Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2007 - III ZB 50/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 248.470,18 € festgesetzt.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe:
- 1
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- 2
- a) Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers für die Berufungsinstanz ist nach Auffassung des Berufungsgerichtes gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen , da der Kläger die ihm nach § 117 Abs. 2 ZPO obliegenden Angaben zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nicht innerhalb der ihm gesetzten Fristen in genügender Form dargetan und glaubhaft gemacht habe. Schon der Name des Klägers sei zum Nachweis seiner Identität nicht ausreichend. Ausweislich seiner Angaben in seiner verantwortlichen Vernehmung vom 28. September 2001 beim Landeskriminalamt habe er erklärt, dieser Name sei frei erfunden. Nicht erläutert werde auch, dass der Sohn des Klägers in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung den Namen N. K. trage. Auch die Vornamen differierten von den Angaben des Sohnes. Die Angaben des Klägers zu seinen finanziellen Verhältnissen genügten ebenfalls nicht. Die Angaben des Sohnes, dass er mindestens monatlich 250 US-Dollar zahle, reichten nicht aus, da es sich nur um eine Mindestzahlung handele und nicht erklärt werde, wie viel auf den Vater entfalle. Darüber hinaus habe der Kläger vor dem Landgericht auch nicht angegeben, dass er über Grundvermögen verfüge. In seiner verantwortlichen Vernehmung habe er aber erklärt, dass er in Afghanistan Grundstücke besitze. In seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor dem Landgericht habe er auch angegeben , dass er keine weiteren Einnahmen als Sozialhilfe habe. In der eidesstattlichen Versicherung seines Sohnes heiße es jedoch, dass dieser die Familie seit 2000 finanziell unterstütze.
- 3
- Im Übrigen sei die Rechtsverfolgung durch den Kläger ohne Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift rechtsmissbräuchlich. Er weigere sich trotz Nachfrage , seine ladungsfähige Anschrift dem Gericht mitzuteilen, nachdem er aus Deutschland abgeschoben worden sei. Die schlichte Behauptung, er könne seine Adresse gegenüber anderen Personen als seinem Prozessbevollmächtigten aus Sicherheitsgründen nicht offen legen, sei keine ausreichende Entschuldigung. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass der Kläger sich seiner Kostentragungspflicht entziehen wolle. Durch die Nichtangabe seiner Anschrift werde die Möglichkeit genommen, bisher nicht erstattete Kosten der ersten Instanz durch Vollstreckung beizutreiben. Im Übrigen habe die Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen habe.
- 4
- b) Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren liegen nicht vor.
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- aa) Gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug gesondert. Der Kläger hat deshalb eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen.
- 6
- Es ist im vorliegenden Fall nicht hinreichend vom Kläger dargetan, dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung zu tragen. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Angaben des Klägers zu seinem Grundvermögen unzureichend sind. In seiner Erklärung vor dem Landgericht hat er dieses noch gänzlich verschwiegen. Die Grundstücke sind auch nach den Angaben des Klägers in der Rechtsbeschwerde nach wie vor vorhanden. Soweit sich der Kläger im Rahmen der Rechtsbeschwerde nunmehr darauf beruft , dass das Grundeigentum in Süd-Afghanistan belegen und derzeit von anderen Volksgruppen besetzt und deswegen nicht verwertbar sei, ist diese Angabe über das Grundeigentum nach wie vor nicht hinreichend. Zum einen ist nicht konkret angegeben, welche Größe das Grundeigentum hat, wie es bewirtschaftet wird und wo es genau liegt. Eine Überprüfung, ob die Angaben des Klägers zutreffend sind, ist wegen deren Ungenauigkeit nicht möglich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in seiner persönlichen Vernehmung am 28. September 2001 noch angegeben hat, dass er seinen Lebensunterhalt in Afghanistan auch aus seinen Grundstücken bestritten habe.
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- bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Rechtsverfolgung des Klägers in der Berufungsinstanz und damit auch im Rahmen des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtsmissbräuchlich ist.
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- Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers in der Berufungsschrift ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04 - NJW 2005, 3773). Es stellt sich jedoch als ein der Zulässigkeit entgegenstehendes rechtsmissbräuchliches Verhalten dar, wenn ein Kläger den Prozess aus dem Verborgenen führen will, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 aaO; Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02 - NJW-RR 2004, 1503; BGHZ 102, 332, 336).
- 9
- Der Schluss, eine solche rechtsmissbräuchliche Absicht zur Führung des Prozesses aus dem Verborgenen zur Vereitelung der Inanspruchnahme wegen der entstandenen Kosten liege vor, ist gerechtfertigt, wenn trotz gerichtlicher Nachfrage nach der Anschrift des Berufungsklägers deren Mitteilung ohne hinreichende Angabe von Gründen verweigert wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 aaO). Der Angabe der ladungsfähigen Anschrift eines Klägers können im Einzelfall unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierig- keiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. Solchen Schwierigkeiten muss das Verfahrensrecht Rechnung tragen. In derartigen Fällen ist aber wenigstens zu fordern, dass dem Gericht die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet werden, damit es prüfen kann, ob ausnahmsweise auf die Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift verzichtet werden kann (vgl. BGHZ aaO).
- 10
- Nach diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung des Klägers vorliegt. Er hat keine hinreichenden Gründe dafür angegeben, dass er seinen Aufenthaltsort bzw. seine ladungsfähige Anschrift nicht mitteilt. Soweit er sich mit der Rechtsbeschwerde darauf beruft, dass er aus Sicherheitsgründen dem Gericht die ladungsfähige Anschrift nicht mitteilen könne, sondern nur sein Prozessbevollmächtigter diese habe, ist dies als Erklärung unzureichend. Es ist nicht ersichtlich, warum er durch die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift in der Bundesrepublik im hiesigen Zivilverfahren seine Sicherheit in Pakistan gefährden könnte. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass seine Anschrift nicht in öffentlicher Sitzung mitgeteilt würde, sondern allein den Prozessbeteiligten zur Kenntnis gelangen würde.
- 11
- Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich jedenfalls nicht massiv verfolgt fühlt. Durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger gegenüber dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass seine Abschiebung rechtswidrig gewesen sei, da er freiwillig zur Ausreise bereit gewesen sei. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn ihm nach seiner Einschätzung keine wesentlichen Gefahren an seinem neuen Aufenthaltsort drohen.
- 12
- Des weiteren ist einzubeziehen, dass der Kläger nicht nur mit der mangelnden Angabe im Berufungsverfahren dem Prozessgegner eine mögliche Durchsetzung von Kostenerstattungsansprüchen unmöglich macht. Auch für die Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Abschluss des Klageverfahrens zwecks Kontrolle, ob eine Änderung der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO erforderlich ist, wird dadurch verhindert. Insbesondere im Falle des Erfolgs der Klage wäre ein Anhaltspunkt für eine solche Überprüfung gegeben, da es aufgrund der Höhe der geltend gemachten Forderung auf der Hand liegt, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dann nicht mehr vorliegen dürften. Auch die aus dem Prozess erlangten Vermögensvorteile sind bei einer Änderungsentscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2006 - IX ZB 305/05 - NJW-RR 2007, 628; MünchKommZPO/Wachs, 2. Aufl., § 120 Rn. 18; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 120 Rn. 24).
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- Da bereits die beiden vorgenannten Gesichtspunkte jeder für sich die Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Berufungsinstanz tragen, kommt es auf die weiter geltend gemachten Einwände gegen den mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts nicht mehr an.
- 14
- 2. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bleibt aus den oben genannten Gründen gleichfalls ohne Erfolg.
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2005 - 303 O 508/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.07.2007 - 1 U 189/05 -
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(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.
(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.
(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.
(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.
(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,
- 1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken; - 2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.
(4) (weggefallen)