Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2002 - IX ZB 208/02

published on 26/09/2002 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2002 - IX ZB 208/02
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 208/02
vom
26. September 2002
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann
am 26. September 2002

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 7. Mai 2002 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 704,62

Gründe:


I.


Die Gläubigerin betreibt eine Autovermietung. Der Schuldner mietete bei ihr im August 1991 einen Pkw, ohne die Mietwagenkosten vollständig zu begleichen. Im Juli 1992 erwirkte die Gläubigerin gegen den Schuldner einen Vollstreckungsbescheid, in welchem die Hauptforderung von 1.430 DM als "Miete für Kraftfahrzeug gem. Rechnung - 326240 vom 19.09.91" bezeichnet wird. Vollstreckungsversuche blieben ohne Erfolg. Ein auf Anzeige der Gläubigerin eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen den Schuldner stellte die Staatsanwaltschaft im Oktober 1997 gemäß § 154 Abs. 1 StPO ein.
Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hatten ergeben, daß im Jahre 1991 eine Reihe von fruchtlosen Pfändungsversuchen bei dem Schuldner unternommen worden waren. Im Blick hierauf hat die Gläubigerin beantragt, die erweiterte Pfändung gemäß § 850 f Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben werde. Der Antrag blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.

II.


Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 576 Abs. 1, 3 i.V.m. § 546 ZPO).
1. Das Beschwerdegericht meint, die Prüfungskompetenz des Vollstrekkungsgerichts erstrecke sich nicht auf die Frage, ob der Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe. Denn der Titel selbst enthalte keinerlei Hinweise auf eine unerlaubte Handlung. Es liege deshalb die Gefahr nahe, den Titel inhaltlich zu ändern oder gar durch einen anderen zu ersetzen, wenn der erstmals im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens unterbreitete Vortrag berücksichtigt werde, der Schuldner habe bei Abschluß des Automietvertrages einen Eingehungsbetrug begangen. Im übrigen erscheine das Vollstreckungsverfahren für die Durchführung von Beweisaufnahmen zur Klärung materiell-rechtlicher Fragen weniger geeignet als das kontradiktorisch
ausgestaltete Erkenntnisverfahren. Der Gläubiger sei mit seinem Begehren deshalb auf den Weg der Feststellungsklage zu verweisen.
Demgegenüber rügt die Rechtsbeschwerde, dem Gläubiger müsse der Nachweis einer Haftung des Schuldners aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung jedenfalls dann im Vollstreckungsverfahren offenstehen, wenn er den Nachweis durch eine strafgerichtliche Verurteilung, der eine Einstellung nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO gleichzustellen sei, führen könne.
2. Mit diesen Angriffen kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen.
Ist in dem zu vollstreckenden Titel - wie im Streitfall - nur eine vertragliche Anspruchsgrundlage genannt, kann der Gläubiger im Vollstreckungsverfahren nicht durch Vorlage eines rechtskräftigen Strafurteils, eines Strafbefehls oder einer Einstellungsverfügung nachweisen, daß der titulierte Anspruch auch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht (vgl. BGH, Beschl. v. 26. September 2002 - IX ZB 180/02, zur Veröffentlichung bestimmt). Falls der Gläubiger erst aufgrund von Erkenntnissen, die ihm nach Erwirken des Titels zuwachsen, zur erfolgreichen Geltendmachung eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung in der Lage ist, kann das Vollstreckungsgericht dem Antrag auf eine privilegierte Pfändung nur stattgeben, wenn der Schuldner zustimmt. Ohne diese Zustimmung, an der es im Streitfall fehlt, darf der Gläubiger nicht damit rechnen, daß die neuen Erkenntnisse noch im Vollstreckungsverfahren berücksichtigt werden. Es ist ihm zuzumuten, Feststellungsklage zu er-
heben, um dem Schuldner, der bisher keinen Anlaß hatte, sich gegen den Vorwurf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung zu wehren, eine sachgerechte Verteidigung vor dem Prozeßgericht zu ermöglichen (BGH aaO).
Kreft Ganter Raebel Kayser Bergmann
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 19/02/2007 00:00

Tenor Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers wird das am 02.03.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Neubrandenburg abgeändert und wie folgt gefasst: Die in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (Amtsgeri
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.