Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2014 - III ZR 92/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Beteiligte zu 2 trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren wird auf bis zu 300 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligte zu 2 betreibt im Auftrag der Stadt L. und des Zweckverbands für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung L. Land deren jeweiligen öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung. Für das Bauvorhaben "Errichtung und Betrieb von Anlagen zur öffentlichen Abwasserbeseitigung" im Rahmen des Gesamtkonzepts zur Entwässerung von T. benötigte die Beteiligte zu 2 vorübergehend eine 425 m² umfassende Teilfläche des Flurstücks Nr. 52 (T. , Grundbuchblatt 1886). Der Bodenrichtwert für vergleichbare Flächen betrug 0,21 €/m².
- 2
- Mit Beschluss vom 1. Februar 2012 wies die Beteiligte zu 3 die Beteiligte zu 2 vorübergehend vorzeitig unter anderem in den Besitz der hier maßgeblichen Fläche ein. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt verbunden mit dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 224 Satz 2 BauGB, § 80 Abs. 5 VwGO. Das Landgericht ordnete die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung an. Diesen Beschluss änderte das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 20. März 2012 ab und lehnte den Antrag ab. Im Anschluss daran errichtete die Beteiligte zu 2 die Baustraße, sanierte den Abwasserkanal und baute schließlich die Baustelleneinrichtung wieder zurück. Die Abnahme der Arbeiten fand am 29. Oktober 2012 statt. Sodann hat die Beteiligte zu 1 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beteiligte zu 2 hat sich dieser Erklärung nicht angeschlossen.
- 3
- Das Landgericht hat festgestellt, dass das Verfahren erledigt ist und den Streitwert auf bis zu 300 € festgesetzt.
- 4
- Die dagegen gerichtete Berufung der Beteiligten zu 2 ist vom Berufungsgericht verworfen worden. Der Streitwert ist auf bis zu 300 € festgesetzt worden.
- 5
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beteiligte zu 2 ihren Antrag auf Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung weiter.
II.
- 6
- 1. Die Revision ist unzulässig. Gemäß § 542 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet die Revision gegen Urteile, durch die über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren entschieden wird, nicht statt. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 542 Rn. 5 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2002 - VII ZB 11/02, BGHZ 152, 195, 196 f).
- 7
- Die Revision ist auch nicht deshalb zulässig, weil sie vom Berufungsgericht zugelassen wurde. Durfte nämlich die Zulassung der Revision verfahrensrechtlich überhaupt nicht ausgesprochen werden, ist sie unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 – IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Urteil vom 4. März 2011 - V ZR 123/10, NJW 2011, 1516 Rn. 4).
- 8
- 2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für das Besitzeinweisungsverfahren nach § 3 ZPO der Streitwert grundsätzlich mit 20 % des Werts der betroffenen Grundstücksfläche zu bemessen (vgl. Senatsurteile vom 27. September 1973 - III ZR 131/71, BGHZ 61, 240, 251 f; vom 26. Februar 1976 - III ZR 164/73, WM 1976, 669, 672; vom 2. Februar 1978 - III ZR 29/76, WM 1978, 518; siehe auch Beschluss vom heutigen Tage in der Sache III ZR 93/14). Auf die Frage, ob das Kosteninteresse (Summe der bis zur Erledigungserklärung angefallenen Kosten) 20 % des Grundstückswerts übersteigt, kommt es nicht an, da nach einer einseitigen Erledigungserklärung der Streitwert nicht höher sein kann als der Hauptsachestreitwert (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Dezember 1985 - III ZR 217/84, Kostenrechtsprechung GKG § 22 Nr. 12; BGH, Urteil vom 11. Juli 1990 - XII ZR 10/90, NJW-RR 1990, 1474).
Seiters Reiter
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 07.06.2013 - 10 O 433/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 31.01.2014 - U 2/13 Bau -
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Annotations
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen
- 1.
den Umlegungsbeschluss nach § 47 Absatz 1, - 2.
die Bekanntmachung der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans nach § 71 Absatz 1, - 3.
die vorzeitige Besitzeinweisung nach § 77 oder § 116 sowie - 4.
die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 179 Absatz 4
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten mit Ausnahme der Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung sowie in Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14, Absatz 2 Nummer 1 bis 3 sowie Absatz 4 schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Im Verfahren, das gemäß § 700 Absatz 3 der Zivilprozessordnung dem Mahnverfahren folgt, schuldet die Kosten, wer den Vollstreckungsbescheid beantragt hat. Im Verfahren, das nach Einspruch dem Europäischen Mahnverfahren folgt, schuldet die Kosten, wer den Zahlungsbefehl beantragt hat. Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.
(2) In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen ist Absatz 1 nicht anzuwenden, soweit eine Kostenhaftung nach § 29 Nummer 1 oder 2 besteht. Absatz 1 ist ferner nicht anzuwenden, solange bei einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz nicht feststeht, wer für die Kosten nach § 29 Nummer 1 oder 2 haftet, und der Rechtsstreit noch anhängig ist; er ist jedoch anzuwenden, wenn das Verfahren nach Zurückverweisung sechs Monate geruht hat oder sechs Monate von den Parteien nicht betrieben worden ist.
(3) In Verfahren über Anträge auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 1079 der Zivilprozessordnung, einer Bescheinigung nach § 1110 der Zivilprozessordnung oder nach § 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes schuldet die Kosten der Antragsteller.
(4) Im erstinstanzlichen Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz ist Absatz 1 nicht anzuwenden. Die Kosten für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren schuldet der Anmelder. Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde nach § 20 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes schuldet neben dem Rechtsbeschwerdeführer auch der Beteiligte, der dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Rechtsbeschwerdeführers beigetreten ist, die Kosten.