Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2014 - IV ZB 3/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Beschwerdewert: 153.000 €
Gründe:
- 1
- I. Die Beteiligte zu 1 ist die Lebensgefährtin des am 23. Januar 2009 verstorbenen Erblassers, die Beteiligten zu 2 und zu 3 sind seine Kinder aus erster Ehe. Der Erblasser lebte vor seinem Tod in Spanien. Er war Eigentümer von vier Grundstücken, von denen zwei in Deutschland , ein mit einem Wohnhaus bebautes in Spanien und ein unbebautes in Florida/USA liegen. Am 12. März 2009 eröffnete das Nachlassgericht ein Testament vom 17. Januar 2009 mit folgendem Wortlaut, welches der Erblasser unterschrieben haben soll: "Letzter Wille und Testament Ich, C. S., geb. am … in R. , Deutschland, bestätige hiermit, daß ich im Besitz meiner vollen geistigen Kräfte bin. Ich verfüge hiermit, daß mein gesamter Besitz in Spanien, insbesondere mein Haus in B. , M. , C. , mein Besitz in Deutschland und in den USA (Florida) an meine langjährige Lebensgefährtin, Frau J. L. , geb. am … in V. , H. , gehen soll. Außerdem verfüge ich, daß mein Sohn A. und meine Tochter V. lediglich den gesetzlichen Pflichtteil erhalten sollen. Dieses Testament soll in den oben genannten Staaten Gültigkeit haben. A. , den 17. Januar 2009 Zeugen: P. Z. "
- 2
- Ferner befinden sich unterhalb des Testaments mehrere - unleserliche - Unterschriften sowie am rechten Rand der Name A. F. .
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- Die Beteiligten zu 2 und zu 3 beantragten die Erteilung eines Erbscheins zu je 1/2 nach gesetzlicher Erbfolge mit dem Zusatz, dass der Erbschein beschränkt sein soll auf das in Deutschland und Spanien vorhandene Vermögen. Die Beteiligte zu 1 beantragte die Erteilung eines sie allein als Erbin ausweisenden Erbscheins auf der Grundlage des Testaments vom 17. Januar 2009.
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- Das Nachlassgericht hat die für die Erteilung eines Erbscheins, der die Beteiligten zu 2 und zu 3 je zur Hälfte als Erben ausweist und sich nicht auf das in Florida vorhandene Grundvermögen bezieht, vorgetragenen Tatsachen für festgestellt erachtet (Nummer 1), die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses ausgesetzt, die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt (Nummer 2) und den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist, zurückgewiesen (Nummer 3). Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Beschwerdegericht den Beschluss des Nachlassgerichts zu Nummern 1 und 2 aufgehoben und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.
- 5
- Zur Begründung hat es ausgeführt, der Erblasser sei gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht beerbt worden. Die Gültigkeit des Testaments hinsichtlich seiner Form beurteile sich nach Art. 26 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 EGBGB. Nach deutschem Recht sei das Testament nicht gültig. Es seien keine drei Zeugen vorhanden, die die Voraussetzungen des § 2250 Abs. 3 BGB für ein Nottestament nach § 2250 Abs. 2 BGB erfüllten. Die Beteiligte zu 1 komme als Zeugin nicht in Betracht, da ihr durch das Testament ein rechtlicher Vorteil verschafft werden solle. Der Arzt des Krankenhauses, A. F. P. , scheide als Zeuge aus, weil er die deutsche Sprache nicht verstehe. Dasselbe gelte für den Zeugen H. , der im Übrigen bei der Errichtung des Testaments nicht zugegen gewesen sei. Das Testament sei ferner auchnach spanischem Recht nicht wirksam. Gleichwohl komme die Erteilung des beantragten Erbscheins auf der Grundlage gesetzlicher Erbfolge zugunsten der Beteiligten zu 2 und zu 3 nicht in Betracht. Die Beschränkung eines Erbscheinsantrags auf Nachlassgegenstände, die sich im Inland und lediglich in bestimmten ausländischen Staaten befänden, sei unzulässig. Gemäß § 2369 Abs. 1 BGB könne der Antrag auf Erteilung eines Erb- scheins, wenn zu der Erbschaft auch Gegenstände zählten, die sich im Ausland befänden, auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkt werden. Nicht möglich sei es demgegenüber, eine Beschränkung des Erbscheinsantrags auf Nachlassgegenstände vorzunehmen, die sich zusätzlich zu dem im Inland belegenen Vermögen auf solches bezöge, das sich lediglich in bestimmten ausländischen Staaten befinde. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und zu 3 habe mithin keinen zulässigen Inhalt gehabt. Insoweit sei die Entscheidung des Nachlassgerichts aufzuheben. Demgegenüber habe das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zu Recht zurückgewiesen, da sie wegen Unwirksamkeit des Testaments jedenfalls nicht Erbin bezüglich der Nachlassgegenstände in Deutschland und Spanien geworden sei.
- 6
- Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Frage, ob ein Erbschein erteilt werden könne, der sich auf Nachlassgegenstände im Inland sowie auf Nachlassgegenstände in einem bestimmten ausländischen Staat unter Ausklammerung von Nachlassgegenständen in einem anderen ausländischen Staat beziehe, bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt sei.
- 7
- Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1, die weiterhin die Erteilung eines Alleinerbscheins auf der Grundlage des Testaments vom 17. Januar 2009 begehrt.
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- II. Die Rechtsbeschwerde ist bereits mangels Zulassung gemäß § 70 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FamFG unzulässig.
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- 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Beschwerdegericht die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 ZPO bzw. § 70 Abs. 1, Abs. 2 FamFG auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränken, der Gegenstand einer gesonderten Festsetzung sein oder auf den der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel beschränken könnte (BGH, Urteile vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 17; vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04, NJW 2007, 144 Rn. 8; vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264 unter II 3; vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, NJW 2003, 3703 unter A 1; Beschlüsse vom 12. April 2011 - II ZB 14/10, NJW 2011, 2371 Rn. 5, 7; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 92/09, WuM 2011, 137 Rn. 6). Nicht zulässig ist demgegenüber die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 aaO). Ebenfalls kommt keine Beschränkung der Zulassung bei mehreren selbständigen prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) in Betracht, wenn die Entscheidung über den einen Anspruch von der über den anderen ebenfalls vom Beschwerdegericht entschiedenen Anspruch abhängt (Senatsurteil vom 8. März 2006 - IV ZR 263/04, ZEV 2006, 265 Rn. 14). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen muss von vornherein ausgeschlossen sein (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 aaO).
- 10
- 2. Auf dieser Grundlage sind hier die Voraussetzungen für eine wirksame Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 erfüllt. Die Frage, ob sich ein Erbscheinsantrag auf Nachlassgegenstände beschränken kann, die im Inland sowie in einem bestimmten ausländischen Staat unter Ausklamme- rung von Nachlassgegenständen in einem anderen ausländischen Staat belegen sind, stellt zwar eine abstrakte Rechtsfrage dar, betrifft aber ausschließlich den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und zu 3, nicht dagegen den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 als Rechtsbeschwerdeführerin , dem sich eine räumliche Beschränkung nicht entnehmen lässt.
- 11
- Die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1 einerseits und der Beteiligten zu 2 und zu 3 andererseits beinhalten unterschiedliche Streitgegenstände , bei denen die Entscheidung über den einen Erbscheinsantrag nicht zugleich von derjenigen über den anderen abhängt. Die gegenseitige Abhängigkeit der beiden Anträge bezieht sich allein auf die Frage, ob das Testament des Erblassers vom 17. Januar 2009 wirksam ist. Ist das der Fall, so ist die Beteiligte zu 1 testamentarische Erbin geworden ; ist das Testament unwirksam, so tritt zugunsten der Beteiligten zu 2 und zu 3 gesetzliche Erbfolge ein. Prozessual sind die Erbscheinsanträge voneinander unabhängig, was sich bereits aus ihrer unterschiedlichen Reichweite ergibt. Während die Beteiligte zu 1 einen Erbscheinsantrag gestellt hat, der sich unbeschränkt auf sämtliches Vermögen des Erblassers bezieht, hat der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und zu 3 lediglich das in Deutschland und Spanien belegene Vermögen zum Gegenstand. Ist eine derartige räumliche Beschränkung des Erbscheinsantrags auf im Inland und in einem ausländischen Staat belegenes Vermögen unzulässig, wie das Beschwerdegericht angenommen hat, so ist der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und zu 3 bereits aus diesem Grunde zurückzuweisen, ohne dass es darauf ankommt, ob das Testament vom 17. Januar 2009 wirksam ist. Infolgedessen kommt es in Betracht , sowohl den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 als auch denje- nigen der Beteiligten zu 2 und zu 3 zurückzuweisen, denjenigen der Beteiligten zu 1 mangels Wirksamkeit des Testaments vom 17. Januar 2009 und denjenigen der Beteiligten zu 2 und zu 3 wegen unzulässiger räumlicher Beschränkung des Antrags.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Bensheim, Entscheidung vom 18.06.2012- 31 VI 131/09 (2009) -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.12.2013 - 20 W 281/12 -
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Annotations
(1) Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament in der durch § 2249 bestimmten Form oder durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.
(2) Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 nicht mehr möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.
(3) Wird das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichtet, so muss hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden. Auf die Zeugen sind die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, der §§ 7, 26 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 und des § 27 des Beurkundungsgesetzes; auf die Niederschrift sind die Vorschriften der §§ 8 bis 10, 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 13 Abs. 1, 3 Satz 1, §§ 23, 28 des Beurkundungsgesetzes sowie die Vorschriften des § 2249 Abs. 1 Satz 5, 6, Abs. 2, 6 entsprechend anzuwenden. Die Niederschrift kann außer in der deutschen auch in einer anderen Sprache aufgenommen werden. Der Erblasser und die Zeugen müssen der Sprache der Niederschrift hinreichend kundig sein; dies soll in der Niederschrift festgestellt werden, wenn sie in einer anderen als der deutschen Sprache aufgenommen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.