Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2015 - I ZR 108/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die beklagte Bank warb am 5. November 2012 im Internet für einen "Genussschein Solarpark F. O. ". Nach Ansicht des Klägers, des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e.V., verstießen die von der Beklagten dabei in den Abschnitten "Sicherheiten" und "Verzinsung" gemachten Angaben gegen Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes und der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV).
- 2
- Die vom Kläger deswegen gegen die Beklagte erhobene Klage auf Unterlassung der beanstandeten Werbung und Ersatz pauschaler Abmahn- kosten in Höhe von 214 € nebst Zinsen hatte vor dem Landgericht teilweise und vor dem Berufungsgericht im vollen Umfang Erfolg.
- 3
- Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten. Sie macht dabei auch geltend, der Beklagten würden durch die wegen ihrer Verurteilung erforderliche Änderung ihres Internetauftritts Kosten in Höhe von 23.800 € netto entstehen.
- 4
- II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der von der Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
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- Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Wendet sich die beklagte Partei mit der Revision gegen die in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer daher nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, ZIP 2014, 96 Rn. 4; Beschluss vom 5. Februar 2015 - I ZR 106/14, juris Rn. 4).
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- Wenn Gegenstand des Rechtsstreits - wie hier - die Verbandsklage eines Verbraucherschutzverbandes ist, wird der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots , bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer und des Streitwerts in der Regel allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen (BGH, ZIP 2014, 96 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VIII ZR 160/14, juris Rn. 5; Beschluss vom 5. Februar 2015 - I ZR 106/14, juris Rn. 5). Nichts anderes kann aber auch dann gelten, wenn die Verbandsklage - wie im Streitfall - im Hinblick auf eine verbraucherschutzgesetzwidrige Praxis im Sinne des § 2 UKlaG erhoben worden ist.
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- Diese Grundsätze schließen es zwar nicht von vornherein aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel oder einer Praxis für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel oder die Zulässigkeit einer bestimmten Praxis für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (vgl. BGH, ZIP 2014, 96 Rn. 6 f.; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, juris Rn. 6; Beschluss vom 5. Februar 2015 - I ZR 106/14, juris Rn. 6). Im Streitfall hat die Beklagte aber nicht glaubhaft gemacht, dass die in Rede stehende Praxis für sie eine solche herausragende wirtschaftliche Bedeutung hat.
- 8
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 08.10.2013 - 7 O 2340/13 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 15.04.2014 - 3 U 2124/13 -
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Annotations
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden. Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so ist der Unterlassungsanspruch oder der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet. Bei Zuwiderhandlungen gegen die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 11 genannten Vorschriften richtet sich der Beseitigungsanspruch nach den entsprechenden datenschutzrechtlichen Vorschriften.
(2) Verbraucherschutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind insbesondere
- 1.
die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, die für - a)
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, - b)
Fernabsatzverträge, - c)
Verbraucherverträge über digitale Produkte, - d)
Verbrauchsgüterkäufe, - e)
Teilzeit-Wohnrechteverträge, Verträge über langfristige Urlaubsprodukte sowie Vermittlungsverträge und Tauschsystemverträge, - f)
Verbraucherdarlehensverträge, Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge, - g)
Bauverträge, - h)
Pauschalreiseverträge, die Reisevermittlung und die Vermittlung verbundener Reiseleistungen, - i)
Darlehensvermittlungsverträge sowie - j)
Zahlungsdiensteverträge
- 2.
die Vorschriften zur Umsetzung der Artikel 5, 10 und 11 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 S. 1), - 3.
das Fernunterrichtsschutzgesetz, - 4.
die Vorschriften zur Umsetzung der Artikel 19 bis 26 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1), - 5.
die entsprechenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes sowie Artikel 1 §§ 3 bis 13 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens, - 6.
§ 126 des Investmentgesetzes oder § 305 des Kapitalanlagegesetzbuchs, - 7.
die Vorschriften des Abschnitts 11 des Wertpapierhandelsgesetzes, die das Verhältnis zwischen einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und einem Kunden regeln, - 8.
das Rechtsdienstleistungsgesetz, - 9.
die §§ 57, 79 Absatz 2 und 3 sowie § 80 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, - 10.
das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, - 11.
die Vorschriften, welche die Zulässigkeit regeln - a)
der Erhebung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer oder - b)
der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten, die über einen Verbraucher erhoben wurden, durch einen Unternehmer,
wenn die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, - 12.
§ 2 Absatz 2 sowie die §§ 36 und 37 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes vom 19. Februar 2016 (BGBl. I S. 254) und Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 1), - 13.
die Vorschriften des Zahlungskontengesetzes, die das Verhältnis zwischen einem Zahlungsdienstleister und einem Verbraucher regeln, und - 14.
die Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes, die das Verhältnis zwischen Anbietern von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten und Verbrauchern regeln.
(3) (weggefallen)
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)