Betrug
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Der Betrugstatbestand ist in § 263 StGB geregelt. Bei dem Betrug in seiner heutigen Konzeption handelt es sich im Wesentlichen um das Resultat der Rechtsentwicklung des 19. Jahrhunderts und er ist Ausdruck des wirtschaftlichen Liberalismus. Mit Ausnahme der Jahre 2007 und 2008 kam es zu einem fast kontinuierlichen Anstieg der registrierten Betrugsfälle. Im Jahr 2010 wurden in diesem Deliktsfeld mit 968162 Fällen die höchsten Fallzahlen seit Bestehen einer gesamtdeutschen Statistik im Jahr
1993 erfasst. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Anstieg um 1,3 Prozent.
Die Entwicklung der Betrugsfälle wurde wesentlich bestimmt durch Anstiege beim Leistungsbetrug, beim Sozialleistungsbetrug und beim Computerbetrug. Rückgänge gab es hingegen beim Beteiligungs- und Kapitalanlagebetrug, Provisionsbetrug und Betrug mit Debitkarten ohne PIN Lastschriftverfahren. Zugenommen hat erneut der Betrug mittels rechtswidrig erlangter Daten von Zahlungskarten. Der starke Anstieg dürfte auf die zunehmende Nutzung des Mediums Internet für unterschiedliche Transaktionen und damit auf eine Erhöhung von Tatgelegenheiten zurückzuführen sein.
Grundsätzlich dient der § 263 StGB dem Vermögensschutz. Relevant ist hier jedoch nicht, wer Inhaber des Vermögens ist. Inhaber kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein. Neben dem privaten Vermögen wird auch das staatliche Vermögen erfasst. Nicht geschützt hingegen sind Zahlungsverpflichtungen gegenüber ausländischen Staaten, die z.B. durch Steuerpflichten begründet werden. Dem Vermögensschaden, der im Tatbestand des Betruges vorausgesetzt wird, unterfallen alle Arten von Vermögensbestandteilen. Hier wird der wesentliche Unterschied zu anderen Vermögensdelikten deutlich, die lediglich das Eigentum oder bestimmte Rechte schützen, wie es z.B. bei Diebstahl gemäß § 242 StGB der Fall ist.
Während sich die Rechtsprechung zumeist der Formel bedient, der Betrug schütze nicht „bloß“ die Wahrheit und das Vertrauen im Geschäftsverkehr, sondern sei eine Vermögensstraftat (BGH vom 18.07.1961 - 1 StR 606/60), sieht die herrschende Lehre im Vermögen das alleinige Rechtsgut des Betrugs. Der objektive Tatbestand des Betrugs beinhaltet drei geschriebene und ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal.
Eine Täuschung ist gegeben, wenn der Täter falsche Tatsachen vorspiegelt, wahre Tatsachen unterdrückt oder diese entstellt. Der Täter muss zudem auf das intellektuelle Vorstellungsbild eines anderen einwirken. Außerdem muss sich die Täuschung auf Tatsachen beziehen. Eine Täuschung ist auch dann anzunehmen, wenn trotz einer bestehenden Rechtspflicht ein schon vorhandener Irrtum nicht beseitigt wird.
Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal setzt der § 263 StGB eine Vermögensverfügung voraus. Hierbei handelt es sich um jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das unmittelbar zu einer Vermögensminderung führt.
Die Vermögensverfügung muss zu einem Vermögensschaden geführt haben. Allerdings ist umstritten, welcher Vermögensbegriff bei der Schadensermittlung zugrunde zu legen ist. Nach herrschender Meinung handelt es sich um die „Gesamtheit der wirtschaftlichen Güter“ einer Person, die ihrer rechtlich geschützten und gebilligten Verfügungsgewalt unterliegen.
Des Weiteren setzt der § 263 StGB als subjektiven Tatbestand den Vorsatz im Sinne des § 15 StGB voraus, wobei auch bedingter Vorsatz (dolus eventualis) ausreichend ist. Zudem ist es erforderlich, dass der Täter mit der Absicht handelt, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Absicht muss den Erfolg sowie die Bedeutung des Vorteils als wirtschaftliche Besserstellung umfassen.
Gemäß § 263 Abs. 2 StGB ist der Versuch strafbar.
Neben der „Grundform“ des Betrugs im Sinne von § 263 StGB sind einige Abwandlungen und Spezialnormen von Betrugsdelikten entstanden. So sind neben der Unterform des „Eingehungsbetruges“ insbesondere der Computerbetrug nach § 263a StGB oder auch der Versicherungsmissbrauch nach § 265 StGB in der Praxis relevante Vergehen. Für Unternehmer haben ferner die Regelungen des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) und des Kreditbetrugs (§265b StGB) Relevanz.
Zu unterscheiden ist der Betrug außerdem vom Trickdiebstahl.
Diebstahl ist gegeben, wenn der Täter die Sache wegnimmt. Die Wegnahme erfolgt ohne Mitwirkung des Opfers.
Betrug liegt dann vor, wenn das Opfer selber eine Vermögensverfügung tätigt, also eine freiwillige Handlung vornimmt.
Wenn sich der Täter eine Sache durch Täuschung verschafft, kommt es für die strafrechtliche Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug darauf an, ob ihm dies durch Wegnahme im Sinne des § 242 StGB, also eine eigenmächtige Handlung des Täters, oder aber durch Vermögensverfügung des Opfers im Sinne des § 263 StGB gelingt.
Für ihre Unterscheidung kommt es darauf an, ob nach der inneren Willensrichtung des Opfers ein freiwilliger oder unfreiwilliger Gewahrsamsverlust vorliegt, ob also der Getäuschte bewusst über die Vermögensgegenstände zugunsten des Täters verfügen oder ob er den Gewahrsam behalten wollte. Hieraus ist zu folgern, dass für den „Sachbetrug“ zu fordern ist, dass sich das Opfer der vermögensrelevanten Wirkung seines Verhaltens bewusst ist, somit ein Verfügungsbewusstsein vorliegt.
Im Ergebnis wird der Unterschied jedoch bei einer Bestrafung kaum einen Unterschied machen, da beide Delikte einen Strafrahmen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe haben.
Um beurteilen zu können, ob die Grenze zum Betrug überschritten ist, sind vertiefte Kenntnisse im materiellen Recht erforderlich. Zum Verständnis werden daher die einzelnen Betrugsdelikte kurz erläutert.
I. Computerbetrug § 263a StGB
Um im Zeitalter der Datenverarbeitung Strafbarkeitslücken zu schließen, wurde 1986 der Straftatbestand des Computerbetrugs gem. § 263a StGB in das Strafgesetzbuch eingeführt.
Die Voraussetzungen zur Erfüllung des objektiven Tatbestands des Computerbetrugs gemäß § 263a StGB sind folgende:
Die Besonderheit im Vergleich zum Betrug gem. § 263 StGB besteht beim Computerbetrug also darin, dass keine Person getäuscht wird, sondern die Vermögensverfügung durch Manipulation eines Datenverarbeitungssystems herbeigeführt wird.
Ebenso wie für den Betrug erfordert der subjektive Tatbestand des § 263a StGB den Vorsatz (dolus eventualis ist ausreichend) zur Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale und die Absicht rechtswidriger Bereicherung.
Gegenüber § 263 StGB ist § 263a StGB subsidiär, d.h. nachrangig anzuwenden. Eine Wahlfeststellung zwischen beiden Delikten ist möglich, so etwa, wenn sich beim Versuch nicht feststellen lässt, ob der Täter von einem vollautomatisierten Verfahren oder der Einschaltung von Kontrollpersonen ausging (BGH vom 12. 2. 2008 - 4 StR 623/07).
Für besonders schwere Fälle, etwa bei einem erheblichen Schaden, gilt der erhöhte Strafrahmen des § 263 Abs.3 StGB (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren). Bei zugleich banden- und gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 263 Abs. 5) ist das Delikt als Verbrechen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr qualifiziert. Entsprechend § 243 Abs. 2 StGB scheidet ein besonders schwerer Fall bei geringem Vermögensschaden aus. Unter den entsprechenden Voraussetzungen der §§ 247, 248a StGB ist ferner ein Strafantrag erforderlich.
Der Versuch ist strafbar. Ein solcher liegt z.B. vor, wenn ein Nichtberechtigter erfolglos eine manipulierte EC-Karte in einen Geldautomaten zum Geldabheben einführt (BayObLG vom 24.06.1993 - 5 St RR 5/93).
Exkurs:
Einen stetig wachsenden Anwendungsbereich findet § 263a StGB bei der privaten und gewerblichen Internetnutzung. So stellt insbesondere das unbemerkte Aufspielen sogenannter Dialer-Programme regelmäßig einen Computerbetrug dar. Die Täuschungshandlung dürfte hier bereits im Anbieten des Dialer-Programms liegen. Der Anbieter täuscht dem Nutzer vor, das Programm diene nur dem erleichterten bzw. beschleunigten Zugang zu bestimmten Inhalten, während das Programm in Wirklichkeit eine Standard-Internetverbindung über eine 0190-Servicenummer erstellt. Die Tatsache, dass das Dialer-Programm durch den Nutzer selbst auf dem Rechner installiert wird bzw. dass der Nutzer sich selbst über dieses Dialer-Programm ins Internet einwählt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Durch diese Täuschungshandlung wird beim Nutzer ein Irrtum erregt. Er geht davon aus, dass das Dialer-Programm nur bei der Nutzung bestimmter Inhalte aktiviert wird und demnach nur während der Nutzung dieser Inhalte erhöhte Kosten anfallen, während tatsächlich bei jedem Internetzugang erhöhte Verbindungskosten entstehen.
Das Bereitstellen eines „modifizierten” Dialer-Programms in Verbindung mit dem Herunterladen und dem unbeabsichtigten Aktivieren durch den Internet-Nutzer erfüllt somit in der Regel mehrere Straftatbestände des StGB. Neben den Computerstraftatbeständen des § 303a StGB (Datenveränderung) und des § 263a StGB (Computerbetrug) ist auch der klassische Betrugstatbestand des § 263 StGB einschlägig. Darüber hinaus kann in bestimmten Fallkonstellationen auch der Tatbestand des §202a StGB (Ausspähen von Daten) verwirklicht sein.
Als strafrechtlich relevante Tathandlung genügt dabei in allen Fällen bereits das zielgerichtete Zur-Verfügung-Stellen eines solchen Dialer-Programms im Internet.
II. Subventionsbetrug § 264 StGB
Durch den Tatbestand des Subventionsbetrugs im Sinne des § 264 StGB werden das staatliche Vermögen und das Allgemeininteresse an einer wirkungsvollen staatlichen Wirtschaftsförderung durch Subventionen geschützt. Der eigentliche Grund für die Schaffung des §264 StGB lag dennoch im Prozessualen. Die Vergabevorschriften erschwerten oft schon die Feststellung der objektiven Betrugsmerkmale. Das Gesetz gegen missbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen (Subventionsgesetz) vom 29.7.1976 brachte Klarheit in das Verfahren der Subventionsvergabe.
Grundtatbestand des Subventionsbetrugs ist der § 264 Abs. 1 StGB. Dieser ist durch die vorsätzliche Verwirklichung einer der genannten Tathandlungen in Nr.1 bis Nr. 4 erschöpft.
Nr.2: Zweckwidrige Verwendung eines subventionierten Gegenstandes oder eine Geldleistung
Nr.4: Gebrauch unrechtmäßig erworbener Bescheinigungen
Die Regelbeispiele des § 264 Abs. 2 StGB sind dagegen keine eigenen Tatbestände sondern Strafzumessungsregeln. Ein zum Verbrechen qualifizierter Subventionsbetrug gemäß § 264 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 263 Abs. 5 StGB liegt vor, wenn der Täter als Mitglied einer Bande gewerbsmäßig handelt. Ferner bedroht der § 264 Abs. 4 StGB die leichtfertige Begehung des Subventionsbetrugs mit Strafe.
Höchst umstritten ist das Verhältnis des Subventionsbetrugs im Sinne des § 264 StGB zum allgemeinen Betrugstatbestand des § 263 StGB. Die Bezeichnung als Subventionsbetrug ist nicht ganz korrekt. § 264 StGB stellt nämlich weder einen Spezialfall noch eine Abwandlung des § 263 StGB dar. Dies ergibt sich daraus, dass sich die Tatbestandsvoraussetzungen der beiden Normen gravierend voneinander unterscheiden. Zwar wird eine der Täuschungshandlung ähnliche Handlung vorausgesetzt, jedoch nicht eine durch Irrtum bedingte Verfügung und eine daraus folgende Vermögensminderung. Andererseits kann z.B. auch das Verschweigen nachträglich eintretender, subventionserheblicher Umstände für die Erfüllung des Tatbestandes des § 264 StGB ausreichen. Ferner reicht zur Erfüllung der meisten Tatmodalitäten des § 264 StGB ein leichtfertiges Handeln aus.
Die erforderliche Abhängigkeit von Tatsachen i.S.d. § 264 Abs.8 Nr. 2 StGB wird nur begründet, wenn das Gesetz selbst mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt, dass die Subventionierung unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen erfolgt. Daran wird es in der Regel fehlen, wenn die gesetzliche Vorschrift der Verwaltung einen Ermessensspielraum einräumt (z.B. Verwenden des Briefkopfs eines Universitätsinstituts, BGH vom 30. 9. 2010 - 5 StR 61/10).
Der häufig vertretene Einwand, der materielle Subventionsbegriff des § 264 Abs. 7 StGB sei konturenlos und verstoße somit gegen das Bestimmtheitsgebot trifft nicht zu. Zwar sind die Grenzen der Normen sehr weit gestreckt, insbesondere der Abs. 7 Nr. 2, der bei EG-Subventionen auf den wirtschaftsfördernden Zweck verzichtet und Leistungen an Privatpersonen einbezieht. Die Beschränkung auf öffentliche Leistungen, die nach Bundes-, Landes- oder EG-Recht wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt werden, erlaubt aber eine hinreichend konkrete Bestimmung des Anwendungsbereichs.
III. Kapitalanlagebetrug § 264a StGB
Die Einfügung des Kapitalanlagebetrugs im Strafgesetzbuch wurde damit begründet, dass sich ein sogenannter „grauer Kapitalmarkt“ neben dem konventionellen gebildet habe, der zahlreiche Missstände aufweise, denen mit den bis dahin vorhanden rechtlichen Mittel nicht mehr hinreichend entgegengetreten werden konnte. Der eigentliche Grund für die Einführung des § 264a StGB bestand in der Beseitigung von Beweisschwierigkeiten, die bei dem Nachweis der Voraussetzungen des allgemeinen Betrugstatbestandes nicht selten auftreten. Insbesondere die Feststellung des Schadens bereitete häufig besondere Schwierigkeiten, weil die Ermittlungen des Wertes der Kapitalanlage im Zeitpunkt der täuschungsbedingten Vermögensverfügung oft erst Jahre nach dem Erwerb im Strafprozess erfolgen müsse. Ob § 264a StGB tatsächlich in der Lage ist, die behaupteten Beweisprobleme zu vermeiden, bleibt allerdings zweifelhaft. Da die unrichtigen Angaben vorteilhaft bzw. die verschwiegenen Tatsachen nachteilig sein müssen, enthebt die Vorschrift den Richter keineswegs der Prüfung des Wertes der Kapitalanlage zum Zeitpunkt der Tat und der Täter kann sich gegen den Vorwurf des Kapitalanlagebetrugs mit der Behauptung verteidigen, er habe die Angaben für richtig gehalten.
Strittig ist das Vorliegen des §264a StGB, wenn die mit Bereicherungsabsicht vorgenommene Täuschungshandlung „erfolgreich“ ist, d.h. zu einem irrtumsbedingten Vermögensschaden des Anlegers führt. Aufgrund der geringeren Strafdrohung des Kapitalanlagebetruges gegenüber dem Betrug im Sinne von § 263 StGB scheidet ein Vorrang des § 264a StGB aus, denn die täuschungsbedingte Schädigung eines Kapitalanlegers ist sicher kein privilegierter Fall des Betrugs. Eine tatbestandliche Exklusivität oder Gesetzeskonkurrenz mit der Folge, dass § 263 StGB verdrängt würde, wird deshalb nicht vertreten.
Die Vorschrift des § 263a StGB hat nach herrschender Meinung eine doppelte Schutzfunktion. Sie schützt sowohl das Vermögen des Anlegers als auch das Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (OLG Köln vom 13. 4. 1999 - 2 Ws 97-98/99). Nach zutreffender Ansicht bezweckt § 264a StGB jedoch allein den Schutz des Individualrechtsguts Vermögen des Anlegers. § 264a StGB bewirkt somit unmittelbar – nur – den Schutz des Vermögens der potenziellen Anleger. Indem der Tatbestand sie vor betrügerischen Machenschaften schützt, stärkt und bewahrt er mittelbar das Vertrauen in den Kapitalmarkt.
Überwiegend werden diejenigen, die als Schutzgut des § 264a StGB auch das Vertrauen in den Kapitalmarkt betrachten, bei Vorliegen beider Tatbestände konsequenterweise Tateinheit (§ 52 StGB) mit § 263 StGB annehmen (BGH vom 20.09.2000 - 3 StR 88/00). Da § 264a StGB wie bereits oben erwähnt wurde, nach zutreffender Auffassung jedoch nur dem Schutz des Vermögens der Anleger dient, tritt der Tatbestand als abstraktes Gefährdungsdelikt im Wege der Nachrangigkeit jedenfalls hinter dem vollendeten Betrug zurück. Ferner liegt ein versuchter Betrug im Sinne von § 263 StGB vor, wenn der Täter den Anleger durch unrichtige vorteilhafte Angaben oder Verschweigen nachteiliger Tatsachen zu einer vermögensschädigenden Kapitalanlage veranlasst bzw. bewegen will.
Die Verfolgung von Kapitalanlagebetrugsfällen nach § 263 StGB beruht vermutlich auch darauf, dass sie zumeist als Serienstraftat begangen werden, die durch ein Urteil erledigt wird. Diese Verurteilung wird dann in der Regel aus § 263 StGB erfolgen, weil schon der Grundtatbestand einen höheren Strafrahmen aufweist als § 264a StGB und zudem häufig ein besonders schwerer Fall des Betrugs nach § 263 Abs.3 S.2 Nr.1 StGB (gewerbs- oder bandenmäßige Begehung) oder nach § 263 Abs.3 S.2 Nr.2 StGB (Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes oder Verursachung der Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten für eine große Zahl von Menschen) vorliegen wird.
Größere Bedeutung erlangt §264a StGB dagegen in der Rechtsprechung der Zivilgerichte. Der Kapitalanlagebetrug stellt nämlich ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (OLG Saarbrücken vom 15. 12. 2005 - 8 U 330/04). Um einen deliktischen Schadensersatzanspruch zu begründen, genügt es, dass durch die unvollständige oder beschönigende Information des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, selbst darüber zu befinden, ob er in ein Projekt investieren will, das bestimmte Risiken enthält (BGH, Urteil vom 29. 5. 2000 - II ZR 280/98).
IV. Versicherungsmissbrauch § 265 StGB
Die Neufassung des § 265 StGB bezweckte u.a. die Schließung von Strafbarkeitslücken, die aus Entwicklungen in der Versicherungswirtschaft entstanden waren. So führte beispielsweise die Beschränkung des § 265 a.F. StGB auf Brand- und Seeversicherungen dazu, dass sich wegen Versicherungsbetrugs strafbar machte, wer sein kaskoversichertes Kraftfahrzeug in Brand setzte, um den Brandschaden gegenüber seiner Versicherung geltend zu machen, nicht dagegen, wer es anzündete, um es „verschwinden zu lassen“ und als gestohlen zu melden. Die Neufassung kommt zudem dem Anliegen des Bundesrates nach, das strafrechtliche Instrumentarium zur Bekämpfung der international organisierten Kraftfahrzeugverschiebungen, bei denen der Eigentümer des Fahrzeugs mit den „Schiebern“ zusammenarbeitet, zu ergänzen. Weder der Versicherungsnehmer noch die „Autoschieber“ konnten bisher strafrechtlich belangt werden, weil §265 a.F. StGB das Vortäuschen der Voraussetzungen eines Diebstahlsversicherungsfalls nicht erfasste.
Durch die Strafbarkeit des Versicherungsmissbrauch gemäß § 265 StGB wird somit das Versicherungswesen als solches geschützt, indem sowohl das Vermögen der Versicherungen als auch die soziale Leistungsfähigkeit der Versicherer bereits in einem frühen Stadium der Tatbegehung erfasst werden.
Der Tatbestand des Versicherungsmissbrauchs ist bereits durch die Manipulation der versicherten Sache erfüllt. Subjektiv setzt der Tatbestand die Absicht voraus, sich oder einem Dritten Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen. Es erfüllen nur solche Handlungen die Voraussetzungen des Versicherungsmissbrauchs, die das versicherte Risiko betreffen, also geeignet sind, dem Versicherten die Versicherungsleistung zu verschaffen. Da sich der objektive Tatbestand in der Vornahme einer der nachfolgenden Tathandlungen erschöpft, ist der Versicherungsmissbrauch mit ihrer Durchführung vollendet:
2. Die Brauchbarkeit der versicherten Sache beeinträchtigen (eine nicht unwesentliche Minimierung der Funktionsfähigkeit)
3. Beiseiteschaffen
4. Überlassen (d.h. Übertragung der Sachherrschaft auf einen anderen bzw. die Gestattung der Herrschaftsbegründung oder Einräumung einer vorübergehenden Gebrauchsmöglichkeit)
Als Tatobjekte kommen alle (beweglichen und unbeweglichen) Sachen, auch Tiere in Betracht, die gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl versichert sind. Die Eigentumsverhältnisse sind hierbei nicht maßgeblich, sodass der Versicherungsmissbrauch an eigenen und fremden Sachen begangen werden kann.
§ 265 StGB tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz (formelle Subsidiarität) hinter § 263 StGB zurück, wenn der Betrug gegenüber der Versicherung, den der Versicherungsmissbrauch vorbereiten soll, zur Ausführung gelangt. Der Vorrang des Betrugs gilt umfassend, d.h. auch der versuchte Betrug oder die Teilnahme an dem Betrug eines anderen verdrängt die Strafbarkeit wegen Versicherungsmissbrauchs. Trotz der missverständlichen Formulierung der Subsidiaritätsklausel („nicht in § 263 StGB mit Strafe bedroht“) ist nicht maßgeblich, dass die Tatbestandsmerkmale des Betrugs erfüllt sind, sondern dass der Täter tatsächlich aus § 263 StGB bestraft wird. Entfällt die Strafbarkeit wegen versuchten Betrugs aufgrund des strafbefreienden Rücktritts nach § 24 StGB, so lebt die Strafbarkeit nach § 265 StGB wieder auf.
Der Versicherungsmissbrauch ist keine Vortat der Hehlerei, weil er nicht zu einer rechtswidrigen Besitzlage führt (BGH vom 22. 2. 2005 - 4 StR 453/04) und keine andere Straftat, die der Täter durch die Brandlegung zu ermöglichen beabsichtigt. Denn das Beschädigen bzw. Zerstören des versicherten Gebäudes ist nicht von der Brandstiftungshandlung abgrenzbar (BGH vom 15.03.2007 - 3 StR 454/06).
V. Kreditbetrug § 265b StGB
Durch den Tatbestand des Kreditbetrugs im Sinne von § 265b StGB wird das Vermögen des Kreditgebers unmittelbar geschützt. Der § 265b StGB fordert weder eine konkrete Rechtsgutgefährdung noch eine Verletzung. Die Täuschung des Kreditnehmers, und nur diese, kann dem Täter im Rahmen des § 265b StGB angelastet werden. Eine Beschränkung auf solche Konstellationen, in denen eine nachweisbare Störung der Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft vorliegt, enthält der Anwendungsbereich des Kreditbetruges gerade nicht.
Der § 265b Abs.1 StGB stellt drei konkretisierte vorsätzliche Täuschungshandlungen (von denen mindestens eine vorliegen muss) in Zusammenhang mit dem Antrag auf Vergabe eines „Betriebskredits“ unter Strafe. Bei dem Kreditgeber und Kreditnehmer muss es sich somit um einen Betrieb oder Unternehmer handeln. Kredite an Privatpersonen sind von der Norm nicht erfasst. Weitere Voraussetzungen sind für den Kreditbetrug nicht vorhanden. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass der Kreditgeber den Angaben Glauben schenkt oder den Kredit gewährt, die Angaben für die Kreditgewährung ursächlich werden oder der Kreditgeber durch die Kreditentscheidung einen Schaden erleidet.
Aber was ist überhaupt ein Kredit im Sinne des § 265b StGB ?
§ 265b Abs.3 Nr.2 StGB enthält eine Legaldefinition des strafrechtlichen Kreditbegriffs. Erfasst werden nämlich nicht nur übliche Bankkredite, d.h. Gelddarlehen aller Art, entgeltlicher Erweb und Stundung von Geldforderungen, Diskontierung von Wechseln und Schecks sowie die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen, sondern auch die Warenkredite von Lieferanten.
Als Kreditgeber kommen also nicht nur Banken oder Kreditinstitute in Betracht, sondern alle Betriebe und Unternehmen, die nach Art und Umfang die Einrichtung eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes erfordern. Selbes gilt für den Kreditnehmer. Der Begriff des Betriebes ist in § 265b StGB jedoch nicht definiert.
Nicht um einen Betriebskredit handelt es sich, wenn der beantragte Kredit für die Gründung eines Betriebs oder Unternehmens verwendet werden soll und der Kreditgeber dies weiß (BayObLG vom 15-02-1990 - RReg. 2 St 398/89).
Die drei Täuschungshandlungen
Nr. 1b: das Angeben schriftlicher unrichtiger oder unvollständiger Informationen
müssen im Zusammenhang mit dem Kreditantrag erfolgen und Angaben über wirtschaftliche Verhältnisse des Kreditnehmers betreffen, die für diesen in den ersten beiden Varianten ( Nr.1a und Nr.1b) „vorteilhaft“ und für die Vergabe des Kredits „erheblich“ sind. Da der Tatbestand keine besonderen Anforderungen an die subjektive Tatseite stellt, genügt zur Vollendung der Tat jede Vorsatzform. Im Gegensatz zu dem ähnlich konstruierten Subventionsbetrug, der in § 264 Abs.4 StGB eine Leichtfertigkeitsalternative vorsieht, muss der Täter des Kreditbetrugs hinsichtlich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale vorsätzlich handeln. Bereicherungsabsicht setzt § 265b StGB nicht voraus.
Bei der sog. tätigen Reue nach § 265b Abs. 2 StGB handelt es sich um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund. Die Regelung soll in den Fällen, in denen mit dem vollendeten Kreditbetrug ein versuchter Betrug einhergeht, widersprüchliche Ergebnisse vermeiden. Der Täter kann nämlich vom Betrugsversuch gemäß § 24 StGB mit strafbefreiender Wirkung zurücktreten. Die Straffreiheit nach dieser Vorschrift gilt aber nicht für eine zugleich verwirklichte vollendete Straftat. Durch freiwilliges und ernsthaftes Bemühen um die Verhinderung der Leistungserbringung kann Straffreiheit selbst dann erlangt werden, wenn der Kreditgeber die Unrichtigkeit der Angaben oder Unterlagen erkennt oder aus einem anderen Grund die Erbringung der Leistung unterbleibt.
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