüfen, ob Maßnahmen zur Befristung unbefristeter Einreiseverbote oder ihr Fehlen ein Abschiebungshindernis erwarten lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 16. September 2015 - V ZB 194/14, FGPrax 2016, 33 Rn. 9). Im Rahmen der amtswegigen Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 26 FamFG sind Nachforschungen , ob der rechtzeitige Erlass einer Befristungsentscheidung sichergestellt ist, nur veranlasst, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zuständigen Stellen die Befristung des Einreiseverbots erwägen oder der Betroffene auf eine solche Befristung dringt. Bleibt die Behörde, die das unbefristete Einreiseverbot befristen müsste, untätig, hat der Haftrichter Veranlassung zu weiteren Nachforschungen nur, wenn sich der Betroffene bei den (Aufsichts-) Behörden oder den Verwaltungsgerichten um eine Befristung bemüht oder entsprechende Maßnahmen aus einem anderen Grund zu erwarten sind. Fehlt es daran, muss der Haftrichter diesen Gesichtspunkt nicht in seine Prognose einbeziehen.
- 20
- cc) Einen Verstoß gegen das Beschleunigungsverbot hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint.
- 21
- Die beteiligte Behörde ist von der Mitteilung, dass die zweite Verlängerung im Reisepass des Betroffenen manipuliert worden ist, wie ausgeführt, am Tag der persönlichen Anhörung des Betroffenen und des Erlasses der Haftanordnung überrascht worden. Sie brauchte Zeit, um das weitere Vorgehen zu prüfen und vorzubereiten. In diesem Rahmen haben sich die beteiligten Dienststellen nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts gehalten.
- 22
- Es verstößt auch nicht gegen das Beschleunigungsgebot, dass die beteiligte Behörde die Vorlage des Antrags auf Erteilung der Passersatzpapiere nicht mit einem Hinweis auf die Dringlichkeit versehen hat. Auf das Verfahren der ausländischen Stellen haben die deutschen Dienststellen keinen Einfluss (Senat , Beschluss vom 1. März 2012 - V ZB 206/11, FGPrax 2012, 133 Rn. 16). Dessen ungeachtet müssen sie aber durch Nachfragen oder in anderer geeigneter Weise auf die ausländischen Dienststellen einwirken, um eine beschleunigte Abwicklung der Passersatzpapiere zu erreichen. Welche Maßnahmen in welchem zeitlichen Abstand von der Einreichung des Antrags an geboten sind, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls (Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 25/13, juris Rn. 8 f.). Danach steht es mit dem Beschleunigungsgebot in Einklang, wenn die beteiligte Behörde im vorliegenden Fall den Weg einer Nachfrage bei der indischen Botschaft gewählt und diese Nachfrage am 8. Februar 2016 gehalten hat. Denn die indische Botschaft in Deutschland konnte die Frage nicht allein entscheiden, sondern musste das indische Generalkonsulat in Mailand beteiligen, das die Verlängerung des Passes des Betroffenen verfügt haben soll. Unter diesen Umständen war eine frühere Anfrage nicht zweckmäßig.
- 23
- c) Die Aufrechterhaltung der Haft über den 11. März 2016 hinaus war rechtswidrig.
- 24
- Die Haft ist nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf den kürzest möglichen Zeitraum zu begrenzen. Stellt sich im Beschwerdeverfahren heraus, dass die Abschiebung, deren Sicherung die angeordnete Haft dient, in einem kürzeren Zeitraum als dem ursprünglich ermittelten zu erreichen ist, ist die Haft nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. dem Rechtsgedanken von § 426 Abs. 1 FamFG von Amts wegen auf den nach dem Ergebnis der Feststellungen im Beschwerdeverfahren benötigten Zeitraum zu begrenzen und im Übrigen aufzuheben (Senat, Beschlüsse vom 20. Oktober 2016 - V ZB 167/14, NVwZ 2017, 733 [Ls.] = juris Rn. 13 u. vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, juris Rn. 8). Das hat das Beschwerdegericht hier nicht beachtet. Nach seinen Feststellungen war die Beschaffung der Ersatzpapiere für den Betroffenen in einem Zeitraum von eineinhalb bis zwei Monaten zu erreichen. Hinzuzurechnen war Vorbereitungszeit von mindestens einer Woche, so dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts die Durchführung der Abschiebung bis zum 11. März 2016 erwartet werden konnte. Es hätte deshalb die Haft für den Zeitraum danach aufheben müssen. Da das Beschwerdegericht keine Feststellungen getroffen hat, die eine längere Haft rechtfertigten, ist unerheblich, dass sich die Haft - wie sich dem Rechtsbeschwerdeverfahren V ZB 64/16 entnehmen lässt - später als zu kurz erwiesen hat und eine Verlängerung erforderlich wurde.
IV.
- 25
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass die Beschwerde des Betroffenen im Umfang von etwa 3/4 der angeordneten Haft erfolgreich war. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG. Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele Haberkamp Hamdorf
AG Stadtroda, Entscheidung vom 06.01.2016 - 8 XIV 2/16-B -
LG Gera, Entscheidung vom 18.02.2016 - 5 T 70/16 -
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Annotations
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.
(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.