Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2015 - I ZR 106/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger ist ein in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragener Verein. Die Beklagte betreibt einen Paket- und Expresszustelldienst. Sie verwendet gegenüber ihren Kunden, auch soweit diese Verbraucher sind, Allgemeine Geschäftsbedingungen, die unter anderem folgende Klausel enthalten: 10. Zustellung Die Zustellung von Sendungen erfolgt beim Empfänger oder bei sonstigen Personen, von denen nach den Umständen angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendung berechtigt sind. Hierzu zählen insbesondere in Räumen des Empfängers anwesende Personen und direkte Nachbarn. Der Empfänger erhält eine Benachrichtigung über den Verbleib seiner Sendung.
- 2
- Die Klägerin hält diese Klausel für unwirksam, weil sie nicht klar und bestimmt sei und die Vertragspartner der Beklagten daher entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen hat die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit der Revision möchte sie ihren Antrag auf Abweisung der gegen Ziffer 10 ihrer Beförderungsbedingungen gerichteten Klage weiterverfolgen.
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- II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
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- Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Wendet sich die beklagte Parteien mit der Revision gegen die in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht , so richtet sich der Wert der Beschwer daher nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, ZIP 2014, 96 Rn. 4 mwN).
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- Wenn Gegenstand des Rechtsstreits - wie hier - die Verbandsklage eines Verbraucherschutzverbandes ist, wird der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots , bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer und des Streitwerts in der Regel allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen (BGH, ZIP 2014, 96 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VIII ZR 160/14, juris Rn. 5, jeweils mwN).
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- Diese Grundsätze schließen es jedoch nicht von vornherein aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel nicht nur für deren Verwender und die Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (vgl. BGH, ZIP 2014, 96 Rn. 6 f.; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, juris Rn. 6). Im Streitfall hat die Beklagte jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass die in Rede stehende Klausel für sie eine solche herausragende wirtschaftliche Bedeutung hat.
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- Soweit die Beschwerde einen 20.000 € übersteigenden Wert der Beschwer der Beklagten geltend macht, übersieht sie, dass es im Streitfall weder allgemein um die Frage geht, in welcher Weise bei Nichtantreffen eines Empfängers von der Ersatzzustellung Gebrauch gemacht werden darf, noch erst recht darum, die Ersatzzustellung an Privatkunden gänzlich zu verbieten. Das Berufungsgericht hat der Beklagten lediglich die Verwendung einer bestimmten Klausel verboten, die nicht hinreichend genau festlegt, unter welchen Voraussetzungen der Zusteller von dieser Möglichkeit Gebrauch machen darf.
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- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.09.2013 - 12 O 430/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.04.2014 - I-6 U 132/13 -
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Annotations
(1) Das Bundesamt für Justiz führt eine Liste der qualifizierten Einrichtungen und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. Es übermittelt die Liste mit Stand zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Europäische Kommission unter Hinweis auf Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/22/EG.
(2) Ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wird auf seinen Antrag in die Liste eingetragen, wenn
- 1.
er mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder hat, - 2.
er zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen ist und ein Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat, - 3.
auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er - a)
seine satzungsgemäßen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und - b)
seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
- 4.
den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden.
(3) Über die Eintragung wird durch einen schriftlichen Bescheid entschieden, der dem antragstellenden Verein zuzustellen ist. Auf der Grundlage eines wirksamen Bescheides ist der Verein unter Angabe des Namens, der Anschrift, des zuständigen Registergerichts, der Registernummer und des satzungsmäßigen Zwecks in die Liste einzutragen.
(4) Auf Antrag erteilt das Bundesamt für Justiz einer qualifizierten Einrichtung, die in der Liste eingetragen ist, eine Bescheinigung über ihre Eintragung.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)