Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2013 - II ZR 214/10

published on 12/03/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2013 - II ZR 214/10
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Landgericht Berlin, 36 O 256/08, 06/05/2009
Kammergericht, 21 U 64/09, 10/09/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 214/10
vom
12. März 2013
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Dr. Reichart sowie die
Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10. September 2010 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Streitwert: bis zu 10.000 €

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da der Wert der Beschwer nicht, wie nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlich , über 20.000 € liegt, sondern nur in einer Höhe von bis zu 10.000 € glaubhaft gemacht ist.
2
1. Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks in Berlin Mitte, das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist. Der Beklagte ließ auf seinen Miteigentumsanteil zwei Briefgrundschulden in Höhe von insgesamt 2,5 Mio. € eintragen. Der Kläger sieht darin eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher , auf die Bewirtschaftung des Gesamtobjekts bezogener Verpflichtungen und nimmt den Beklagten im Wege der actio pro socio auf Löschung der Grundschulden und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Mit dieser Klage hatte er in den Vorinstanzen Erfolg.
3
2. Der Wert der Beschwer des Beklagten wird im Streitfall nicht durch den Nennbetrag der Grundschulden bestimmt (§ 6 ZPO), sondern durch sein - den Umständen nach wesentlich geringeres - wirtschaftliches Interesse daran, dass die Löschung der Grundschulden unterbleibt (§ 3 ZPO).
4
Allerdings bemisst sich der Streitwert einer Löschungsklage nach herkömmlicher Auffassung grundsätzlich nach dem Nennbetrag der betreffenden Grundschuld (Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 6 Rn. 36; Musielak/ Heinrich, ZPO, 9. Aufl., § 3 Rn. 31 Stichwort „Löschung“; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 6 Rn. 14, jew. mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 99/07, juris Rn. 6; Beschluss vom 15. April 2010 – V ZR 182/09, WM 2010, 1475 Rn. 5; vgl. ferner zu § 23 Abs. 2 KostO: BVerfG, WM 2012, 1072 Rn. 25 ff., 36). Nach anderer Ansicht ist die Höhe der Valutierung zu berücksichtigen, wobei teilweise vorgeschlagen wird, den Streitwert im Falle geringer oder fehlender Valutierung nach einem Bruchteil des Nennbetrags des Grundpfandrechts zu bemessen (vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Löschung“; MünchKommZPO /Wöstmann, 4. Aufl., § 6 Rn. 18; N. Schneider in Schneider/Herget, Streitwert -Kommentar, 13. Aufl., Rn. 3548 ff., jew. mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 38/03, juris; Euba, ZAP 2010, 385 mwN).
5
Die Besonderheit des Streitfalls liegt demgegenüber darin, dass der Kläger an dem mit den Grundschulden belasteten Grundeigentum, hier dem Miteigentumsanteil des Beklagten, nicht dinglich berechtigt ist, weder als (Mit-) Eigentümer, noch als nachrangiger Grundpfandgläubiger. Die für den Beklagten eingetragenen Eigentümergrundschulden kommen als Sicherungsmittel für eine Forderung, die sich gegen die zwischen den Parteien (möglicherweise) bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts richtet, nicht in Betracht. Sie beeinträchtigen - umgekehrt - auch keine dingliche Sicherheit der Gesellschaft.
6
Unter diesen Umständen kann im Streitfall nicht auf den Nennbetrag der Grundschulden abgestellt werden. Zu Recht haben daher das Landgericht und im Ergebnis übereinstimmend das Berufungsgericht nicht den Nennbetrag der Grundschulden, sondern das wirtschaftliche Interesse als maßgebend angesehen. Ob das wirtschaftliche Interesse der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit 200.000 € angemessen bewertet wurde, kann hier allerdings offen bleiben, da im vorliegenden Beschwerdeverfahren die Beschwer des Beklagten ausschlaggebend ist, der sich gegen seine Verurteilung wehrt.
7
Die Beschwer des Beklagten beschränkt sich auf den Kostenaufwand, der ihm durch eine Löschung der Eigentümergrundschulden und eine etwaige erneute Eintragung unter geänderten Verhältnissen voraussichtlich entstehen wird. Ein weiter gehendes wirtschaftliches Interesse ist nicht glaubhaft gemacht.
8
Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten geht es ihm nicht darum, die Eigentümergrundschulden als Sicherungsmittel in seinem eigenen Interesse zu verwenden. Er beruft sich vielmehr darauf, dass die vorhandenen Grundschulden einer möglichen Belastung des Grundstücks im Interesse der Gesellschaft - etwa im Fall unvorhergesehener Sanierungsmaßnahmen - nicht entgegenstünden. Vielmehr wirkten sich die Eigentümergrundschulden bei etwaigen Finanzierungsverhandlungen positiv aus, da sie sofort zur Sicherheit abgetreten werden könnten.
9
Hält der Beklagte demnach die Eigentümergrundschulden im Finanzierungsinteresse der Gesellschaft vor, so geht sein Interesse an der Erhaltung der Grundschulden gegenüber dem Löschungsanspruch der Gesellschaft nicht erkennbar über das Kosteninteresse hinaus, das der Senat auf bis zu 10.000 € schätzt (§ 3 ZPO). Die als Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten bleiben gemäß § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO unberücksichtigt.

Bergmann Reichart Drescher Born Sunder

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 06.05.2009 - 36 O 256/08 -
KG, Entscheidung vom 10.09.2010 - 21 U 64/09 -
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

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Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.